Primordial Moonsorrow Mourning Beloveth Gardens Of Gehenna
Primordial, Moonsorrow, Mourning Beloveth, Gardens Of Gehenna
Engelsdorf, Hellraiser
16.04.2006
16.04.2006
Ostersonntag gilt ja gemeinhin als einer der höchsten christlichen Feiertage, was kann es also für den Abendländer besseres geben, als an einem solchen Datum einen Club namens Hellraiser aufzusuchen, um dort zusammen mit Primordial, Moonsorrow, Mourning Beloveth und Gardens Of Gehenna ein wenig in alten Zeiten ferner Länder zu schwelgen? Richtig, eigentlich nichts. Zumal sich auch die “partners in crime” von Powermetal.de angekündigt haben, was der Leipziger Hobbykreativszene zu einer geballten Ladung Rüsselsheimer Braukunst sowie austrischem Charme verhelfen sollte.
Musikalisch eröffnen indes Gardens Of Gehenna den Reigen und was sich in den folgenden etwa 40 Minuten vor Auge und Ohr entfaltet, ist eine – gelinde gesagt – gewöhnungsbedürftige Melange aus Type 0, NDH und Manowar. Simple Brachialriffs, elektronische Elemente aus der Konserve, dazu ein Schlagzeugspiel, das trotz gewisser Finessen immer etwas zu einfallslos daherkommt, um der Musik ein andeutungsweise grooviges Fundament zu zimmern. Letzteres ist jedoch insofern nicht weiter schlimm, als dass sich der songwriterische Ansatz der Band in Sphären bewegt, die man im weiteren Metalbereich heute ganz sicher nicht mehr anbieten muss – hier stehen die Tore zum Proberaum desöfteren arg weit offen.
Der Hammer ist zudem die Gesamtpräsenz des Dreiers: Während vom Drummer ausser gelegentlichen Ansagen nicht viel zu sehen ist, hat der Sänger anscheinend ziemlich viele Pete-Steele-Videos geschaut und sich daher entschlossen, das Mikro auf Bauchnabelhöhe zu fixieren – so nämlich kann man den Kopf immer etwas schräg nach unten verdrehen, um den klassischen Pete-0-Matic-Schmachtblick mit Werwolfappeal in die Massen zu feuern. Das in solchen Fällen unverzichtbare Charisma geht dem heutigen Fronter (der zudem ausser den Lyrics nichts zu sagen hat) allerdings vollkommen ab, und so bleibt schliesslich ein Mann, der sich beim Singen seltsam den Kopf verdreht.
Ähnlich Skurriles erwartet uns am Bass, denn hier steht der lebende Beweis: Joey DeMaio hat eine Schwester. Die gleiche Klamotte, das gleiche “ich heb meinen Bass in die Luft und lass ihn mal dröhnen”-Gehabe, die gleiche hüftsteife Performance und pseudoböse Mimik, die schon den Altmeister in unzähligen Erinnerungen verankert hat – nur eben von einer Frau. Ebenjene weiss sich dann durch ihre Ansagen endgültig in der Männerwelt zu profilieren: “Das nächste Lied handelt von einem dieser Tage, an denen einfach alles passt – du wachst auf, keine Kippen mehr, kein Bier, und zu allem Überfluss riechst du auch noch aus dem Schritt...” - Örks, na danke auch.
Meiner bescheidenen Meinung nach eine musikalisch und vom Auftreten her vollkommen entbehrliche Band, zumal der Rest des Billings für ganz andere ästhetische Qualitäten steht.
Das zeigen direkt im Anschluss Mourning Beloveth, die sich dem Vernehmen nach mit ihrem letzten Eisen endgültig aus dem Schatten britischer Überväter befreien konnten und heute eine hochklassige Show auf die Bretter legen.
Das Fundament der durchweg überlangen Stücke sind nervenzerreibend langsame Doomriffs in bester Inseltradition (sei es irisch oder britisch) nebst tiefen Growls, und die moderat agile Band versteht es vorzüglich, den Hörer zappeln zu lassen, bis fast nichts mehr geht – um ihn dann mit schleppenden Midtempo-Passagen oder astreinem, klagenden bis beschwörenden Klargesang von Gitarrist Frank tiefer in einen düsteren Mahlstrom zu ziehen. Zum Verschnaufen gibt es hier und da auch immer wieder filigranere Akzente, um die aufmerksamen Zuhörer zu belohnen.
Das sagt zwar nicht allzu vielen der Anwesenden zu, allerdings ist der Graben zwischen Bühne und Publikum endlich geschlossen und die ersten vier Reihen haben (so komisch das klingt) ihren Spass. In dieser Musik kann und muss man eben versinken; der distanzierte Beobachter wird Mourning Beloveth jedenfalls kaum etwas abgewinnen können.
Fast kathartisch kommt in diesem Umfeld dann der Abschlusstrack daher, welcher aus heiterem Himmel plötzlich mörderisch aggressiv das Tempo anzieht und so für einen gelungenen und befreienden Schlusspunkt sorgt. Die Zugaberufe sind für die fünf sympathisch auftretenden Iren jedenfalls mehr als verdient.
Moonsorrow sind den Publikumsreaktionen zufolge der heimliche Headliner dieses Abends, zumindest finden sich nahezu alle der etwa 150 Anwesenden vor den Brettern ein, um den heroischen Finnen beizuwohnen. Und die legen mit “Tyven”/”Sankarihauta” vom Debütalbum auch gleich mal einen echten Traumstart hin, bevor man sich neueren Sachen zuwendet. Leider springt selbst bei dieser extrem feiertauglichen und gleichzeitig pathetischen Vollbedienung der Funke nicht recht zum Publikum über, so dass ein Grossteil der Aufgerückten tagesbedingt den Osterhasen macht, statt die Sau raus zu lassen. Schade drum, zumal später mit z.B. “Kylän Päsää” und “'Pimeä” weitere Granaten ihren Weg ins Set finden.
Soundtechnisch gibt's wie schon bei MB nix zu beanstanden: Zumindest vor der Bühne sind alle Instrumente gut zu hören und das Ganze spielt sich auch in einer geradezu idealen Lautstärke ab. Dass hier und da das Keyboard etwas untergeht, ist bei den mitreissenden Songs dann eher nebensächlich.
Seltsames ereignet sich nach dem Ende des regulären Sets: All die Leute, die sich vorher im hinteren Teil des Raumes um die Wette die Beine in den Bauch gestanden haben, fordern nach etwas Anlaufzeit lauthals Zugaben und man wundert sich doch ein wenig, warum sie ihre heiss geliebte Musik nicht schon während des Gigs so lautstark unterstützt haben. Das mittlerweile flächendeckende Phänomen des coolen Rumstehens scheint nun also endgültig auch bei den Lieblingsbands angekommen zu sein...
Das bekommen auch Primordial zu spüren, die mit Mael Mórdha's Gery Clince an der Gitarre antreten, da der etatmässige Saitenking Ciaran die Tour nach dem Konzert in Ludwigsburg in Richtung Heimat verlassen hat. Das heiss erwartete “Dark Song” hat er leider auch mitgenommen, doch Ersatzbefriedigung erfolgt (zumindest in meinem Fall) stante pede durch T-Shirt-Erwerb - die neue Couture de Primordial sieht nämlich einfach nur noch geil aus.
Mit “The Golden Spiral” steigen die Iren um A.A. Nemtheanga (heute verdammt nüchtern) anschliessend in einen Set ein, der zumindest für meinen Geschmack ein paar Füller parat hält – neben erwähntem Opener ist vor allem “The Soul Must Sleep” ein Song, den man nicht unbedingt als Livegranate bezeichnen kann. Dafür prügelt “Song Of The Tomb” noch immer Köpfe nach unten, während “Coffin Ships”, “The Gathering Wilderness” und auch der seltene Gast “Bitter Harvest” vom 98er Album “A Journey's End” blanke Verzweiflung versprühen, die im wutentbrannten “To Enter Pagan” schliesslich ihren finalen Ausbruch findet.
Insgesamt – auch aufgrund des teils schwankenden, “unepischen” Sounds - nicht der überragendste Auftritt der Pagangötter, allerdings ist dies auch der letzte Tag der Tour, was Alan's Stimme vor allem in höheren Lagen bisweilen anzumerken ist. Vielleicht lag's aber auch nur daran, dass er sich vor Konzertbeginn nicht nochmal mit seinem Freund Jim Beam kurzgeschlossen hat...
Ansonsten kann man über die nun vollendete Tour nichts Schlechtes sagen: Wenn man bei der hoffentlich anstehenden Zweitauflage dann noch Thyrfing mit ins Boot holt und nicht gerade das Osterfest als Termin anpeilt (da sind viele Metaller zu Hause bei Mutti), sollte einem weiteren Erfolg nichts im Wege stehen.
Fotos: Henri "Metal" Kramer
Musikalisch eröffnen indes Gardens Of Gehenna den Reigen und was sich in den folgenden etwa 40 Minuten vor Auge und Ohr entfaltet, ist eine – gelinde gesagt – gewöhnungsbedürftige Melange aus Type 0, NDH und Manowar. Simple Brachialriffs, elektronische Elemente aus der Konserve, dazu ein Schlagzeugspiel, das trotz gewisser Finessen immer etwas zu einfallslos daherkommt, um der Musik ein andeutungsweise grooviges Fundament zu zimmern. Letzteres ist jedoch insofern nicht weiter schlimm, als dass sich der songwriterische Ansatz der Band in Sphären bewegt, die man im weiteren Metalbereich heute ganz sicher nicht mehr anbieten muss – hier stehen die Tore zum Proberaum desöfteren arg weit offen.
Der Hammer ist zudem die Gesamtpräsenz des Dreiers: Während vom Drummer ausser gelegentlichen Ansagen nicht viel zu sehen ist, hat der Sänger anscheinend ziemlich viele Pete-Steele-Videos geschaut und sich daher entschlossen, das Mikro auf Bauchnabelhöhe zu fixieren – so nämlich kann man den Kopf immer etwas schräg nach unten verdrehen, um den klassischen Pete-0-Matic-Schmachtblick mit Werwolfappeal in die Massen zu feuern. Das in solchen Fällen unverzichtbare Charisma geht dem heutigen Fronter (der zudem ausser den Lyrics nichts zu sagen hat) allerdings vollkommen ab, und so bleibt schliesslich ein Mann, der sich beim Singen seltsam den Kopf verdreht.
Ähnlich Skurriles erwartet uns am Bass, denn hier steht der lebende Beweis: Joey DeMaio hat eine Schwester. Die gleiche Klamotte, das gleiche “ich heb meinen Bass in die Luft und lass ihn mal dröhnen”-Gehabe, die gleiche hüftsteife Performance und pseudoböse Mimik, die schon den Altmeister in unzähligen Erinnerungen verankert hat – nur eben von einer Frau. Ebenjene weiss sich dann durch ihre Ansagen endgültig in der Männerwelt zu profilieren: “Das nächste Lied handelt von einem dieser Tage, an denen einfach alles passt – du wachst auf, keine Kippen mehr, kein Bier, und zu allem Überfluss riechst du auch noch aus dem Schritt...” - Örks, na danke auch.
Meiner bescheidenen Meinung nach eine musikalisch und vom Auftreten her vollkommen entbehrliche Band, zumal der Rest des Billings für ganz andere ästhetische Qualitäten steht.
Das zeigen direkt im Anschluss Mourning Beloveth, die sich dem Vernehmen nach mit ihrem letzten Eisen endgültig aus dem Schatten britischer Überväter befreien konnten und heute eine hochklassige Show auf die Bretter legen.
Das Fundament der durchweg überlangen Stücke sind nervenzerreibend langsame Doomriffs in bester Inseltradition (sei es irisch oder britisch) nebst tiefen Growls, und die moderat agile Band versteht es vorzüglich, den Hörer zappeln zu lassen, bis fast nichts mehr geht – um ihn dann mit schleppenden Midtempo-Passagen oder astreinem, klagenden bis beschwörenden Klargesang von Gitarrist Frank tiefer in einen düsteren Mahlstrom zu ziehen. Zum Verschnaufen gibt es hier und da auch immer wieder filigranere Akzente, um die aufmerksamen Zuhörer zu belohnen.
Das sagt zwar nicht allzu vielen der Anwesenden zu, allerdings ist der Graben zwischen Bühne und Publikum endlich geschlossen und die ersten vier Reihen haben (so komisch das klingt) ihren Spass. In dieser Musik kann und muss man eben versinken; der distanzierte Beobachter wird Mourning Beloveth jedenfalls kaum etwas abgewinnen können.
Fast kathartisch kommt in diesem Umfeld dann der Abschlusstrack daher, welcher aus heiterem Himmel plötzlich mörderisch aggressiv das Tempo anzieht und so für einen gelungenen und befreienden Schlusspunkt sorgt. Die Zugaberufe sind für die fünf sympathisch auftretenden Iren jedenfalls mehr als verdient.
Moonsorrow sind den Publikumsreaktionen zufolge der heimliche Headliner dieses Abends, zumindest finden sich nahezu alle der etwa 150 Anwesenden vor den Brettern ein, um den heroischen Finnen beizuwohnen. Und die legen mit “Tyven”/”Sankarihauta” vom Debütalbum auch gleich mal einen echten Traumstart hin, bevor man sich neueren Sachen zuwendet. Leider springt selbst bei dieser extrem feiertauglichen und gleichzeitig pathetischen Vollbedienung der Funke nicht recht zum Publikum über, so dass ein Grossteil der Aufgerückten tagesbedingt den Osterhasen macht, statt die Sau raus zu lassen. Schade drum, zumal später mit z.B. “Kylän Päsää” und “'Pimeä” weitere Granaten ihren Weg ins Set finden.
Soundtechnisch gibt's wie schon bei MB nix zu beanstanden: Zumindest vor der Bühne sind alle Instrumente gut zu hören und das Ganze spielt sich auch in einer geradezu idealen Lautstärke ab. Dass hier und da das Keyboard etwas untergeht, ist bei den mitreissenden Songs dann eher nebensächlich.
Seltsames ereignet sich nach dem Ende des regulären Sets: All die Leute, die sich vorher im hinteren Teil des Raumes um die Wette die Beine in den Bauch gestanden haben, fordern nach etwas Anlaufzeit lauthals Zugaben und man wundert sich doch ein wenig, warum sie ihre heiss geliebte Musik nicht schon während des Gigs so lautstark unterstützt haben. Das mittlerweile flächendeckende Phänomen des coolen Rumstehens scheint nun also endgültig auch bei den Lieblingsbands angekommen zu sein...
Das bekommen auch Primordial zu spüren, die mit Mael Mórdha's Gery Clince an der Gitarre antreten, da der etatmässige Saitenking Ciaran die Tour nach dem Konzert in Ludwigsburg in Richtung Heimat verlassen hat. Das heiss erwartete “Dark Song” hat er leider auch mitgenommen, doch Ersatzbefriedigung erfolgt (zumindest in meinem Fall) stante pede durch T-Shirt-Erwerb - die neue Couture de Primordial sieht nämlich einfach nur noch geil aus.
Mit “The Golden Spiral” steigen die Iren um A.A. Nemtheanga (heute verdammt nüchtern) anschliessend in einen Set ein, der zumindest für meinen Geschmack ein paar Füller parat hält – neben erwähntem Opener ist vor allem “The Soul Must Sleep” ein Song, den man nicht unbedingt als Livegranate bezeichnen kann. Dafür prügelt “Song Of The Tomb” noch immer Köpfe nach unten, während “Coffin Ships”, “The Gathering Wilderness” und auch der seltene Gast “Bitter Harvest” vom 98er Album “A Journey's End” blanke Verzweiflung versprühen, die im wutentbrannten “To Enter Pagan” schliesslich ihren finalen Ausbruch findet.
Insgesamt – auch aufgrund des teils schwankenden, “unepischen” Sounds - nicht der überragendste Auftritt der Pagangötter, allerdings ist dies auch der letzte Tag der Tour, was Alan's Stimme vor allem in höheren Lagen bisweilen anzumerken ist. Vielleicht lag's aber auch nur daran, dass er sich vor Konzertbeginn nicht nochmal mit seinem Freund Jim Beam kurzgeschlossen hat...
Ansonsten kann man über die nun vollendete Tour nichts Schlechtes sagen: Wenn man bei der hoffentlich anstehenden Zweitauflage dann noch Thyrfing mit ins Boot holt und nicht gerade das Osterfest als Termin anpeilt (da sind viele Metaller zu Hause bei Mutti), sollte einem weiteren Erfolg nichts im Wege stehen.
Fotos: Henri "Metal" Kramer