Fear Factory und Meshuggah, statt Backstreet Boys auf Crack


Interview mit By Night
Modern Thrash Metal / Metalcore aus Schweden - Falkenberg
Die jungen Schweden von BY NIGHT haben mit „A New Shape Of Desperation“ einen fetten Hassbatzen eingeballert, der in die Fußstapfen inzwischen alt und fad gewordener Modern-Thrash-Ikonen tritt. Mikromann Adrian ist zumindest verdammt stolz auf das neue Werk. Trotz der eher weniger traditionellen Ausrichtung seiner Band, hasst er nichts mehr als Trends, Möchtegern-Metaller und Boybands mit ernsthaften Drogenproblemen.


Hey! Danke, dass Du Dir Zeit für meine Fragen nimmst!

Adrian: Nein, ich habe zu danken.

Nur wenige Leute kennen BY NIGHT. Vielleicht kannst Du uns ja ein bisschen was zur Geschichte der Band erzählen?

Adrian: Wir spielen schon seit acht Jahren zusammen, kamen vor vier Jahren zu Lifeforce Records und haben als erstes eine Split-CD mit unseren Kumpels Cipher System veröffentlicht. Nach einem halben Jahr kam dann unser Debütalbum „Burn The Flags“ raus, mit dem wir zwei Europa-Tourneen absolvierten. Wir hatten eine richtig gute Zeit und haben viele neue Freunde kennen gelernt. Und jetzt sind wir wieder auf Tour mit unserem neuen Album „A New Shape Of Desperation“, das gerade veröffentlicht wurde.

Ihr kommt aus Schweden, einem Land, das für seine große Anzahl an einflussreichen Deathmetal-Bands berühmt ist. Hat dieser Umstand Euch dazu ermutigt, harte Musik zu spielen?

Adrian: Yeah, na klar ist es eine große Inspiration, viele tolle Bands um sich zu haben, die erfolgreich sind. Man arbeitet dann härter für die Dinge, an die man glaubt. Aber ich kann nicht genau sagen, ob mich schwedische Bands dazu gebracht haben, in einer Metalband zu spielen. Ich denke, dass Bands wie Sepultura, Pantera und Machine Head einen größeren Eindruck bei mir hinterlassen haben als die Bands aus Schweden.

Es ist offensichtlich, dass Euer Sound von Bands wie Fear Factory und Meshuggah beeinflusst ist. Was fasziniert Euch gerade an diesen Bands?

Adrian: Beide Bands sind wirklich großartig und haben mit vielen frischen Ideen die Szene bereichert. Nur wenige Bands besitzen heutzutage mehr Heaviness und Attitüde. Meshuggah sind fantastisch, sowohl als Musiker als auch als Liveband. Ich find es toll, dass sie so groß geworden sind, ohne Kompromisse gegenüber den Labeln zu machen oder irgendwelchen Trends zu folgen, die die Magazine heraufbeschwören.

Meiner Meinung nach ist Euer neues Album „A New Shape Of Desparation“ um einiges überzeugender als das Debüt „Burn The Flags“. Ich denke, Du wirst mir da zustimmen. Gab es da, das Songwriting und die Aufnahmen betreffend, irgendwelche Veränderungen?

Adrian: Es macht immer Spaß zu hören, was die Leute über das neue Material denken. Ich glaube, dass es wichtiger ist, wenn es einige gibt, die das Album lieben und einige, die es hassen, als wenn jeder denkt, dass wir eine weitere Band sind, die wie jede andere ist.
Und ja, ich stimme Dir absolut zu. Das neue Album ist stärker als „Burn The Flags“, obwohl ich immer noch total stolz auf diese Platte bin, weil heutzutage kaum noch Debütalben veröffentlicht werden, die derart kompromisslos sind. Wir hatten eine genaue Vorstellung, wie das neue Album und auch der Sound sein sollten. Wir wollten, dass die Musik immer noch so aggressiv und brutal wie auf „Burn The Flags“ ist, aber mit einem härteren und fetteren Sound. Wir haben auch versucht, stärkere Songs zu schreiben und auch etwas abwechslungsreicher zu sein, also mehr Elemente in unsere Musik aufzunehmen.

Wie sieht’s mit den Texten aus? Sind die von Euren eigenen Erfahrungen beeinflusst oder einfach nur dazu bestimmt, die kalte, aggressive Atmosphäre Eurer Musik zu ergänzen?

Adrian: Alle Texte entstehen aus persönlichen Erfahrungen und Gedanken, die ich über die Dinge habe, die ich jeden Tag vor mir sehe oder allgemein über die Welt, in der wir leben. Diese Welt ist kein wirklich schöner Ort. Es gibt viele Sachen, die wir besser machen könnten. Es ist nie zu spät, etwas zu verändern. Wenn jeder von uns versucht, nur ein klein wenig zu ändern, damit es besser wird, oder lernt, wie man andere mit größerem Respekt behandelt, ohne gleich aufgrund von Religion, Hautfarbe oder Herkunft zu urteilen, wird es letzten Endes eine wirklich große Veränderung geben.

Ihr passt nicht wirklich ins Programm Eures Label Lifeforce Records, das hauptsächlich auf Hard- und Metalcore ausgerichtet ist. Wie seid Ihr zu dem Vertrag gekommen?

Adrian: Wir haben einfach ein Demo hingeschickt. Das waren dieselben Songs, die wir dann auch auf der Split-CD veröffentlichten. Lifeforce fanden es auch direkt cool, haben uns kontaktiert und sich gewundert, warum wir daran interessiert waren, mit ihnen zusammenzuarbeiten.

Wie findet Ihr es, als Metalcore-Band bezeichnet zu werden? Siehst Du Metalcore als eine Art Trend oder Hype, der vielen Bands zum Aufstieg verholfen hat?

Adrian: Du hast doch grad gemeint, dass wir keine Metalcore-Band sind (Upps, ja, richtig, mein Fehler...Anm. d. Verfasserin)...und ernsthaft, ich habe uns nie als Metalcore-Band gesehen. Wir spielen Metal und es gibt wenige Hardcore-Einflüsse, aber das Metalcore zu nennen, wäre völlig falsch. Aber die Magazine versuchen immer, dir irgendeinen Namen zu geben und mir ist es ziemlich egal, wie sie uns nennen.

Was habt Ihr Euch dabei gedacht, als Ihr Euren Bandnamen kreiert habt? Ist Euch schon mal aufgefallen, dass wenn man bei Google nach BY NIGHT sucht, nichts Brauchbares zu finden ist?

Adrian: Die Geschichte zu dem Bandnamen ist so albern, dass wir gar nicht erst darüber reden. Aber ich denke, dass es ein guter Name ist, den die Hörer nicht vergessen...Er klingt nicht wie die ganzen NewMetal-Bandnamen heute klingen.
..und das mit dem Googeln klappt eben deswegen nicht, weil man immer nur irgendwelche Städte „by night“ finden wird, so wie Paris by Night...

Viele Leute, die Metal schon seit den Achtzigern hören und die traditionelle Variante bevorzugen, haben einen recht feindliches Verhältnis zu modernen Rock- und Metalsounds. Was denkst Du darüber? Wie könnte man solche Leute davon überzeugen, ihre Vorurteile aufzugeben?

Adrian: Mir geht es da fast genauso. Ich höre nicht so viel neuen Metal und meistens finde ich es auch langweilig. Wenn ich Metal hören will, leg ich immer altes Zeug, wie „Far Beyond Driven“ von Pantera oder „Arise“ von Sepultura ein. Aber es ist sehr wichtig, Musik gegenüber aufgeschlossen zu sein. Ich find zum Beispiel auch Bands wie Scarve toll oder auch das neue Zeug von Lamb Of God.

Wie sehen die Zukunftspläne von BY NIGHT aus? Die größte Metalband der Welt zu werden?

Adrian: Ich denke, dass es sehr wichtig für eine Band ist, große Ziele zu haben. Aber mit der Musik, die wir spielen, können wir nie die größte Band der Welt werden. Vielleicht ist es realistischer, die größte Band aller Bands zu sein, die nicht in der Metalszene sind, um Hits zu schreiben und auf MTV zu laufen. Also, bekannter zu sein, wäre toll, da wir so größere Shows spielen und auf größeren Touren dabei sein könnten. Aber wir werden uns nicht in eine Möchtegern-Trend-Band verwandeln, um ein größeres Publikum zu erreichen. Wir machen, was wir lieben – unglücklicherweise machen das nicht so viele Bands.

Letzte Frage: Was waren Deine persönlichen musikalischen Höhepunkte bisher in diesem Jahr?

Adrian: Wir haben in den ersten sechs Monaten dieses Jahres neues Material für „A New Shape Of Desparation“ geschrieben, und dann sind wir ins Studio gegangen, um das Album aufzunehmen. Ich kann also nur sagen, dass das Highlight dieses Jahres war, als ich das Endresultat unserer Bemühungen hörte. Das hat mich total weggeblasen.

...und wie würdest Du unsere Leser davon überzeugen, Euer neues Album zu kaufen?

Adrian: Wenn ihr nach einer Band sucht, die sich nicht darum schert, wie sie aussieht und nicht versucht, Hits zu schreiben, die klingen wie die Backstreet Boys auf Crack, könntet Ihr uns mögen. Wenn Ihr nach einer Band sucht, die mehr Attitüde und mehr Eier als alle anderen hat, schaut mal auf www.myspace.com/bynight und hört Euch die Songs an. Dann könnt Ihr Euch selbst eine Meinung bilden, anstatt darauf zu hören, was andere darüber denken.
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