Wir können so ziemlich alles überstehen


Interview mit Exxplorer
Epic Heavy Metal aus USA - Keansburg
Vollen Einsatz für die Musik kann man auch beweisen, ohne dass es für jeden Außenstehenden gleich ersichtlich ist. So ist Fred Gorhau für das Interview in aller Herrgottsfrühe aufgestanden und sitzt morgens um sechs Uhr dennoch bestens aufgelegt im Auto vor dem Haus, damit Frau und Kinder ungestört weiterschlafen können. Offen und redselig erzählt der Gitarrist unter anderem, warum das Keep It True (wahrscheinlich für immer) einen besonderen Platz im Herzen von EXXPLORER einnimmt, und überrascht mit Begeisterung für eine moderne amerikanische Metalband, deren Musik in vielen Belangen kaum in größerem Kontrast zu dem Old School US-Metal seiner Band stehen könnte.

EXXPLORER sind eine recht alte Band, aber es gab einige längere Unterbrechungen zwischen den Alben. Kannst du uns einen kurze Zusammenfassung über die Gründe geben?

Klar. Ursprünglich waren es wohl, zumindest zum Teil, Unstimmigkeiten mit den Plattenfirmen. Ich vermute, wir haben nicht die Unterstützung bekommen, die wir uns erhofft hatten, von Metal Blade und Black Dragon. Sie haben einen guten Job bei dem Produkt gemacht, aber es nicht so sehr ins Gespräch gebracht, wie wir wollten. Dazu kamen noch einige Besetzungswechsel.
(Black Dragon hat Mitte der 80er das Debüt „Symphonies Of Steel“ veröffentlicht, das ein Jahr später von Metal Blade re-releast wurde. Zu der Zeit war Fred noch nicht Mitglied der Band, das erklärt das „ich vermute“.)

Die beiden Gründe gehen vielleicht auch Hand in Hand? Wenn etwas läuft und die Promotion sehr gut ist, ist es einfacher, eine Band zusammenzuhalten.

Besonders zu jener Zeit, wenn Leute in eine andere Gegend gezogen sind. Zusammen in einer Band spielen ging nicht, wenn du weiter als eine Stunde voneinander entfernt gewohnt hast. Heute kenne ich Bands, deren Mitglieder in unterschiedlichen Teilen des Landes leben, weil es möglich ist. Die Welt ist kleiner geworden mit dem Internet.

Was mehr Vorteile als Nachteile gebracht hat.

Ja, das glaube ich auf jeden Fall. Aber damals… Wir waren jünger, die Band war jünger und manchmal brauchten wir einfach eine Pause voneinander. Es hat seine Zeit gebraucht, bis wir anfingen zu verstehen, was wichtig ist. Und das war der Versuch, das Beste aus EXXPLORER rauszuholen. Das ist erst in den letzten paar Jahren passiert, mittlerweile ist es für uns offensichtlich.

Wie wichtig EXXPLORER für euch ist, die Bandmitglieder?

Ja, weil wir nicht mehr jung und eingebildet sind. Wir sind geerdeter und keine Kinder mehr. Du wirst erwachsener und beginnst zu begreifen. Unsere Freundschaft ist unglaublich, wir haben einiges gemeinsam durchgestanden. Auch wenn ich der neue Kerl bin, (lachend) ich bin ja erst seit 19 Jahren in der Band.

Das ist vermutlich eine Erfahrung, die viele andere Musiker teilen, wenn sie älter werden. Natürlich sind eine Familie und ein geregelter Job super, aber wenn man einmal in einer Band war, vermisst man etwas, wenn man nicht mehr spielt.

Da liegst du absolut richtig. Ich bin durch so eine Zeit gegangen… Ich habe immer gespielt, war aber ein paar Jahre in keiner Band. Es ist mir erst nicht aufgefallen, doch es hat immer irgendetwas gefehlt, irgendetwas hat sich nicht ganz richtig angefühlt. Ich glaube, dass mir das in einer Band sein gefehlt hat, denn wenn du einmal auf den Geschmack gekommen bist, ist es wie eine Droge. Du kommst niemals ganz davon los, es zieht dich immer wieder zurück.
Als wir zum Keep It True 2009 eingeladen wurden und es tatsächlich hingehauen hat, waren wir alle – oder fast alle – wirklich aufgeregt und es hat uns vom Hocker gehauen. Das hat den Ausschlag dafür gegeben, dass wir sehen wollten, wie es ist, wieder in einer richtigen Band zu sein und nicht nur ein Haufen wiedervereinigter alter Kerle.

Ich glaube, das Keep It True spielt eine wichtige Rolle bei der Reunion einiger alter Bands.

Das glaube ich auch. Ich persönlich war sehr sehr überrascht und glücklich über die Reaktionen, die wir bekommen haben. Dass selbst nach 25 Jahren noch so viele unserer Fans sich für uns interessiert haben, sie wollten uns wirklich gerne hören! Da haben wir zum ersten Mal daran gedacht, ein neues Album zu machen, weil so viele Leute gefragt haben, ob wir wieder dauerhaft zusammen sind und ob wir ein neues Album machen. Ich habe auf dem KIT auch die Jungs von unserem Label Pure Steel getroffen. Das hat den Ball ins Rollen gebracht.
Wir hatten vorher lose über die Möglichkeit von ein paar neuen Songs gesprochen und nach den Reaktionen auf dem KIT, der gleich folgenden Einladung zum Headbangers Open Air und noch mehr Anfragen haben wir uns gedacht, wir sollten es vielleicht einfach machen. Es war sehr aufregend, endlich wieder im Geschäft zu sein.

Mit dem neuen Album plant ihr also, zumindest so viel zu spielen, wie eure Arbeit zulässt?

Ja, so viel wir können. Wir haben angefangen, mit einigen Leuten in Europa darüber zu sprechen, wie die Chancen stehen, dass wir im nächsten Sommer für ein paar Festivals wiederkommen und womöglich eine Tour, wenn wir eine oder zwei andere Bands dafür finden. Das wäre großartig. Es bedeutet uns etwas, dass das Erscheinen des neuen Albums EXXPLORER so viel Aufmerksamkeit beschert hat, wie wir es seit einiger Zeit nicht erlebt haben. Demnach glaube ich, dass die Chancen gut stehen, dass wir nächstes Jahr nach Europa zurückkehren. Wir alle möchten das sehr gerne, weil wir es lieben, in Europa zu spielen, und jedes Mal, wenn wir es verlassen, können wir es nicht abwarten zurückzukommen.

Was ist das überraschendste oder interessanteste, das nach der Reunion passiert ist?

Die Aufmerksamkeit war vermutlich das, was uns am meisten überrascht hat. Als wir zum KIT gereist sind und uns gesagt wurde, dass wir eine Autogrammstunde machen, war ich besorgt, dass sich niemand erinnern oder es niemanden interessieren würde. Wir würden rumstehen, während die Leute vorbeigehen und sich fragen, wer zur Hölle das denn ist. Aber die Reihe der Leute, die warteten, um uns zu treffen, Autogramme zu bekommen, Leute mit dem Cover der „Symphonies Of Steel“ auf der Rückseite ihrer Kutten, sie hatten die Platten mitgebracht, damit wir sie unterschreiben… Wir sind so gut aufgenommen und behandelt worden. Das war es wert, 25 Jahre zu warten. Also, ich wollte natürlich keine 25 Jahre warten, wir wären so gerne schon vor vielen vielen Jahren hierhergekommen, aber die Reaktionen waren einfach fantastisch.
Das war meiner Meinung nach das denkwürdigste. Ich erinnere mich noch daran, als wir mit dem Van ankamen an der KIT-Halle und unser Zeug ausgeladen haben: Ich habe meinen Gitarrenkoffer, auf dem EXXPLORER geschrieben steht, rausgezogen und gesehen, wie Leute sich angetippt haben und auf uns gezeigt haben. Ich habe mich gefragt, erinnern die sich etwa an uns?!? Das war überwältigend!

Vielleicht ist das bei Heavy Metal Fans auch noch stärker ausgeprägt als bei zum Beispiel Death Metal Fans. Wie leidenschaftlich und langlebig die Verbindung zwischen einer Band und ihren Fans ist.

Ja, es verblüfft mich immer noch, aber irgendwie kann ich es auch verstehen, weil es für mich Bands gibt, zu denen ich eine ähnliche Beziehung habe. Diese Bands haben keinen blassen Schimmer, wer ich bin, aber ich fühle mich ihnen sehr verbunden, weil ich ihre Musik schon seit so langer Zeit höre. Für mich ist Heavy Metal einzigartig und dass er Menschen dieses Gefühl vermitteln und so eine Verbindung schaffen kann.

Kommen wir mal zum Album. Ich liebe den Titel, habe aber keine Ahnung, was mir das von ihm vermittelte Bild sagen soll. (Fred lacht auf.) Wenn die Rache oder Vergeltung eine scharfe Klinge schwingen würde wäre das vielleicht eher ein Bild, das ich erwarte, wenn die Rache irgendwas macht…

So tiefgründig ist es gar nicht. Der Titel kommt ursprünglich aus einer Textzeile aus „Phantasmagoria“ vom „Symphonies Of Steel“ Album. Der entsprechende Abschnitt ist:
“Distorted like my life – Vengeance rides an angry horse – to the downsteps of your mind”
Kevin (Kennedy, der andere Gitarrist) kam auf die Idee, diese Zeile als Titel für das Album zu wählen, und wir fanden das großartig. Wir haben nicht versucht, noch ein „Symphonies Of Steel“ zu schreiben, aber wir wollten unseren Wurzeln treu bleiben und wenn wir einen „Symphonies Of Steel“ Ausdruck benutzen, werden die Leute wissen, wo unser Geist und unsere Herzen sind bei der Arbeit an dem Album.
Ich habe dann mit dem Künstler gesprochen, der das Artwork für uns gemacht hat, Jens Reinhold, habe ihm den Albumtitel genannt und ihm eine Idee davon gegeben, was wir uns vorstellen. Ich sagte ihm, er soll mir zeigen, was er machen will, und er hat mir einen Entwurf geschickt, der schon sehr nah am Endergebnis war, so dass wir nur ein paar kleinere Änderungen und Anpassungen gemacht haben. Ich glaube nicht, dass sein Konzept war, zu überlegen was die Rache macht. Sie reitet einfach das wütende Pferd.
Auf eine positive Art sonderbar war für mich, als Jens mir erzählt hat, dass die Stadt im Hintergrund Bamberg ist. Er war da und hat ein Foto vom Horizont gemacht. Das hat mich umgehauen, weil meine Familie vor 100 Jahren aus Bamberg in die USA ausgewandert ist. Ich habe immer noch Verwandte in Bamberg, selbst wenn ich sie noch nie getroffen habe. Mir hat es prima gefallen, dass sich das so verbunden hat, und ich war Feuer und Flamme für das Cover, nachdem er mir das erzählt hat. Wir haben nur wenige Anpassungen gemacht, es gefiel uns richtig gut und sagt auf gewisse Weise, dass wir nicht einfach nur zurück sind, sondern auch dass es ein Power Metal Album ist und nicht nach Industrial oder Grunge klingen wird. Purer, unverfälschter Power Metal, wie EXXPLORER ihn mag, und wir hoffen, dass es jedem anderen auch gefällt.

Zurück zu den Wurzeln.

Ganz genau!

Wie kommt es, dass ausgerechnet „The Vengeance“ ein Instrumental ist?

Man kann meiner Meinung nach nicht mehr Old School werden als mit einem Instrumental, wie „Narita“ von RIOT oder „Transylvania“ von IRON MAIDEN. Ich habe es immer geliebt, wenn eine Band ein Instrumental auf ihre Platte gepackt hat.

Ich wollte gar nicht die Entscheidung für ein Instrumental kritisieren, ich habe mich nur gewundert, weil „The Vengeance“ ein recht energischer Name ist. Als ich die Tracklist zum ersten Mal gelesen habe, dachte ich, dass vielleicht „As The Crow Flies“ oder „The Valley Of Doom“ ein Instrumental sein könnten, von „The Vengeance“ hätte ich das aber nicht gedacht.

Das kann ich verstehen. Der Titel „The Vengeance“ klingt etwas verheißungsvoll, als ob sich etwas unheilvoll in der Ferne abzeichnet, aber der Eröffnungsakkord mit den Gitarrenharmonien kündigt für mich fast schon an, dass es ein Instrumental ist. Lehn dich zurück und genieß es. Das war nicht unbedingt etwas, was sehr bewusst geschehen ist.
Wir haben uns nicht so sehr den Kopf zerbrochen, sondern einfach Spaß daran gehabt, zusammenzukommen und Sachen zu schreiben. Das Schreiben war viel einfacher als wir alle erwartet hatten, es war eher ein Treffen unter Freunden, die mit dem Spielen loslegen. Es ist nicht so konzeptgebunden, aber ich liebe es, dass andere Leute sich so viele Gedanken dazu machen. Wir haben uns dazu entschieden, Lieder zu spielen, die EXXPLORER auch gerne hören. Ich weiß, dass auf dem dritten Album („Coldblackugly“ von 1996) versucht wurde, das Songwriting zu verändern, mehr Industrial und mehr Grunge, aber das hat offensichtlich vielen Leuten nicht gefallen. Etwas in der Art wollten wir bei diesem Album auf keinen Fall. Wir wollten schreiben, was EXXPLORER gefällt. Und unserem Empfinden nach haben wir eine Menge gemeinsam mit unseren Fans, wir alle mögen die gleiche Art von Musik. Also haben wir uns gedacht, wenn uns die Songs gefallen, die wir schreiben, gefallen sie den Fans auch.

Und immerhin endet „The Vengeance“ mit den Nachwehen einer Schlacht.

Ja, da wollten wir das Bild ein wenig ausmalen. Vermutlich sind wir da doch ein bisschen konzeptuell geworden, als wir die Lieder so angeordnet haben, dass „The Vengeance“ in den Anfang von „As The Crow Flies“ mündet. Du hörst die Schlacht und es gleitet in das Intro von „As The Crow Flies“. Es ist etwas gesetzter, beruhigender.
Mir hat es immer gefallen, wenn bei den Liedern ein wenig Bewegung drin ist. Du willst ein paar ruhige Momente haben und den Song, der das in sich hat. Die Dynamiken des Songs müssen sich bewegen. Wir wollten versuchen, so etwas ein wenig bei den Verbindungen der Lieder des Albums zu machen. Man will kein Album, bei dem alles genau gleich ist, man will Hochs und Tiefs. Ich finde den Übergang gerade dort sehr gut gelungen und es fließt in das schöne Intro von „As The Crow Flies“, bei dem Kevin meiner Meinung nach tolle Arbeit geleistet hat.

Es ist mein Lieblingslied auf dem Album.

Es ist ein richtig gutes Lied, ich mag es ausgesprochen gern.

Der Klang des Albums ist ziemlich roh und basisch. War das auch eine beabsichtigte Referenz auf die Geschichte von EXXPLORER oder bist du der Meinung, dass zu viel Produktion mehr schadet als nutzt, oder …?

Ich denke, das ist beides absolut richtig. Von Beginn an und praktisch auch die ganze Zeit über hatten wir ein sehr sehr eingeschränktes Budget für die Aufnahme. Die Tage, in denen man eine Menge Geld für ein Album im Voraus bekommen hat, existieren nicht mehr, zumindest nicht für EXXPLORER, auch weil wir seit 15 Jahren nichts gemacht hatten. Also mussten wir unsere Lieder nehmen und irgendwo ohne viel Geld aufnehmen. Wir haben das dann bei unserem besten Freund zu Hause gemacht, wir haben sein Haus übernommen und dort das ganze Album aufgenommen. Das hat es uns erfolgreich ermöglicht, die Ausgaben sehr gering zu halten. Und in einem Homestudio willst du nicht versuchen, etwas zu überproduzieren, denn meiner Erfahrung nach wird das Ergebnis dabei niemals wirklich gut.
EXXPLORER waren vertraut mit analogen Aufnahmen, 2 Inch Tape und großen Studios, wo wir meistens aufgenommen haben. Das war abgesehen von Demoarbeit unsere erste Erfahrung mit dem Aufnehmen in jemandes Haus. Also haben wir uns gedacht, wir halten es einfach und roh und benutzen nicht viele Studiotricks.
Für mich hat das Album einen rohen Charme, der gut zu dem Old School Stil passt. Wenn wir 50.000 oder 100.000 Dollar für die Aufnahme gehabt hätten, wäre natürlich ein besserer Sound herausgekommen, aber wenn ich bedenke, womit wir zurechtkommen mussten, bin ich ziemlich zufrieden mit dem Ergebnis und die Reaktionen waren bisher größtenteils auch positiv. Einige Leute sind vielleicht überrascht oder nicht begeistert, dass wir keinen gewaltigen Labelsound haben, aber ich glaube, dass es so wichtig war, weil wir wieder hungrig waren. Wir haben 15 Jahre lang nichts gemacht oder aufgenommen, deshalb war es fast wieder wie bei einer neuen Garagenband. Es war sehr aufregend und es hat geholfen, dass wir viel Zeit hatten, Ideen zu optimieren. Ein paar Lieder haben wir sogar erst im Studio geschrieben. Es gab gute und schlechte Zeiten, aber auf lange Sicht bin ich froh, dass wir es so gemacht haben, weil die Erfahrung uns richtig nah zusammen gebracht hat. Wir haben sogar einmal bei einem Computercrash das komplette Material verloren, die Arbeit von zwei Monaten. Wir waren ungefähr zu 60-70% durch mit den Aufnahmen und haben es nicht fassen können.
Wenn du etwas aufnimmst, gibt es immer mal wieder diese magischen Momente, die du nicht wiederholen kannst. Du kannst es wieder und wieder versuchen, aber es wird nicht so wie beim ersten Mal. Vielleicht hast du die Saiten auf eine besondere Weise getroffen oder man hörte die Finger auf den Saiten und das sind genau die Momente, die du einfangen willst. Unser Produzent Bill Hawkey hat zum Glück einen Weg gefunden, alle verlorenen Tracks zurückzugewinnen, so dass wir nach einer zweimonatigen Pause da weitermachen konnten, wo wir aufgehört hatten. Ein paar Sachen mussten wir neu machen, aber der überwiegende Teil konnte wiederhergestellt werden.
Diese Erfahrung, die Höhen und Tiefen, es gab ein paar herzzerreißende Momente. Wir waren wirklich aufgebracht, weil wir dachten, wir hätten das ganze Album verloren. Ich glaube, dass uns das als Freunde näher gebracht hat, immerhin bin ich mit den ganzen Kerlen seit Jahren über Jahren befreundet. Das alles durchzustehen hat uns näher zusammenrücken lassen, als Freunde und als Band, und uns und jedem anderen gezeigt: Wir haben das überstanden, wir können so ziemlich alles überstehen. Es war ein langer Weg für EXXPLORER und wir sind immer noch hier.

Das hat vielleicht auch damit zu tun, dass ihr erwachsene Männer und keine jungen Burschen mehr seid.

Ja, vor 25 Jahren hätten wir wohl gesagt: Vergiss es, mir reicht’s! Und das Album wäre wahrscheinlich nie erschienen. Aber wir haben vernünftiger nachgedacht und das Album ist etwas, das wir wirklich wirklich wollten. Also haben wir weiter aufgenommen und alles unternommen, damit es klappt.

Und damals hättet ihr vermutlich das Homestudio eures Freundes demoliert.

(nach einem längeren Lachanfall:) Haha, ja! Wir haben auch so schon sein Haus fast demoliert. Sehr vielen Dank an ihn! Wir haben sein Haus wirklich übernommen, das Drumset stand im Wohnzimmer, Marshall Amps im Flur, etc.

Ist er immer noch ein guter Freund von euch?

Haha, ja, das haben wir nicht versaut.

Ziehst du nach so vielen Jahren immer noch Einflüsse aus neuen Bands, aus neuer Musik? Hörst du dir überhaupt neue Bands an?

Ich höre mir immer noch einige neue Bands an. Ich bin da in einer glücklichen Lage, weil ich seit 25 Jahren Gitarrenunterricht gebe und dann Schüler mit Bands ankommen, die ich mir vielleicht nie angehört oder ihnen keine Chance gegeben hätte, aber sie möchten etwas davon lernen. Eine Band, die ich wirklich liebe, ist ziemlich neu, eine ganz andere Art von Metal, PROTEST THE HERO. Ah, großartige Musiker! Das sind junge Burschen und sie holen alles aus ihren Instrumenten raus. EXXPLORER klingen natürlich völlig anders und werden sich niemals so anhören, aber einer meiner Schüler brachte das mit und wollte ein paar Lieder lernen. Ich fand das richtig gut, hab mir das letzte Album runtergeladen und dann eine CD bei Amazon bestellt. Also Ja zu deiner Frage, ich höre mir neuen Kram an. Wenn ich etwas höre, das mir gefällt, beschäftige ich mich damit. Ich war auch schon immer ein Fan von Jazz und Klassik und bin es noch. Ich hab einen ziemlich weiten Musikgeschmack und meine Schüler helfen mir dabei und sorgen auch dafür, dass ich in der Übung bleibe.

Also keine Gefahr einzurosten.

Ich hoffe nicht. Ich spiele jeden Tag und es ist gut, wenn jemand mit etwas wie PROTEST THE HERO ankommt, statt ein viel einfacheres Lied lernen zu wollen, so dass ich daran richtig arbeiten muss. Dann setze ich mich hin und versuche herauszufinden, wie der Modus vom Solo ist, welche Arpeggios er benutzt und so weiter. Das ist interessant und hält mich auf jeden Fall fit.

Die meisten Bands sind nicht so begeistert über irgendwelche Genrezuweisungen, aber du weißt wahrscheinlich, dass zumindest wir in Deutschland EXXPLORER als US-Metal bezeichnen, um der speziellen Kombination von Heavy und Power Metal einen Namen zu geben. Was ist der besondere Kniff am US-Metal, der ihn einzigartig macht?

Ich wünschte, ich könnte genau sagen, woher das rührt, weil ich es auch wahrnehme, wenn ich mir Bands wie JAG PANZER anhöre. Da ist ein bestimmtes Gefühl, das in dir aufkommt, wenn du US Power Metal hörst und das ist, denke ich, schon eine ziemlich genaue Beschreibung. Diese Genrezuweisung macht mir auch gar nichts aus, im Gegenteil, ich finde sie eine Ehre. Und wenn ich EXXPLORER höre, fühle ich das auch, ob es jetzt „Run For Tomorrow“, „Bible Black“, „Beg, Borrow And Steel“ oder auch „Chasing The High“, „Gipsy“ und „As The Crow Flies“ ist. Da gibt es eine Gemeinsamkeit, die diese Lieder verbindet, und der Stil ist etwas anders als zum Beispiel bei NWOBHM Bands oder allgemein europäischen Metalbands. Ich mag jeden Metal, glaube aber auch, dass die US Power Metal Bands etwas besonderes haben, was sie in Stil und Ausführung verbindet. Ob das jetzt gut oder schlecht ist, weiß ich nicht, aber mir gefällt es auf jeden Fall.

Ich habe diesen Begriff auch nur in positivem Kontext in Erinnerung, er wird nicht in einem Zusammenhang benutzt wie zum Beispiel „Happy Power Metal“ für HELLOWEEN oder GAMMA RAY, wo der Begriff auch benutzt wird, um sich darüber lustig zu machen.

Da stimme ich dir zu und ich mag diese Bands, das kannst du mir glauben. Ich bin ein großer Fan von einer Menge deutschen Metals, gerade Old School Bands wie alte SCORPIONS oder ACCEPT. Ich liebe übrigens das neue ACCEPT Album! Ihr Sänger Mark (Tornillo) kommt von einer Band aus New Jersey, TT QUICK, deshalb sind wir hier alle sehr stolz, dass er jetzt Teil von ACCEPT ist und seine Sache so gut macht.

Und live hat er es fast besser drauf als Udo (Dirkschneider, der Originalsänger von ACCEPT).

Er ist phänomenal! Ich hab ihn über Jahre immer wieder bei Clubshows gesehen, wir sind auch schon oft mit TT QUICK aufgetreten, also wussten wir alle, zu was er in der Lage ist. Als wir hörten, dass er bei ACCEPT ist, konnten wir es nicht erwarten. Ich weiß, dass viele Leute rund um die Welt wahrscheinlich skeptisch waren, ob er es live drauf hat, aber wir wussten, was Mark kann. Wir sind alle stolz auf ihn, einen Kerl aus New Jersey, und er hat das richtig gut gemacht.

Ich bin am Ende meiner Notizpunkte angelangt. Gibt es eine Frage, die ich dir nicht gestellt habe, mit der du aber gerechnet hattest?

Ja, aber die Frage musstest du auch nicht stellen und es ist eh nichts, worauf ich näher eingehen wollte. In so gut wie jedem Interview bisher bin ich gefragt worden, was mit Edward LaVolpe (Originalgitarrist von EXXPLORER, der an allen drei früheren Alben beteiligt war) ist und warum er nicht mehr in der Band ist. Die Frage hab ich erwartet, sie macht mir auch nichts aus und das einzige, was ich dazu sagen kann, ist, dass Ed das einfach nicht mehr machen wollte. Er wollte sich zurückziehen und wir wünschen ihm alles Gute. Ich weiß nicht, welches Gefühl die Leute dabei haben, wir alle wünschen ihm jedenfalls alles Gute. Er wird immer unser Bruder und Freund sein und ich glaube, dass ihm alles, was er versucht, gut gelingen wird. Das war das einzige, was ich erwartet hatte, das nicht zur Sprache kam, aber es ist jetzt auch nicht weiter schlimm, weil EXXPLORER weitergehen werden und es gut machen werden.

Ich danke dir Fred, auch dass du so früh aufgestanden bist wegen mir, und überlasse dir die letzten Worte an unsere Leser:

Vielen Dank für dieses Interview, Michael, wir wissen das wirklich zu schätzen. Die Aufmerksamkeit, die EXXPLORER in jüngster Zeit mit dem neuen Album zuteil geworden ist, ist überwältigend und wir freuen uns sehr darüber.
Ich möchte mich bei all unseren Fans bedanken. Die Fans von EXXPLORER sind die besten! Sie sind die loyalsten Fans mit dem Herz am richtigen Fleck, sie sind wie unsere besten Freunde, wirklich! Sie warten 25 Jahre und gehen durch dick und dünn, solche Fans gibt es nicht noch einmal auf der Welt. Dieses Album ist für sie und wir hoffen, dass jeder seine Freude daran hat, wir hatten eine tolle Zeit bei den Aufnahmen.

Jetzt hoffen wir nur noch, dass das mit der Tour im nächsten Jahr klappt.

Auf jeden Fall! Wir machen gerade Pläne dafür. So lange genug Leute da sind, die uns sehen wollen, werden wir kommen. Also sagt jedem, er soll jedem Festival und jedem Club Bescheid geben, dann werden wir da sein!
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