Bolt Thrower Malevolent Creation Nightrage Necrophagist

Bolt Thrower, Malevolent Creation, Nightrage, Necrophagist

Bolt ThrowerMalevolent CreationNightrage
Leipzig, Hellraiser
06.01.2006
Vorfreude ist am 6. Januar angesagt, schliesslich sollen mit Bolt Thrower, Malevolent Creation, Nightrage und Necrophagist gleich vier Bands für 14 Ocken antreten, die derzeit nicht durch Überpräsenz glänzen – also rein in den Bus und ab zum Hellraiser.
Aus der desolaten Situation des letzten Events hat man hier zumindest teilweise Konsequenzen gezogen, und so beginnt der Einlass gegen 19.30 Uhr am Seiteneingang, wo sich - nicht weiter überraschend - auch schon ein erkleckliches Häufchen angesammelt hat, welches im Verlaufe des Abends noch gehörig anschwellen sollte. Optimal ist die Türpolitik zwar noch immer nicht, aber hier wie überall gilt: Die Hoffnung stirbt zuletzt...

Musikalisch eröffnen Necrophagist den Reigen, eine Band also, die bisher weniger durch mitreissende Bühnenpräsenz, als vielmehr mit technischer Brillianz zu überzeugen wusste und daran soll sich auch am Freitag nichts ändern: Mehr oder weniger angewurzelte Musiker kredenzen verhackstückte Knotenriffs, die zwar an sich recht amüsant sind, aber ausser verschränkten Armen und angestrengten Gesichtern recht wenig Feedback vom Publikum erhoffen lassen. Dementsprechend wird in den ersten Reihen auch nur vereinzelt das Haar gelüftet - man kann durchaus feststellen, wer denn die Platten der Schwaben verinnerlicht hat – für breitere Bewegung sorgt der technische Overkill trotz ansprechend dynamischer Lightshow jedoch nicht.

Nightrage treten anschliessend an, um neben „Descent Into Chaos“ auch ihren Neuzugang Jimmie Stridell einzuführen, der seit einigen Wochen Sangeslegende Tomppa ersetzt und doch überraschend grossen Einfluss auf das musikalische Gesamtbild der schwedisch-griechischen Supergroup nimmt. Sorgte sein Vorgänger da noch für gehörige At-The-Gates-Remineszenzen, so drückt der Neue die Band stimmlich und auch optisch sehr stark in die Screamo/Core-Ecke – gerade neuere Songs wie „Being Nothing“ oder „Release“ (die schon auf Platte sehr... modern... daherkommen) wirken durch das leicht seelenlose Level-Gekreische etwas fad.
Erfrischender ist da schon das gutgelaunte Stageacting von Gus G., dem man einfach anmerkt, dass er die Bretter auch mit stilistisch anderen Bands bespielt. Wenn diese Spielfreude im Verlauf der Tour auf die anderen Musiker abfärbt, sollten sich etwas euphorischere Reaktionen einstellen – so bleibt es insgesamt ein klassischer Auftakt-Gig mit reichlich Höhen und Tiefen.

Die Knüppelschergen von Malevolent Creation sind eine dieser Bands, die man liebt oder eben nicht, live wissen die Amis aber garantiert, wie der Hase läuft, was heute mal wieder ausgiebig bewiesen wird. Die Band kommt einem ebenso ausgehungert wie das Publikum vor, was sich in der Folge auf beiden Seiten zu einer jener intensiven, energiegeladenen Shows auswächst, für welche man Clubkonzerte ja vorrangig besucht.
Angetrieben von Schlachtbatzen aller Schaffensphasen, blau-giftgrünen Strobo-Orgien und einem fast manisch agierenden Rückkehrer namens Brett Hoffman fahren die nunmehr in Legendenbesetzung antretenden Floridianer zweifellos eine ihrer besten Shows bisher und sorgen dadurch im wachsenden Pit neben abgesplitterten Zähnen vor allem für Endorphinausstoss in Grössenordnungen – die verschwitzte Meute frisst dem Bastard jedenfalls über die gesamte Distanz willig aus der Hand. Ein mehr als würdiger Co-Headliner also, den sich die britischen Panzerfahrer da eingeladen haben.

Das alles war ja schön und gut, aber nix im Vergleich zu dem Schlachtfeld, welches Birmingham's Finest im Anschluss entfesseln: Man kann sich das in etwa vorstellen, wie ein Konzert von Obituary – da kommen vergleichsweise alte Menschen auf eine extrem vernebelte Bühne, spielen ein beliebiges Riff auf ihrem Instrument und auf der Stelle verwandelt sich der Saal in einen Moshpit, der bis weit hinter die Mitte des Raumes reicht.
Hier und heute genügt jedenfalls allein der typische Bandsound, um unmissverständlich klar zu machen, wer den Groove und die Sympathie des Publikums gepachtet hat und Bolt Thrower geben sich verständlicherweise nicht die kleinste Blösse – diese monolithische Endhärte hat man oder eben nicht, da können andere Truppen noch so rödeln und tirilieren. Klar ist mittlerweile auch, dass die Briten mit dem neuen Album mal wieder einige Songs verzapft haben, die die Bezeichnung "Klassiker" verdienen und dem Legendenmaterial zu jeder Zeit das Wasser reichen können.
Nach "At first light" folgt kontinuierlich Welle für Welle, von „Entrenched“ über "Mercenary" und "When Glory Beckons", von "Those Once Loyal" bis hin zu "Cenotaph", "Powder Burns", "Warmaster" und der letzten Zugabe „...For Victory“: Unmenschlich walzende Doublebass, das eine Riff, von dem man nie genug bekommt, heiseres Gebell und die Gewissheit, dass diese Band trotz derzeitiger Technikverliebtheit noch lange nicht tot ist. Was - für - ein - Massaker.

Zum abgeschlagenen Zahn hat sich mittlerweile auch noch ein blaues Auge gesellt, die Trittsicherheit lässt mehr und mehr zu wünschen übrig und daher ist der Bus gen Heimat dann auch redlich verdient – ein besserer Jahresauftakt dürfte jedenfalls schwerlich zu finden sein...
Wer dieses Package verpasst, dem ist nicht mehr zu helfen.

Fotos: Henri Kramer

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