Amesoeurs - Amesoeurs

Amesoeurs - Amesoeurs
Melancholic Black Metal / Rock
erschienen am 27.03.2009 bei Code666
dauert 58:24 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Gas in veins
2. Les ruches malades
3. Heurt
4. Recueillement
5. Faux semblants
6. Trouble (eveils infames)
7. I XIII V XIX XV etc.
8. Video girl
9. La reine trayeuse
10. Amesoeurs
11. Au crepuscule de nos reves

Die Bloodchamber meint:

Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, wo ich anfangen soll. Ich bin definitiv ein kritischer und auch objektiver Hörer, der soundmäßig nicht eingeschränkt ist. Das Album habe ich jetzt mehrmals gehört, und der erste Eindruck manifestiert sich in meinem Gehör und in meinem Gemüt auch nach dem 5. oder 6. Durchlauf. Es ist selten, dass ich ein Album nach dem ersten Hören direkt wieder reinschmeiße bzw. wieder auf die Play-Taste drücke. Aber dieses innovative und auch zugleich mutige Teil ist Lobeshymnen des obersten Ranges wert.

Kennt Ihr das Gefühl bei Musik Gänsehaut zu bekommen, weil es einen aus vielerlei Gründen ergreift und packt? Es ist bei mir nach langer Zeit mal wieder passiert. Es ist eine Art Passion, vor allem der Mut die verschiedensten Musikrichtungen unter einen Hut zu bringen. Hier gibt es 80er Wave a la THE CURE, teilweise Power-Pop/Post-Punk lastige Eskapaden, die dann, vor allem zeitgenau und vom Timing brilliant umgesetzt, mit Black Metal-Ouvertüren garniert werden. Neige (Sänger, Bassist und Gitarrist) ist von Avantgarde-Black-Metal-Bands wie FORGOTTEN WOODS bekannt. Er transportiert die entscheidenden Momente in den Sound der Band AMESOEURS, keine Frage. Denn hier herrscht ein Gleichgewicht und eine Abwechslung der eben genannten Musikrichtungen, dass ich Gänsehaut bekomme und sich mein Mund vor Staunen nicht mehr schließen läßt. Es ist einerseits gewagt, aber ebenso innovativ und progressiv.

Insbesondere die zarte Frauenstimme von Audrey bringt eine Stimmung in die elf Songs, die den Hörer zerreißt und in Melancholie versinken lässt. Stets hintergründig, nicht prägnant oder dominant, singt Audrey die meist französischen Texte mit viel Gefühl und Leidenschaft. Jedes Lied steht hierbei für sich und ist ein eigenes Meisterwerk in einem kompakten Epos und von Energie und Melancholie beherrschten Soundexzess.

Z.B. der instrumentale Opener "Gas in veins" packt den Hörer, greift seine Seele und verschlingt ihn. Man fühlt sich direkt wohl, doch zugleich auch bedroht. Nach lethargischen Melodieeinleitungen steigt eine Gitarrenwand empor, die überrollt und einfach nur ergreifend ist. Der Synthesizer-Background ist ein treuer Begleiter, der nie vordergründig erscheint, aber den Sound trägt, in eine unendliche Welt des Erwartens und der Spannung. Das Black Metal-Gewitter ist immer wieder präsent und zeigt die aggressiven Aspekte der Scheibe.

"Amesoeurs" ist ein Hoch und Tief, ein dauerndes Wechseln von Stimmungen und Gefühlen. Einerseits sanft poppig ("Les ruches malades"), andererseits zermalmend ekstatisch wie bei meinem Lieblingssong "La reine treyeuse". Industrial-Intros wie bei "Heurt" werden von Black Metal-Gitarrenbergen und dem passenden Drumming kurzweilig unterbrochen, so dass Audrey ihre zarte, mädchenhafte Stimme mit hineinbringen muss um den Hörer irrezuführen und im selben Atemzug zu beeindrucken. Das Mädel schreit sich dann später einen ab und zieht andere Seiten auf. Im selbigen Song gibt es dann akustische Gitarren-Breaks, worauf melancholische Gitarrensounds a la KATATONIA folgen. Mal rockig, mal Metal, mal Wave. Winterhalter, der Drummer, zeigt das komplette Repertoire eines Drummers, schleppend und prügelnd, stets dem Soundgewand nahe und stets ein treuer Begleiter. Pianos und andere Arrangements bereichern das Album und geben diesem eine unheimliche Breite und eine sinnige beeindruckende Stimmung.

Für Fans, die gradlinigen Sound hören, mit durchgehenden Strukutren und Konzepten, ist es keinesfalls das Optimum. Leute, die sich gerne gewagte Musik anhören, die vor Innovation strotzt und melancholisch abwechselnd klingt, sollten hier zugreifen und sich den Silberling unbedingt, gar zwingend, besorgen. Fans von KATATONIA oder älteren THE CURE werden hier bestens bedient. Auch Black Metal-Freaks, die Pagan lastige Melodien und Melancholie bevorzugen, kriegen hier die Vollbedienung. Dieses Album hat sehr viel Herz und Härte. Es ist für mich definitiv eine der Newcomer-Überraschungen und mit Sicherheit eins der Top-Alben des noch jungen Jahres. Brilliant und ergreifend.

So eine Band hat der Szene gefehlt. Da ist alles drin was das Herz begehrt. Wahnsinn!
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