Gris - À L'Âme Enflammée, L'Äme Constellée...

Gris - À L'Âme Enflammée, L'Äme Constellée...
Post Black Metal
erschienen am 12.07.2013 bei Sepulchral Productions
dauert 83:08 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. L'aube
2. Les Forges
3. Samsara
4. Igneus
5. Dil
6. Moksha
7. Seizième Prière
8. Sem
9. Une épitaphe De Suie
10. Nadir

Die Bloodchamber meint:

Der Sprung, den GRIS mit ihrem neuen Album vollziehen, ist gewaltig. Orientierte sich "Il était une forêt..." noch stark am Subgenre des Depressive Black Metal, so ist ihr zweites Album "À l'Âme Enflammée, l'Äme Constellée..." ein absolutes Bekenntnis zum Präfix "Post". So etwas haben wohl nur die Wenigsten erwartet und die Reaktionen, die sich in einschlägigen sozialen Netzwerken abzeichnen, sind entsprechend gemischt. Für die einen ist das Album ein musikalischer Meilenstein, für die anderen der Verrat an allem, wofür Black Metal angeblichen stehen soll. Eines sollte allerdings vorausgesetzt werden: "À l'Âme Enflammée, l'Äme Constellée..." ist ein Album, das sich vorschnellen Wertungen entzieht, denn es ist sowohl musikalisch wie auch quantitativ ein echter Brocken. Und so einfach, wie es vielen Hörern scheinen mag, ist es eben nicht, ein klares Urteil zu diesem unheimlich ambitionierten Werk zu finden.

Allein der Umfang kann einen schaudern lassen. GRIS haben es nicht geschafft, ihr aktuelles Album auf eine CD zu packen. Das gute Stück knackt die 80-Minuten-Marke, dies allerdings bei gerade mal zehn Stücken. Deren längste bewegen sich jenseits von zehn, in einem Fall sogar von 15 Minuten. Ein großer Teil dieser Spielzeit wird von Black Metal gefüllt, der allerdings nie besonders temporeich ist, sondern eher melancholisch bis traurig klingt, dabei aber immer leidenschaftlich ist. Die klassische Metalinstrumentierung wird allerdings durch andere Elemente ergänzt, die fast genau so prägend für das Album sind. GRIS agieren hier als Fusion aus Metalband und Kammerorchester, weite Passagen werden von Streichinstrumenten bestimmt, die eine zweite musikalische Ebene einbringen. Redet man bei Post Black Metal oftmals über Shoegazeeinflüsse, dann wird deutlich, dass dieses "Post" von GRIS ganz anders aufgefasst wird. Hier schauen Bands wie GODSPEED YOU BLACK EMPEROR oder A SILVER MT. ZION an jeder zweiten Ecke hervor.

Der Ansatz ist so erfrischend, wie er fordernd ist. Knackige Hooklines oder eingängige Momente darf man auf "À l'Âme Enflammée, l'Äme Constellée..." mit der Lupe suchen und es bleibt auch nach vielen Hördurchgängen fraglich, ob alles nicht ein noch wenig gewonnen hätte, wenn es ein kleines bisschen kompakter ausgefallen wäre. Es mag sein, dass dem so wäre, doch eines kann man GRIS ganz sicher attestieren: Dieses Album stellt etwas Neues dar und der Stil, den die Kanadier im Laufe der letzten sechs Jahre entwickelt haben, reicht sehr weit über die Genregrenzen hinaus. Vieles von dem, was uns in den vergangenen Jahren unter dem Label "Post Black Metal" verkauft wurde, klingt gemessen hieran beinahe gewöhnlich.

Die Stimmung, die das Album dabei transportiert, ist faszinierend. Man muss sich der Musik hingeben, man darf nichts erwarten und sollte geduldig sein. Dann ist es eine bemerkenswerte Reise, auf die man mitgenommen wird. Momente absoluter Schönheit wechseln mit solchen, die bedrückend dunkel und verzweifelt sind. Black Metal wird in dieser Ecke Kanadas als Kunstform verstanden und nicht als die Reproduktion von Klischees. Ob dies gefällt, ist eine ganz andere Frage. "À l'Âme Enflammée, l'Äme Constellée..." ist ein Album, das sich mit Siebenmeilenstiefeln dem Massengeschmack entzieht, aber dafür von einer Minderheit umso heißer geliebt werden dürfte. Wer unbedingt einen griffigen Chorus und knackige Hits braucht, sollte einen riesigen Bogen um dieses Werk machen. Wer hingegen eine wunderschöne Herausforderung sucht, kann in den kommenden Wochen und Monaten sehr viel Zeit mit GRIS verbringen.
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