Inferno Festival
Inferno Festival
London, The Underground
27.01.2005
27.01.2005
ARCTURUS, RED HARVEST, MADDER MORTEM, GRIMFIST, ENSLAVED
Da ist man mal rein zufällig in Britanniens Metropole, nichts Außergewöhnliches ahnend, plötzlich verändert sich das Muster der überall wehenden blau-rot-weißen Flaggen: Das Osloer Inferno-Festival gastiert zum ersten Mal in London. Grund zur Euphorie bei der britischen Schwermetall-Presse; großer Andrang bei den Fans, die das Konzert schon Zwei Wochen im Voraus ausverkaufen. Wie viele andere an diesem Abend begebe ich mich in den, im Londoner Stadtteil Camden gelegenen, Club „The Underworld“, der sich, wie sollte es anders sein, unter der Erde befindet.
Doch bevor es mit dem eigentlichen Konzert losgeht, trifft man sich erst einmal an der Oberfläche, in dem zum Club gehörenden Pub „World’s End“. Journalisten, Musiker, Veranstalter und Label-Menschen können hier schon ab 15 Uhr für lau ihr Ale schlürfen. Als besonderen Service gibt es lecker Häppchen serviert von knapp bekleideten Ladies.
Das „Underworld“ selbst präsentiert sich als eng verwinkelte, sauerstoffarme Lokalität mit Schuhkartonbühne. Als um 18 Uhr ENSLAVED als erste Band die Bühne entern, stehen noch massenhaft Leute draußen Schlange oder versuchen an der riesigen Bar im Vorraum ein Getränk zu ergattern. In heftiger Lautstärke legen die norwegischen Unholde los. Die Anhängerschaft lässt sich auf diese zwingende Einladung hin nicht lange bitten; da wird gebangt, was das Zeug hält. Die Fans lassen sich nicht davon abschrecken, dass wildes Herumspringen zu atmosphärischem Black Metal leicht albern wirkt, sondern bauen im arg begrenzten Bühnenvorraum einen kleinen Moshpit zusammen. Die Band dankt es ihnen mit viel Spielfreude. Sowohl Songs vom aktuellen ENSLAVED-Album „Isa“ als auch ältere Stücke werden mit Gänsehaut erzeugender Intensität dargeboten. Frontmann Grutle strahlt dabei, vollkommen in seinem Element, über das ganze Gesicht. Unsereiner kann da nur im Grasnebel verharren und andächtig ruhigen Passagen und heftigen Ausbrüchen lauschen. Ein mehr als würdiger Beginn eines langen Abends, vielleicht auch ein zu früher Auftritt für eine Band solchen Kalibers.
Als nächstes stehen GRIMFIST auf dem Programm: Die Band in der ehemals Ex-Immortal-Drummer Horgh die Felle verdrosch haut mit ihrer knochentrockenen Mischung aus Thrash- und Death Metal ordentlich auf den Putz, so dass selbst die festsitzendsten Ohrenstöpsel aus den Ohren fliegen. (Hatte ich schon erwähnt, dass es sehr laut war?) Häufig erinnern die von ihnen gespielten Riffs an die einer hoch verehrten, viel zitierten Thrash-Kapelle aus Kalifornien. Muskelberg und Sänger Frediabolo verziert alles noch hübsch mit aggressivem Gebrüll und nimmt sich in einer Pause zwischen den Songs Zeit, den jüngst ermordeten Pantera-Gitarristen Dimebag Darrell zu würdigen. Zum Abschluss gibt es einen passenden Song für das Etablissement: „Moshpit Underground“.
Abwechslung ist auch bei dieser Veranstaltung Programm: Da man nicht immer nur stur abscheddeln kann, gibt es jetzt mit MADDER MORTEM eine Kombo, die progressiven, düsteren Metal mit Frauengesang spielt. Die mit Charisma und Körperumfang reich beschenkte Frontfrau Agnete lässt sich nicht lumpen, die nicht leicht verdauliche Musik ihrer Band mit viel Power an das Publikum zu verkaufen und krönt dunkle Riffs und tolle Melodien mit kraftvoller, ausdrucksstarker Stimme. Eine sehr überzeugende Vorstellung!
Etwas gewöhnungsbedürftig ist dagegen der Sound der Black-Industrialisten RED HARVEST, ein völliger Gegensatz zum organisch-warmen Erscheinungsbild von MADDER MORTEM, aber dennoch fanatisch abgefeiert. RED HARVEST malen kalte, apokalyptische Klanggemälde, die zwar eine wirksame Stimmung verbreiten, aber wenig Abwechslung bieten. Optisch abgerundet wird das ganze durch einen großen, glatzköpfigen, tätowierten Frontmann.
Das Inferno beim INFERNO mag meine Aufmerksamkeit nicht ausreichend fesseln, außerdem sind durch die Enge und die stickige Luft meine Kräfte langsam aufgezehrt, so dass ich mich dazu entschließe, das Geschehen zu verlassen.
Das hat leider auch zur Folge, dass ich die Headliner das Abends ARCTURUS nicht mehr miterleben kann. Folgende Beschreibung basiert daher auf den Beobachtungen eines wahren Augenzeugen.
Nach langer Umbaupause betreten die in Spitzenhemden gekleideten Herren die Bühne. Am Mikro werden sie unterstützt von Ex-Borknagar-Frontsau Simen, hauptberuflich mit Bass spielen und Singen bei Norway’s Finest Dimmu Borgir beschäftigt. Auffällig ist, dass der in ein weites, weißes Hemd gekleidete Herr a) ganz schön an Körperumfang zugelegt hat, was bestimmt am mit seiner Hauptband erreichten Wohlstand liegt, und b) unglaublich einen im Tee hat. Trotzdem, oder vielleicht eher deswegen, gestaltet sich der Auftritt der mit Livepräsenz recht geizigen Herrschaften sehr unterhaltsam. Die Gemüter scheiden sich allerdings bei Simens markanter Stimme: Die einen sprechen von einer gottgleichen Gabe, nach dem Motto: „Das muss man erst mal können, so gekonnt schief singen.“ Anderen rollt es angesichts der verfehlten Töne des blonden Riesen die Zehennägel hoch. Absolut überzeugte jedoch die Songauswahl der wahnsinnigen Avantgarde-Metaller. Herausragende Kompositionen vom „La Masquerade Infernale“-Album wie „The Chaos Path“ und „Alone“ fanden sich ebenso im Set wieder wie die eher „konventionellen“ Melodic Black Metal Songs des Debüts „Aspera Hiems Symfonia“ und die zahmeren Werke vom letzten Output „The Sham Mirror“. ARCTURUS machen es richtig: Erst rar machen, dann absahnen! Die Fans waren jedenfalls vollends begeistert.
Fotos: Henri Kramer
Da ist man mal rein zufällig in Britanniens Metropole, nichts Außergewöhnliches ahnend, plötzlich verändert sich das Muster der überall wehenden blau-rot-weißen Flaggen: Das Osloer Inferno-Festival gastiert zum ersten Mal in London. Grund zur Euphorie bei der britischen Schwermetall-Presse; großer Andrang bei den Fans, die das Konzert schon Zwei Wochen im Voraus ausverkaufen. Wie viele andere an diesem Abend begebe ich mich in den, im Londoner Stadtteil Camden gelegenen, Club „The Underworld“, der sich, wie sollte es anders sein, unter der Erde befindet.
Doch bevor es mit dem eigentlichen Konzert losgeht, trifft man sich erst einmal an der Oberfläche, in dem zum Club gehörenden Pub „World’s End“. Journalisten, Musiker, Veranstalter und Label-Menschen können hier schon ab 15 Uhr für lau ihr Ale schlürfen. Als besonderen Service gibt es lecker Häppchen serviert von knapp bekleideten Ladies.
Das „Underworld“ selbst präsentiert sich als eng verwinkelte, sauerstoffarme Lokalität mit Schuhkartonbühne. Als um 18 Uhr ENSLAVED als erste Band die Bühne entern, stehen noch massenhaft Leute draußen Schlange oder versuchen an der riesigen Bar im Vorraum ein Getränk zu ergattern. In heftiger Lautstärke legen die norwegischen Unholde los. Die Anhängerschaft lässt sich auf diese zwingende Einladung hin nicht lange bitten; da wird gebangt, was das Zeug hält. Die Fans lassen sich nicht davon abschrecken, dass wildes Herumspringen zu atmosphärischem Black Metal leicht albern wirkt, sondern bauen im arg begrenzten Bühnenvorraum einen kleinen Moshpit zusammen. Die Band dankt es ihnen mit viel Spielfreude. Sowohl Songs vom aktuellen ENSLAVED-Album „Isa“ als auch ältere Stücke werden mit Gänsehaut erzeugender Intensität dargeboten. Frontmann Grutle strahlt dabei, vollkommen in seinem Element, über das ganze Gesicht. Unsereiner kann da nur im Grasnebel verharren und andächtig ruhigen Passagen und heftigen Ausbrüchen lauschen. Ein mehr als würdiger Beginn eines langen Abends, vielleicht auch ein zu früher Auftritt für eine Band solchen Kalibers.
Als nächstes stehen GRIMFIST auf dem Programm: Die Band in der ehemals Ex-Immortal-Drummer Horgh die Felle verdrosch haut mit ihrer knochentrockenen Mischung aus Thrash- und Death Metal ordentlich auf den Putz, so dass selbst die festsitzendsten Ohrenstöpsel aus den Ohren fliegen. (Hatte ich schon erwähnt, dass es sehr laut war?) Häufig erinnern die von ihnen gespielten Riffs an die einer hoch verehrten, viel zitierten Thrash-Kapelle aus Kalifornien. Muskelberg und Sänger Frediabolo verziert alles noch hübsch mit aggressivem Gebrüll und nimmt sich in einer Pause zwischen den Songs Zeit, den jüngst ermordeten Pantera-Gitarristen Dimebag Darrell zu würdigen. Zum Abschluss gibt es einen passenden Song für das Etablissement: „Moshpit Underground“.
Abwechslung ist auch bei dieser Veranstaltung Programm: Da man nicht immer nur stur abscheddeln kann, gibt es jetzt mit MADDER MORTEM eine Kombo, die progressiven, düsteren Metal mit Frauengesang spielt. Die mit Charisma und Körperumfang reich beschenkte Frontfrau Agnete lässt sich nicht lumpen, die nicht leicht verdauliche Musik ihrer Band mit viel Power an das Publikum zu verkaufen und krönt dunkle Riffs und tolle Melodien mit kraftvoller, ausdrucksstarker Stimme. Eine sehr überzeugende Vorstellung!
Etwas gewöhnungsbedürftig ist dagegen der Sound der Black-Industrialisten RED HARVEST, ein völliger Gegensatz zum organisch-warmen Erscheinungsbild von MADDER MORTEM, aber dennoch fanatisch abgefeiert. RED HARVEST malen kalte, apokalyptische Klanggemälde, die zwar eine wirksame Stimmung verbreiten, aber wenig Abwechslung bieten. Optisch abgerundet wird das ganze durch einen großen, glatzköpfigen, tätowierten Frontmann.
Das Inferno beim INFERNO mag meine Aufmerksamkeit nicht ausreichend fesseln, außerdem sind durch die Enge und die stickige Luft meine Kräfte langsam aufgezehrt, so dass ich mich dazu entschließe, das Geschehen zu verlassen.
Das hat leider auch zur Folge, dass ich die Headliner das Abends ARCTURUS nicht mehr miterleben kann. Folgende Beschreibung basiert daher auf den Beobachtungen eines wahren Augenzeugen.
Nach langer Umbaupause betreten die in Spitzenhemden gekleideten Herren die Bühne. Am Mikro werden sie unterstützt von Ex-Borknagar-Frontsau Simen, hauptberuflich mit Bass spielen und Singen bei Norway’s Finest Dimmu Borgir beschäftigt. Auffällig ist, dass der in ein weites, weißes Hemd gekleidete Herr a) ganz schön an Körperumfang zugelegt hat, was bestimmt am mit seiner Hauptband erreichten Wohlstand liegt, und b) unglaublich einen im Tee hat. Trotzdem, oder vielleicht eher deswegen, gestaltet sich der Auftritt der mit Livepräsenz recht geizigen Herrschaften sehr unterhaltsam. Die Gemüter scheiden sich allerdings bei Simens markanter Stimme: Die einen sprechen von einer gottgleichen Gabe, nach dem Motto: „Das muss man erst mal können, so gekonnt schief singen.“ Anderen rollt es angesichts der verfehlten Töne des blonden Riesen die Zehennägel hoch. Absolut überzeugte jedoch die Songauswahl der wahnsinnigen Avantgarde-Metaller. Herausragende Kompositionen vom „La Masquerade Infernale“-Album wie „The Chaos Path“ und „Alone“ fanden sich ebenso im Set wieder wie die eher „konventionellen“ Melodic Black Metal Songs des Debüts „Aspera Hiems Symfonia“ und die zahmeren Werke vom letzten Output „The Sham Mirror“. ARCTURUS machen es richtig: Erst rar machen, dann absahnen! Die Fans waren jedenfalls vollends begeistert.
Fotos: Henri Kramer