Ragnarök Festival III

Ragnarök Festival III

EquilibriumKorpiklaaniMenhirMoonsorrowNomans LandOdroerirOrlogPrimordialRigerSkyforgerTurisasXIV Dark Centuries
Lichtenfels, Stadthalle
07.04.2006
(Bilder von Kristin Tafferner)

Nachdem das zweite RAGNARÖK-Festival organisatorisch alles andere als optimal abgelaufen ist und die Halle in Hollfeld deutlich zu klein war, sollte die dritte Auflage Deutschlands erstes Pagan Metal-Festivals nun in der Stadthalle Lichtenfels über die Bühne gehen. Die Kreisstadt (LIF) liegt nördlich von Bamberg, unweit von Thüringen und der markanten Erhebung „Menosgada“, welcher unter anderem von ODROERIR besungen wird.

Die erwähnte Halle erwies sich als gute Wahl, groß und geräumig und von einer schönen Holzkonstruktion getragen war diese Örtlichkeit angenehm und bot Platz für 3000 Besucher. Die Bühne befand sich dabei mittig an der langen Seite der Halle, oppositioniert von einer zentralen Misch- und Lichtstation sowie einer großen, höher gelegenen Galerie mit ungefähr 400 Sitzplätzen. Letztere bot eine ausgezeichnete Möglichkeit, sich auch einmal hinzusetzen und dennoch gut den Bands zuschauen zu können. Was natürlich auch für die Gruppen vorteilhaft war, so blieb auch Publikum, welches nicht unbedingt an der gerade spielenden Formation interessiert war, dennoch in deren optischen und akustischen Einflussbereich.

Komplettiert wurde die Szenerie durch verschiedene Verkaufs- und zwei Magazinstände im Eingangsbereich sowie mehrere Getränke- und eine Essensausgabe in der Halle. Trotz nicht vorhandener Campingmöglichkeiten verwandelte sich der Hallenparkplatz in eine Art Festivalgelände – wobei auch von den beiden angebotenen Schlafhallen sowie den örtlichen Pensionen und Hotels Gebrauch gemacht wurde.

Da SYCRONOMICA ohne ihren erkälteten Schlagzeuger kommen mussten, begann der Cover-Eröffner VARG später, welchen ich aus zeitlichen Gründen aber nicht gesehen habe, sowie die anschließenden GERNOTSHAGEN noch teilweise, was eigentlich schade war. Denn der Sechser aus Trusetal präsentierte Black Metal melodischerer Gangart mit düsteren und einigen paganistischen Anleihen. Dem schienen auch die Zuschauer mit Wohlwollen gegenüberzustehen, denn nicht nur in Anbetracht der frühen Spielzeit wohnten recht viele dem Auftritt bei und attestierten ihn auch mit entsprechender Zustimmung. Die musikalische Variaton aus Black und Pagan Metal hatte durchaus ihr eigenes und erfüllte druckvoll und mit gutem Klang die Halle. Abgeschlossen wurde dieser Einstand durch das Stück „Einherjer“.

Weiter ging es mit den bereits oben erwähnten ODROERIR, welche den vielleicht – von der folkloristisch-paganistischen Seite gesehen – authentischsten Auftritt ablieferten. Die Thüringer traten wie immer in altgermanischer Gewandung auf und besangen allerlei Sagentum. Dabei sorgten sowohl die locker-folkige, nette und warme Spielweise mit vielen akustischen Schwerpunkten für einen historischen Hauch. Gerade die Flöten-, Akustikgitarren- und klaren Gesangspassagen trugen dazu ihren Teil bei. So durfte auch das gesellige und urige „Iring“ mit seinen erhabenen Chören nicht fehlen. Auch Natalies Konzertpermiere als Sängern gelang perfekt.

Schon erstaunlich, dass EQUILIBIRUM bereits beim Abstimmen mit Applaus beschenkt wurden. Dass sich die bayrische Band seit einiger Zeit im Steilaufstieg befindet dürfte weithin bekannt sein, eigentlich kann man schon von einer Art „Hype“ sprechen. Denn der Fünfer vermag mit seinem simplen, powerchordlastigen Folk/Viking Metal live immer noch einige mitzureißen. Die Meinung darüber gehen natürlich auseinander, doch trotz allen Drucks ist die Musik einfach gestrickt und eher oberflächlich gehalten. Auch die obligatorischen Keyboards vom Band vermochten dies allerhöchstens zu „verschlimmbessern“.

Musikalisch hochwertiger wurde es dann schon bei KORPIKLAANI. Die Finnen als die neuen Finntroll abzutun würde ihnen keineswegs gerecht werden, schon allein, weil KORPIKLAANI mit echter Geige und Akkordeon auf der Bühne stehen, welche eine tragende Rolle bei den Melodien spielen. Doch um Fintroll ist es recht still geworden und deren Landsmänner konnten auf dem Ragnarök mit ihrer stimmungsmäßig ähnlichen Musik wieder abräumen. Folkig, episch und durchweg fröhlich stellen sich die Lieder einmal mehr als „Schunkel- und Trinkmusik“ heraus.
Sowohl Stücke mit und solche ohne Gesang hatte man im Repertoire und beide vermochten zu begeistern und einem immer wieder ein gut gelauntes Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Im Prinzip könnte man KORPIKLAANI anstatt als folkloristische Metal- fast als metallische Folklore-Band bezeichnen – prägnant und herausstechend war der Auftritt mit seinen vertonten Folkweisen auf jeden Fall.

Zu PRIMORDIAL möchte ich nicht allzu viele Worte verlieren, zumal ich deren Auftritt nicht vollständig gesehen habe. An dieser Band scheiden sich ja bekanntlich die Geister. Die einen halten die Musik der Iren für substanz- und stimmungslos, die anderen bescheinigen den Klängen ihr eigenes. Ich zähle mich zur ersten Gruppe und kann mit den strukturlosen Riffs sowie dem seltsamen Gesang nichts anfangen. Doch in der von mir beigewohnten Zeit schienen PRIMORDIAL zumindest ihre begeisterten Hörer zufriedenzustellen.

Den Abschluss als Freitags-Hauptgruppe sollten dann MOONSORROW machen. Wer die Finnen von CD kennt, wird sich vorstellen können, wie schwer es ist, die Epen auf Konzerte zu übertragen. Verglichen mit „normalen“ Liedern gestaltete es sich schon als etwas anspruchsvoller die schwermütige und getragene, aber doch so heftige Musik wirkungsvoll herüberzubringen. Da ich nicht alle Stücke kenne, fiel mir bei den zwei mir unbekannten Stücken auf, dass es relativ schwer ist, diese nachzuvollziehen, wenn man sie nicht schon „im Ohr“ hat. Als scheinbar strukturlos dürften die mehrminütigen Epen wohl auf den einen oder anderen gewirkt haben, auch die fehlenden Instrumente wie Akustikgitarre und Maultrommel waren da nicht förderlich. Dafür steuerte bei den Chören sogar der Schlagzeuger seinen Teil bei.
All dies darf jedoch nicht als negative Kritik verstanden werden. Denn wenn man sich der Musik hingab, konnte man richtig in den eigenständigen Klangwelten der epischen Pagan Metaller versinken. Und um zehn nach zwei sollte der erste Tag mit der wunderschönen, Ausleitung des vertonten traditionellen Folklore-Stückes „Matkan Lopussa“ von „Kivenkantaja“ zu Ende sein, welche zwar vom Band kam (Chor, Akkordeon und Frauengesang wären hier sowieso nicht realisierbar gewesen), aber passend war.

Nach einem erholsamen Schlaf gefolgt von Dusche und stärkendem Frühstück im Hotel konnte der Samstag kommen. Diesen leiteten die deutschen ORLOG eindrucksvoll ein. Die erst recht kurz existente deutsche Truppe konnte auch zu dieser frühen Tageszeit mit ihrem stellenweise an Setherial- und Emperor-Glanzzeiten erinnernten Black Metal überzeugen. Dabei muss vor allem erwähnt werden, dass sich die Musik live noch besser als auf dem aktuellen Album „Reinigende Feuer“ anhörte, unter anderem aufgrund der besser zur Geltung kommenden Melodien. Die deutschsprachigen Texte fügten sich sehr gut zur Musik und Sänger Wolfram konnte mein seinem rauen, kalten und vollen Gesang für gute Atmosphäre sorgen. Ärgerlich war nur die häufige Rückkopplung des Mikrofons, sobald es in Richtung der Monitorboxen gesenkt wurde. Aber das ist auf der Bühne halt nicht zu hören.

Nicht gesehen habe ich die folgenden THRUDVANGAR und FALLEN YGGDRASIL. Somit ging es mit CREATURE als zweite Schwarzmetall-Formation des Tages weiter, welche sich ganz klassisch mit Schminke, Nieten und Patronengurten gaben. Die Musik klang auch passend rau und kalt, jedoch auch stumpf und dahinrumpelnd. Von Groove oder Druck war dabei ebensowenig zu spüren wie von eventueller Frostig- oder Stürmigkeit.

Als weiterer Stimmungsmacher erwiesen sich dann XIV DARK CENTURIES, welche bereits vergangenes Jahr auf dem Ragnarök überzeugen konnten. Dabei konzentrierten sich die Thüringer vor allem auf Material von der neuen EP „Jul“, vom „Den Ahnen zum Gruße“-Album gab es nur zwei Stücke zu hören. Durchweg tanzbar und dennoch stürmisch erhielten XIV DARK CENTURIES viel Zuspruch und Applaus. Vor allem in den vorderen Reihen vermochten sich immer mehr Köpfe zu den paganmetallischen Klängen zu bewegen, doch auch auf der Galerie waren stellenweise kreisende Häupter zu beobachten. Somit war es auf jeden Fall gerecht, dass zum Abschluss noch eine Zugabe drin war.

Nur am Rande und teilweise wurde mir der Auftritt NOMANS LAND zuteil. Die Russen stießen jedoch auf ähnlich große Resonanz wie XIV DARK CENTURIES und klangen um einiges besser als auf CD, Energie und Druck kamen hier viel besser rüber. Insgesamt schienen sie mit ihrem Viking Metal keinen Fehler zu machen.

Ebenfalls zum Teil verpasst habe ich SKYFORGER, was ich im Nachhinein doch sehr bedauere. Mir bisher nur namentlich und von Hörproben ein Begriff, konnte man den Letten für ihren Auftritt nur Respekt und Begeisterung entgegenbringen. Von traditionellen Zupfinstrumenten und Flöte sehr authentisch unterstützt musizierten die Osteuropäer alles andere als oberflächlich und schafften richtig intensive Klangwelten.
Dass diese Meinung von vielen geteilt wurde, bewies der weitreichende Applaus, welcher beinahe die gesamte Halle inklusive Galerie umfasste. Davon schien nicht zuletzt die Band selbst erstaunt und gerührt zu sein, was sie auch in ihrem Forum im Nachhinein nochmals verlauten lies. Den Abschluss bildete ein schönes Folklorestück, welches nur mit Klargesang und Flöte auskommend einmal mehr SKYFORGERs Können unter Beweis stellte.

Von ihren typischen Konzertaccesoires mit Holzstatue, Rüstungen, Schilden und Schwertern flankiert betraten MEHIR als dritte Band im Bunde mit den befreundenten ODROERIR und XIV DARK CENTURIES in altertümlicher Kleidung die Bühne. Mit ihrer schnellen, schwarzmetallisch angehauchten Variante des Pagan Metals konnten die Thüringer viele Zuschauer begeistern, es war sogar noch eine Steigerung zu SKYFORGER festzustellen.
Voller Bombast liesen MENHIR ihre mal rau, mal klar besungenen Hymnen druckvoll und stürmisch durch die Halle fegen, vergaßen dabei aber nicht das Quentchen urig-dunkle Atmosphäre. Somit gab es auch hier eine Möglichkeit für eine Zugabe, welche das viel mit-besungene „Ziuwari“ bildetet.

Als Hauptformation des Samstags und des Ragnarök ansich sollte es nun Zeit für TURISAS sein. Diese sollten eigentlich erst um zwei Uhr spielen, doch aufgrund unterschiedlicher Komplikationen, auf welche ich später noch genauer eingehen werde, wurde der Auftritt vorgezogen. Mit bunter Kriegsbemalung, Blut und Fellen verziert boten die Finnen Lieder ihres aktuellen Albums „Battle Metal“ dar, unter anderem das Titelstück, „Messenger“ und „Fight & Conquer“. Diese konnten auch weitgehend überzeugen und dass Geige und Akkordeon fest mit eingebunden sind, kann eigentlich nur für gut geheißen werden.
Sehr sauer aufgeschlagen ist mir aber die Gestaltung des Auftritts. Denn TURISAS verbrachten ein Drittel, wenn nicht gar die Hälfte der Zeit mit verschiedenen Musik- und Publikumsspielchen. Das erstreckte sich von SLAYERs „Reign in Blood“ auf dem Akkordeon über ein Geigensolo bis zur eigenen Interpretation des „Bonanza“-Serien-Themas, der Europahymne und verschiedenen alten Popliedern – auch ein Lambada-Versatz wurde mit eingebaut. Dabei stieg – für manche – wohl der Spaß- und Unterhaltungsfaktor, aber dadurch ging so ziemlich jegliche Ernsthaftigkeit der Musik verloren und die epische Hymnenhaftigkeit der Stücke blieb auf der Strecke.

Aus Frankfurt an der Oder angereist waren RIGER, welche ihren mit Grunz-Passagen und tiefen Riffs todesmetallischen angehauchten und geradlinigen Pagan Metal darboten. Dunkel und boshaft kam die Musik recht authentisch und sehr druckvoll rüber. Dabei gaben sich RIGER mit Powerchord-Riffs und einiges an Doublebass eher simpel, setzten das Ganze aber effektiv um. Dem tat auch der kräftige und markante deutschsprachige Gesang sein Übriges.

Schlußendlich kann man das Festival also mit Erfolg bedenken, im Vergleich zum Vorjahr haben sich vor allem die Örtlichkeit und insbesondere die Organisation stark verbessert. Auch das Klangbild war durchweg wirklich gut, hier muss der Misch-Abteilung ein Lob ausgesprochen werden, auch wenn diese am Samstag um einiges zu spät eintrudelte und die Aufschiebungen so mit bedingte.

Doch natürlich gibt es auch Kritikpunkte, welche sich aber nur teilweise auf den Veranstalter beziehen. Da wäre zum einen die Verzögerungen und Umstellungen bei der Spielfolge. Gab es am Freitag bereits zeitliche Aufschiebungen, lief hier noch alles relativ reibungslos ab. Am Samstag kam ebenfalls zu Verzögerungen, jedoch zog sich am Ende alles soweit hinaus, dass BLACK MESSIAH aufgrund der Sperrstunde ihren Auftritt nicht mehr wahrnehmen konnten. Im Laufe des Tages stellte sich heraus, dass TURISAS mit BLACK MESSIAH die Position tauschen wollten – weshalb, ist nicht ganz klar, von allen Seiten gibt es unterschiedliche Stellungnahmen.
TURISAS reden von chaotischer Organisation und ihrem Heimflug, den sie sonst verpasst hätten, der Veranstalter meint, als Hauptband wollten TURISAS einfach zu einem früheren Zeitpunkt spielen, um eine günstigere Position zu haben. Außerdem wären sie sich noch um sieben Uhr am nächsten Morgen da gewesen und es hätte somit keinen Flug um sechs Uhr zu verpassen gegeben.
Weiterhin gab es auf dem Gelände keine Müllbehälter, weder Säcke noch Container waren zu sehen. Dies hatte zur Folge, dass viel Abfall einfach so liegen blieb – womit wir schon beim nächsten Punkt wären, der sich nun aber auf die Besucher bezieht. Muss es sein, dass man seinen Müll einfach in die Landschaft wirft? Muss man aus lauter „Coolness“ jede herumliege Flasche mit Gewalt zertreten und durch die Gegend kicken? Muss man im Vollsuff einen Einkaufswagen im Fluß versenken? Mit dem – anscheinend recht oberflächlich – viel gepriesenen Paganismus und Naturverbundenheit hatte das Ganze jedenfalls nicht mehr viel zu tun.
Man sollte beachten, dass es sich hier zu einem nicht zu unterschätzenden Teil – leider – wieder nur um eine Ansammlung von prolligen Suffköpfen handelte, wie das auf solchen Festivals eben meistens der Fall ist. Im Nachhinein wurden mehrere kritische Stimmung in dieser Richtung laut, weshalb man nur an besagte Personen appellieren kann, mal ihren Kopf einzuschalten.

Nichtsdestotrotz kann man auf eine gelungene Fortsetzung des RAGNARÖK-Festivals im nächsten Jahr hoffen und die dritte Ausgabe wird mit den guten Auftritten weitgehend positiv in Erinnerung bleiben.

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