Purgatory Retarded Noise Squad Dam Spitout

Purgatory, Retarded Noise Squad, Dam, Spitout

DamPurgatoryRetarded Noise Squad
Oschatz, E-Werk
29.04.2006
Junge Junge, wer hätte gedacht, dass das Aufklärungsgeschwader der Blutkammer jemals seinen Fuss in die Nähe einer Landesgartenschau setzen würde – überall grünt und blüht es, eine fünfköpfige Finkenfamilie zwitschert neckische Pirouetten und überhaupt weiss der liebe Gott an diesem Samstagabend in Oschatz scheinbar nicht einmal annähernd, wohin mit dem ganzen himmlischen Glanz. Aber wie Grossmutter schon wusste: Wo Licht ist...

3 Stunden später, es ist 21 Uhr, und im örtlichen E-Werk finden sich die ersten Lodenträger ein, um den für läppische 5 Euro aufspielenden Bands des Abends ihre Aufwartung zu machen. Die Location ist angenehm kuschelig, das Bier kommt standesgemäss aus der Flasche, sodass man sich gemächlich auf den Riesaer Opener Spitout – nein, das ist kein französisch – vorbereiten kann, der dann auch samt evil Ziegenbock (mit roten Blinkaugen und Rauch aus der Nase!) die Bühne entert.
Die 4 Jungs sind scheinbar noch nicht allzu lange zusammen, was zumindest beim Sänger für einige Nervosität gut ist, während der mit rastabewehrter Kappe ausgestattete Bassist ziemlich abgeht und spätestens mit seinem eingeschobenen Solo durchaus den ein oder anderen Kinderwunsch im Publikum weckt – gleichermassen von Frau und Mann.
Musikalisch könnte man die dargebotene Melange als recht simpel durch die Botanik grindenden Thrashcore bezeichnen – soweit alles ganz OK, aber technisch zuweilen arg an der Grenze und in etwa so tight wie 'ne Hopperhose. Wenigstens gibt es nun endlich einen Song darüber, wie es ist, wenn man als Kind schon scheisse war...

Die Briten von Dam sind nach nervigen 30 Minuten Soundcheck (die im Übrigen nach jedem Act fällig sein werden) dann schon ein etwas anderes Kaliber – es gibt breaklastiges, rhythmisch zunächst ungewohntes Breitwandgeballer, das vor allem durch den zwar schmalen, aber stinkewütenden Kreischwürfel (The Great Deceiver plus etwas Klargesang lassen grüssen...) und einen versierten Trommelknecht aus Koks'n'Kolumbien beeindruckt. Während Letzterer die mittlerweile getriggerte Schiessbude fachgerecht zerlegt, werden vorne neben deftigen Riffgewittern auch immer wieder melodische Versatzstücke kredenzt, die zwar aufgrund des nicht komplett satten Sounds etwas schwieriger nachzuvollziehen sind, aber durchaus Lust auf die Konserve machen. Im Groben eine eigenwillige Mischung aus durchstrukturiertem At-The-Gates-Material, psychotischen Carcass und einer Prise unvorhersehbarem Core (ja ja, das ist ein Paradox...).
Wenig Lust hat indessen das verehrte Publikum, welches einem – wie man hörte - lokalen Phänomen frönt: dem sagenumwobenen Oschatzer Halbkreis. Heisst im Grunde nichts anderes, als dass man sich in entspannter, wahlweise auch desinteressierter Pose halbkreisförmig um die Fläche postiert, die normalerweise einen Moshpit beherbergt. Klingt scheisse, aber Tradition ist Tradition und da will man die Gartenstadt als Besucher dann auch nicht aus dem Schlummer reissen.

Genau das gelingt anschliessend dann Purgatory, zumindest teilweise. Verstärkt um Ex-Seirim-Member Dreier on vocals legen die Lokalhelden ein solides Brett auf die Ohren der Anwesenden, welche wohl zu grossen Teilen von dieser Kapelle sozialisiert wurden.
Das grosse Problem des amerikanisch geprägten Gebolzes ist trotz des perfekten Sounds die relative Austauschbarkeit, gerade was die neueren Songs betrifft, die einen Grossteil des heutigen Sets bestreiten: Purgatory sind so speziell wie ein Güterzug auf einem Verladebahnhof und so bleibt eigentlich nur der angenehm gorefestige Gesang länger im Gedächtnis – die 10 engagierten Pitslaves, die sich endlich eingefunden haben, stört das allerdings wenig. Insofern geht der Auftritt wohl auch in Ordnung.

Retarded Noise Squad kämpfen abschliessend gleich an mehreren Fronten: Zum einen ist der Halbkreis wieder in Aktion, dazu hat der leicht scheppernde Sound weniger Bass als ein bayerisches Bergdorf Ausländer, und zu guter Letzt lichtet sich das Publikum nach Purgatory doch merklich.
Folgerichtig erklingt der sonst gegen Ende platzierte “Supersheriff” dann auch schon als drittes Lied und insgesamt lässt sich das Publikum – wie bereits bei Dam – lange bitten, bevor die Haare fliegen. Mit etwas energischerer Resonanz hätte man hier also einen schönen Abend haben können, denn die Songs sind nach wie vor erfrischende Death/Thrash-Granaten mit charmanten Details und hohem Mitwippfaktor.

So bleibt heute die Erkenntnis, dass es oftmals beim Publikum liegt, was man aus so einem Abend macht – und das haben wir eindeutig schon besser gesehen.

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