Iced Earth - Dystopia (Boxset)

Iced Earth - Dystopia (Boxset)
Power Metal
erschienen am 14.10.2011 bei Century Media
dauert 45:06 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Dystopia
2. Anthem
3. Boiling Point
4. Anguish Of Youth
5. V
6. Dark City
7. Equilibrium
8. Days Of Rage
9. End Of Innocence
10. Tragedy And Triumph

Die Bloodchamber meint:

Selbst wenn die wichtigste Person für ICED EARTH Gründer, Sprachrohr und Boss Jon Schaffer ist, kreisen in den letzten Jahren viele Diskussionen über die amerikanischen Urgesteine um die Position am Mikro. Der unbestritten wichtigste Sänger ihrer Geschichte ist Matt Barlow, der sich nach einigen Auftritten 2011 allerdings zugunsten der Familie endgültig vom unsteten Bandleben verabschiedet hat. Sein Nachfolger Stu Block, (einigen) bekannt von INTO ETERNITY, sorgt beim Nachzählen für ein Remis unter den Sängern, denn das 10. Album von ICED EARTH ist das fünfte ohne Matt Barlow – Gene Adam sang auf „Iced Earth“, John Greely auf „Night Of The Stormrider“ und der Ripper auf „The Glorious Burden“ und „Framing Armageddon“. So gesehen ist der Umgang mit einem neuen Mann und bis zu einem gewissen Grad auch die Anpassung an dessen Stil und Möglichkeiten überhaupt nichts Neues bei ICED EARTH und aufgrund des einvernehmlichen Abschieds von Matt Barlow sollte Stu Block es bei entsprechender Leistung im Fanlager (hoffentlich) leichter haben als der Ripper.

Nach der langen Vorrede wird es Zeit, sich den dystopischen Fantasien zu widmen, zu denen von „1984“ bis „Soylent Green“ und „V For Vendetta“ viele bekannte Darstellungen wenig begrüßenswerter Zukünfte beigetragen haben, was „Dystopia“ einen düsteren, nicht aber hoffnungslosen Charakter verleiht. Auffällig ist die große Bandbreite von hämmernder („Days Of Rage“) oder feuriger („Boiling Point“) Anklage bis zur leicht aus dem recht heißblütigen Rahmen fallenden Ballade „End Of Innocence“. Sowohl bei der Sortierung der Lieder als auch der kompositorischen Konsequenz blitzt noch vor der Klasse in erster Linie die Erfahrung des federführenden Meisters auf: Kein Lied fällt qualitativ deutlich ab - kleine Längen hat zum Beispiel die „Anthem“ an das selbstbestimmte Leben - und durch die nicht immer identischen Stimmungswechsel von Titel zu Titel hört man durchweg interessiert zu.

Trotz aller Klasse würde „Dystopia“ am Ende aber nur als (deutlich überdurchschnittliche) Routine durchlaufen, wäre da nicht der Mann am Mikrofon. Denn Stu Block überzeugt in allen Lagen, von Harpyienrufen, zum Beispiel in „Dark City“, bis zur typischen ICED EARTH Lage, Marke „kernig & kräftig“. Er fängt instrumental angedeutete Stimmungen auf und verstärkt sie um ein Vielfaches („V“), wobei ihm sicher ein bisschen zugute kommt, dass gerade die mittleren Lagen ordentlich im Vordergrund tönen. Aber an der Leistung gibt es einfach nichts zu bemäkeln, sondern nur vieles zu loben, zumal er sich angemessen variabel präsentiert und man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass er noch eine Schippe hätte zulegen können, wenn die Musik es verlangt hätte.

Auf die ganze Diskographie gesehen werden vor allem die absoluten ICED EARTH-Fanatiker sicher hier und da genug an „Dystopia“ auszusetzen haben, um es nicht auf eine Stufe mit alten „Überalben“ stellen zu müssen. Mindestens einen ansprechenden (Neu-)Start werden sie ihren Lieblingen aber zugestehen müssen, und wer das mit dem Bandfetischismus nicht so eng sieht, der darf sich einfach über eine richtig gute Platte mit einigen Knallern („Dystopia“, „Boiling Point“, „V“ und knapp drunter „Dark City“ und „Equilibrium“) freuen - selbst wenn der Ripper unter der Fuchtel von Richard Christy bei CHARRED WALLS OF THE DAMNED in diesem Jahr knapp die Nase vorn hat. Aber bei zwei so hörenswerten Platten von sehr gut miteinander arbeitenden Gruppen gibt es im Endeffekt eigentlich nur Gewinner.
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