Empyrium - A Retrospective

Empyrium - A Retrospective
Dark Folk Metal
erschienen am 24.11.2006 bei Prophecy Productions
dauert 76:00 min
Bloodchamber-Wertung:

Tracklist

1. The Franconian Woods In Winter's Silence
2. A Gentle Grieving Farewell Kiss
3. The Blue Mists Of Night
4. Mourners
5. Where At Night The Wood Grouse Plays
6. Dying Brokenhearted
7. The Shepherd And The Maiden Ghost
8. Heimwärts
9. Waldpoesie
10. Die Schwäne im Schilf
11. Das blau-kristallne Kämmerlein
12. Der Weiher
13. Am Wolkenstieg

Die Bloodchamber meint:

Retrospektive (lat.: retrospectare = rückblicken): Rückblick, der im Nachhinein das Lebenswerk eines Künstlers betrachtet.

Vier Jahre nach ihrem finalen Album "Weiland" legen Empyrium 2006 ihre Retrospektive vor und mit Blick auf obige Anmerkung gibt es hierauf zunächst zwei, drei grobe Schnitzer zu vermelden. Zum Ersten findet sich auf der Scheibe nicht ein Song vom Demo wieder, was der Vollständigkeit nicht unbedingt zuträglich ist; zum Zweiten ist "A Wintersunset..." - die erste vollwertige (und zu ihrer Zeit prägende) Veröffentlichung - mit lediglich einem richtigen Song vertreten und das ist nicht mehr nur ärgerlich, sondern schlichtweg eine ganz schwache Leistung.
Mag sein, dass die hiesigen Mitbegründer des eher romantischen, später folkigen Dark Metals sich mittlerweile nicht mehr zu 100 Prozent mit ihrem Frühwerk identifizieren können - für einen umfassenden Überblick über ihr Schaffen jedoch disqualifiziert sich "A Retrospective" strenggenommen schon auf den ersten Metern.
Aber schauen wir uns den Inhalt der Scheibe doch einmal genauer an.

Den Einstieg in Empyriums Welt besorgt eine Neuaufnahme des Debüt-Klassikers "The Franconian Woods...", die vor allem durch verfeinerte Keyboardsounds und den ebenso eigenen wie ergreifenden Klargesang zu überzeugen weiß. Keine Spur mehr von den (aus heutiger Sicht und auch im damaligen Entdeckungsfieber) charmanten Unsicherheiten der Stimme, stattdessen wurden sogar die einst geflüsterten Passagen komplett mit Melodie versehen und sorgen, teils mehrstimmig, für ein unglaublich verträumtes, winterliches Flair.
Ich würde lügen, sagte ich nicht: Sie sorgen schlußendlich dafür, dass ich mir innigst eine komplette Neueinspielung des Debüts wünsche. Aber die Welt ergeht sich ja bekanntlich gern im Elend des versagten Begehrs - also weiter im Text.
Zweite "Altlast" ist das um Flötentöne bereicherte Instrumental "A Gentle Grieving...", welches in meinen Augen recht überflüssig ist, da sich spätere Alben verstärkt der akustisch dominierten Naturmystik widmeten und dementsprechend ausgiebig auf dieser Retrospektive vertreten sind.
Damit kommen wir zum zweiten Album "Songs Of Moors And Misty Fields", von welchem ebenfalls zwei - zugegebenermaßen lange - Stücke zu Gehör gebracht werden. Über die Klasse dieses Meilensteines noch Worte zu verlieren, verbietet sich eigentlich, aber selbst nach mittlerweile fast 10 Jahren gibt es auf der uns bekannten Welt nicht eine Platte, die auch nur ansatzweise mit der leicht melancholischen Anmut von Songs wie "The Blue Mists..." oder "Mourners" konkurrieren könnte. Wie hier mit klaren, tiefen Chören, dem vom Debüt bekannten Instrumentarium und vermehrten Folkeinflüssen die titelgebende Stimmung erzeugt wird, macht mich soeben mal wieder sprachlos.
Nach diesem Höhepunkt folgen drei Teile aus Empyriums Äquivalent zu Ulver's "Kveldssanger" - "Where At Night..." nämlich zeigte die Franken erstmals in rein akustischem Gewand. Lieder wie der hier vertretene Titeltrack bestechen neben ihrer eher verträumten, ländlichen Stimmung vor allem durch erneut gesteigerten Gesang (diese Chöre!) und ein erstaunlich vielseitiges Klangbild samt Flöte und Cello.
Das ändert sich mit den vier Songs von "Weiland" dann wieder ein wenig: "Heimwärts" ist ein sehr ruhiger Song, der weder musikalisch noch gesanglich (Grasgeflüster) zu den besten Vertretern seiner Scheibe zählt, auch wenn man im Mittelteil den ein oder anderen wohligen Schauer im Rücken verspürt.
Ähnlich durchwachsen das über 13 Minuten lange "Waldpoesie", welches in sich aber wohl alle Vorstellungen der Band zum damaligen Zeitpunkt vereint und somit zumindest repräsentativ ist. Für meinen Teil überzeugen hier nur die ersten sechs Minuten, was vornehmlich am superben Gesang, der Oboe und jener Spannung liegt, die der Band auf dieser Scheibe insgesamt leider etwas abhanden gekommen war.
Eine der wenigen Ausnahmen folgt noch mit den "Schwänen", bevor das Kämmerlein dann zu Bett ruft.
Abschließend gibt es zwei brandneue Lieder, die sich im besten Weiland-Stil - das heißt langsam und bisweilen etwas antriebslos - ohne Probleme einreihen, den Kauf der Scheibe für sich genommen aber keinesfalls rechtfertigen.

Somit bleibt dieser gewohnt hochwertig präsentierte Rückblick (goldgeprägtes Digi-Book) eine Empfehlung für alle, die dunkler Naturmystik etwas abgewinnen können und eine der meines Erachtens besten deutschen Bands der späten 90er entdecken wollen.
Wenn ihr euch mit Absent Silence und mittleren bis neuen Nocte Obducta wohl fühlt, oder schon immer eine dunkelmetallische Variante von Ulvers "Kveldssanger" herbeigesehnt habt, dann wird diese Scheibe wohl nur der Anfang einer neuen Liebe sein...
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