Kleine Starkbierrunde mit Sänger Mark
Interview mit Centurions Ghost
aus Großbritannien - London
aus Großbritannien - London
Am Rande der Abschiedstour von Reverend Bizarre hatte ich die Gelegenheit, eine mir bis dahin vollkommen unbekannte Band zu erleben, die musikalisch einfach nur dermassen derbe abging, dass man nur auf ein baldiges Wiedersehen hoffen kann: die Rede ist von den Briten Centurions Ghost (benannt nach einem englischen Starkbier). Und weil verschwitzt Biertrinken nur zu zweit so richtig Spass macht, wurde Fronter Mark, eine Mischung aus unserem Veteranen Ben und Barney “Napalm” Greenway, umgehend für ein Spontan-Inti - oder sagen wir: Gespräch - verhaftet, bei dem ich euch viel Spass wünsche.
(Aufgrund der Tatsache, dass Reverend Bizarre anschliessend spielten, gibt es leider eher ein 'to be continued...' als ein echtes Ende. Sorry.)
Ok, hallo erst mal – du bist...?
Grüss dich, ich bin Mark von Centurions Ghost.
Freut mich dich zu treffen, und noch besser, dass du gerade Zeit und Lust für ein kurzes Interview hast. Gib uns doch zunächst mal eine kleine Einführung in Centurions Ghost.
Wir sind eine vom Doom beeinflusste Heavy-Metal-Band aus London und haben letztes Jahr unser Debüt "A Sign of Things To Come" bei I Hate Records rausgebracht. Momentan sind wir daher eigentlich ständig am Touren, spielen uns den Arsch ab, um die Leute für unsere Musik zu begeistern.
Und das tut ihr mit Reverend Bizarre – nicht gerade eine der kleinsten Bands im Doomzirkus...
Haha, das ist richtig - es ist grossartig, dass wir diese Chance haben. - Cheerz! - Wir kennen die Jungs von Gates Of Slumber ein bisschen und wussten, dass sie eine Tour mit RevBiz planen, und als sie dann kamen und uns fragten, ob wir Lust hätten sie zu begleiten – da haben wir wider Erwarten einfach “Ja” gesagt, hehe...
Also haben sie euch gefragt, ob ihr Lust habt?
Genau, das ist es ja! Die Gates wollten wohl schon länger in Europa touren und hatten offenbar keine dritte Band an der Angel und irgendwie waren wir dann an der Reihe. Auf jeden Fall eine riesige Geschichte!
Die im Endeffekt auch zu einer recht interessanten Kombination an Bands führt – Gates Of Slumber klangen vorhin ziemlich nach Black Sabbath, dazu RevBiz und schliesslich ihr...
Stimmt schon, die Bands klingen durchaus verschieden, aber man kann sagen, dass wir eigentlich alle aus den gleichen Quellen schöpfen. Natürlich ist unsere Musik um einiges heavier...
...aber hallo! Mich erinnert euer (Live) Sound zuerst an eine räudige aber verlockende Mischung aus Cathedral, Metalcore und verdammt vielen Drogen...
Hahaha, so ähnlich könnte das vielleicht hinkommen. Ich selbst komme eigentlich auch aus einem eher Hardcore-lastigen Umfeld, mit Sepultura zu “Arise”- und “Chaos A.D.”-Zeiten, Pantera's “Vulgar Display...” - für mich persönlich ein echt wichtiges Album – und nicht zuletzt auch der ganzen Riege um Metallica, Megadeth und Konsorten.
Ich höre einfach eine Unmenge allen möglichen Zeugs und war auch ein Riesenfan von Centurions Ghost, die ja am Anfang noch einen anderen Sänger hatten. Das Verhältnis hatte sich dann irgendwann soweit gefestigt, dass sie mich fragten, ob ich nicht ab und zu aushelfen könnte, da ihr alter Fronter einen ganz anderen Stil hatte und bestimmte Sachen einfach nicht hinbekam. Es war also zunächst eher so eine Art Aushilfsjob im Studio, bevor sie mir den Posten dann offiziell angeboten haben.
Eigentlich total kaputt, wenn man sich überlegt, dass ich zu der Zeit Sänger in einer Hardcore-Band war, die wirklich die volle Palette Biohazard/New-York-HC zockte, die ganze “tough stuff, tough guys”-Geschichte! Sagen wir mal so: Ich war schon sehr froh, als die Centurions mich fragten, ob ich bei ihnen einsteigen will, haha...
Was mich erstaunt hat, ist eure Eigenständigkeit. Es gibt ja vor allem im Postcore-Genre einige Bands, die doomige Elemente – wie den langsamen Spannungsaufbau, die Wiederholungen, das Spielen mit Stimmungen – in den Hardcore überführen, aber ihr klingt einfach mal total anders...
Danke dir! Damit sprichst du genau das aus, was ich auch persönlich denke: Es gibt eine Menge Bands, die sich den Arsch aufreissen, um etwas Originelles auf die Beine zu stellen, aber das ist meines Erachtens speziell im Hardcore-Sektor eine fast unmenschliche Aufgabe. Umso geiler war es eben, als ich meine erste Tour mit Centurions Ghost absolvierte (damals noch als Ersatzmann) - und auf einmal macht es auf der Bühne einfach “Klick!” und du weisst: “Scheisse, hier entsteht gerade etwas Eigenartiges...”.
Ich hatte sofort das gute Gefühl, dass es anders klingt – nicht mal unbedingt nur auf den Doombereich oder unsere Tourpartner bezogen – ich fand und finde, wir klingen insgesamt einfach anders, und das mag ich wirklich...
...verständlich...
...sorry, aber ich musste das einfach los werden, haha. Ich liebe dieses gute Gefühl, vor allem wenn es eben um diese Band geht, also nimm mir die Schwärmerei bitte nicht übel...
Wie könnte ich? Ich meine: Ich bin selbst begeistert, hab mir gerade eben ein Shirt von euch geholt und momentan hocken wir mit einem Bier in einem fremden Auto und machen ein Interview, von dem ich vor 50 Minuten noch nichts wusste. Also bitte keine falsche Bescheidenheit, hehe...
Wie zufrieden seid ihr denn momentan mit der Tour?
Die Tour ist absoluter Wahnsinn, Mann, und ich geniesse das wirklich. Die Jungs von Gates Of Slumber und RevBiz sind schwer in Ordnung, wodurch sich das Ganze für uns ziemlich entspannt gestaltet. Es gibt keinen Stress zwischen den Bands, keinen Stress mit den anderen Beteiligten – insofern wirklich eine durchweg gelungene Tour, wie man sie sich nur wünschen kann.
Heute spielt ihr ja in einer der mysteriösesten Locations in Halle/Saale – mir persönlich wurde im Vorfeld von den abgefucktesten Toiletten und von ausgesuchter Winzigkeit berichtet...
Ja, aber das ist ja gerade das Gute, wenn so wenig Platz ist! Letzte Nacht haben wir in Nürnberg gespielt, eher mittelgrosse Venue mit 250 Leuten und das Ding war rammelvoll. Ebenso in London – wir spielen eigentlich meist in diesen Grössenordnungen, von 100 bis 250 Leuten. Bei kleinen Clubs kommen meines Erachtens einfach auch bessere Konzerte raus.
Heute abend sind es wohl so an die 70, 100...
...sagen wir 50+...
...haha, und dabei wollte ich mal nett sein! Nee, im Ernst: Ich bin froh und glücklich, dass die Leute heute abend hier her gefunden haben, denn es kommt im Endeffekt immer nur auf die an, die da sind. In Holland beispielsweise haben wir auf der einen Seite auf den Doomdays in Rotterdam vor 200 Leuten gezockt, aber eben auch schon vor ganzen sechs Gästen in den eher abgelegenen Clubs, was der Sache an sich aber keinen Abbruch tut: Wir sind da, ihr seid da, wir liefern euch den Metal und hoffen, dass ihr die Show ebenso geniesst wie wir – das ist es, worum es geht.
Abgesehen davon ist es in Deutschland bisher eigentlich immer ganz gut für uns gelaufen, selbst wenn mal nicht viel mehr als 10 Metalheads da waren. Es war trotzdem immer noch ein gutes Publikum, was einen als Musiker natürlich umso mehr freut.
Also keine Spur der von Amoral beschriebenen Metalpolice?
Nee, echt nicht. Ich kenne das eigentlich nur von London, was aber auch daran liegen könnte, dass (Doom) Metal nicht unbedingt etwas ist, mit dem man dort Bäume ausreissen kann. Mir persönlich ist das aber auch ziemlich egal, weil es daneben immer genug Menschen gibt, die eine Show wegen den Bands besuchen und uns nach dem Auftritt sagen, dass es ihnen Spass gemacht hat. Ganz zu schweigen davon, dass sie unser Merch kaufen, hehe.
Dass es manchmal Leute gibt, bei denen man sich denkt “Alter, warum bringt ihr euch nicht einfach gegenseitig um?”, gehört wohl einfach dazu...
...günstigenfalls kaufen sie erst Merch und bringen sich anschliessend um...
Genau, das wäre cool: Erst verkaufen wir ihnen T-Shirts, bekommen ihre Kohle, und anschliessend reissen wir ihnen die Shirts wieder vom erkalteten Leib. Das klingt eigentlich nach einem Spitzenplan...
Mit dem Appetithappen haben wir dann auch eine halbwegs professionelle Überleitung hingebogen: Worum geht's in deinen Texten?
Oh ja, ähm, das ist ein ziemlich weites Feld, zumal ich mir den Job mit unserem Bassisten teile. Im Prinzip wurden auf der ersten Scheibe eigentlich die meisten Texte von ihm geschrieben, weil er damals auch noch gesungen hat und der alte Sänger in der Beziehung nicht so aktiv war.
Es geht, grob gesagt, um das ganz alltägliche Leben, natürlich immer mit metaphorischen Elementen, um eine gewisse Stimmung zu erreichen. Der Grundtenor liegt dabei grösstenteils auf dunklen, unerfreulichen Themen – es gibt 'ne Menge Drogen, Schmerz und Verbitterung in diesen Zeilen.
Und wie sieht es bei dir aus? Worüber wirst du schreiben?
Uff, das lässt sich vielleicht am besten mit “mein Leben” beantworten. Es ist wohl immer das eigene Leben, die eigene Perspektive auf die Dinge um uns herum, die in den Texten durchscheint, und momentan leben wir in ziemlich harten, dunklen Zeiten.
Gerade in London fühlst du das auch: die Stadt ist ein Riesenmoloch, erfüllt von unüberschaubaren Menschenherden und einem irgendwie brütenden Unterton des Hasses, was ganz unvermittelt auch Konsequenzen auf sehr persönlicher Ebene hat. Man beginnt sich zu fragen, wie man zu sich selber steht, wie man sich tief drin fühlt und man beginnt, die Veränderungen seiner selbst und seiner Umwelt zu analysieren, in Verbindung zu bringen. Es ist ein Beobachten, was oftmals wütend macht, aber eben auch eine gewisse Ohnmacht in sich birgt – “Was passiert mit mir, und: Kann ich es ändern?”
Denkst du denn, dass man diese von dir beschriebene Entwicklung der Welt ändern oder aufhalten kann?
So leid es mir tut: Ich denke nicht, dass sich an der gesamten Situation etwas ändern wird. Es ist nicht so, dass wir gar nichts machen können, aber die Aktionen des Einzelnen werden immer nur in einem sehr beschränkten Umfeld Wirkung zeigen, während der Überbau davon unberührt bleibt. Ich glaube momentan einfach, dass uns als Individuen die Macht oder die Einigkeit fehlt, um am Grundsätzlichen etwas zu verändern.
Also versuchst du momentan einfach, dein Leben nach bestemWissen und Gewissen zu leben?
Ja, das könnte man so ausdrücken. Ich versuche, mein Leben zu leben und dabei eine gute Zeit zu haben.
Das klingt aus dem Munde eines Doomsters recht ungewohnt, haha...
...haha, yeah, aber das ist ja das Komische: Ich glaube eine Menge Doombands besteht aus ziemlich fröhlichen Menschen und unsere bisherigen Bekanntschaften waren eigentlich durchweg gut drauf...
...sogar der Reverend?
Sogar der Reverend! Das sind wohl ein paar der ulkigsten Typen,die ich bisher getroffen habe.
So sterben Träume. Ausserdem hab ich glaube ich Durst...
...ja Mann, so ein trockenes Gefühl. Und Reverend zocken auch gleich...
Scheisse, richtig. Dann wollen wir wenigstens noch schnell die Einführung komplettieren, die wir ja irgendwie aus den Augen verloren haben. Wie lange gibt's euch denn nun schon?
Die Band gibt's seit 2001, ich selbst bin aber erst seit 2005 dabei. Dazwischen gab's zwei Demos, und nun endlich das Debüt über I Hate Records. Ansonsten ist es unser einziger Wille, schwere Mucke zu machen – we want to fuckin' rock!
Alles klar Mark, das sollte nach meinem Ermessen durchaus möglich sein. Jetzt brauchen wir eigentlich nur noch ein paar erhellende Worte, der Welt zum Nachdenken, unseren Lesern zur Erbauung – du weisst was ich meine...
Woooow! Du meinst sowas richtig Bedeutendes, oder? Sowas Mächtiges, Kraftvolles und...
...trotzdem Pointiertes...
...Yeah! Warte mal...
...sowas wie Oscar Wilde manchmal gemacht hat...
...genau, Mann, hehe! Wie Oscar Wilde... ...pass auf:
Wir sind zwar 'ne Doomband, aber es muss ja nicht die ganze Zeit Doom'n'Gloom sein – also macht das Beste draus. Keep supporting metal! Keep living, have a good time and enjoy it! Cheerz!
Und danke für das Interview – wir sehen uns!
So weit so gut, aber die Fortsetzung folgt: Nur wenige Tage später habe ich per Mail nochmal Kontakt mit Chris, dem Bassisten, aufgenommen, um von ihm noch ein paar Dinge über die Triebfedern der Band und seine Lyrics zu erfahren. Schauen wir mal, was er zu sagen hat...
Hallo Chris, schön dass du dich auf die Schnelle nochmal an die Tasten klemmst...
Kein Problem Ralf, grüss dich! Mir ist vollkommen klar, dass in Halle nicht so viel Zeit war: Reverend Bizarre sind einfach unverpassbar - diese wahrhafte Metalforce muss man wirklich mal in Aktion erleben.
Kommen wir gleich zum Hauptgang: Mark hatte mich ja schon aufgeklärt, was seine persönlichen Vorlieben und Inspirationen betrifft, aber da er noch nicht allzu lang dabei ist und demzufolge wohl auch mit dem eigentlichen Songwriting nicht so viel zu tun hatte, geb ich die Frage nun an dich weiter...
Inspirationen, hmm. Prinzipiell bringen alle Mitglieder der Band natürlich ihre eigenen Zutaten mit, dann wird das Ganze im Kessel zu einer grausligen Suppe verkocht und anschliessend verkostet. Da die Einflüsse dermassen vielseitig sind, ist es offenbar schwer, unsere Musik einem bestimmten Genre zuzuordnen.
Ich selbst bin beispielsweise ein riesiger Doomfanatiker - Saint Vitus, Pentagram, Trouble und auch Candlemass sind einfach wahre Meister, zusammen mit den unerreichbaren Overlords Black Sabbath (in ihrer Metal-Phase). Daneben lobe ich mir meine Dosis Sludge, wie Crowbar oder Warhorse, und natürlich Brecher wie Winter und Disembowelment.
Dan dagegen steht total auf die Misfits, ergänzt mit thrashigem Punk und reichlich Black Metal.
Das könnte man nun für jeden Einzelnen fortführen, aber ich denke, dass anhand der Beispiele die Bandbreite zu erahnen ist, die in Centurions Ghost zusammenkommt. Dass Grössen wie Celtic Frost, Metallica, Venom, Cathedral, etc. der kleinste gemeinsame Nenner sind, versteht sich aber hoffentlich von selbst.
Frost und Cathedral sind ziemlich ohrenfällig, das stimmt. Der zweite Punkt wären die Lyrics, die ja auf der letzten Scheibe von dir stammen. Mark hat einen kleinen Einblick gegeben, aber weil das Shirt (das zur nächsten Scheibe gehört) eine recht weit gestaffelte Auswahl mythischer, okkulter und gnostischer Symbolik zeigt, will ich da doch noch einmal nachhaken - was bewegt dich in deinen Texten?
Nun, auf "A Sign Of Things To Come" gibt es unterschiedliche Themenbereiche, normalerweise geht es um persönliche Erfahrungen, um Gefühle und Emotionen, die von Zeit zu Zeit eben exorziert werden müssen. Seit Mark dabei ist, schreibt er viele Sachen mit mir zusammen, was mir sehr hilft, da er durch seine grossartigen Ideen dafür sorgt, dass die Songs auch konzeptuell zu neuen Höhen gelangen.
Was die angesprochenen Elemente des Shirts angeht: Du hast recht, es gibt tatsächlich einen okkulten/gnostischen Faden, und der wird sich in weitaus grösserem Umfang durch unser nächstes Album "The Great Work" ziehen. Die Demoversionen von "In Defiance" und "Let Sleeping Corpses Die" gibt es übrigens auf unserer MySpace-Seite, beides sehr wütende Songs, die auf der neuen Scheibe stehen werden.
Gerade die wirken ja auf den ersten Blick nicht unbedingt philosophisch, auch was die visuelle Gestaltung angeht ("Dawn Of The Dead" lässt grüssen)...
Mag sein, dass es für einen unaufmerksamen Hörer nur um Leichen und Zombies geht, aber wenn man sich etwas bemüht, wird sich ein neuer Aspekt entfalten: Es geht darum, dass sich ein Grossteil der Menschheit wie jene Zombies verhält - ziellos umherirrend, ohne eigene Gedanken, ohne wie auch immer geartete Ambitionen. Weicht jemand von diesem Dogma ab, und sei es nur durch äussere Merkmale, so wird er von diesem rätselhaften Gebilde, dieser Masse, umgehend verschlungen und zerstört.
Es ist ein bisschen wie mit Centurions Ghost selbst: Es gab Leute, die uns genau so in der Luft zerfetzen wollten, eben weil wir nicht in ihre herkömmlichen und geliebten Schemata passen oder uns eingliedern wollten. Aber wir werden weiter kämfen, gegen die Gezeiten und gegen alle, die sich uns in den Weg stellen. Darum geht es in "In Defiance" - es ist eine Hymne, ein verächtliches "Fuck You!" an all die Zombies da draussen, die uns ruiniert sehen wollten.
Aber natürlich wird es auf der Platte auch Songs wie 'The Supreme Moment', 'The End', 'I Am God, You Are Denied' und 'Walking Through Walls' geben, die sich den okkulten, gnostischen Seiten von Centurions Ghost widmen.
Du siehst, wir haben nicht vor uns in nächster Zeit zu beugen, wir werden weiter spielen, weiter kämpfen und ohne Zweifel auch noch so manches Mal für unseren Mangel an Konformität bezahlen. Aber genau das ist es, was unser Feuer am Brennen hält...
So, if you don't like Centurions Ghost, get the fuck out of our way - cos we'll mow you down, hehe!
www.myspace.com/centurionsghost
(Aufgrund der Tatsache, dass Reverend Bizarre anschliessend spielten, gibt es leider eher ein 'to be continued...' als ein echtes Ende. Sorry.)
Ok, hallo erst mal – du bist...?
Grüss dich, ich bin Mark von Centurions Ghost.
Freut mich dich zu treffen, und noch besser, dass du gerade Zeit und Lust für ein kurzes Interview hast. Gib uns doch zunächst mal eine kleine Einführung in Centurions Ghost.
Und das tut ihr mit Reverend Bizarre – nicht gerade eine der kleinsten Bands im Doomzirkus...
Haha, das ist richtig - es ist grossartig, dass wir diese Chance haben. - Cheerz! - Wir kennen die Jungs von Gates Of Slumber ein bisschen und wussten, dass sie eine Tour mit RevBiz planen, und als sie dann kamen und uns fragten, ob wir Lust hätten sie zu begleiten – da haben wir wider Erwarten einfach “Ja” gesagt, hehe...
Also haben sie euch gefragt, ob ihr Lust habt?
Genau, das ist es ja! Die Gates wollten wohl schon länger in Europa touren und hatten offenbar keine dritte Band an der Angel und irgendwie waren wir dann an der Reihe. Auf jeden Fall eine riesige Geschichte!
Die im Endeffekt auch zu einer recht interessanten Kombination an Bands führt – Gates Of Slumber klangen vorhin ziemlich nach Black Sabbath, dazu RevBiz und schliesslich ihr...
Stimmt schon, die Bands klingen durchaus verschieden, aber man kann sagen, dass wir eigentlich alle aus den gleichen Quellen schöpfen. Natürlich ist unsere Musik um einiges heavier...
...aber hallo! Mich erinnert euer (Live) Sound zuerst an eine räudige aber verlockende Mischung aus Cathedral, Metalcore und verdammt vielen Drogen...
Hahaha, so ähnlich könnte das vielleicht hinkommen. Ich selbst komme eigentlich auch aus einem eher Hardcore-lastigen Umfeld, mit Sepultura zu “Arise”- und “Chaos A.D.”-Zeiten, Pantera's “Vulgar Display...” - für mich persönlich ein echt wichtiges Album – und nicht zuletzt auch der ganzen Riege um Metallica, Megadeth und Konsorten.
Ich höre einfach eine Unmenge allen möglichen Zeugs und war auch ein Riesenfan von Centurions Ghost, die ja am Anfang noch einen anderen Sänger hatten. Das Verhältnis hatte sich dann irgendwann soweit gefestigt, dass sie mich fragten, ob ich nicht ab und zu aushelfen könnte, da ihr alter Fronter einen ganz anderen Stil hatte und bestimmte Sachen einfach nicht hinbekam. Es war also zunächst eher so eine Art Aushilfsjob im Studio, bevor sie mir den Posten dann offiziell angeboten haben.
Eigentlich total kaputt, wenn man sich überlegt, dass ich zu der Zeit Sänger in einer Hardcore-Band war, die wirklich die volle Palette Biohazard/New-York-HC zockte, die ganze “tough stuff, tough guys”-Geschichte! Sagen wir mal so: Ich war schon sehr froh, als die Centurions mich fragten, ob ich bei ihnen einsteigen will, haha...
Was mich erstaunt hat, ist eure Eigenständigkeit. Es gibt ja vor allem im Postcore-Genre einige Bands, die doomige Elemente – wie den langsamen Spannungsaufbau, die Wiederholungen, das Spielen mit Stimmungen – in den Hardcore überführen, aber ihr klingt einfach mal total anders...
Danke dir! Damit sprichst du genau das aus, was ich auch persönlich denke: Es gibt eine Menge Bands, die sich den Arsch aufreissen, um etwas Originelles auf die Beine zu stellen, aber das ist meines Erachtens speziell im Hardcore-Sektor eine fast unmenschliche Aufgabe. Umso geiler war es eben, als ich meine erste Tour mit Centurions Ghost absolvierte (damals noch als Ersatzmann) - und auf einmal macht es auf der Bühne einfach “Klick!” und du weisst: “Scheisse, hier entsteht gerade etwas Eigenartiges...”.
Ich hatte sofort das gute Gefühl, dass es anders klingt – nicht mal unbedingt nur auf den Doombereich oder unsere Tourpartner bezogen – ich fand und finde, wir klingen insgesamt einfach anders, und das mag ich wirklich...
...verständlich...
...sorry, aber ich musste das einfach los werden, haha. Ich liebe dieses gute Gefühl, vor allem wenn es eben um diese Band geht, also nimm mir die Schwärmerei bitte nicht übel...
Wie könnte ich? Ich meine: Ich bin selbst begeistert, hab mir gerade eben ein Shirt von euch geholt und momentan hocken wir mit einem Bier in einem fremden Auto und machen ein Interview, von dem ich vor 50 Minuten noch nichts wusste. Also bitte keine falsche Bescheidenheit, hehe...
Wie zufrieden seid ihr denn momentan mit der Tour?
Die Tour ist absoluter Wahnsinn, Mann, und ich geniesse das wirklich. Die Jungs von Gates Of Slumber und RevBiz sind schwer in Ordnung, wodurch sich das Ganze für uns ziemlich entspannt gestaltet. Es gibt keinen Stress zwischen den Bands, keinen Stress mit den anderen Beteiligten – insofern wirklich eine durchweg gelungene Tour, wie man sie sich nur wünschen kann.
Heute spielt ihr ja in einer der mysteriösesten Locations in Halle/Saale – mir persönlich wurde im Vorfeld von den abgefucktesten Toiletten und von ausgesuchter Winzigkeit berichtet...
Ja, aber das ist ja gerade das Gute, wenn so wenig Platz ist! Letzte Nacht haben wir in Nürnberg gespielt, eher mittelgrosse Venue mit 250 Leuten und das Ding war rammelvoll. Ebenso in London – wir spielen eigentlich meist in diesen Grössenordnungen, von 100 bis 250 Leuten. Bei kleinen Clubs kommen meines Erachtens einfach auch bessere Konzerte raus.
Heute abend sind es wohl so an die 70, 100...
...sagen wir 50+...
...haha, und dabei wollte ich mal nett sein! Nee, im Ernst: Ich bin froh und glücklich, dass die Leute heute abend hier her gefunden haben, denn es kommt im Endeffekt immer nur auf die an, die da sind. In Holland beispielsweise haben wir auf der einen Seite auf den Doomdays in Rotterdam vor 200 Leuten gezockt, aber eben auch schon vor ganzen sechs Gästen in den eher abgelegenen Clubs, was der Sache an sich aber keinen Abbruch tut: Wir sind da, ihr seid da, wir liefern euch den Metal und hoffen, dass ihr die Show ebenso geniesst wie wir – das ist es, worum es geht.
Abgesehen davon ist es in Deutschland bisher eigentlich immer ganz gut für uns gelaufen, selbst wenn mal nicht viel mehr als 10 Metalheads da waren. Es war trotzdem immer noch ein gutes Publikum, was einen als Musiker natürlich umso mehr freut.
Also keine Spur der von Amoral beschriebenen Metalpolice?
Nee, echt nicht. Ich kenne das eigentlich nur von London, was aber auch daran liegen könnte, dass (Doom) Metal nicht unbedingt etwas ist, mit dem man dort Bäume ausreissen kann. Mir persönlich ist das aber auch ziemlich egal, weil es daneben immer genug Menschen gibt, die eine Show wegen den Bands besuchen und uns nach dem Auftritt sagen, dass es ihnen Spass gemacht hat. Ganz zu schweigen davon, dass sie unser Merch kaufen, hehe.
Dass es manchmal Leute gibt, bei denen man sich denkt “Alter, warum bringt ihr euch nicht einfach gegenseitig um?”, gehört wohl einfach dazu...
...günstigenfalls kaufen sie erst Merch und bringen sich anschliessend um...
Genau, das wäre cool: Erst verkaufen wir ihnen T-Shirts, bekommen ihre Kohle, und anschliessend reissen wir ihnen die Shirts wieder vom erkalteten Leib. Das klingt eigentlich nach einem Spitzenplan...
Mit dem Appetithappen haben wir dann auch eine halbwegs professionelle Überleitung hingebogen: Worum geht's in deinen Texten?
Oh ja, ähm, das ist ein ziemlich weites Feld, zumal ich mir den Job mit unserem Bassisten teile. Im Prinzip wurden auf der ersten Scheibe eigentlich die meisten Texte von ihm geschrieben, weil er damals auch noch gesungen hat und der alte Sänger in der Beziehung nicht so aktiv war.
Es geht, grob gesagt, um das ganz alltägliche Leben, natürlich immer mit metaphorischen Elementen, um eine gewisse Stimmung zu erreichen. Der Grundtenor liegt dabei grösstenteils auf dunklen, unerfreulichen Themen – es gibt 'ne Menge Drogen, Schmerz und Verbitterung in diesen Zeilen.
Und wie sieht es bei dir aus? Worüber wirst du schreiben?
Uff, das lässt sich vielleicht am besten mit “mein Leben” beantworten. Es ist wohl immer das eigene Leben, die eigene Perspektive auf die Dinge um uns herum, die in den Texten durchscheint, und momentan leben wir in ziemlich harten, dunklen Zeiten.
Gerade in London fühlst du das auch: die Stadt ist ein Riesenmoloch, erfüllt von unüberschaubaren Menschenherden und einem irgendwie brütenden Unterton des Hasses, was ganz unvermittelt auch Konsequenzen auf sehr persönlicher Ebene hat. Man beginnt sich zu fragen, wie man zu sich selber steht, wie man sich tief drin fühlt und man beginnt, die Veränderungen seiner selbst und seiner Umwelt zu analysieren, in Verbindung zu bringen. Es ist ein Beobachten, was oftmals wütend macht, aber eben auch eine gewisse Ohnmacht in sich birgt – “Was passiert mit mir, und: Kann ich es ändern?”
Denkst du denn, dass man diese von dir beschriebene Entwicklung der Welt ändern oder aufhalten kann?
So leid es mir tut: Ich denke nicht, dass sich an der gesamten Situation etwas ändern wird. Es ist nicht so, dass wir gar nichts machen können, aber die Aktionen des Einzelnen werden immer nur in einem sehr beschränkten Umfeld Wirkung zeigen, während der Überbau davon unberührt bleibt. Ich glaube momentan einfach, dass uns als Individuen die Macht oder die Einigkeit fehlt, um am Grundsätzlichen etwas zu verändern.
Also versuchst du momentan einfach, dein Leben nach bestemWissen und Gewissen zu leben?
Ja, das könnte man so ausdrücken. Ich versuche, mein Leben zu leben und dabei eine gute Zeit zu haben.
Das klingt aus dem Munde eines Doomsters recht ungewohnt, haha...
...haha, yeah, aber das ist ja das Komische: Ich glaube eine Menge Doombands besteht aus ziemlich fröhlichen Menschen und unsere bisherigen Bekanntschaften waren eigentlich durchweg gut drauf...
...sogar der Reverend?
Sogar der Reverend! Das sind wohl ein paar der ulkigsten Typen,die ich bisher getroffen habe.
So sterben Träume. Ausserdem hab ich glaube ich Durst...
...ja Mann, so ein trockenes Gefühl. Und Reverend zocken auch gleich...
Scheisse, richtig. Dann wollen wir wenigstens noch schnell die Einführung komplettieren, die wir ja irgendwie aus den Augen verloren haben. Wie lange gibt's euch denn nun schon?
Die Band gibt's seit 2001, ich selbst bin aber erst seit 2005 dabei. Dazwischen gab's zwei Demos, und nun endlich das Debüt über I Hate Records. Ansonsten ist es unser einziger Wille, schwere Mucke zu machen – we want to fuckin' rock!
Alles klar Mark, das sollte nach meinem Ermessen durchaus möglich sein. Jetzt brauchen wir eigentlich nur noch ein paar erhellende Worte, der Welt zum Nachdenken, unseren Lesern zur Erbauung – du weisst was ich meine...
Woooow! Du meinst sowas richtig Bedeutendes, oder? Sowas Mächtiges, Kraftvolles und...
...trotzdem Pointiertes...
...Yeah! Warte mal...
...sowas wie Oscar Wilde manchmal gemacht hat...
...genau, Mann, hehe! Wie Oscar Wilde... ...pass auf:
Wir sind zwar 'ne Doomband, aber es muss ja nicht die ganze Zeit Doom'n'Gloom sein – also macht das Beste draus. Keep supporting metal! Keep living, have a good time and enjoy it! Cheerz!
Und danke für das Interview – wir sehen uns!
So weit so gut, aber die Fortsetzung folgt: Nur wenige Tage später habe ich per Mail nochmal Kontakt mit Chris, dem Bassisten, aufgenommen, um von ihm noch ein paar Dinge über die Triebfedern der Band und seine Lyrics zu erfahren. Schauen wir mal, was er zu sagen hat...
Hallo Chris, schön dass du dich auf die Schnelle nochmal an die Tasten klemmst...
Kein Problem Ralf, grüss dich! Mir ist vollkommen klar, dass in Halle nicht so viel Zeit war: Reverend Bizarre sind einfach unverpassbar - diese wahrhafte Metalforce muss man wirklich mal in Aktion erleben.
Kommen wir gleich zum Hauptgang: Mark hatte mich ja schon aufgeklärt, was seine persönlichen Vorlieben und Inspirationen betrifft, aber da er noch nicht allzu lang dabei ist und demzufolge wohl auch mit dem eigentlichen Songwriting nicht so viel zu tun hatte, geb ich die Frage nun an dich weiter...
Inspirationen, hmm. Prinzipiell bringen alle Mitglieder der Band natürlich ihre eigenen Zutaten mit, dann wird das Ganze im Kessel zu einer grausligen Suppe verkocht und anschliessend verkostet. Da die Einflüsse dermassen vielseitig sind, ist es offenbar schwer, unsere Musik einem bestimmten Genre zuzuordnen.
Ich selbst bin beispielsweise ein riesiger Doomfanatiker - Saint Vitus, Pentagram, Trouble und auch Candlemass sind einfach wahre Meister, zusammen mit den unerreichbaren Overlords Black Sabbath (in ihrer Metal-Phase). Daneben lobe ich mir meine Dosis Sludge, wie Crowbar oder Warhorse, und natürlich Brecher wie Winter und Disembowelment.
Dan dagegen steht total auf die Misfits, ergänzt mit thrashigem Punk und reichlich Black Metal.
Das könnte man nun für jeden Einzelnen fortführen, aber ich denke, dass anhand der Beispiele die Bandbreite zu erahnen ist, die in Centurions Ghost zusammenkommt. Dass Grössen wie Celtic Frost, Metallica, Venom, Cathedral, etc. der kleinste gemeinsame Nenner sind, versteht sich aber hoffentlich von selbst.
Frost und Cathedral sind ziemlich ohrenfällig, das stimmt. Der zweite Punkt wären die Lyrics, die ja auf der letzten Scheibe von dir stammen. Mark hat einen kleinen Einblick gegeben, aber weil das Shirt (das zur nächsten Scheibe gehört) eine recht weit gestaffelte Auswahl mythischer, okkulter und gnostischer Symbolik zeigt, will ich da doch noch einmal nachhaken - was bewegt dich in deinen Texten?
Nun, auf "A Sign Of Things To Come" gibt es unterschiedliche Themenbereiche, normalerweise geht es um persönliche Erfahrungen, um Gefühle und Emotionen, die von Zeit zu Zeit eben exorziert werden müssen. Seit Mark dabei ist, schreibt er viele Sachen mit mir zusammen, was mir sehr hilft, da er durch seine grossartigen Ideen dafür sorgt, dass die Songs auch konzeptuell zu neuen Höhen gelangen.
Was die angesprochenen Elemente des Shirts angeht: Du hast recht, es gibt tatsächlich einen okkulten/gnostischen Faden, und der wird sich in weitaus grösserem Umfang durch unser nächstes Album "The Great Work" ziehen. Die Demoversionen von "In Defiance" und "Let Sleeping Corpses Die" gibt es übrigens auf unserer MySpace-Seite, beides sehr wütende Songs, die auf der neuen Scheibe stehen werden.
Gerade die wirken ja auf den ersten Blick nicht unbedingt philosophisch, auch was die visuelle Gestaltung angeht ("Dawn Of The Dead" lässt grüssen)...
Mag sein, dass es für einen unaufmerksamen Hörer nur um Leichen und Zombies geht, aber wenn man sich etwas bemüht, wird sich ein neuer Aspekt entfalten: Es geht darum, dass sich ein Grossteil der Menschheit wie jene Zombies verhält - ziellos umherirrend, ohne eigene Gedanken, ohne wie auch immer geartete Ambitionen. Weicht jemand von diesem Dogma ab, und sei es nur durch äussere Merkmale, so wird er von diesem rätselhaften Gebilde, dieser Masse, umgehend verschlungen und zerstört.
Es ist ein bisschen wie mit Centurions Ghost selbst: Es gab Leute, die uns genau so in der Luft zerfetzen wollten, eben weil wir nicht in ihre herkömmlichen und geliebten Schemata passen oder uns eingliedern wollten. Aber wir werden weiter kämfen, gegen die Gezeiten und gegen alle, die sich uns in den Weg stellen. Darum geht es in "In Defiance" - es ist eine Hymne, ein verächtliches "Fuck You!" an all die Zombies da draussen, die uns ruiniert sehen wollten.
Aber natürlich wird es auf der Platte auch Songs wie 'The Supreme Moment', 'The End', 'I Am God, You Are Denied' und 'Walking Through Walls' geben, die sich den okkulten, gnostischen Seiten von Centurions Ghost widmen.
Du siehst, wir haben nicht vor uns in nächster Zeit zu beugen, wir werden weiter spielen, weiter kämpfen und ohne Zweifel auch noch so manches Mal für unseren Mangel an Konformität bezahlen. Aber genau das ist es, was unser Feuer am Brennen hält...
So, if you don't like Centurions Ghost, get the fuck out of our way - cos we'll mow you down, hehe!
www.myspace.com/centurionsghost