Thunders over Miriquidi
Thunders over Miriquidi
Annaberg-Buchholz
08.07.2005
08.07.2005
Da ich ja ein Menschenfreund und Fan der kleinen Open Airs bin und das B:O:A dieses Jahr irgendwie an mir vorüber zog, packt mich im Vorfeld des Thunders over Miriquidi eine fast kindliche Freude. Dieses sympathische Familienfestival in Annaberg-Buchholz findet zum ersten Mal statt und wartet mit den göttlichen PRIMORDIAL gleich mal mit einem Headliner erster Güte auf – ich also fix den nicht minder gottgleichen Herrn Kramer angetrötet, Nine Inch Nails (später dann olle Dickinson – goil!) in die 2x4 Watt-Anlage und ab geht die Post gen Erzgebirge.
Dort angekommen, fühle ich mich auch sofort zu Hause: Neben dem Platz der örtlichen Fussballjugend haben die äusserst zuvorkommenden Veranstalter des Asgard-Pubs ein kultig gestreiftes Partyzelt from hell aufgestellt, in welchem es während der nächsten zwei Tage von Legendenreanimation über Blutpuppen bis hin zum leider unvermeidlichen NS-Dunstkreis so ziemlich alles geben sollte, was den Metal am Leben hält.
FREITAG
Aufgrund unserer Ankunftszeit gegen 22 Uhr sind THE ABYFS die erste Band, der ich mein behaartes Ohr leihen kann und im Nachhinein bin ich gar nicht mal so böse darüber, dass die Spanier bisher an mir vorbeigerauscht sind: Rhythmischer Death Metal mit gelegentlichen Gothicanleihen ist mir ja an und für sich gar nicht mal zuwider, aber was hier im gesanglichen Sektor abgezogen wird, ist reif für die goldenste Zitrone wo geben tut. An den Growls gibt es dabei nicht mal unbedingt etwas auszusetzen und die klaren Passagen des Maestros kann man beim dritten zeitnah verhafteten Köstritzer Schwarz auch galant überhören, aber der Hammer ist das racheengelsgleiche Wesen im rechten Bühnendrittel: Keine Ahnung, auf welcher Dorfdisse diese Uschi aufgerissen wurde – ihr dann aber auch noch ein Mikro zu geben, grenzt an vorsätzliche Körperverletzung.
Jeder Ton aus diesem Körper (ja, es gab nur Töne, keine Worte!) ist ein Schrei, eine Klage, ein Verbrechen am guten Geschmack und der gnadenlose Beweis, dass Popstars nicht das Ende der nach unten offenen Peinlichkeitsskala war – zweifelsfrei eine der schlechtesten Performances, die mir in meinem Metallerleben bisher untergekommen sind. „Tanz, Mädel, tanz“, möchte man bei allem gebotenen Respekt rufen, „aber bittebitte mach den Mund nicht auf!“
Was soll's, das Bier ist lecker, die Menschen freundlich und Nemtheanga findet sich soeben am Merchandising ein, also schwing ich meinen Arsch mal rüber und bedanke mich für's kürzlich gegebene Interview. Als die Sprache schliesslich auf ABYFS kommt, fällt uns beiden dann aber erst mal nix mehr ein – also trinken wir lieber mit dem eben eintreffenden Henrinator und wenden uns fürderhin anderen Themen zu.
Nach etwa 20 Minuten Umbaupause ist es an der Zeit für oben erwähnte Legendenreanimation: CANCERfuckin'CANCER bitten nach sieben Jahren Metastasenabstinenz zum Krebsfussball mit Anfassen und zünden zu diesem Zweck ein Feuerwerk von Hits – die allerdings alle aus einer Zeit vor meiner Zeit stammen.
Egal, es gibt schnellen, moshkompatiblen 80er-Death Thrash, der hier an Overkill, da an Terrorizer und dort auch mal an Kreator erinnert, was die anwesenden 250 Seelen denn auch sichtlich erfreut. Das Stageacting ist zwar leicht statisch, das bricht dem Gebotenen aber in diesem Zusammenhang nicht unbedingt das Genick: Ist halt von „Face to face“, „Hung, drawn and quartered“ über „Death shall rise“ bis „Without cause“ 'ne volle Packung Metal und deswegen sind wir alle hier!
Falls ihr die Jungs also mal abgreifen könnt, dann nix wie hin – Krebs macht bekanntlich frei...
PRIMORDIAL beschliessen dann den ersten Tag mit einem Set, der nur wenige Wünsche unerfüllt lässt. Wie immer leidet sich Nemtheanga herzerweichend durch die Geschichte seines Landes und wie immer kann ich mich der unglaublichen Magie, die diese Band auf die Bühne bringt, nicht entziehen – von „The Golden Spiral“, „The Gathering Wilderness“, „Gods to the Godless“ und „Sons of the Morrigan“ geht es weiter zu Grosstaten wie „Graven Idol“, „The Coffin Ships“ (mehr Emotion geht nicht) und „Bitter Harvest“, und definitiv hat sich das Miriquidi allein wegen dieser Band schon vollkommen gelohnt. Abschliessend bin ich nurmehr ein willenloser primordialer Zombie, der mit verträumt glänzenden Augen zum Bierstand schreitet, wo Henri bereits ein Hobby für die Nacht gefunden hat: Extrem-Verzehrbonvernichting-by-alcohol-abuse...
Aber halt! Ganz vorbei ist die Nacht noch nicht, denn mit den tschechischen PLAYER kommen wir zur Coverband des Abends und dreimal dürft ihr raten, wem hier gehuldigt wird. Mir bis dato unbekannte Songs wie „Raining Blood“, „Angel of Death“, „Expendable Youth“ oder auch „Mandatory Suicide“ gingen jedenfalls echt gut ab – Zeltaufbau fällt aus und zwei Erwachsene nächtigen im Polo.
SAMSTAG
Tag zwei beginnt mit Frühstück in Annaberg, wo ich mir bei strahlender Sonne ein Pfund Hack plus Käse und Brötchen besorge, um anschliessend nebst Zeitung beim örtlichen Italiener auf eine Latte Macchiato aufzuschlagen – das Leben ist in solchen Momenten eins der schönsten! Nach einer Kopfrasur in der städtischen Informationsstelle (Danke auch!) geht es dann gegen 14.30 Uhr per Bus zurück zum Gelände.
Dort machen sich FACES OF GORE bereits warm, indem sie das Zelt mit lustigen Blut-und-Gedärme-Puppen dekorieren: Schaufensteranatomie für Fortgeschrittene.
Zum Klassikintro betreten dann drei in weisse Bettlaken und Zipfelmützen gewandete Sickos (Cuntgrinder lassen grüssen) die Bühne, um das Publikum in der Folge mit derbstem Harmonizer-Röchel-Grind, Kaffee aus der Thermoskanne und Doppelschokokeksen zu bewirten - Volksküche mal anders. Zumindest optisch kommt das auch ganz gut, da der Sänger komplett rot-grün bemalt ist, der Gitarrist mit Gummititten und Wüstenmaske punktet und der Schlagzeuger eine stachelbewehrte Gummimaske mit Schwanzimitat in Kinnhöhe vorführt, was natürlich für die folgende halbe Stunde zum fröhlichen Head- und Schwanzbangen einlädt – Dufte Geschichte, knorke Typen!
Neben traditionell unverständlich angekündigten Eigenkompositionen gibt es musikalisch noch etwas Napalm Death und viel Spielfreude – mit dem Harmonizer kann ich allerdings noch immer nicht viel anfangen...
AEVERON fackeln anschliessend an Startnummer 2 erneut ein Inferno des melodischen Death Metals ab und liefern vor leider kleinem Publikum eine energiereiche Show.
Zu Gehör kommen mit u.a. „Trapped within me“, „Construality“ oder auch „Fragile thoughts“ grösstenteils Songs des ersten Longplayers, ergänzt durch „Sovereign's call“ vom Demo. Es wird zunehmend Zeit, dieser Band auch mal einen etwas späteren Slot zuzuweisen...
Die zunehmende Dichte an Absurd-Shirts und wahlweise akkurat gescheitelten bzw. langlodigen Herdenhumanoiden ist indes untrügliches Indiz für die erste Änderung im Festivalablauf: Statt der angekündigten Schweden von BLOODSHED spielen die so'n-bisschen-aber-nicht-so-richtig superdeutsch..., ähm, -heidnischen Weisskreuzträger von NACHTFALKE auf – keine Ahnung, was diese Entscheidung für einen Hintergrund hat, aber von Rückgrat zeugt das gerade in dieser Region nicht unbedingt. Aber so komme ich noch in den Genuss eines denkwürdigen Dialogs zwischen zwei angetrunkenen Besuchern:
A (eher alternativ): „Na, ich bin da eigentlich nicht so dicke mit national und so, ich meine das 3. Reich und so war ja schon recht scheisse...“
B (eher völkisch): „Nee, nee. Ich hab mich damit mal näher beschäftigt, weisste, und das ist im Prinzip alles 'n bisschen anders gelaufen, als heute so dargestellt wird...“
A: „Also, ich weiss nicht...“
B: „Nee komm, lass uns da mal drüber reden, wenn wir nüchtern sind. Dann kommste mal auf ein paar Bier zum Grillen vorbei und ich versprech dir: Wenn du danach heimgehst, dann nähst du dir eigenhändig deine Hakenkreuzflagge!“
Das Erzgebirge ist eben bis heute eine Hochburg der Handarbeiten – Gott sei's getrommelt...
SANATORIUM finden anschliessend ohne mich statt, da mir gerade nicht nach slovakischem Grind zumute ist und so finde ich mich erst pünktlich zu BLODSRIT wieder im Auditorium ein.
Die Typen sind aus Schweden und standesgemäss voll bis in die Haarspitzen, was sie allerdings nicht davon abhalten kann, ihren eisigen Retro-Black mit kultverdächtiger Präsentation in's Publikum zu sägen. Das ist musikalisch zwar recht simpel, hat jedoch in Verbindung mit einem Sänger, der sich einzig kraft des Mikroständers aufrecht halten kann, ziemlich viel Charme.
Daneben imponiert mir noch die Fähigkeit des Gitarristen, nach fast jedem Song eine Flasche Bier zu stürzen – er muss dieses Wunder allerdings damit bezahlen, dass er im letzten Stück alkoholbedingt ausfällt, was nun wiederum zu Wunder Nummer 2 führt: Ein sturzbetrunkener Sänger, der sich gleichzeitig an Mikro und Gitarre festhält UND uns ein Lied singt. Ganz grosses Kino aus dem Land der Elche also – ich bin amüsiert.
Und weil Schweden so dermassen rockt, bleiben wir gleich da: RAM sind auf dem ToM und legen die Überraschung des Tages hin.
Eine derart spielfreudige Heavy-Metal-Band hab ich lange nicht gesehen und einem Grossteil des Publikums geht es offenbar genauso. Jedenfalls wird der traditionelle Fünfer abgefeiert wie Hanne, der Sänger in Spikes'n'Leather post sich die Haare vom Kopf und nach gerade mal 3 Liedern ist das Zelt dann schliesslich geschlossen am Feiern. Fragt mich nicht nach Liedern, ich hab die Band zum ersten Mal gehört, aber wenn RAM in eurer Nähe spielen sollten, dann bewegt euch genau dort hin und lasst die Heavy-Metal-Kuh fliegen!
Musikalisch würde ich das ganze übrigens als etwas härtere Judas Priest einordnen.
Deutlich düsterer kommen indes die DUNKELGRAFEN daher. Auf der Bühne wabert Nebel, ein umgedrehtes Kreuz und Kerzen verweilen auf schwarzem Altar – hier wird wissentlich mit dem Bösen geflirtet, so scheint's.
Die musikalische Mischung aus Black und Dark Metal gefällt mir dann aber echt gut, da die Songs allesamt frisch und in ihren Grenzen ungewöhnlich klingen, was in einem derart beackerten Subgenre wie dem Black Metal ja eher eine angenehme Ausnahme ist. Das unvermeidliche Brimborium vom Kaliber Blut-aus-Kelch-schlürfen und Blut-in-Publikum-spucken nehme ich daher gerne in Kauf – und werde mir wohl demnächst auch mal ein paar Lieder der dunklen Herrschaften zu Gemüte führen...
Den Abschluss des „Thunders over Miriquidi“ besorgen DEFLESHED und so mittelmässig ich deren Scheiben bisher fand und finde – das hier ist kein Konzert, das ist die pure Vernichtung! Angetrieben von Matte Modin (Dark Funeral) legen die Schweden ein Highspeed-Brett hin, bei dem mir einfach nur die Luft wegbleibt. Gerade Matte sorgt mit seinem Drumming desöfteren für den interessanten Effekt, dass man mit dem Auge etwas wahrnimmt, was das Gehirn nicht glauben mag – Resultat ist dann zunächst horizontales, später vermehrt vertikales Schütteln des Kopfes.
Und so bange ich mir bei gefühlten 360 bpm so richtig schön die Rübe vom Hals, höre Ansagen vom Kaliber "Coca Cola ist Synthesizer, Bier ist Metal" und beobachte, wie sechs Fans die Bühne zur Zugabe stürmen ("Kommt hoch zum Bangen, wir haben kein Haare!"), bevor man sich später glücklich grinsend am Bierstand einfindet - dann mit etwas Saxon zum Runterkommen...
...abgesehen von oben angeführten Unstimmigkeiten also ein richtig gutes Festival und ich hoffe stark, es gibt eine zweite Runde!
Cheerz!!!
Stellungnahme und nähere Einzelheiten zu Nachtfalke findet ihr in den Kommentaren zu diesem Bericht!
www.thunders-over-miriquidi.de
Bericht: rs
Bilder: Henri "Metal" Kramer
Dort angekommen, fühle ich mich auch sofort zu Hause: Neben dem Platz der örtlichen Fussballjugend haben die äusserst zuvorkommenden Veranstalter des Asgard-Pubs ein kultig gestreiftes Partyzelt from hell aufgestellt, in welchem es während der nächsten zwei Tage von Legendenreanimation über Blutpuppen bis hin zum leider unvermeidlichen NS-Dunstkreis so ziemlich alles geben sollte, was den Metal am Leben hält.
FREITAG
Aufgrund unserer Ankunftszeit gegen 22 Uhr sind THE ABYFS die erste Band, der ich mein behaartes Ohr leihen kann und im Nachhinein bin ich gar nicht mal so böse darüber, dass die Spanier bisher an mir vorbeigerauscht sind: Rhythmischer Death Metal mit gelegentlichen Gothicanleihen ist mir ja an und für sich gar nicht mal zuwider, aber was hier im gesanglichen Sektor abgezogen wird, ist reif für die goldenste Zitrone wo geben tut. An den Growls gibt es dabei nicht mal unbedingt etwas auszusetzen und die klaren Passagen des Maestros kann man beim dritten zeitnah verhafteten Köstritzer Schwarz auch galant überhören, aber der Hammer ist das racheengelsgleiche Wesen im rechten Bühnendrittel: Keine Ahnung, auf welcher Dorfdisse diese Uschi aufgerissen wurde – ihr dann aber auch noch ein Mikro zu geben, grenzt an vorsätzliche Körperverletzung.
Jeder Ton aus diesem Körper (ja, es gab nur Töne, keine Worte!) ist ein Schrei, eine Klage, ein Verbrechen am guten Geschmack und der gnadenlose Beweis, dass Popstars nicht das Ende der nach unten offenen Peinlichkeitsskala war – zweifelsfrei eine der schlechtesten Performances, die mir in meinem Metallerleben bisher untergekommen sind. „Tanz, Mädel, tanz“, möchte man bei allem gebotenen Respekt rufen, „aber bittebitte mach den Mund nicht auf!“
Was soll's, das Bier ist lecker, die Menschen freundlich und Nemtheanga findet sich soeben am Merchandising ein, also schwing ich meinen Arsch mal rüber und bedanke mich für's kürzlich gegebene Interview. Als die Sprache schliesslich auf ABYFS kommt, fällt uns beiden dann aber erst mal nix mehr ein – also trinken wir lieber mit dem eben eintreffenden Henrinator und wenden uns fürderhin anderen Themen zu.
Nach etwa 20 Minuten Umbaupause ist es an der Zeit für oben erwähnte Legendenreanimation: CANCERfuckin'CANCER bitten nach sieben Jahren Metastasenabstinenz zum Krebsfussball mit Anfassen und zünden zu diesem Zweck ein Feuerwerk von Hits – die allerdings alle aus einer Zeit vor meiner Zeit stammen.
Egal, es gibt schnellen, moshkompatiblen 80er-Death Thrash, der hier an Overkill, da an Terrorizer und dort auch mal an Kreator erinnert, was die anwesenden 250 Seelen denn auch sichtlich erfreut. Das Stageacting ist zwar leicht statisch, das bricht dem Gebotenen aber in diesem Zusammenhang nicht unbedingt das Genick: Ist halt von „Face to face“, „Hung, drawn and quartered“ über „Death shall rise“ bis „Without cause“ 'ne volle Packung Metal und deswegen sind wir alle hier!
Falls ihr die Jungs also mal abgreifen könnt, dann nix wie hin – Krebs macht bekanntlich frei...
PRIMORDIAL beschliessen dann den ersten Tag mit einem Set, der nur wenige Wünsche unerfüllt lässt. Wie immer leidet sich Nemtheanga herzerweichend durch die Geschichte seines Landes und wie immer kann ich mich der unglaublichen Magie, die diese Band auf die Bühne bringt, nicht entziehen – von „The Golden Spiral“, „The Gathering Wilderness“, „Gods to the Godless“ und „Sons of the Morrigan“ geht es weiter zu Grosstaten wie „Graven Idol“, „The Coffin Ships“ (mehr Emotion geht nicht) und „Bitter Harvest“, und definitiv hat sich das Miriquidi allein wegen dieser Band schon vollkommen gelohnt. Abschliessend bin ich nurmehr ein willenloser primordialer Zombie, der mit verträumt glänzenden Augen zum Bierstand schreitet, wo Henri bereits ein Hobby für die Nacht gefunden hat: Extrem-Verzehrbonvernichting-by-alcohol-abuse...
Aber halt! Ganz vorbei ist die Nacht noch nicht, denn mit den tschechischen PLAYER kommen wir zur Coverband des Abends und dreimal dürft ihr raten, wem hier gehuldigt wird. Mir bis dato unbekannte Songs wie „Raining Blood“, „Angel of Death“, „Expendable Youth“ oder auch „Mandatory Suicide“ gingen jedenfalls echt gut ab – Zeltaufbau fällt aus und zwei Erwachsene nächtigen im Polo.
SAMSTAG
Tag zwei beginnt mit Frühstück in Annaberg, wo ich mir bei strahlender Sonne ein Pfund Hack plus Käse und Brötchen besorge, um anschliessend nebst Zeitung beim örtlichen Italiener auf eine Latte Macchiato aufzuschlagen – das Leben ist in solchen Momenten eins der schönsten! Nach einer Kopfrasur in der städtischen Informationsstelle (Danke auch!) geht es dann gegen 14.30 Uhr per Bus zurück zum Gelände.
Dort machen sich FACES OF GORE bereits warm, indem sie das Zelt mit lustigen Blut-und-Gedärme-Puppen dekorieren: Schaufensteranatomie für Fortgeschrittene.
Zum Klassikintro betreten dann drei in weisse Bettlaken und Zipfelmützen gewandete Sickos (Cuntgrinder lassen grüssen) die Bühne, um das Publikum in der Folge mit derbstem Harmonizer-Röchel-Grind, Kaffee aus der Thermoskanne und Doppelschokokeksen zu bewirten - Volksküche mal anders. Zumindest optisch kommt das auch ganz gut, da der Sänger komplett rot-grün bemalt ist, der Gitarrist mit Gummititten und Wüstenmaske punktet und der Schlagzeuger eine stachelbewehrte Gummimaske mit Schwanzimitat in Kinnhöhe vorführt, was natürlich für die folgende halbe Stunde zum fröhlichen Head- und Schwanzbangen einlädt – Dufte Geschichte, knorke Typen!
Neben traditionell unverständlich angekündigten Eigenkompositionen gibt es musikalisch noch etwas Napalm Death und viel Spielfreude – mit dem Harmonizer kann ich allerdings noch immer nicht viel anfangen...
AEVERON fackeln anschliessend an Startnummer 2 erneut ein Inferno des melodischen Death Metals ab und liefern vor leider kleinem Publikum eine energiereiche Show.
Zu Gehör kommen mit u.a. „Trapped within me“, „Construality“ oder auch „Fragile thoughts“ grösstenteils Songs des ersten Longplayers, ergänzt durch „Sovereign's call“ vom Demo. Es wird zunehmend Zeit, dieser Band auch mal einen etwas späteren Slot zuzuweisen...
Die zunehmende Dichte an Absurd-Shirts und wahlweise akkurat gescheitelten bzw. langlodigen Herdenhumanoiden ist indes untrügliches Indiz für die erste Änderung im Festivalablauf: Statt der angekündigten Schweden von BLOODSHED spielen die so'n-bisschen-aber-nicht-so-richtig superdeutsch..., ähm, -heidnischen Weisskreuzträger von NACHTFALKE auf – keine Ahnung, was diese Entscheidung für einen Hintergrund hat, aber von Rückgrat zeugt das gerade in dieser Region nicht unbedingt. Aber so komme ich noch in den Genuss eines denkwürdigen Dialogs zwischen zwei angetrunkenen Besuchern:
A (eher alternativ): „Na, ich bin da eigentlich nicht so dicke mit national und so, ich meine das 3. Reich und so war ja schon recht scheisse...“
B (eher völkisch): „Nee, nee. Ich hab mich damit mal näher beschäftigt, weisste, und das ist im Prinzip alles 'n bisschen anders gelaufen, als heute so dargestellt wird...“
A: „Also, ich weiss nicht...“
B: „Nee komm, lass uns da mal drüber reden, wenn wir nüchtern sind. Dann kommste mal auf ein paar Bier zum Grillen vorbei und ich versprech dir: Wenn du danach heimgehst, dann nähst du dir eigenhändig deine Hakenkreuzflagge!“
Das Erzgebirge ist eben bis heute eine Hochburg der Handarbeiten – Gott sei's getrommelt...
SANATORIUM finden anschliessend ohne mich statt, da mir gerade nicht nach slovakischem Grind zumute ist und so finde ich mich erst pünktlich zu BLODSRIT wieder im Auditorium ein.
Die Typen sind aus Schweden und standesgemäss voll bis in die Haarspitzen, was sie allerdings nicht davon abhalten kann, ihren eisigen Retro-Black mit kultverdächtiger Präsentation in's Publikum zu sägen. Das ist musikalisch zwar recht simpel, hat jedoch in Verbindung mit einem Sänger, der sich einzig kraft des Mikroständers aufrecht halten kann, ziemlich viel Charme.
Daneben imponiert mir noch die Fähigkeit des Gitarristen, nach fast jedem Song eine Flasche Bier zu stürzen – er muss dieses Wunder allerdings damit bezahlen, dass er im letzten Stück alkoholbedingt ausfällt, was nun wiederum zu Wunder Nummer 2 führt: Ein sturzbetrunkener Sänger, der sich gleichzeitig an Mikro und Gitarre festhält UND uns ein Lied singt. Ganz grosses Kino aus dem Land der Elche also – ich bin amüsiert.
Und weil Schweden so dermassen rockt, bleiben wir gleich da: RAM sind auf dem ToM und legen die Überraschung des Tages hin.
Eine derart spielfreudige Heavy-Metal-Band hab ich lange nicht gesehen und einem Grossteil des Publikums geht es offenbar genauso. Jedenfalls wird der traditionelle Fünfer abgefeiert wie Hanne, der Sänger in Spikes'n'Leather post sich die Haare vom Kopf und nach gerade mal 3 Liedern ist das Zelt dann schliesslich geschlossen am Feiern. Fragt mich nicht nach Liedern, ich hab die Band zum ersten Mal gehört, aber wenn RAM in eurer Nähe spielen sollten, dann bewegt euch genau dort hin und lasst die Heavy-Metal-Kuh fliegen!
Musikalisch würde ich das ganze übrigens als etwas härtere Judas Priest einordnen.
Deutlich düsterer kommen indes die DUNKELGRAFEN daher. Auf der Bühne wabert Nebel, ein umgedrehtes Kreuz und Kerzen verweilen auf schwarzem Altar – hier wird wissentlich mit dem Bösen geflirtet, so scheint's.
Die musikalische Mischung aus Black und Dark Metal gefällt mir dann aber echt gut, da die Songs allesamt frisch und in ihren Grenzen ungewöhnlich klingen, was in einem derart beackerten Subgenre wie dem Black Metal ja eher eine angenehme Ausnahme ist. Das unvermeidliche Brimborium vom Kaliber Blut-aus-Kelch-schlürfen und Blut-in-Publikum-spucken nehme ich daher gerne in Kauf – und werde mir wohl demnächst auch mal ein paar Lieder der dunklen Herrschaften zu Gemüte führen...
Den Abschluss des „Thunders over Miriquidi“ besorgen DEFLESHED und so mittelmässig ich deren Scheiben bisher fand und finde – das hier ist kein Konzert, das ist die pure Vernichtung! Angetrieben von Matte Modin (Dark Funeral) legen die Schweden ein Highspeed-Brett hin, bei dem mir einfach nur die Luft wegbleibt. Gerade Matte sorgt mit seinem Drumming desöfteren für den interessanten Effekt, dass man mit dem Auge etwas wahrnimmt, was das Gehirn nicht glauben mag – Resultat ist dann zunächst horizontales, später vermehrt vertikales Schütteln des Kopfes.
Und so bange ich mir bei gefühlten 360 bpm so richtig schön die Rübe vom Hals, höre Ansagen vom Kaliber "Coca Cola ist Synthesizer, Bier ist Metal" und beobachte, wie sechs Fans die Bühne zur Zugabe stürmen ("Kommt hoch zum Bangen, wir haben kein Haare!"), bevor man sich später glücklich grinsend am Bierstand einfindet - dann mit etwas Saxon zum Runterkommen...
...abgesehen von oben angeführten Unstimmigkeiten also ein richtig gutes Festival und ich hoffe stark, es gibt eine zweite Runde!
Cheerz!!!
Stellungnahme und nähere Einzelheiten zu Nachtfalke findet ihr in den Kommentaren zu diesem Bericht!
www.thunders-over-miriquidi.de
Bericht: rs
Bilder: Henri "Metal" Kramer