Von einem der auszog, Respekt zu lehren...


Interview mit Napalm Death
Grindcore aus Großbritannien - Birmingham

Die unkaputtbare Grindmaschine aus Birmingham ist einfach nicht zu ermüden und hat mit "Smear Campaign" zuletzt mal eben einen weiteren Höhepunkt ihres zweiten Frühlings hingelegt. Als Barney & Co in Leipzig weilten, war es daher an der Zeit sich einen persönlichen Überblick zu verschaffen und neben jener Scheibe auch andere Aspekte anzuschneiden, sei es das Tourleben oder eben die angesichts des Billings auftretende Metal-und-Core-Geschichte, die ja eigentlich schon nach der letzten Festivaltour der Briten in der Luft lag.
Also fix ins rauchfrei gehaltene Obergeschoss des Conne Island, den dick eingepackten Barney von der Spielkonsole geeist und (bisweilen etwas provokativ) smallgetalkt...

Aloha, Barney, freut mich dich derart relaxt in der Couch lümmeln zu sehen. Dann lass uns doch gleich mal mit der neuen Scheibe loslegen: Zufrieden mit den bisherigen Reaktionen?


Ja, die sind ausserordentlich gut. Bisher haben wir eigentlich nur positives Feedback bekommen, was in der Form schon bei unseren letzten Alben der Fall war, und ich meine: Wer wird sich da beschweren? Ganz vorsichtig gesagt, haben wir uns also schon etwas an den Zuspruch gewöhnt, hehe...

Denkst du dann manchmal, dass ihr momentan genau die Anerkennung bekommt, die euch in einer Phase der späten 90er etwas abhanden gekommen war? Sozusagen die späte Wertschätzung eures Lebenswerkes?

Sagen wir mal so: Von Zeit zu Zeit könnte man tatsächlich auf solche Gedanken kommen, aber auf der anderen Seite sind das auch Dinge, über die es nicht lohnt nachzudenken – zu keinem Zeitpunkt seiner Karriere. Man sollte am Ball bleiben, stets versuchen, das Bestmögliche aus sich selbst herauszuholen, Herausforderungen angehen und dann zeigt sich schon, ob bei den Leuten auch etwas davon hängen bleibt. Davon bin ich überzeugt.

Mich hat das vor allem hinsichtlich eurer mittleren Scheiben wie etwa “Diatribes” interessiert, die in der öffentlichen Wahrnehmung doch eine ganz andere Wirkung hatten – oder besser gesagt: eben nicht hatten...

Ja, das stimmt, aber hier lag ein Grossteil der Verantwortung einfach bei unserem damaligen – ziemlich armseligen – Plattenlabel. Die Scheiben selbst waren stilistisch etwas anders, in gewisser Hinsicht vielleicht auch ein wenig ihrer Zeit voraus, je nachdem wen du nun genau fragst.
Im Endeffekt kann man sich von dem vermeintlichen Respekt, bzw. dem Mangel an selbigem, aber auch nicht so viel kaufen, da man als Band immer nur so gut wie das nächste Album ist. Und da gilt es dann immer wieder, einen möglichst guten Kurs einzuschlagen und zu halten.

Über eure Zeit bei Earache (dem damaligen Label) gab es ja generell so einiges zu lesen...

Ja, das glaube ich gern, und darüber breitet man mittlerweile auch besser den Mantel des Schweigens. Fairerweise sei gesagt, dass Earache nie versucht haben, die Band in ihrer musikalischen Ausrichtung zu beeinflussen – weder offensichtlich, noch über 3, 4 Ecken. Ganz profan gesagt, haben sie sich wohl am ehesten einen Dreck um uns geschert.

Obwohl sich ja zu jener Zeit neben dem musikalischen auch der Gesamteindruck der Band – wie zum Beispiel das lesbare Logo und das generelle Design – in etwas, sagen wir, breitenwirksamere Gewässer verschob...

Auch der Wechsel des Logos und solche Sachen kamen immer aus der Band selbst und hatten nichts mit einer Geschäftspolitik des Labels zu tun. Ich meine: Ist ein Logo wirklich wichtig für eine Band?

Eben das hab ich mich gefragt. Ganz platt könnte man argumentieren: Seit “Enemy...” habt ihr euer altes Logo wieder, seid auch musikalisch merklich back to the roots gegangen – und seit dieser Scheibe geht es rezeptionstechnisch unbestritten bergauf...

Das kann man natürlich so sehen, auch wenn ich denke, dass selbst auf Scheiben wie “Diatribes” Spuren unserer Vergangenheit auszumachen waren, wodurch sich für mich diese Frage nicht stellt. Ebenso ist der Rückgriff ab “Enemy...” sicherlich auf eine gewisse Weise vorhanden, aber es gibt auch eine gewisse Progressivität, eine Entwicklung, die wir mit der traditionellen Intensität Napalm Death's zu verbinden suchen.

Mir ist auch aufgefallen, dass es eine Tendenz zu geben scheint, altgediente Bands für eben diesen Schritt zurück in die eigene Vergangenheit (und nicht für das eigentliche Material) mit der Anerkennung zu überschütten, die man den aus ihrer Entwicklung resultierenden Scheiben oftmals versagte...

Ja und nein. Ich meine, die meisten dieser Bands haben sich im Grunde ja nicht notwendigerweise zu einhundert Prozent selbst kopiert. Es kommt in den Augen mancher Menschen natürlich immer gut, wenn Bands (oder Labels oder Redakteure) sagen, sie hätten ihre Klassiker von vor 20 Jahren nochmal rausgekramt, aber ist diese Kopie nicht auch irgendwie ein uneinlösbares Versprechen, eine Art von Selbstbetrug?

Ich würde sagen ja, schließlich sind die Typen alle 20 Jahre älter geworden, haben (hoffentlich) ein Leben, eine Entwicklung mitgemacht. Es fehlt dementsprechend oft der Reiz des Unbekümmerten, den man als Einziges nicht reanimieren kann. Verfällt man da als Band nicht schnell dem Charme des erprobten Konstruktes?

Stimmt, und es ist verdammt schwierig, dieser Falle zu entgehen. Man muss sich deshalb immer vor Augen halten: Scheiben wie Frost's “To Mega Therion”, Discharge's 12'' “Why” oder eben auch “Scum” sind Momentaufnahmen, sind Stimmungsbilder einer ganz speziellen Zeit. Man sollte sich bewußt sein, dass man sie im Ganzen nicht wiederholen kann, und am wenigsten erzwingen.
Wir haben meines Erachtens niemals den Blick für das verloren, was diese Band ausmacht, aber im Laufe der Zeit kam es aufgrund der bandinternen Charaktere, ihrer Vorstellungen und Interessen, logischerweise zu Schwankungen im Klangbild – und zum jetzigen Zeitpunkt machen Napalm Death die Art von Musik, die mir persönlich am besten gefällt. Diese leicht punkige, aber nicht primitive Attitüde ist exakt das, was meinem Geschmack entspricht – schon immer entsprach - und das fühlt sich gut an.
Ich würde also sagen, wir haben auf den letzten Scheiben innerhalb unserer Bandbreite einen neuen Fokus gesetzt, ohne dabei zu stagnieren oder uns selbst zu verlieren.

Das würde ich genau so unterschreiben. Ab “Enemy...” sind Napalm Death in meinen Augen wirklich essentiell geworden, weil ihr euch – abseits aller Legendenspinnerei – im aktuellen Geschehen zurückgemeldet habt und dort erneut wichtige, verbindende Scheiben aufnehmt.

Danke dir, das spricht mir aus der Seele.

Ein Ausdruck dessen ist die enorme Tourfreude, die ihr seit geraumer Zeit an den Tag legt. Hatten die letzten 2 Jahre nicht negative Auswirkungen auf den Familienbetrieb?

Naja, meine Familie beschränkt sich auf Brüder, Schwestern und meine Eltern, ich hab also keine Frau oder feste Beziehung. Das hat schon damit zu tun, dass ich so oft unterwegs bin, und ich denke das wird auch erst mal so bleiben, da sich mit meinem Leben keine andere Konstellation vereinbaren lässt. Ist manchmal ziemlich hart, aber auf der anderen Seite hat es auch seine Vorteile.
Mitch ist verheiratet, Shane auf dem besten Wege, und die Jungs ziehen auch ihr eigenes Ding durch. Allerdings hat Napalm Death bei allen von uns erste Priorität und wenn irgendwas anliegt, dann ist jeder von uns bereit loszulegen. Das ist beileibe nicht einfach, allein die lange Zeit ohne seine Frau, aber im Moment ist unser Leben das, welches wir leben wollen und ich habe großen Respekt vor den Jungs.
Falls es irgendwann einen Punkt geben sollte, an dem einer von uns merkt, dass sich die Prioritäten ändern, dann ist es eben so. Ma muss sich auch vor Augen halten, dass Napalm Death seit 15, 16 Jahren ein Teil unseres gemeinsamen Lebens ist, und nach all der Zeit sagt man nicht mal eben “Scheiß drauf, laß uns das Ding begraben”.

Verständlich. Hast du mit dem Alter eigentlich deinen Lebensstil geändert, was die Touren betrifft?

Nee, es gab nie einen Grund dafür und daher bin ich in diesem Aspekt heute noch der Typ, der ich vor 16 Jahren war. Ich hab damals mit dem Alkohol aufgehört und heute trinke ich verdammt wenig, auf Tour und zu Hause gar nichts. Ich bin auch nicht der Meinung, dass Trinken zu einer besseren Show führt – ich will mich gut fühlen und gesund sein, zuhause wie auf Tour, und lebe daher mehr oder weniger gleich bewußt, egal wo ich bin.

Nach diversen metallischen Touren der Vergangenheit seid ihr derzeit verstärkt mit Hardcore-Packages unterwegs...

Richtig, aber das hat sich so ergeben, zumal unsere vielversprechendsten Tourpartner ziemlich oft aus dem Hardcore-Lager kamen. Wir haben immer noch die ein oder andere Death-Metal-Band dabei, aber uns hat auf dem Gebiet ehrlich gesagt seit langem niemand mehr so richtig weggeblasen und mittlerweile kommen die Fans zwar immer noch wegen Napalm Death, aber gerade die Jüngeren wollen auch adäquate Supportbands sehen. Und wir wollen natürlich auch mit den Bands touren, die wir momentan für ziemlich stark halten.

Schlägt sich das bei euch auch in der Zusammensetzung des Publikums nieder?

Wir hatten eigentlich schon immer ein arg gemixtes Publikum, aber es kann schon sein... ...das Doofe ist nur, dass ich den Leuten eigentlich keinen Stempel aufdrücken will, weil mich das mittlerweile verdammt müde macht.
Aber wenn man so will, könnte man schon sagen, dass wir mittlerweile viele “Hardcore Kids” ziehen, wobei sich die HC Kids von heute stark von dem unterscheiden, was HC Kids zu meinen jugendlichen Zeiten ausmachte. Hardcore hat damals einfach etwas anderes bedeutet, sowohl als Musik als auch in unserem Leben.
Insgesamt finde ich die Mischung auf unseren Konzerten aber gelungen, da sie auch unserer Intention entspricht: Es ist schon verdammt lange an der Zeit, dass diese Leute – oder diese Szenen – endlich aufeinander zugehen.

Denkst du, dass deine kapital- und gesellschaftskritischen Lyrics bei Menschen ankommen, die auf von Playstation und EastPak gesponserte Werbeevents gehen und mittlerweile flächendeckend mit vermeintlich individuellem Subkulturstyle beworfen werden?

Hmm, ich denke eigentlich schon. Es gab zumindest immer positives Feedback aus dieser Richtung, vielleicht auch weil es uns als Band stets gelang, unser eigenes Ding durchzuziehen. Auf der anderen, lyrischen Seite versuche ich trotzdem, nicht alles zum bloßen Verkonsumieren bereitzustellen – ich bin auch sehr gern indirekt.
Ich könnte genauso gut das hunderttausendste Album über Krieg schreiben und mir in simplen Phrasen den Hass von der Seele schreien, aber warum? Das haben andere schon in x Variationen getan. Also singe ich über Krieg, aber eben auf meine Weise – es geht eher darum, wie Kriege entstehen, was dahinter steckt, und was Krieg mit Menschen macht. Wenn andere Bands wieder und wieder das Offensichtliche aussprechen müssen – toitoitoi und alles Gute! Mir persönlich geht das indessen einfach nicht tief genug.

Die Frage betraf auch eher die Holzfäller-Fraktion, die sich vornehmlich über ungerichteten Hass und ausgedehnte Egotrips in Doppelripp definiert – dagegen wirken deine Texte dann fast schon vergeistigt. Kann man die auch erreichen oder hören die einfach nur Lärm und finden es gut, weil es knallt?

Keine Ahnung, echt nicht, aber man könnte das vielleicht mit den verschiedenen Perspektiven erklären. Die angesprochenen Bands leben von dieser Selbstdarstellung, die in einigen Punkten definitiv überzogen ist, aber mir selbst liegt das nicht wirklich. Wenn ich jemandem erzählen müßte, dass ich der King bin oder dass ein anderer der King ist, dann würde ich das vielleicht einfach etwas anders formulieren, aber selbst das ist hypothetisch.
Mir geht es primär darum, in den Menschen ein Bewußtsein für sich selbst zu schaffen, auch für die Art sich darzustellen, aber eben nicht, indem man einen anderen Menschen beherrscht oder sich über ihn stellt. Der Mensch sollte nach Selbstverwirklichung streben, aber er sollte das unter Gleichen tun, er sollte sich ebensowenig erhöhen, wie er sich erniedrigen sollte, und vor allem sollte er seinen Gegenüber schätzen. Ich muss nicht physisch beweisen, wem ich überlegen bin – das müssen nur die, die sich nicht im Klaren darüber sind, wer sie sind und wo sie stehen.
Und was den unspezifischen Hass, die Aggression betrifft: Ich hab das oft genug gesehen, oft genug gehört, ich werde mittlerweile krank davon und habe einfach keine Zeit mehr daran zu verschwenden. Mag sein, dass ich einfach nur ein friedfertiger Mensch bin, aber Aggression langweilt mich mittlerweile, sie gibt mir nichts und hat mir in meinem Leben auch noch nie etwas gebracht. Wer Gewalt befürwortet, befürwortet Gewalt gegen Andere und dafür habe ich nurmehr Verachtung übrig.
Und genau das ist eigentlich das Interessante an Napalm Death: Unsere Musik macht vielleicht einen anderen Eindruck, aber man sollte sich dringend mit uns beschäftigen, wenn man etwas über unsere Hintergründe erfahren will.

Und im Pit?

Tanzt hart, flucht wegen mir und schreit, aber tut es zusammen und lasst euren Hass nicht an Anderen aus. Wenn ich sehe, dass hier teilweise gezielt auf Menschen losgegangen wird, dann ist für meinen Begriff der Punkt verfehlt.

Denkst du, dass die zunehmende Zusammenführung der, sagen wir, Stile zu einer Veränderung der jeweiligen Ideale führt? Muss man an Idealen eigentlich noch festhalten, oder inwieweit ist das vom Bandstandpunkt her möglich?

Ideale sind ein großes Wort und ich tue mich ehrlich gesagt schwer damit, sie in Verbindung mit Musikgenres zu sehen. Wichtiger ist es meines Erachtens, die mit dem kommerzialisierten Crossover einher gehende Angst vor dem wirklich kreativen Zusammenführen verschiedener Stilistiken zu besiegen. Ersterer hat mit dem “wahren” - dem wirklich grenzüberschreitenden – Crossover nicht viel zu tun.
Es gibt eben einen Unterschied zwischen kreativen Bands, die ihre Dinge so regeln, dass sie auch finanziell gut über die Runden kommen – und das muß man nun mal, wenn man nicht untergehen will – und jenen Bands, die von großen Labels einfach mitgezogen und ausgeschlachtet werden. Diese Differenzierung geht in der aktuellen Diskussion häufig verloren und sorgt meiner Meinung nach für eine Menge Mißverständnisse und Feindseligkeiten. Bis zu einem gewissen Level ist das Geschäft nötig um einer Band das Fortbestehen zu sichern, und dann erst wird es problematisch.

Wo wir gerade bei Vorurteilen sind: Ich persönlich bin manchmal etwas verwundert, wenn die gut genährte Wohlstandsjugend (zu der ich mich gerade noch zähle) in peinlich ausgewählter Klamotte über Probleme singt, die ihren Erfahrungshorizont wohl nur bedingt berühren. Es ist, als würden die Parolen und Gesten vergangener Zeiten und anderer Generationen nachgeahmt, ohne jedoch den realen Hintergrund, das soziale Verständnis mitzubringen. Trägt das zu den Animositäten bei?

Ja, das mag in mancher Hinsicht stimmen, aber insgesamt ist es schwierig und gefährlich, dies beurteilen zu wollen – oder darüber gar eine gewisse Wertung vorzunehmen. Wir selbst haben unsere Texte größtenteils erlebt, arme Leute in einem Industriemoloch wie Birmingham hatten und haben es nicht unbedingt einfach, aber ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, wie das bei anderen Bands aussieht.
Mich wundert sowieso, daß diese Form des elitären Bewußtseins wieder so umfassend – und auch im Metal - reaktiviert wird, denn das ist eigentlich das große Problem der Hardcore-Szene gewesen: Zuviele Leute haben zuviel Scheiße über andere Leute erzählt, ohne diese auch nur ansatzweise zu kennen.
Wenn man etwas Vernünftiges machen will, dann kann man zum Beispiel seine Regierung nerven oder ein Amt belästigen, aber die ganzen Grabenkämpfe innerhalb und zwischen den Szenen bringen doch nichts. Also sehen wir zu, dass wir uns davon lösen und zusammen etwas auf die Beine stellen.

Haben sich deine persönlichen, politischen, religiösen Ansichten eigentlich während all der Zeit verändert?

Das würde ich verneinen, zumindest was die Basics betrifft. Allerdings ist es natürlich so, daß man seine Ansichten abhängig von den Erfahrungen immer mal wieder etwas nachjustiert, gegebenfalls vertieft oder auch vereinfacht. Das hängt dann auch immer ein bißchen an der jeweiligen Situation: Wenn du einem groben Problem gegenüber stehst, dann kannst du nicht mit Feinheiten argumentieren, sondern musst auch mal programmatisch werden, wohingegen sich komplexe Situationen selten in Schwarzweiß darstellen lassen.

Wie steht man als Urvieh des bewußt politischen Grindcores eigentlich zu Porngrind und anderen Genres, gerade vom lyrischen Standpunkt?

Hmm, prinzipiell finde ich das alles ok, solange es nicht ins Rassistische abgleitet, was mir ja bekanntlich ein paar Probleme bereitet. Aber Gore und Fantasy – prima, macht was euch Freude bringt. Ganz persönlich hört für mich der Spaß allerdings dann auf, wenn es um sinnlose Gewalt gegen Frauen geht – das mögen andere anders sehen, aber das sind Witze, die ich nicht verstehe, nicht verstehen will.
Und ohne mich hier irgendwie profilieren zu wollen: Ich habe auch ein leichtes Drücken im Bauch, wenn ich an die Kombination von heidnischem Black Metal und fröhlichem Neofaschismus denke. Das betrifft mit Sicherheit nicht alle Bands dieses Genres, aber diese latente Anfälligkeit und bewußte Vermeidung von Klarheit ist in meinen Augen einfach unnötig und vor allem unverständlich.

Andernorts wurde der Black Metal einmal als ideales Einfallstor für neofaschistische Ideen beschrieben, da diese Szene seit ihren Anfängen ein recht elitäres Selbstverständnis hatte und somit einen gewissen Fetisch in wie auch immer gearteter Überlegenheit...

Das klingt zumindest nicht ganz abwegig, auch wenn man erneut betonen muss, daß es im Detail eben nicht jede Band betrifft. Das Thema an sich wäre fast schon ermüdend, wenn es nicht auf der anderen Seite so wichtig wäre, weil diese Ideen in manchen Kreisen eben doch einen ziemlich großen Einfluss haben.
Man fragt sich manchmal, ob die Leute sich jemals auf ihren Hintern gesetzt und verstanden haben, daß jeglicher Faschismus das Gegenteil konstruktiven Zusammenlebens und individueller Freiheit ist. Die meisten dieser Menschen wären in ihrer rauhen wilden Welt – vom echten Faschismus ganz zu schweigen – wahrscheinlich die ersten glücklichen Opfer.

Und damit zu etwas vollkommen Anderem. Dein Stageacting wurde in diversen Publikationen bereits als eine besondere Form der Epilepsie tituliert...

Haha, yeah. Ich denk da ehrlich gesagt nicht drüber nach, es kommt einfach so aus mir raus.

Und das wird jetzt mit dem verheilten Bein bestimmt noch 'ne Ecke schärfer, oder?

Ha, nein, das ist glaube ich auch keine Frage der medizinischen oder physischen Verfassung. Ich leg einfach den Schalter um und dann geht's los. Zumindest kann ich es mir nicht anders erklären, da ich selbst nicht so genau weiß, was da mit mir passiert.
Man verändert sich etwas, nicht gleich in eine andere Person, aber die Songs reißen mich immer noch so mit, dass ich gar nicht anders kann.

Zumal Zucken und auf den Boden schmeißen a la Barney ja wieder recht populär geworden ist, gerade bei jüngeren Bands. Bist du mit deinen Nachfolgern soweit zufrieden?

Oh mann, das ist tatsächlich eine der Fragen, über die ich in meinem Leben noch nie nachgedacht habe, haha. Aber hey, ich denke mal, die strengen sich schon an, also bin ich rundum zufrieden.

OK, das war's dann auch schon – ich danke dir herzlich für das Interview und hoffe, ihr laßt mich nachher nicht so lange auf “Taste The Poison” warten. Ansonsten alles Gute für die Zukunft.

Danke dir für den Support, danke an unsere Fans und lieben Gruss an alle da draußen, die das hier lesen. Zeigt einander ein wenig Respekt, benutzt euren Kopf und macht das Beste aus eurem Leben.
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