Shai Hulud - Reach Beyond The Sun

Shai Hulud - Reach Beyond The Sun
Hardcore / Metalcore
erschienen am 15.02.2013 bei Metal Blade Records
dauert 34:07 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. The Mean Spirits, Breathing
2. I, Saturnine
3. Reach Beyond The Sun
4. A Human Failing
5. Man Into Demon: And Their Faces Are Twisted With The Pain Of Living
6. Medicine To The Dead
7. To Suffer Fools
8. Think The Adder Benign
9. Monumental Graves
10. At Least A Plausible Case For Pessimism
11. If A Mountain Be My Obstacle

Die Bloodchamber meint:

Wenn das Bandkonstrukt steten Wechseln unterworfen ist, braucht selbst eine Gruppe am relativen Puls der Zeit wie SHAI HULUD (ständig) fünf Jahre für ein neues Album. Dabei hat sich das Karussell rund um die zwei seit jeher (Gitarrist Matt Fox) bzw. langer Zeit (Bassist Matt Fletcher) existierenden Fixpunkte so arg gedreht, dass man schnell den Überblick verlieren kann. Am Schlagzeug sitzt inzwischen Matt Covey, so dass zum Matt-Vierklang nur der Sänger der letzten Scheibe, Matt Mazzali, fehlt. Der hat aber schon vor einiger Zeit die Biege gemacht und eine dauerhafte Besetzung für die so zentrale Position am Mikrofon gibt es zur Zeit nicht. Eingesungen hat „Reach Beyond The Sun“ der Produzent des Albums, Chad Gilbert, der beim Debüt „Hearts Once Nourished With Hate And Compassion“ noch SHAI HULUDs fester Sänger war - wegen seiner Produzententätigkeit und dem Gitarristenjob bei NEW FOUND GLORY ist er aber nicht wieder dauerhaft eingestiegen. Außerdem sind noch neun (!) weitere Sänger auf dem Album zu hören, darunter die drei Ex-HULUDs Matt Mazzali, Damien Moyal und Geert van der Velde und zum Beispiel John Vigil (THE GHOST INSIDE) und WITH LIFE IN MINDs Justin Kraus, der wohl den SHAI HULUD Livejob vorerst übernimmt.

Diese umständliche Namedropping-Einleitung mit einer Gastsängeranzahl, die AVANTASIA Ausmaße hat, wäre einst die perfekte Vorbereitung für die selten geradlinigen Einfälle der Kreativabteilung der Band gewesen, doch heuer gelingt es SHAI HULUD, die gewohnte Kratzbürstigkeit auf hohem Niveau mit einer recht zugänglichen Geschmeidigkeit zu paaren. Tatsächlich muss man sich nicht mit Magengrimmen und Kopfschmerzen durch einige Durchläufe wühlen, bis man der Band auf die Schliche kommt, sondern wird ziemlich zügig mitgerissen, ohne sich von einer Naturgewalt überrollt zu fühlen. Ein Großteil der Metalanteile sind passé, Hardcore mit einer gewissen Punkschnoddrigkeit hat „Reach Beyond The Sun“ fest im Griff, lässt der Vorliebe der Band für Dissonanzen aber weiterhin eine Menge Platz. Aus dem Kreativmonster ist ein tobendes Biest geworden, das nebenbei in Kauf nimmt, dass man sich wohl noch nie so gut zu einer SHAI HULUD Platte auf die Nase geben konnte und dennoch ein saftiges Stück von den TERRORs und HATEBREEDs dieser Welt entfernt ist. Zum einen liegt das daran, dass SHAI HULUDs Inhalte über Szenezusammenhalt und die Selbstbehauptung im alltäglichen Kampf mit dem Leben und seinen Widrigkeiten hinausgehen, zum anderen sind ihre musikalischen Einfälle facettenreicher, gewitzter und laufen auch gerne ohne Adrenalin und Testosteron bis Unterkante Oberlippe rum.

Allein „The Adder Benign“ kombiniert Melodisches mit Räudigem, laut mit leise, Krachiges mit einem gewissen Lauern, und ist doch nur ein Beispiel für das durchweg interessante Songwriting der Band. Irgendwann stellt sich zwar eine gewisse Gewöhnung an die „Reach Beyond The Sun“-Masche ein, weil viele Lieder an ähnlichen Eckpunkten festgemacht werden können, doch der davon verursachte Schaden ist gering. Recht wichtig sowohl für den Ausbau der Positiva wie die Milderung der Negativa ist dabei Chad Gilbert, dessen Geschrei einen richtig packen kann, weil dem Gefühl nach wesentlich mehr Dimensionen darin zu finden sind als im mittlerweile verbreiteteren Gebrüll, so dass selbst ein feuriger Wirbel wie der Titeltrack kein alles zerquetschender Bulldozer ist.

Selbst wenn es jetzt wieder fünf Jahre dauert: Es ist gut und wichtig, dass es Bands wie SHAI HULUD gibt, die dem Hardcore ganz eigene Noten entlocken können. Ein flirrendes, schwirrendes, energiegeladenes Kunstwerk oder um es auf eine griffige Formel zu bringen: Thinking man’s hardcore.
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