God Dethroned Natron Inexorable

God Dethroned, Natron, Inexorable

God DethronedInexorable
Halle, Rockstation
27.02.2006
Halle an der Saale – Freunde waren wir noch nie und werden es wohl auch nicht werden. Aber so langsam muss ich zugeben, dass sich das verträumte Städtchen mit den lustigsten Verkehrsschildern Deutschlands so langsam zu einem ernstzunehmenden Anlaufpunkt für Freunde der Stromgitarren entwickelt. Innerhalb weniger als einer Woche zwei hochkarätige Death Metal Acts einzufliegen, dafür bekommen die Organisatoren der Rockstation schon mal ein dickes Lob. Aber auch ne Ohrfeige hinterher. Was soll ich denn meinem Chiropraktiker immer erzählen?
Nunja, dem Ich-muss-alles-mitnehmen-solange-ich-dazu-noch-in-der-Lage-bin-Zwang wird einmal mehr nachgegeben und der innere Schweinehund in denselben Kerker gesperrt, wo auch schon die Vernunft und das Pflichtbewusstsein angekettet sind. Auf nach Halle.
Während meinereiner vorige Woche noch unfreiwillig Begegnung mit einem Großteil des Hallenser Straßennetzes machen durfte, war heute ausnahmsweise der öffentliche Personen-Nahverkehr an der Reihe. Nicht minder frustriert infolge der mangelnden Informationspolitik der städtischen Verkehrsbetriebe, aber dennoch überraschend flott, gelangte ich zum Ziel des heutigen Tagesausflugs, um zunächst erst einmal festzustellen, dass an diesem Rosenmontag entweder a) die hiesige Szene noch ihren Rausch vom Wochenende ausschlafen musste oder b) sie sich ohne einen anständigen Rausch noch nicht aus dem Haus traute. Kurze Panik machte sich breit, die aber innerhalb der nächsten Stunde durch die Gewissheit ersetzt wurde, dass heute wirklich ein Konzert stattfinden würde. Der Club füllte sich langsam, die Bands positionierten in der Zwischenzeit ihr Equipment an die dafür vorgesehenen Plätze und das kalte Bier wärmte die abgestandenen Füße. Irgendwann ging es dann auch mal los...

„Achtung, wir spielen noch nicht. Dies ist nur ein Soundcheck“. INEXORABLE würzten den Abend nicht unbedingt mit Vorfreude, denn üblicherweise ist dies selbst dem Laien offensichtlich. Aber zumindest mein Unterbewusstsein hatte die lokale Band irgendwo unter „Nicht-ganz-so-schlecht“ in Erinnerung, so dass die Hoffnung noch nicht vollends verloren war. Recht brachial ging es dann auch zur Sache, wobei aber von ihrem Old School Death Metal trotz angenehmer Songs nicht wirklich viel im Gedächtnis hängen blieb. Einprägsamer waren da schon die selbstironischen Statements des gutgelaunten Fronters Hellmut (Wieviel gibt’s davon mittlerweile eigentlich?) sowie die pervers engen Hosen von Gitarrist Blaui. Kleiner Tip: Waschmaschine nicht immer auf höchster Gradzahl laufen lassen, dann geht’s auch schneller beim Anziehen! Ansonsten bot das Trio, wie gesagt, ganz ordentliche Kost, aber eher aus der Fast Food Ecke. Schnell kauen, runterwürgen, sich kurze Zeit gut fühlen und wieder auskacken.

Als noch deutlich ungesünder stellten sich anschließend die italienischen Kollegen von NATRON heraus. Technisch orientierter Ami-Death Metal, bei dem, einmal der Knüppel aus dem Sack gelassen, die Suche nach Abwechslung zu einer endlosen Tortur wird, ist nicht wirklich mein Fall und wird es wohl auch nie werden. Sicher, spielen konnten sie, der Sänger gab sich ordentlich Mühe, möglichst durchgeknallt zu wirken und der Sound knallte auch ganz ordentlich. Aber was habe ich davon, wenn sich absolut jeder Song gleich anhört? Hätte ich an dem Abend für jede vorhergesagte Doublebass-Attacke ’nen Euro bekommen, wäre der nächste Urlaub gesichert gewesen. Fürs kurze Abschädeln ganz nett, aber auf Dauer nur ertragbar durch luftige Ausflüge zum Herrenklo.

Keine Kinder von Traurigkeit sind auch unsere holländischen Nachbarn von GOD DETHRONED. Ihre Songs glänzen ebenfalls nicht durch Zurückhaltung und das geplagte Schlagzeug könnte so einiges von aufgeplatzten Nähten und Hautabschürfungen erzählen. Aber im Gegensatz zu ihren Vorgängern haben deren Songs eine eigene Identität. Trotz oft eingesetzter Brachialattacken enthält fast jedes Stück mindestens einen einzelnen unverwechselbaren Part, der zudem auch meist noch extrem nackenfreundlich ausfällt. Diese schon fast schizophrene Zweiteilung ist und bleibt charakteristisch für die entthronten Götter, die verständlicherweise damit die anwesende Meute auch zu vergleichsweise heftigen Reaktionen antreiben konnten. Tolle Melodien, schicke Riffs, nette Soli, krasses Geböller – Hier schwebt Abwechslung in der Luft, die das eigene Zeitgefühl in den Hintergrund zu verdrängen vermag. So weit sogar, dass der öffentliche Personen-Nahverkehr bereits seinen Feierabend eingeläutet hatte. Was aber unter anderen Umständen verzweifelte Hilfeschreie hervorgerufen hätte, wird durch die überraschende Hallenser Gastfreundschaft wieder ausgeglichen. Nunja, vielleicht werden wir ja doch noch Freunde, wir beiden.

Bildergalerie

-