Trail Of Tears - Existentia

Trail Of Tears - Existentia
Gothic Metal
erschienen am 26.01.2007 bei Napalm Records
dauert 45:10 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. Deceptive mirrors
2. My comfort
3. Venom inside my veins
4. Decadence becomes me
5. She weaves shadows
6. The closing walls
7. Empty room
8. Poisonous tongues
9. As it penetrates
10. Shades of yesterday

Die Bloodchamber meint:

Nachdem mich TRAIL OF TEARS schon mit ihrem letzten Album „Free Fall into Fear“ trotz einiger Weh-Wehchen durch eine, bis dahin nie vernommene, äußerst individuelle, hochmodern tödliche Form der düsteren Härte überzeugt hatten, wundert es mich nun um so mehr, dass sie mit ihrem neuen, sehr ausgewachsenem Hammerschlag „Existentia“ eben selbige für sich selbst aufgeben und das komplette Projekt auf Grund fehlender Motivation kurzerhand zu Grabe tragen. Obwohl es Gerüchte gibt, dass es trotz des Abgangs der meisten Mitglieder doch wieder aufleben soll, bleibt abzuwarten. Dass auf dem Höhepunkt der Macht oft Uneinigkeit und fehlender Antrieb herrscht, ist ein altes Leid, dessen Schattenseiten oft hinter einer perfekten Fassade gehütet werden. So erscheint es auch hier, denn obwohl schon früher häufig Personalprobleme, einhergehend mit stilistischen Wandlungen bei der Band für Stimmungstiefpunkte gesorgt haben, präsentiert sich die Formation zum Todeszeitpunkt verhältnismäßig gefestigt und auch die neue Platte vermittelt einen sehr aufeinander eingespielten und harmonierenden Eindruck, wodurch der eventuell endgültige Verlust unerwartet und schmerzhaft ausfällt.

Anfangs sicherlich nicht als Abschiedsgeschenk an die geneigte Hörerschaft geplant, zeigt sich „Existentia“ in herrlich facettenreichen, aber trotzdem auf elegante Grundformen zugeschnittenen Gewand, das sich stilistisch im höchstem Maße an die glorreich klassischen Tage von TRISTANIA's „Beyond the Veil“ anlehnt. Etwas moderner, vielleicht ein wenig direkter und härter, aber dafür ebenso majestätisch und erhaben schreitet die vielstimmige Klanggewalt im raschen, aber festen Gang auf den bombastischen Schattenthron zu und besteigt ihn in seiner schrecklichen Schönheit.
Die Basis des hallenden Saals, der durch eine kristallklare Akustik überzeugt und die vielschichtigen, theatralischen Klangfluten in sich eindrucksvoll gefangen hält, erzittert bei den trabenden Rhythmen, die den gesamten Aufstieg tosend begleiten. Chöre sorgen mit dem Orgelmeister für den ganz großen Rahmen, der jeden Untertanen zu einem kaum wahrnehmbaren Winzling reduziert, der zusätzlich von den schreienden und fauchenden Geistern, die chaotisch um die Säulen ziehen, restlos und unterwürfig in den nicht vorhandenen Staub gedrückt wird.
Auch Verschnaufpausen werden geboten, doch in diesen wirkt der Hörer wie gelähmt, da er von der stimmlichen Freiheit und der musikalischen Monumentalität völlig fasziniert ist und - als bald wieder Herr seiner Sinne - vom nächsten Wuchtschlag hingerissen und fortgetragen wird.

Wer nun meint, dass ich übertreibe, der behält vielleicht sogar in gewissem Maße Recht, aber andererseits hat das Album diese ausschweifenden Umschreibungen wirklich verdient. Hier wird überdimensionaler, bei aller Härte auffällig reiner Gothic Metal vom feinsten geboten. Die verschiedenen, teils sehr individuellen Stimmen, die von heftigem Gekeife, über erhabenen klassischen Gesang bis hin zu modern ruhigem weiblichen jazzartigen Aspekten in besonders ruhigen Momenten eine sehr große klangliche Palette abdecken, begeistern durch ihren Wiedererkennungswert und ihren beinahe darstellerischen Charakter.
Liebhaber älterer Tristania-Scheiben und ganz fett aufgetragenem Düstermetal kommen hier voll auf ihre Kosten.
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