Üebermutter - Unheil

Üebermutter - Unheil
Metal
erschienen am 04.04.2008 bei Roadrunner Records
dauert 44:11 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Mäedchen (TeilZwo)
2. Mutterherz
3. Heim und Herd
4. Am Anfang war das Weib
5. Wein' mir ein Meer
6. Brenne!
7. Gebäermaschine
8. Liebe ist Schmerz
9. Krieg!
10. Ruhe Sanft
11. Unheil!

Die Bloodchamber meint:

Post-feministischer Metal, FeMetal. Noch nie davon gehört? Auch nicht schlimm.
Luci van Org ist jedenfalls zurück. Noch nie von ihr gehört? Doch! Sie war 1994 so stolz darauf, dass sie ein „Mädchen“ ist. Ja, genau diese Dame.

Mit „Unheil“ will sie nun 2008 als ÜEBERMUTTER provozieren. Dahinter steckt ein Textkonzept, Songtitel wie „Heim und Herd“, „Am Anfang war das Weib“ und „Gebäermaschine“ sagen da schon viel aus. Dazu sind das Artwork der Band und die Klamotten im Militär-Style gehalten.

Aber womit RAMMSTEIN vor 10 Jahren provoziert haben, schockt heutzutage niemanden mehr. RAMMSTEIN ist auch das Stichwort, was die Musik angeht. ÜEBERMUTTER steht ganz in der RAMMSTEIN Tradition der Neuen Deutschen Härte, einige Passagen kommen einem doch sehr bekannt vor. Dazu passt, dass sich Luci van Org vom Gesang her sehr an Nina Hagens Version von RAMMSTEINS „Seemann“ orientiert, die sie für APOCALYPTICA eingesungen hatte.

„Unheil“ sind 45 Minuten, die eigentlich niemand braucht, eine zweitklassige Version von Rammstein mit einer zweitklassigen Version von Nina Hagen mit Texten, bei denen man Angst bekommt, dass man sie sich merkt. Ich vergebe hier mal großzügig zwei Punkte, denn irgendwann wird mir bestimmt noch mal eine CD einer Peruanischen Panflöten Kombo, aufgenommen per Handymikrofon, zugeschickt.

Die Bloodchamber meint außerdem:

Ich muß zugeben, Björns Verriß hat mich neugierig gemacht. Irgendein perverser Trieb hat mich gezwungen, mir die Vorabtitel auf der ÜEBERMUTTER MySpace Seite anzuhören. Und siehe da, ich war überrascht, wie sehr mir schon "Heim und Herd" beim ersten Durchlauf zugesagt hat.

Man kann natürlich die Frage stellen, ob 2008 so ein Album notwendig ist. Es ist augenscheinlich schwer von RAMMSTEINschen Geiste umspühlt und schafft es dennoch nicht zum bloßen Plagiat zu verkommen. Das liegt vor allem am meiner Meinung nach exzellenten Gesang von Luci van Org, dem man keinen Gefallen tut und auch nicht gerecht würde, täte man ihn als bloße B Movie Version von Nina Hagen ab. Die sehr wandelbare Stimme hat kräftige, ruhige und einfühlsame, aber auch schräge Momente und begeistert mich bei jedem Durchlauf mehr und klingt sehr eigenständig, wobei ich mich in Momenten an Eugen Balanskat, Nina Hagen oder auch an Katharina Thalbachs Rezitationen auf dem auf RAMMSTEIN Titeln basierenen Orchesterliederzyklus "Mein Herz brennt" erinnert fühlte.

Es gibt einiges, was ÜEBERMUTTER mit RAMMSTEIN verbindet, sei es die mit Metaphern reichlich beschenkte und oft auch überdehnte Sprache, die musikalische Ausrichtung, aber auch, und das gelingt ÜEBERMUTTER ebenso gut wie den großen Brüdern, das Unterwerfen unter ein bestimmtes thematisches Konzept, welches sowohl textlich, wie auch musikalisch und vor allem visuell exzellent umgesetzt wird.

Kompositorisch schafft man das noch nicht immer. Manchmal nicht ganz zu Ende gebracht, wie auf "Mutterherz" oder auch etwas zu gewollt gewalzt, wie auf "Liebe ist Schmerz". Dazwischen gibt es meist gute bis sehr gute Kompositionen, wobei mir "Heim und Herd", "Wein mir ein Meer" die Ode an das Cholerikertum "Krieg!" und "Ruhe sanft" besonders zugesagt haben.

Thematisch ist das Ding ebenfalls eine merkwürdige Angelegenheit. Mir kommt es so vor, als setzte man nicht, wie oft unterstellt auf stumpfe Provokation. Das ist heutzutage, da zunehmend allen alles egal ist auch kaum möglich. Ich verspüre einen unterschwelligen, sehr derben und schwarzen Humor("Heim und Herd"), der mir sehr gefällt, viel Pathos, der nicht immer zielsicher ist, manchmal sogar ins unerträglich Schmierige, wie bei "Liebe ist Schmerz" gleitet, aber auch sehr viel Kraft, Leidensfähigkeit oder auch Emotionalität, wie bei "Mutterherz" oder "Ruhe Sanft".

Ich weiß nicht, ob es gerade diese Kombination aus allen Ingredienzien ist, die mich besonders anspricht, das stimmige Konzept oder was auch immer. Jedenfalls fühle ich mich exzellent unterhalten und die Sache aus der weiblichen Perspektive zu hören ist eine neue Erfahrung, die ich nicht missen möchte.

ÜEBERMUTTER ist intelligent gemachte Musik, mit einem extrem stimmigen Konzept, die mit Sicherheit extrem polarisieren wird. Viele Männer fürchten scheinbar das Matriarchat in der Rockmusik. Wenn es mir aber zusätzlich noch solche schlimmen Hustensaftschmugglerkombos wie OOMPH! oder ATROCITY vom Leibe hält, bin ich noch glücklicher und unterwerfe mich noch freudiger erregt. Mich hat außer RAMMSTEIN nie eine moderne deutsche, deutschsprachige Band wirklich überzeugt. ÜEBERMUTTER konnten es....
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