Headbangen und Ärsche treten


Interview mit MyGrain
Melodic Death Metal aus Finnland - Helsinki
Die Finnen MYGRAIN sind eine junge, aufstrebende Gruppe im Spannungsfeld aus modernen Klängen und melodischem Death Metal, die mit ihrem neuen Album „Signs Of Existence“ einen starken Nachfolger zu ihrem erstklassigen Debüt „Orbit Dance“ an den Start gebracht haben. Keyboarderin Eve und Gitarrist Resistor stellen sich unseren Fragen:


Hallo Eve, hallo Resistor,

ich habe „Signs Of Existence“ 8,5 von 10 Punkten gegeben. Für mich es ist ein tolles Album und sogar noch besser als „Orbit Dance“, obwohl auch diese Platte schon stark war.
Das führt mich direkt zu meiner ersten Frage: wie wichtig sind für euch Reviews und ähnliches Feedback, gerade wenn sie von Internet Plattformen, und dann auch noch aus dem Ausland kommen? Macht ihr euch darüber Gedanken oder nehmt ihr so was eher am Rande wahr?

Eve:
Na klar sind solche Sachen wichtig und interessant, gerade wenn man noch am Anfang steht. Man macht Musik zwar in erster Linie für sich selbst, aber es ist schon interessant zu lesen, was andere Leute darüber denken. Normalerweise wird man nach ner Zeit ja ziemlich betriebsblind. Aber je länger man dabei ist, desto weniger interessiert man sich für Reviews. Das Wichtigste ist, dass die Leute uns entdecken und bei unseren Gigs auftauchen.

Ich finde, dass ihr euch im Songwriting bei „Signs Of Existence“ deutlich verbessert habt, die Songs gehen besser ins Ohr und das Keyboard wurde besser in den Gesamtsound integriert. Seht ihr das ähnlich bzw. wo seht ihr die großen Unterschiede zwischen „Signs Of Existence“ und „Orbit Dance“?

Eve:
Ich schätze, das ist einfach Teil einer natürlichen Entwicklung einer Band, über die jeder spricht, haha. Hätte wir uns zurückentwickelt, wäre das ziemlich frustrierend gewesen! Wir haben jede Menge Gigs gespielt und unzählige Stunden im Proberaum verbracht, von daher wäre es ziemlich komisch, wenn man das dem neuen Material nicht anhören würde. Außerdem kennen wir uns alle mittlerweile viel besser, das macht die Zusammenarbeit leichter und jeder kann seine eigenen Ideen in die Songs einbringen.

Resistor: „Signs” wurde von Anfang bis Ende in unserem Proberaum geschrieben. Jeder hat seine eigenen Zutaten in die Suppe getan und das Resultat ist super geworden. Diese „Arbeitsweise“ hat sich bei dieser Platte bezahlt gemacht.

Eve: Ja, der größte Unterschied zu „Orbit Dance” ist der Songwriting Stil. Es gab keine Hauptsongwriter mehr, wir haben das ganze Album als Team komponiert. Ich bin mir sicher, dass deshalb das Album abwechslungsreicher ist als das Debüt. Was den Sound angeht, so wussten wir diesmal besser, wie er klingen sollte. Insgesamt kann man die Instrumente besser raushören. Wir haben auch das Keyboard mehr in den Vordergrund gestellt, da man auf „Orbit Dance“ nicht viele wichtige Passagen hören konnte. Daher klingt „Signs“ wohl eher keyboardlastig.

Wie lange habt ihr gebraucht, um das Album aufzunehmen? Euer Sond ist ja recht komplex, so was rotzt man ja nicht in drei Tagen raus. Ihr habt wahrscheinlich viel Zeit am Computer verbracht, um dieses Ergebnis zu erzielen.

Resistor:
Es hat etwa sechs Wochen gedauert, das Album aufzunehmen und zu mixen. Diesmal war es auf jeden Fall einfacher, weil wir die Situation schon kannten und sehr genau wussten, wie das Album klingen sollte. Ein richtig GROSSES Dankeschön geht an den Produzenten Janne Saska, der am Mischpult einen großartigen Job gemacht hat. Gemastert wurde die Scheibe von Minerva Pappi in den Finnvox Studios.

Eve: Ja, die Aufnahnahmen gingen erstaunlich flüssig von der Hand, aber einige von uns hatten trotzdem richtig Stress im Studio. Ich denke man hat nie genug Zeit um mit seinem Spiel komplett zufrieden zu sein. Ich z.B. hatte erst in der letzten Nacht vor den Aufnahmen noch eine Idee für eine Keyboard Passage und musste diese dann noch schnell ausarbeiten, so was setzt einen ganz schön unter Druck.

Ist es eigentlich schwierig, euren Sound live umzusetzen? Das Album ist ja nahezu perfekt produziert und voller Details, kann man so was überhaupt auf eine Live Situation übertragen?

Resistor:
Live ist unser Sound rauer, aber wir versuchen immer noch, die Songs so weit wie möglich nach den Albumversionen klingen zu lassen. Natürlich können wir nicht alles unterbringen, aber das ist auch egal, denn auf der Bühne geht’s um Headbanging und darum, so gut und laut wie möglich zu spielen und ein paar Ärsche zu treten!

Eve: Japp, wir versuchen nicht zu viele Background Tapes etc. zu benutzen, denn solche Sachen zerstören das Feeling und das Spontane einer Live Situation. Wir haben ein Intro- und Outro Tape, und das war’s dann auch schon. Zum Glück haben wir auf der kommenden Tour endlich unseren eigenen Soundmann – wir haben so viele Elemente in unserer Musik, dass es wohl ziemlich schwierig abzumischen ist für Leute, die unser Songs vorher nicht kannten.

In „Shed The Second Skin” arbeitet ihr mit weiblichen Backings. Singst du da, Eve? Und falls ja, könnte sowas eine Option für die Zukunft sein? Erwarten uns bald ein paar Lead Vocals?

Eve:
Nein, das bin nicht ich, auch wenn mir das schon sehr oft unterstellt wurde, hehe. Das Mädel, das auf diesem Song zu hören ist, ist Christine Sten, die Freundin unseres Bassisten. Sie hat einen richtig guten Job gemacht, denn sie kannte keinen der Songs als sie ins Studio kam und hat die Sache trotzdem wie ein Profi über die Bühne gebracht. Ich habe im Opener von „Orbit Dance“ [„Plastic“ – mh] mal die Backing Vocals gesungen, aber ich sehe mich nicht als Sängerin und überlasse das den Leuten, die das besser draufhaben. Darüber hinaus denke ich, dass weiblicher Gesang niemals ein fester Bestandteil von MYGRAIN sein wird, wir werden es nur als zusätzliches Mittel in manchen Songs benutzen.

Euer Sound, eure Songtitel und Coverbilder deuten auf eine Art futuristisches Gesamtkonzept hin. Gibt es einen lyrischen roten Faden bei MYGRAIN, eventuell so wie es früher bei FEAR FACTORY der Fall war? Irgendeine Aussage, die ihr transportieren wollt?

Eve:
Nun ja, das futuristische Thema spiegelt sich natürlich auch in den Texten wider. Tommy [Vocals – mh] könnte diese Frage besser beantworten, aber ich weiß, dass Tommy alltägliche Situationen nimmt und sie in eine weitaus komplexere Form überträgt (und dabei ganz viele schwierige Wörter benutzt, haha!). Aber es gibt da eigentlich keine richtige Aussage, lasst Musik Musik sein und überlasst die Politik anderen.

Wo wir gerade bei FEAR FACTORY waren, was sind denn eure musikalischen Einflüsse?

Resistor:
Für mich kommen die größten Einflüsse aus dem skandinavischen und amerikanischen Metal. Um mal ein paar Bands zu nennen: alte METALLICA, SOILWORK, MACHINE HEAD, KILLSWITCH ENGAGE, UNEARTH, ALICE IN CHAINS etc.

Eve: Es ist schwer zu sagen, woher die Einflüse kommen – ich versuche nur, gute Melodien zu finden, die zu den Songs passen. Ich höre eine große Bandbreite an Musik und bin mir sicher, dass jeder seine Einflüsse eher unterbewusst aufnimmt.

In nahezu jedem Review, das ich über MYGRAIN lese, werdet ihr mit SOILWORK verglichen. Geht euch das mit der Zeit nicht ziemlich auf den Keks?

Resistor:
Ich denke schon, dass es Einflüsse aus der „Göteborg Szene“ in unserem Sound gibt, aber unsere Musik bietet noch weitaus mehr. Wenn Leute sagen, dass wir nur eine billige Kopie dieser Band seien, kann ich nur darüber lachen... aber jeder hat nun mal seine eigene Meinung und so ist das nun mal.

Eve: Richtig, wir können nicht jedem verbieten, so was zu denken oder zu sagen. Schließlich gibt’s Meinungs- und Redefreiheit. Es wäre auch ziemlich kindisch von uns, wegen so was rumzujammern. Ich erinnere mich noch daran, dass SOILWORK selbst immer mit IN FLAMES verglichen wurden, aber wer sagt so was heute noch? Es ist der Fluch einer neuen Band, immer mit größeren Bands verglichen zu werden und damit umgehen zu müssen. Ich denke, im Musiksektor wurde nahezu alles schon mal gemacht und alle neuen Bands sind nur Variationen von dem guten alten Zeug. Es ist sehr schwer, heutzutage perfekt einmalig zu klingen, ohne dabei künstlich rüberzukommen. Was uns angeht, wir versuchen einfach nur, gute Songs zu schreiben.

MYGRAIN ist eine junge Band auf dem Weg nach oben. Wo seht ihr euch selbst in – sagen wir mal – zehn Jahren? Was habt ihr bis dahin so alles vor?

Resistor:
Das nächste große Ziel ist erst mal, außerhalb Finnlands zu touren. Es wäre wirklich ein Traum, dazu mal die Chance zu haben.

Eve: Ich hoffe, wir entwickeln uns langsam weiter. Mehr Touren, bessere Alben. Das ist es dann schon!

Bis jetzt wart ihr ja – wie schon erwähnt – noch nie in Deutschland. Wie sind denn die momentanen Aussichten auf eine Europatour oder ein paar Festivalauftritte?

Resistor:
Das wird sich zeigen. Ich hoffe wirklich, dass „Signs“ uns die Chance gibt, ein paar Shows im Ausland zu spielen. Drückt uns mal die Daumen dafür!

Eve: Wir haben bessere Kontakte zu Deutschland als noch mit dem ersten Album, also sieht die Zukunft da ganz rosig aus. Ich will nichts versprechen, aber es wäre toll, bei euch zu spielen.

Na gut, das war es dann auch schon. Danke für eure Zeit und viel Glück, vielleicht sieht man sich in der Zukunft ja mal. Die letzten Worte gehören euch:

Resistor:
Vielen Dank für das Interview und hoffentlich sehen wir unsere Freunde in Deutschland bald irgendwann on the road. Horns up!

Eve: Danke für das positive Feedback, das wir aus eurem Land bekommen. You rule!
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