Rammstein - Reise, Reise

Rammstein - Reise, Reise
Rock
erschienen am 27.09.2004 bei Universal Music
dauert 48.15 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Reise, Reise
2. Mein Teil
3. Dalai Lama
4. Keine Lust
5. Los
6. Amerika
7. Moskau
8. Morgenstern
9. Stein Um Stein
10. Ohne Dich
11. Amore

Die Bloodchamber meint:

Rammstein kann man, glaub ich, nur entweder total genial oder extrem kacke finden, ein Zwischending gibt’s da wohl weniger. Durchschnitt passt auf diese Band einfach nicht.
Die ersten beiden Rammstein-Alben fand ich zugegebenermaßen nicht grad das Gelbe vom Ei; bei „Herzeleid“ war zwar alles noch neu und originell, doch textlich eben platt. „Sehnsucht“ kann danach nur als Verlegenheitshandlung betrachtet werden, um an den Erfolg des Vorgängers anzuschließen. Musikalisch ist die Platte ja wohl gänzlich unspektakulär und die darauf befindlichen Texte sind, nur stumpfer Provokation dienend, völlig daneben. Man erinnere sich nur an einzigartige lyrische Ergüsse der Marke „Tier“ und „Bück Dich“ oder gar nerviges Fahrstuhl-Tralala wie „Engel“. Sehr viel besser gestaltete sich die Sache dann allerdings mit „Mutter“: Hau-Drauf-Poesie und klebriges Pathos wurden zurückgeschraubt, Melodien hielten Einzug ins Rammstein-Repertoire.

Das neueste Werk „Reise, Reise“ bedeutet eine weitere Steigerung. Wer regelmäßig Musikfernsehen konsumiert und die drei mit genialen Clips versehenen Singles „Mein Teil“, „Amerika“ und „Ohne Dich“ kennt, kann sich ein Bild davon machen, wie abwechslungsreich die Band anno 2004 klingt. Den Rammstein-typischen Marschrhythmus hat man sich endgültig abgewöhnt, es herrscht instrumentale Vielfalt, ohne dass dabei an Härte eingebüßt wird. Die Ausnahmen dazu bilden musikalische Überraschungen in leiser Form wie „Los“, „Amore“ und das oben genannte wunderschöne „Ohne Dich“.
Die Rammsteinsche Paarreim-Wortakrobatik ist natürlich nach wie vor Geschmackssache. Auf „Reise, Reise“ steckt sie jedoch voll intelligentem schwarzem Humor, früher vermisster Tiefgründigkeit und Doppeldeutigkeit. Ein vergnügt böses Lächeln kann sich beispielsweise bei „Mein Teil“ oder „Morgenstern“ kaum einer verkneifen, es sei denn, man liest die Bildzeitung.

Zusammengefasst haben wir es hier mit dem bisher besten Rammstein-Album zu tun. Die Songs streifen hitsicher und extrem kurzweilig durch sämtliche Gefühlswelten, nisten sich sofort im Ohr ein und machen absolut süchtig. Die hohe Qualität sollte hoffentlich dazu beitragen, dass sich die Relation der Anhänger und Hasser ein weiteres Mal zum Positiven verschiebt. Nur aufgrund des für meinen Geschmack etwas nervigen „Moskau“ knapp an der Höchstnote vorbei geschlittert.
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