Grip Inc. - Power Of Inner Strength

Grip Inc. - Power Of Inner Strength
Thrash Metal
erschienen am 07.03.1995 bei SPV
dauert 41:34 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Toque De Muerto
2. Savage Seas (Retribution)
3. Hostage To Heaven
4. Monster Among Us.
5. Guilty Of Innocence
6. Innate Affliction
7. Colors Of Death
8. Ostracized
9. Cleanse The Seed
10. Heretic War Chant
11. Longest Hate

Die Bloodchamber meint:

Es ist ein wenig erstaunlich, dass das phänomenale Debüt von GRIP INC. 1995 nicht viel größere Kreise gezogen hat, waren die großen Alten hüben wie drüben damals doch in Schwächephasen oder (vorübergehend) orientierungslos und die neuen Kräfte bereits über ihren Zenit (PANTERA) oder noch arg von ihrer Angry young men-Rolle eingenommen (MACHINE HEAD). Dabei trifft man heute kaum einen Thrasher, der die Band oder speziell „Power Of Inner Strength“ nicht in hohen bis höchsten Tönen lobt. Während auch die ein wenig überstrapazierte Formel des „Ihrer Zeit voraus“ sicher nicht ganz ins Leere trifft, liegt der Underdogstatus von GRIP INC. meiner Meinung nach eher daran, dass die kreative Urgewalt nur bei einem begrenzten Kreis die Fülle von Emotionen weckt, die für einen Massenklassiker notwendig ist.

Neben Waldemar Sorychtas Gitarrenklang und -spiel, die sein heftigeres Wirken auch bei den Quasi-Nachfolgern ENEMY OF THE SUN unmittelbar wiedererkennbar mach(t?)en, liegt das zu (mindestens) gleichen Teilen an dem völlig freidrehenden Dave Lombardo, der mit beiden Händen aus der großen Schüssel kreativer Freiheit schöpft, als die GRIP INC. sich ihm nach dem damals ersten Abschied aus dem SLAYER-perium darstellte. Zumindest für mich persönlich ist es nicht zu hoch gegriffen, die Percussions-Erweiterung von Lombardos Spiel als Erschließung weiter gefasster Welten zu begreifen - ohne dass dazu langwierige Expeditionen nötig wären, denn bereits während dem Anlanden an diesem eben noch unbekannten Terrain im instrumentalen „Toque De Muerto“ wird die neue Welt in Besitz genommen und unterwirft mit einem faszinierendem Zwang („Innate Affliction“), der sich übrigens merklich von SEPULTURAs Ideen aus der gleichen Richtung unterscheidet. Auf höchstem Level veredelt wird das Album schließlich von dem 2008 viel zu früh verstorbenen Gus Chambers, dessen Stimme von einer unnachahmlichen Mischung aus betonrauer Härte und ergreifender melodischer Intensität geprägt ist. Nicht nur wegen der deutlich Stellung beziehenden Texte ist man geneigt zu sagen: Gus‘ Gesang und Worte schlagen mit ähnlicher Härte wie Waldemars krachende Riffs („Colors Of Death“) und Daves Gewirbel.

Selbst wenn „Ostracized“ dank des Videoclips wohl das bekannteste Lied des Albums ist, spielen zumindest das fantastische „Hostage To Heaven“ (in einem Live-Inferno von 1997) und natürlich „Savage Seas (Retribution)“ - am besten gemeinsam mit „Toque De Muerto“ hören, vergleichbar zur Wirkung von HSBs „Endzeit“ mit und ohne das „Awoken“ Intro – mit der gleichen Berechtigung in den Favoritenkreisen der Champions League. Weil die übrigen sieben Lieder sich bloß weniger nachdrücklich im Hirn verankern statt nennenswert in der Qualität nachzulassen und der Groove von „Power Of Inner Strength“ nach 18 Jahren nichts von seiner Spritzigkeit verloren hat, lautet das heutige Urteil dementsprechend nicht mehr der Zeit voraus sondern zeitlos.

Unabhängig von der (angebrachten) Skepsis ob des neuen Frontmanns Casey Chaos darf man sich deshalb auch sehr darauf freuen, dass Lombardo & Sorychta vor kurzem das von ihnen geformte und geprägte Monster GRIP INC. wiederbelebt haben. Die Last oder vielmehr die Meriten der Vergangenheit werden sie sicher spüren, aber gerade diesen beiden Herren ist zuzutrauen, das mit dem nötigen Selbstbewusstsein und ihren beeindruckenden Fähigkeiten zu schultern.
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