Mit V. Santura über Klänge zwischen Aggression, Melancholie und Trauer


Interview mit Dark Fortress
Melodic Black Metal aus Deutschland - Landshut
DARK FORTRESS können sich bereits seit ihrem Album „Stab Wounds“ in den vorderen Reihen der deutschen Bands schwarzmetallischer Machenschaften wähnen. Dass dieser Status auch weiterhin nicht gefährdet scheint, wurde mit der aktuellen Scheibe „Séance“ eindrucksvoll unterlegt. Meine Fragen beantwortete Gitarrist V. Santura.

Hallo V. Santura,
kommen wir gleich einmal zu einer Frage bezüglich eines Lieds von eurem neuen Werks „Séance“, und zwar „REvolution:Vanity“.
Es wurde von dir unlängst als umstrittenstes Stück auf dem Album bezeichnet. Was für Unstimmigkeiten gab es denn bei diesem Lied, dass es fast nicht den Weg auf die CD gefunden hätte?


Na ja, nicht jeder in der Band findet dieses Lied bedingungslos geil, allerdings niemand völlig scheiße. Wir sind eine demokratische Band, einer war gegen den Song, zwei unbedingt dafür, nämlich Seraph und ich, die anderen waren unentschieden. Somit kam der Song aufs Album. Durch das ganze Hin und Herdiskutieren wurde mir der Song auch schon fast vergellt, aber es war ein geiles Gefühl, dass im aller ersten Review überhaupt, das ich zu „Séance“ gelesen habe, ausgerechnet dieser Song besonders herausgehoben wurde, hehe. „Revolution:Vanity“ ist in der Tat einfach Geschmackssache, da er stilistisch etwas aus dem Rahmen fällt. Mit etwas anderem Sound könnte das Stück auch auf einer Death Metal Platte stehen.

„Stab Wounds“ baut einen anderen Spannungsbogen auf als „Séance“. Ersteres schwenkt von anfänglicher Kälte und Aggression um zu zunehmend mehr Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit.
Bei „Séance“ sind dagegen mit „Ghastly Indoctrination“ und „Insomnia“ zwei energische, düstere Stücke ein- bzw. ausleitend zu hören und dazwischen werden zum Beispiel mit „Requiem Grotesque“, „While they sleep“ und „Incide“ psychedelischere Wege beschritten.
Ist es bewusst zu diesem Stimmungsaufbau gekommen oder würdest du von Grund auf diesem Eindruck widersprechen?


„Stab Wounds“ folgt aus konzeptionellen Gründen genau dem von Dir beschriebenen Spannungsbogen. Auch wenn „Séance“ prinzipiell ebenfalls ein Konzeptalbum ist, wird keine durchgehende Geschichte erzählt, sondern jeder Song steht für sich, auch wenn sich alles um eine Kernthematik dreht. Somit haben wir versucht die Songs auf dem Album so anzuordnen, dass es möglichst abwechslungsreich, aber dennoch ohne Stimmungsbrüche fließen kann. Als ich die Musik zu „Ghastly Indoctrination“ geschrieben habe, war mir eigentlich sofort klar, dass dieser Song der Opener sein muss, da er irgendwo anders auf dem Album einfach nicht so krass wirken würde. „Insomnia“ fühle ich in erster Linie eigentlich als melancholischen oder traurigen Song und ich hatte dabei auch einfach sofort das Gefühl, dass dies der Schlusssong des Albums sein muss. Kann man schlecht erklären, ist einfach eine Gefühlssache.
Die anderen von Dir angesprochenen Stücke sind sicherlich psychedelisch und ungewöhnlich und wurden eben quer über das Album verteilt, um durch straighte Nummern wie „To Harvest...“ und „Poltergeist“ aufgelockert zu werden. Eigentlich gehören „Requiem Grotesque“ und „While They Sleep“ zusammen, da das erste Riff von „While...“ ja das Schlussmotiv von „Requiem...“ aufgreift. Diese beiden Stücke sind natürlich sehr ungewöhnlich und schleppend, weshalb genau nach „While...“ ein Kracher kommen musste, um die Ausgewogenheit des Albums zu wahren.

„Séance“ ist wie schon der Vorgänger recht melancholisch ausgefallen. Allerdings ergreift mich beim Hören von „Stab Wounds“, unter anderem bei „Despise The „Living““, mehr traurige und hoffnungslose Atmosphäre. Bei „Séance“ verspüre ich dagegen mehr Melancholie und „kranke“ Dunkelheit. Was kannst du dazu sagen?

Ja, ich denke „Stab Wounds“ war in erster Linie melancholisch und depressiv, wohin hingegen „Séance“ eher mystisch und dunkel, fast unheimlich ist. Wir haben immer eine gewisse Aggressivität in unserer Musik, aber nicht unbedingt vordergründig, und eine gewisse Melancholie oder Trauer. Die beiden Alben bedienen sich also durchaus ähnlichen Stimmungen, wobei der Focus aber eben auf unterschiedliche Facetten gerichtet ist.

Die Frage, wie ihr denn beim Schreiben eurer Lieder vorgeht, habt ihr sicherlich schon oft genug gehört.
Da Azathoths Texte aber auch aus persönlichen Gefühlen und Erfahrungen heraus entstanden sind, wäre es interessant zu wissen, ob ihr denn die Musik nach der Aussage beziehungsweise Stimmung der Texte komponiert, oder ob das andersherum läuft – oder gar parallel zueinander?


Das „Parallel zueinander“ wäre ein hervorragender Ansatz fürs nächste Album. Ich werde den Vorschlag mal machen! Bei „Séance“ und bei „Stab Wounds“ waren eigentlich fast sämtliche Texte bereits vor der Musik geschrieben, eine der wenigen Ausnahmen war z.B. „Iconoclasm Omega“ von „Stab Wounds“, bei dem soweit ich mich erinnern kann der Text auf die Musik geschrieben wurde. Die Texte können eben eine hervorragende Inspiration sein, und somit entstanden der Großteil der Songs so, dass wir mit der Musik versucht haben die in den Texten vermittelten Stimmungen umzusetzen. Die aller meisten Gesangslinien stammen zwar wiederum von Azathoth, der sich aber in der strukturellen Aufteilung an die Songaufbauten halten muss, die wiederum dem Text folgen wie z.B. bei Insomnia.

Beim nächsten Album möchten wir so vorgehen, dass wir erst vage ein Konzept ausarbeiten mit Songtiteln, uns über den Spannungsbogen klar werden, die Texte aber erst auf die fast fertige Musik zu schreiben, damit wir bei den Kompositionen mehr Freiheiten haben. Somit könnte es zu einer „parallelen“ Arbeitsweise führen, was eigentlich ein Vorteil wäre.

Hast du das Album eigentlich auch wieder selbst produziert, oder gab es Unterschiede zu den Aufnahmen des Vorgängers?

Ja, ich habe das Album wieder selbst produziert, nur dass wir weniger Zeit (dieses mal nur für die Drumrecordings) in externen Studios verbracht haben. Ich plane momentan konkret mir irgendwo ein kleines Häuschen zu mieten um da mein eigenes vernünftiges Studio aufzubauen, um da auch andere Bands aufnehmen, mischen, mastern etc. zu können. Ich hoffe, dass das in absehbarer Zukunft funktioniert, dann würden wir wohl die nächste Scheibe völlig ohne irgend ein externes Studio produzieren.

Die Unterstützung durch Century Media ist wahrscheinlich um einiges stärker und flächendeckender – vielleicht auch zuverlässiger – als die durch Black Attakk, oder?

Ja klar, natürlich, CM haben völlig andere Möglichkeiten uns zu promoten, auch im Ausland, wobei ich mir schon einen VÖ jenseits des großen Teiches erhoffen würde.
Vor allem ist die Kommunikation mit CM besser, sie machen nie falsche Versprechungen und wir sind immer auf dem Laufenden. Was besseres hätte uns eigentlich kaum passieren können.

Wisst ihr schon Näheres über diesjährige Auftritte, außer dem Konzert am 11. März in Graz weiß ich nichts Weiteres. Ihr hattet mal den Wunsch geäußert, gerne wieder auf dem Party.San spielen zu wollen, weißt du aus dieser Richtung schon Neues zu berichten?
Gibt es weitere Festivals, auf denen man euch dieses Jahr vielleicht sehen kann (zumindest das Up From The Ground dürfte nach eurem - sehr guten - Auftritt letztes Jahr wohl leider wegfallen…)?


Witzig, wir fanden den Gig auf dem UFTG aus unserer Sicht echt grottig, das war einer unserer schlechtesten Gigs seit langem. Eigentlich dachten wir direkt nach dem Gig, dass wir uns soeben unseren Ruf als gute Live Band versaut hätten, dabei habe ich fast nur wirklich gute Kritiken gelesen. Naja, wenn man als Black Metal Band wirklich total angepisst auf der Bühne steht, macht das die Show vielleicht noch authentischer, aber wir haben den Gig nicht sonderlich genossen. Das Problem war, dass
wir mitten unter der Produktion für „Séance“ gesteckt sind, wir gerade schon zwei Tage hinten im Zeitplan waren, und dann einfach überhaupt nicht den Kopf frei hatten und richtig für Live eingespielt waren. Aber wir sind anscheinend noch mal gut davon gekommen, hehe. Unter anderen Umständen hätte ich das Festival echt genossen, aber ich musste auch gleich nach unserem Auftritt wieder weg und weiterarbeiten.
Ja, wir würden in der Tat sehr gerne wieder auf dem Party.San spielen, ich hoffe wirklich, dass sich da noch was machen lässt. Das Problem ist nur, dass der Zug für die großen Festivals schon so gut wie abgefahren ist. Wir haben erst im November bei CM unterschrieben, die natürlich versuchen uns unterzubringen, aber die Planungen der Veranstalter beginnen meistens schon kurz nach dem letzten Open-Air, und somit stehen unsere Chancen für 2007 wohl besser, was aber nur ein schwacher Trost ist, da wir schließlich jetzt ein neues Album am Start haben.
Es ist sicher, dass wir das Metallic Noise Festival (14.07) in der Nähe von Stuttgart und das Metal Forces Festival (24.11.) in Lörrach spielen werden, außerdem spielen wir auf dem Halloween Metalfest in Salzburg am 28.10.
Die neuen Dates werden hoffentlich bald auf unserer Homepage stehen. Es werden sonst noch einige weitere Einzelgigs hinzukommen.

Das Konzert in Graz wurde übrigens vom Veranstalter auf Grund von Problemen abgesagt. Schade.

Von Black Attakk noch versprochen, aber nie realisiert worden ist ja eine DARK FORTRESS-Tour. Schaut es in dieser Hinsicht, gerade im Zusammenhang mit Century Media, inzwischen anders aus, oder seit ihr gar nicht so große Anhänger allabendlicher Auftritte und wollt lieber individuelle Konzerte geben?

Eine Tour muss sein, ist bei uns nur schwierig als sechsköpfige Band einen Zeitraum von mehreren Wochen zu finden, in dem alle frei bekommen. Aber für April ist eigentlich eine zweiwöchige Tour mit Lord Belial geplant. Es ist aber leider auch noch nichts spruchreif, da die Dates noch nicht fertig gebucht sind in die Promotion immer noch nicht angelaufen ist.
Für September gäbe es auch eine sehr interessante Anfrage für eine Tour, die wir sehr gerne spielen würden, da ist es nur noch fraglich, ob das zeitlich bei uns klappt.

Findest du auch, dass es mehr hochwertige Black Metal-Formationen aus Deutschland gibt und diese, im Gegensatz zur norwegischen Fraktion, auch nach wie vor interessantes Material veröffentlichen?

Ich denke da außer an Dark Fortress zum Beispiel an Secrets Of The Moon, Nocte Obducta, Helrunar oder Lunar Aurora. Gerade Letztere dürften dir doch näher bekannt sein, da sie ebenfalls seit 1994 musizieren und ihr schon einige Male mit ihnen aufgetreten seid.


Ja, im Gegensatz zu früher gibt es mittlerweile einige wirklich hochklassige Bands aus Deutschland. Ich bin trotzdem nicht der Meinung, dass aus Norwegen nichts mehr kommt. Ich bin nach wie vor ein riesiger Satyricon Fan, Thorns haben wirklich noch was neues gemacht und das letzte Mayhem Album fand ich
auch klasse. Ich hab mir jetzt mal die MP3s, die Code auf ihre Homepage gestellt haben reingezogen, klingt auch sehr vielversprechend.
Was BM aus Deutschland betrifft bin ich vor allem auf das Debut von Sonic Reign gespannt. Das, was ich bis jetzt gehört habe, hat mich völlig begeistert!

Solltest du es kennen, was hälst du von Lunar Auroras aktuellem Album „Mond“?

Ich kenn es noch nicht und das, obwohl ein guter Kumpel von mir sogar in dem Studio, in dem Lunar Aurora aufgenommen haben, arbeitet. Muss ich mir wirklich mal anhören. Lunar Aurora ist zweifelsohne eine Band mit dem berühmten „gewissen Etwas“, wobei ich noch nie so völlig den Zugang zu ihrer Musik gefunden habe. Vor kurzem haben wir ja zusammen auf einem Festival in Rosenheim gespielt. Blöderweise waren sie direkt vor uns auf der Bühne, weshalb ich sie mir nicht wirklich ansehen konnte (warm spielen, schminken...).

Noch eine kleine „sachliche“ Frage, was ist eigentlich mit eurer Internetseite los?
Das frag ich mich auch. Eigentlich hätte pünktlich zum Albumrelease eine komplett neue Seite online gehen müssen, dann gabs aber wieder Zeitprobleme usw. Langsam ist es für uns als Band ein bisschen peinlich, aber ich hoffe, dass ,wenn dieses Interview abgedruckt wird, die neue Seite schon am Start ist. Mal sehen wer schneller ist, wetten würde ich aber lieber nicht...

Was für Aussichten und Pläne habt ihr?

Erstmal hoffen wir im April eine Tour spielen zu können, idealer weise noch mal was im September oder Dezember/Januar. In kürze werden wir auch mal absehen können, wie das neue Album so ankommt und irgendwann werden wir dann den Nachfolger zu „Séance“ in Angriff nehmen.

Ich danke dir für das Beantworten der Fragen und wünsche euch weiterhin viel Erfolg. Die abschließenden Worte gehören dir.

Danke fürs Interview. Hört euch „Séance“ mal in einer ruhigen Stunde an. „Séance“ ist ein Album, das man auf sich wirken lassen muss und mit der Zeit wächst, aber es lohnt sich!

(Alle Bilder von Kristin Tafferner)
-