With Full Force XIII
With Full Force XIII
Roitzschjora, Flugplatz
01.07.2006
01.07.2006
Das 13. With Full Force Festival versinkt im Staub
In diesem Jahr ging es auf Deutschlands härtestem Acker verdammt heiß und trocken zu. Andauernde Temperaturen um die 30 Grad und nur ein paar spärliche Regentropfen am Freitag sorgten für frühzeitige Erschöpfung, reichlich Dreck in Nase und Lunge und überdurchschnittlichen Bedarf an kalten Getränken und Schatten. Außer ein paar kurzen Schlauchduschen unmittelbar vor der Mainstage gab es für den Veranstalter jedoch kaum Möglichkeiten, Abhilfe gegen das Wüsten-Feeling zu schaffen.
Als tolle Gelegenheit, sich mal kurz die rotgebrannte Rübe abzukühlen, erwies sich die benachbarte Kiesgrube: In Massen strömten die schwitzenden Festivalbesucher dorthin und verwandelten das schnoddrige Gewässer in eine Art Metal-Mallorca. Trotz allem führte die Hitze dazu, dass allerspätestens am Sonntag Nachmittag kreislaufmäßig kaum noch was ging und man seine Zeit viel lieber sitzend oder liegend als im, ohne Gasmaske gar nicht mehr betretbaren Moshpit verbrachte. Weitere Nebenwirkungen des Wetter-Infernos: jede Menge lustige Alkoholleichen schon um die Mittagszeit sowie ästhetische und weniger ästhetische Einblicke in die menschliche Anatomie.
Ansonsten, so kann man wohl sagen, ist alles beim Alten geblieben: Organisation, Toilettenreinigung, Umgang der Besucher untereinander und Freundlichkeit der Security ließen kaum etwas zu wünschen übrig. Das Bier schmeckt immer noch nicht, das Essen war zwar reichhaltig im Angebot und teilweise auch extrem lecker, aber immer noch mit unschönen Preisen versehen. Wieder durfte man sich über eine Leinwand am Rand der Mainstage freuen, die nähere Einblicke in das Geschehen auf der Bühne erlaubte. Das Bandangebot war gewohnt hochkarätig, IN FLAMES und MOTÖRHEAD wurden ihren Headlinerpositionen mehr als gerecht; nur CELTIC FROST hätten am Freitag den Platz mit SOULFLY tauschen sollen. Als Ausfälle waren KORN (dafür sprangen die WFF-Veteranen SICK OF IT ALL ein), SOILWORK, LIAR und HUNDRED REASONS zu vermelden. Ansonsten gab es ein höchst zufriedenstellendes Programm quer durch den rockig/metallischen Gemüsegarten, zwei sehr laut dröhnende Discozelte und die allgegenwärtige gute Laune.
Leider war es den hartgesottenen Bloodchamber-Redakteuren nicht vergönnt, die bestätigten Fotopässe abzugreifen. So gibt es leider keine Bandfotos zu bestaunen, jedoch ein paar schöne Bilder, die einen guten Eindruck davon geben, was neben den Bands noch so los war. [yb]
FREITAG, 30. JUNI
DEADSOIL machen als allererste Band auf der Hardbowl Zeltbühne eine tolle Figur. Die Songs des hochklassigen aktuellen Albums „Sacrifice“ und auch die des nicht minder rockenden Vorgängers „The Venom Divine“ sorgen schon zu dieser frühen Stunde für reichlich Action im Moshpit. Dort entfacht man sogleich die ersten Circlepits des Festivals. Schöne, energiegeladene Show der deutschen Metalcoreler, die mit „Unspoken“ sogar einen richtigen Hit im Gepäck haben. Frontmann Friedrich macht hier alles richtig und beeindruckt mit gekonntem cleanen Gesang.
Derweil erfreuen sich die aus New York stammenden BLOODSIMPLE auch eines nicht minder begeisterten Publikums vor der Mainstage. Die aus Vision of Disorder hervorgegangene Band hat neben fett groovenden Riffs und guten Melodien mit Tim Williams auch einen erstklassigen Sänger im Gepäck. Zu solch geschmeidigem rockig modernem Metal schmeckt das kühle Radler unter der Sonne gleich noch mal so gut.
Anschließend pusten die Kalifornier DEVILDRIVER endgültig die Gehörgänge von eventuellen Ablagerungen des letzt jährigen WFF frei. Kaum zu glauben, dass Fronttier Dez Fafara früher bei den Zweite-Liga Nu Metallern Coal Chamber hinter dem Mikro stand. In seiner heutigen Hauptband erinnern höchstens seine markante Stimme und ein paar Nu Metal Einschübe daran. Mit vielen modernen Zutaten angereicherter brutaler Death Metal steht jetzt auf dem Programm – eine kleine, straightere Version von Slipknot mit größerem Oberarmumfang. Der Mob in der Grube freut sich über ein paar gut sitzende musikalische Fausthiebe, schließlich ist das ja hier das With Full Force und kein Kindergeburtstag.
Nicht ganz so grob, aber auch mit ordentlich Feuer unterm Hintern rocken TRIVIUM das krachhungrige Volk. Mit ihrem Modern Thrash/Melodic Death-Gemisch, das auch vor traditionellen Gitarrenparts und einprägsamen Melodien keinen Halt macht, hat sich die Truppe um Wunderkind Matt Heafy auch hierzulande schon reichlich Fans erspielt, und nach diesem Auftritt sind es sicher noch ein paar mehr. Für etwas Verwirrung sorgen lediglich das nebenbei auf der Bühnenleinwand gezeigte Viertelfinalspiel Deutschland – Argentinien, das viele etwas vom Geschehen auf der Bühne ablenkt und die abgrundtief hässlichen weißen Turnstiefel des TRIVIUM-Gitarristen, der diese wahrscheinlich für Einsfuffzich irgendwo auf einem Achtziger-Jahre-Flohmarkt erstanden hat. [yb]
Abseits der angekündigten Running Order gibt es noch einen Auftritt der ganz besonderen Art. Die deutsche NATIONALMANNSCHAFT, welche sich in den Tagen zuvor unweigerlich in die Herzen der Zuschauer gespielt hat, sorgt bereits im Vorfeld für schwarz-rot-güldene Einheitskleidung, blökende Fanfaren und einsilbige Sprechchöre. Das WFF-Team hat das Potential der jungen Truppe ebenfalls erkannt und aus diesem Grund eine zusätzliche LCD-Wand installiert, um die anstehende Schlacht gegen Argentinien standesgemäß zu übertragen. Während des mitreißenden Ereignisses lassen sich neben der zutiefst ansteckenden Stimmung auch ein sehr unterhaltsames Massenphänomen beobachten. Es ist nämlich gar nicht so einfach, ein paar tausend Mann zum Hinsetzen zu überreden (welches die perfekte Sicht für alle Zuschauer ermöglichen würde), aber nach lautstarken, minutenlangen Zwischenrufen sowie jeder Menge fliegenden Bierbechern (2 Euro Pfand wohlgemerkt!) haben sich auch die letzten rebellischen Stehenbleiber zur Flucht überreden lassen. Was danach folgt, sind 120 Minuten Hochspannung, die schließlich in einem packenden Elf-Meter-Schießen gipfeln, an dessen Ende sich selbst der größte WM-Muffel dem ausschweifenden Jubel nicht mehr entziehen kann. Das ist Public-Viewing der besonderen Art - einmalig, unvergesslich. [cr]
Während der Ball fleißig rumgetreten wird, beginnen STONE SOUR (Nebenprojekt von Slipknot-Frontmaske Corey Taylor) ihren fantastischen Set. Neben den Standards wie „Blotter“, „Inhale“, „Get Inside und „Bother“ kommen gleich drei neue Songs von ihrem in Kürze erscheinenden Album „Come [Whatever] May“ zum Zuge, die auch die Fußballfans begeistern. Hart und energiereich bieten die Songs eine Hörprobe auf eine vielsprechende Veröffentlichung. Also Ohren aufsperren am 28. Juli. Für kleine Irritationen sorgt das parallel ausgestrahlte Fußballspiel. Sänger Corey Taylor interessiert sich auch sehr dafür, was ihn hin und wieder zu einem neugierigen Blick verleitet. Er erkennt die Wichtigkeit dieses Turniers und fordert die Fans mit seinen sympathischen – in blendendem Deutsch gesprochenen – Ansagen und dem energiegeladenen Stageacting zum Mitmachen auf. Doch bei dem Ausgleich durch Deutschland unterbrechen STONE SOUR kurz die Show, damit die Band das frenetische Jubeln der fiebernden Fans als Anlass zur Freude nahm. Das nenne ich Fannähe! STONE SOUR waren neben Trivium und Soulfly einer der Höhepunkte dieses Tages. [dt]
Die zeitgleich im Zelt aufspielenden THE BLACK DAHLIA MURDER scheren sich einen Dreck um Fußball. Die anwesenden Krachhungrigen haben auch erkannt, was richtig Spaß macht, nämlich eine knallharte Knüppelei. Die Psychos aus Detroit überzeugen mit heftigem Melodic Death, deftigen Grooves und brutalen Blastbeats. Obendrauf gibt’s das wahnwitzige Geschrei von Fronter Trevor, der sich, im Kontrast zum düsteren Sound seiner Band, heute nur mit Brille, Turnschuhen und orangefarbenen Boxershorts präsentiert. Während sich die WM-Süchtigen draußen gegenseitig Bierbecher an die Rübe werfen, wird im kuscheligen Zelt ordentlich Matte und Hüfte geschwungen. Ein Auftritt, mindestens so intensiv wie alle Bands der Knüppelnacht zusammen. [yb]
Auf der Mainstage geht es weiter mit MADBALL, die nun die Verlängerung des Fußballspiels mit massivem Hardcore musikalisch felsenfest begleiten. Ihr massiver und schnell gespielter Hardcore kommt auch bei den Metalfans gut an. Doch das Elfmeterschießen macht es der Band etwas schwer, die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Als dann Deutschland als Sieger vom Platz geht, gibt es kein Halten mehr. Die zu den Songs unpassenden Aufschreie während der Elfmetertore werden von den New Yorkern geduldet und respektvoll entgegen genommen. Klasse Haltung! [dt]
Wenn die zwei deutschen Aushängeschilder Bier und Fußball noch einen dritten Vertreter namens Thrash-Metal hinzubekommen, ergibt dies unweigerlich einen höllisch gefährlichen Cocktail aus Unberechenbarkeit, Ungezügeltheit und Unverwüstlichkeit. Den euphorischen Anflug der ballverrückten Massen gekonnt ausnutzend zeigt das deutsche Urgestein KREATOR einmal mehr, weshalb pures Stillstehen bei ihren Konzerten einfach unmöglich ist. Mit einer ausgewogenen Setlist, die von aktuellen Krachern a la „Enemy Of God“ bis hin zu All-Time Favourites wie „Betrayer“, „Pleasure To Kill“ oder „Extreme Aggression“ reicht, sind solche Bühnenspielereien, wie der etwas ungeschickte Einsatz von grünen Rauchbomben, überhaupt nicht nötig, um die Massen in Schach zu halten. [cr]
Während die halbe Welt vor Max Cavalera niederkniet, gibt es auf der Hardbowl noch ein kleines Schmeckerchen in Form der Emo-Veteranen BOYSETSFIRE. Auch hier wurde ordentlich abgefeiert und mitgesungen sowie in lautstarken Sprechchören das obligatorische „After The Eulogy“ gefordert. Rise! Rise! [yb]
Bereits zu Kreator versammeln sich die SOULFLY-Fans auf dem staubtrockenen Bühnenvorplatz, um den Anfang nicht zu verpassen. Als dann der Bob Marley des Metal zusammen mit seiner Band die Bühne entert, gibt es beim Publikum kein Halten mehr. Die Moshpits werden größer und Crowdsurfing ist auch keine Seltenheit mehr. Die Band bietet einen brutalen Set, der aus. „Back To The Primitive“, „Jump The Fuck Up“ (wie immer nur angespielt), „Carved Inside“ und anderen Knallern aus dem SOULFLY-Backkatalog besteht. Max betont seine Verbundenheit zu Brasilien (eine Anspielung auf den Erfolg der deutschen Mannschaft?) und groovt mit allen zu „Refuse/Resist“ und „Roots Bloody Roots“ zum Schmelzpunkt des Festivals, der durch die nachfolgenden Celtic Frost leider nicht aufrecht gehalten werden kann.
Die vier Schweizer haben quasi die Arschkarte des Festivals gezogen, weil der schwerfällige Düster-Thrash niemanden mehr interessiert. Die Einladung zur schwarzen Messe können nur die wenigsten nachvollziehen, die bei den kalten Temperaturen vor der Bühne mit CELTIC FROST in der Synagoga Satanae ihre Andacht zelebrieren. Gabriel grunzt alles zu Grund und Boden. Seine charakteristische Stimme klingt fast wie eine Botschaft aus dem Jenseits. Martin Eric Ain (Bass) post wie früher und kann sich gesanglich bei „Synagoga Satanae“ austoben. Neben „Progeny“, „Ground“ und „Synagoga Satanae“ vom neuen Album, kommen auch „Procreation Of The Wicked“ (als Opener), „Into The Crypts Of Rays, „Circle Of The Tyrants“, „Dethroned Emperor“, „Dawn Of Meggido” und einiges mehr an Material von den ersten Alben „Morbid Tales/ Emperor’s Return“, „To Mega Therion” und „Into The Pandemonium” zum Zuge. Das überlange „Synagoga Satanae“ langweilt die letzten Besucher auf dem Festgelände, so dass sich mehr und mehr Fans zur Tentstage zurückziehen, um Dismember nicht zu verpassen, welche die KNÜPPELNACHT einläuten. [dt]
KNÜPPELNACHT
Nicht viele Bands schaffen es, dass man sie bereits von weiten nur aufgrund ihres markanten Gitarrensounds eindeutig identifizieren kann. DISMEMBER gehören mit ihren tiefergelegten Sägeblättern definitiv zu diesen Bands und ziehen selbst die härtesten Celtic Frost-Fans ins ordentlich gefüllte Zelt zur Eröffnung der diesjährigen Knüppelnacht. In seeliger Bierlaune präsentieren sich die Schweden äußerst spielfreudig und haben auch keine Mühe, ihren Todesmetall der alten Schule an den Mann zu bringen. Cooler Sound, mitreißende Gitarrenriffs aus mehreren Generationen, dazu mal noch ein lockerer Spruch zwischendurch. Wenn die Schweden nun nur noch nicht mehr ganz so nachtragend wegen ihres WM-Rauswurfs wären, dann könnte man glatt von einem perfekten Auftritt sprechen.
So richtig losgeknüppelt wird dann aber auch erst bei den durchgedrehten Briten von NAPALM DEATH. Als ob die Bühne vorher unter Strom gesetzt wurde, hüpft, windet, dreht, brüllt und protestiert sich Sänger Barney durch mehr oder minder abwechslungsreiche Grindcore-Happen. Das eignet sich prima zum Bier trinken, Bier holen, Bier verschütten und Bier auskotzen – jedem wie er’s gern mag.
Nun, mancher einer hat sich zuvor eventuell für das Bier trinken entschieden. Dazu vielleicht noch den einen oder anderen Becher warmen Met – fertig ist das kleine Loch im Kopf. Eines ist indessen aber klar: MYSTIC CIRCLE setzen mit ihrem melodischen Black/Death Metal keinerlei Akzente, weder im negativen noch im positiven Bereich. Mit deutlich weniger Keyboard-Einsatz als erwartet geifern sich Beelzebub und Co. durch ihre Diskographie, bleiben dabei aber blass wie die Handflächen eines Afrikaners.
Wie man es besser macht und nebenbei mal einen der genialsten Auftritte des Festivals abliefert, zeigen uns anschließend die Jungs von DARK FORTRESS. Die neben Nocte Obducta wohl interessanteste deutsche Black Metal Kapelle schafft es doch tatsächlich, nicht eine einzige langweilige Minute in ihrer viel zu kurzen Setlist unterzubringen. Eine schier perfekte Mischung aus eingängigen Hymnen, packenden Riffs und mitreißenden Melodien, ergänzt durch die nötige Portion düsterer Härte – fertig ist ein Nackenzertrümmerer erster Güte. Dem vielleicht auf Platte etwas schwergängigen Material kann sich hier kaum jemand entziehen und unter dem Corpsepaint scheinen sogar echte Menschen zu stecken. Da fühlt man sich gut aufgehoben und vergisst eventuell aufkeimende Gedanken an morgige Muskelschmerzen.
Etwas mehr Röcheln bringen uns die mittlerweile ziemlich häufig auf Konzerten anzutreffenden DISBELIEF aus ihrer Heimat mit. Besonders überraschend kommt der von ganz tief unten herausgekotzte Death Metal deshalb nicht mehr daher, aber ordentlich reinhauen tut er trotzdem immer noch. Eher im Midtempo angesiedelt und auch dem Hardcore nicht ganz abgeneigt, bieten uns die Deutschen eine perfekte Groove-Vorlage, um das letzte Tröpfchen Alkohol auf direktem Weg durch die Haarwurzelkanäle aus dem Körper zu peitschen.
Auch schön für eine Black Metal Band, ihren finsteren Auftritt bei Sonnenaufgang abzuhalten. Aber ENDSTILLE lassen sich das nicht anmerken und schauen nur noch finsterer in die mittlerweile durch einige Frühaufsteher ergänzte Runde. Größtenteils rasend schnell durch die imaginären schwarz-weiß gefärbten Buchenwälder preschend, zeigt sich aber an genau den richtigen Stellen stets das eine oder andere Gitarren-Riff, um den anstrengenden Sound zumindest für kurze Zeit auch mal wirken zu lassen. Und was kommt nach ENDSTILLE (bzw. nach ihren zwei Zugaben)? Genau: das Ende und eine unerträgliche Stille. Und der morgendliche Spaziergang zum Zelt, in freudiger Erwartung auf die gnadenlose Sonne, welche in knapp zwei Stunden die eigene Unterkunft in eine Sauna verwandelt. [cr]
SAMSTAG, 1. JULI
Humor ist Geschmackssache – oder eben auch wieder nicht. Denn das Wort „Geschmack“ in einem Satz mit den Bühnen-Exhibitionisten von A.O.K. zu verwenden, scheint aufgrund der konkurrenzlos abgefucktesten Show des Festivals schier unmöglich. Man mag zu gespreizten Analöffnungen, appetitanregenden Schwanzparaden, durch den Schritt gezogenen Baguettes sowie Würstchen- und Salatschlachten mit dem Publikum stehen wie man will, wirklich langweilig wird’s mit den Frankfurter Chaoten nicht. Musikalisch ist ihr „Nothingcore“ zwar absolut belanglos, sie gehen mit ihrer stets improvisiert wirkenden Show aber immer ein wenig weiter, als der Zuschauer erwartet. Egal, ob man sich nun ekelt oder amüsiert, zum wach werden gibt es auf einem Festival kaum etwas Effizienteres. [cr]
Nach dem Analspektakel stürmen die Modern Metaller RAUNCHY die feierlich mit Kopfsalat eingeweihten Bretter. Wieder einmal gelingt den Dänen ein flotte Mischung aus heftigen Riffs, fiesem Geschrei, watteweichen Mitsing-Refrains und einer bewegungsfreudiger Bühnenshow. Doch halt...da ist etwas faul im Staate Dänemark. Der klare Gesang klingt etwas zu perfekt. Kein Wunder, wie bei den im Vorprogramm von Soulfly absolvierten Shows in diesem Frühjahr kommt er wieder vom Band. Sorry, Jungs, so macht das einfach keinen richtigen Spaß. Schade, denn die Songs des aktuellen Albums „Death Pop Romance“ sind echt fetzige Bang-und-Tanz-Hymnen.
THE HAUNTED rocken sich gewaltig den Arsch ab, als hätten sie gerade einen Dextro-Energen-Einlauf hinter sich. Da macht das modern anklingende Thrash-Gebräu der energiegeladenen Schweden gleich doppelt so viel Spaß. Auch wenn die gnadenlose Sonne einem ganz schön zusetzt...
...aber HEAVEN SHALL BURN wollen auf jeden Fall noch erlebt werden. Auch wenn die Thüringer Deathcoreler auf deutschen Bühnen sehr präsent sind, kommt garantiert keine Langeweile auf. Wie immer gut gelaunt, schleudern die Jungs tonnenschwere Riffs in die moshenden Massen und beweisen, dass extremer Metal auch ohne martialische Posen verdammt intensiv sein kann (da bangt sogar der Chef!). Neben dem bekannten Material vom „Antigone“-Album und dem mitreißenden „No One Will Shed A Tear“ von der Split-CD mit Caliban gibt es als zusätzliches Schmeckerchen einen Song vom Ende August erscheinenden neuen Album „Deaf To Our Prayers“. Macht auf jeden Fall Lust auf mehr. Frontmann Marcus verbreitet wie üblich ganz locker gute Laune und animiert das Publikum zur längsten Wall of Death (von der Bühne bis zum Mischpult), die das WFF je gesehen hat. [yb]
Am späten Nachmittag betreten die Oldschool-Deather von OBITUARY die Bühne. Mit einem langen Instrumental werden die Fans vor die Bühne gelockt, um dann von John Tardy ins Gebet genommen zu werden. Der zähflüssige Death Metal der schon etwas betagten Florida-Boys kommt äußerst gut an. Mit Hits wie „Chopped In Half“, „Slowly We Rot“, Threatening Skies“, „Find The Arise“ und „Back To Time“ hat man die halbe Miete im Sack. Die äußerst nette Interaktion mit dem Publikum verbreitet enorme Sympathien für die Ausnahmeband. Mich hat’s nur gewundert, dass sie nicht auf der Knüppelnacht vertreten waren. [dt]
CLAWFINGER, IN EXTREMO und AGNOSTIC FRONT mussten leider ausfallen. Zumindest für die anwesenden Bloodchamber-Redakteure, die um diese Zeit erst mal ihren Nachmittagsrausch ausschlafen mussten. Sorry, for that...aber ihr wisst ja, wie das ist.
Einen weitaus würdigeren und vor allem vom Publikum deutlich heftiger herbeigesehnten Headliner hat der zweite Tag zu bieten. Mit IN FLAMES entert eine Band die Bühne, die es scheinbar mühelos schafft, einen Großteil der Anwesenden, unabhängig von deren musikalischen Vorlieben, zu fesseln. Bis auf wenige Ausnahmen wie „Behind Space“ kramen die Schweden munter aus ihren letzten Veröffentlichungen die bekannten Hits heraus, deren Leichtgängigkeit auch dem Ungläubigsten ein leichtes Zucken im Bein bescheren dürfte. Bei rund anderthalb Stunden Spielzeit schleicht sich zwar auch der eine oder andere Lückenbüßer mit ein, aufgrund der etwas ausufernden, aufgrund des offensichtlichen Alkoholgenusses gelegentlich leicht wirren und schon ein wenig überheblich wirkenden Ansagen Anders’ gewöhnt sich das Publikum aber schnell an kurze Verschnaufpausen in Gesamtprogramm. Ein Programm, welches dem Namen IN FLAMES wahrlich gerecht wird, denn riesige Feuerfontänen und taktgenaue Feuerwerkskörper sorgen für die nötige Atmosphäre (und einige kleinere Wetten, welche der angetrunkenen Bandmitglieder als erstes aus Versehen in Flammen aufgeht). [cr]
SATURDAY NIGHT FEVER
Nachdem OSTKREUTZ eine äußerst gewöhnungsbedürftige Mixtur aus Neue Deutsche Welle-Pop und Punkrock vorgelegt haben, gibt es mit VOLBEAT wieder einen Kandidaten der Marke „Das hätte ich jetzt so nicht erwartet.“ Von Lobpreisungen in diversen Printmagazinen angestachelt, ist man natürlich gespannt wie ein Flitzebogen, was die Dänen musikalisch so auf die Waage legen. Und das ist fettester, mörderisch groovender Rock n Roll. Ttanzkompatibler Stoner Rock, der sofort wieder Energie in den ausgelaugten Körper pumpt. Absolute Geheimwaffe ist dabei die überragende Stimme des Frontmannes: Wie Keith Caputo in seinen besten Tagen lockt er auch die letzten Zweifler ins Zelt und sorgt weithin für zufriedene Gesichter und nickende Köpfe.
Die nachfolgenden SYNTHETIC BREED erinnern einen mit ihrem vertrackten, Fear Factory ähnlichen Industrial Metal wieder an die eigene Müdigkeit. Der schöne heiße Met entfaltet seine beruhigende Wirkung...und man entscheidet sich dann doch für die wohlige Weichheit des eigenen Zeltes. [yb]
SONNTAG, 2. JULI
Der wohl energischste Heimorgelspieler Deutschlands namens MAMBO KURT hat sich mittlerweile als feste Institution auf den beliebtesten Sommer Open-Airs herauskristallisiert. Früher noch allein mit seinem geliebten Instrument auf den größten Bühnen dieser Welt unterwegs, tritt er seit einiger Zeit verstärkt durch die hauteng gekleideten BOSSA BABES auf, um dem verwöhnten Publikum seine ureigene Interpretation von altgedienten Metal- und Rock-Klassikern zu präsentieren. Durch die stromverstärkte Gitarre und das Schlagzeug, welche beide von den Damen bedient werden, geht zwar ein gehöriger Teil des ursprünglichen Charmes verloren, dennoch kann man sich den Spaßmacher ruhig einmal im Jahr in der nachmittäglichen Sommerhitze antun, während das erste Bier die trockene Kehle herunterrinnt.
Nachdem SOILWORK leider kurzfristig ihren Auftritt absagen müssen, scheint es fast, als dürfte man eine gute Dreiviertelstunde mal seine Ruhe haben. Aber da hat wohl niemand mit der omnipräsenten Frau Classen samt Hausband HOLY MOSES gerechnet, welche scheinbar immer hinter einer Ecke auf ihre Chance wartet. Nun ja, beeindruckend ist diese Dame auf jeden Fall immer noch. Zum einen, durch ihr ganz und gar unweibliches Grunzen und zum anderen durch ihre stetige Verleumdung der Tatsache, dass die Achtziger nicht erst seit gestern vorbei sind – sowohl in Hinsicht auf Klamottenwahl wie auch bei der Formulierung eigentlich als stimulierend angedachter Zwischenansagen. Für ein bis zwei Songs ist das bröckelnde Death/Thrash-Gebräu noch ganz angenehm, danach versucht man lieber, in der Schaumkrone seines Bieres lustige Tierchen zu finden. [cr]
Obwohl ich früher zu den Anhängern HOLY MOSES’ gehörte, kann mich, wie viele andere, der stumpfe Death/Thrashmetal-Brei überhaupt nicht begeistern. Ganz und gar nicht eingängig holzen sich die Liechtensteiner um Sabina Classen durch ihr Songgestrüpp, ohne einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Außer von ein paar Hardcore-Typen, die sich über ihre Stimme arg wundern, gibt es nur Reaktionen von einem kleinen Fanhaufen vor der Bühne. So wie in den von der Frontröhre beschworenen Achtzigern (manche biegen sich vor Lachen über diese Ansage) geht es an diesem Nachmittag nicht ab. Out Of Time.[dt]
Action auf der Hardbowl!
Für den Ausfall von LIAR und HUNDRED REASONS kommen ZSK auf der Tentstage zu Zuge, die mit ihrem politischen Punk massig Leute anziehen. Oder liegt es wohl eher am angenehmen Schatten im Zelt und der großen Staubentwicklung, die während des Gorefest-Auftritts auf der Mainstage entsteht. Also echt, ihr Leute vom WFF, für ein bisserl Erfrischung für eure zahlenden Gäste hättet ihr schon vor der Bühne sorgen können. Wenn’s wenigstens 1000 Liter Freibier gewesen wären.
RAWSIDE bolzen sich mit ihrem Exploited-Hardcorepunk mächtig durch und ermüden mich beizeiten. Dennoch hat die Musik eine gewisse Eigenständigkeit und auch eine Berechtigung, weil ihre politisch links gerichtete Botschaft bestens ankommt und Respekt verdient. Zu den Songs kann ich im einzelnen nichts sagen, weil mir die Band musikalisch zum ersten Mal über den Äther gelaufen ist.
Später kommen die Proll-Punks der LOKALMATADORE ins Rampenlicht, die mit ihren grenzdebilen und äußerst lustigen Texten die Massen erheitern. Zahlreiche fremdartig wirkende Gestalten wanken durchs Zelt, wie der Typ, der von Kopf bis Brust bzw. Schultern schwarzverkrustet ist und mich ein wenig an den Albtraum-Typ aus David Lynchs „Mulholland Drive“ erinnert (der mit dem blauen Würfel). Ganz nach dem Motto „Ficken, Fußball, Alkohol“ gestaltet sich das schlagerartige Programm der sympathischen Prolls mit illustren Themen wie Masturbation, Kotzen, Saufen, Kacken, Alleinsein, Frauen und vielerlei mehr aus diesem Fundus. Dieses Konzert hebt merklich die Stimmung im Zelt und bringt Kraft für mehr Feiern und Durchhaltevermögen, auch als die Band noch mal für drei Zugaben auf die Bühne zurück kommt. [dt]
Inzwischen auf der Mainstage...
GOREFEST feierten in diesem Jahr mit „La Muerte“ ihr Comeback in die Metalwelt. Selbstverständlich, dass die holländische Kultband da Gastrecht auf dem WFF hat. Ihre „Blutorgie“ wird mit allerhand knüppeligem Material gefeiert; die Songs der „rockigeren“ Phase Mitte und Ende der 90er kommen kaum zum Zug. Auch wenn Frontmann Jan-Chris de Koeijer, trotz Emo-Frisur, immer noch eine der beeindruckendsten Death Metal-Stimmen besitzt, kann die Band nicht allzu viele Headbanger aus dem angenehmen Schatten locken.
Weib mit Männerstimme, Part 2: ARCH ENEMY beschwören glücklicherweise nicht wie Holy Moses die längst (...und zum Glück) vergangenen Achtziger, sondern fahren ein amtliches zeitloses Brett auf, das auf dem „jungen“ WFF entsprechend mehr Leute vor die Bühne lockt als die deutschen Thrash-Veteranen. Die kleine Angela Gossow brüllt, kreischt, growlt und bangt zu den fingerfertigen Riffs ihrer Kollegen, als hätte sie mehr Eier in der Hose als die ganze männliche Belegschaft der Band zusammen. Macht Spaß, ihr dabei zuzuschauen, auch wenn der wahre musikalische Höhepunkt erst mit dem Bandhit „We Will Rise“ zum Ende des Gigs eintritt.
Nachdem Angela (ne, nich die olle Merkel) die Bühne verlassen hat, erhöht sich der Frauenanteil vor der Bühne plötzlich ganz gewaltig. Wollen die Mädels alle einen Blick auf den süßen Matt Tuck und seine noch süßeren Bandkollegen von BULLET FOR MY VALENTINE erhaschen? Oder sind etwa alle nur wegen der Musik hier? Man vermutet mal letzteres, denn die Jungs ziehen sich weder aus, noch gibt es eine ausschweifende Bühnenshow.
Musikalisch ist aber alles im satt grünen Bereich, schließlich hat man mit den Songs vom Debütalbum „The Poison“ jede Menge Trümpfe in der Hand. Neben den flotten Krachern „4 Words (To Choke Upon)“, „Hand Of Blood“ und der aktuellen Single „Tears Don’t Fall“ gibt es unter anderem noch das raue, breaklastige „No Control“ von der „Hand Of Blood“-EP – allesamt souverän gespielt und erfrischend rau vorgetragen. Angesichts der nach härterem Stoff dürstenden WFF-Besucher verzichtet die Band glücklicherweise auf die in VIVA-Rotation gelaufene Single „All The Things I Hate“ und zockt stattdessen, auf Wunsch des Publikums, das moshkompatible „The Poison“. Ganz unmädchenhaft gibt es auch einen fetten Moshpit nebst kräftig Staub aufwirbelndem Kreistanz. [yb]
Mit einem extra langen Set rocken sich MOTÖRHEAD durch eine hübsche – schon von der Stage Fright-DVD bekannte – Songauswahl. „Dr. Rock“ macht auch hier den Anfang. Das Trio spult sein Best-Of-Programm ab, das auch das göttliche Album „Another Perfect Day“ mit drei Songs („One Track Mind“, „Dancing On Your Grave“, „I Got Mine“) berücksichtigt. Ansonsten ballern uns die Drei arschtight „Killers“, „Sacrifice“, „In The Name Of Tragedy“ und das abgefeierte „R.A.M.O.N.E.S.“ um die Ohren, um dann zu „Just ‚Cos You Got The Power“, „Killed By Death“ und „Ace Of Spades“ hinüberzuschwenken. „Overkill“ ist dann der absehbare Abschluss einer netten Motör-Show, die ohne den „Whorehouse Blues“ auskommen muss. Lemmy nuschelt die ganze Zeit unverständliches Zeug (wohl zuviel Wasser im Whiskey, was?) und alles kommt etwas hüftlahm daher. Aber es ist immer noch schön, endlich die Band mit einem vernünftigen Sound ohne Würzel zu hören und zu sehen. [dt]
THE LAST SUPPER
Die Rolle des krassen Außenseiters dürfte beim diesjährigen WFF definitiv den norwegischen Fantasy-Freunden von LUMSK zufallen. Sie können einem schon wirklich leid tun, neben den immer noch abrockenden Motörhead ihren im Gesamtkontext eher deplazierten Folk/Pagan Metal zum Besten geben zu müssen. Mit der engelsgleichen Stimme der Sängerin, den schön mittels Spickzettel auf deutsch vorgetragenen einleitenden Geschichten sowie textlich eher unfreiwilligen Schilderungen der Höhen und Tiefen im Leben eines Trolls können in der dargebotenen Ernsthaftigkeit leider nicht mit der ausgelassenen Stimmung des Publikums mithalten. Schade, denn in einem anderem Rahmenprogramm hätte die Band sicherlich mehr punkten können. So reichte es leider nur für bescheuerte „Ausziehen“-Rufe anstatt echtem Jubel.
Ich hab ihnen wirklich eine Chance gegeben. Echt! Wirklich! Aber OPETH können live einfach nicht überzeugen. Vom viel zu dominanten Schlagzeug mal abgesehen sind deren Songs, die auf Konserve sicherlich ganz anders wirken können, absolut unspannend. Alles wichtige der vierzigminütigen Show hätte man gut und gerne auf fünf Minuten komprimieren können, aber nein, es müssen ja immer gleich 10-Minüter draus gemacht werden, nur weil irgendwo „progressiv“ drauf gestempelt ist. Schlagt mich, ihr treuen Fans, aber da ist ein fettiges Hähnchen weitaus facettenreicher.
Immer für ne ordentliche Party gut sind allerdings die von vielen unterschätzten bzw. falsch eingeschätzten Südtiroler von GRAVEWORM. Der übriggebliebene harte Kern, welcher noch überraschend zahlreich ausgefallen ist, lässt sich eine solche Gelegenheit zum kollektiven Schwitzen natürlich nicht entgehen und feiert unter den engagierten Anfeuerungsrufen von Sänger Stefan zum spürbar heftiger als früher wirkenden Melodic Black Metal ordentlich ab. Trotz allen Fanwünschen bleibt die Band aber ihrer neuen Line treu und spielt kaum noch ältere Sachen. Sie mögen dazu sicherlich ihre Gründe haben, dennoch unterscheiden sich ihre momentanen Shows doch merklich von früheren Auftritten, ohne jetzt aber in Nostalgie verfallen zu wollen. Letzten Endes gab es am Ende jede Menge müde Gliedmaßen und fettige Haare vorzuweisen, und das ist doch auch schon einmal was.
Ein Spruch aus meiner Zeit bei der Bundeswehr hängt mir immer noch im Kopf: Wenn du glaubst, du wärst erschöpft, ist dein Körper gerade mal an der Hälfte seiner Ressourcen angelangt. Und getreu nach diesem Motto scheint das Publikum den Festival-Absacker AMORPHIS zu empfangen. Scheiß auf morgen, heute wird noch einmal alles gegeben! Wirklich schwer ist das allerdings beim mitreißenden Auftritt der Finnen nicht. Der neue Sänger ist dermaßen überzeugend, dass sich vor Entzücken die Beinhaare nach innen ziehen und die von vielen kritisierte Keyboardlastigkeit der Band ist live einer extrem rockenden und kraftvollen Gitarrenwand gewichen. Ziemlich alte Death-Nummern wie „The Castaway“ geben modernen Rock-Ohrwürmern wie „House Of Sleep“ die Klinke in die Hand und beide fließen wie heißes Öl ineinander über, ohne auch nur den Hauch eines Bruchs anzudeuten. Sehr schade, dass Punkt 3 der ganze Spaß trotz energischer Zugabe-Forderungen bereits beendet wurde.
Und es bewahrheitete sich mal wieder der alte Full Force-Spruch: Das Beste kommt immer zum Schluss! [cr]
In diesem Jahr ging es auf Deutschlands härtestem Acker verdammt heiß und trocken zu. Andauernde Temperaturen um die 30 Grad und nur ein paar spärliche Regentropfen am Freitag sorgten für frühzeitige Erschöpfung, reichlich Dreck in Nase und Lunge und überdurchschnittlichen Bedarf an kalten Getränken und Schatten. Außer ein paar kurzen Schlauchduschen unmittelbar vor der Mainstage gab es für den Veranstalter jedoch kaum Möglichkeiten, Abhilfe gegen das Wüsten-Feeling zu schaffen.
Als tolle Gelegenheit, sich mal kurz die rotgebrannte Rübe abzukühlen, erwies sich die benachbarte Kiesgrube: In Massen strömten die schwitzenden Festivalbesucher dorthin und verwandelten das schnoddrige Gewässer in eine Art Metal-Mallorca. Trotz allem führte die Hitze dazu, dass allerspätestens am Sonntag Nachmittag kreislaufmäßig kaum noch was ging und man seine Zeit viel lieber sitzend oder liegend als im, ohne Gasmaske gar nicht mehr betretbaren Moshpit verbrachte. Weitere Nebenwirkungen des Wetter-Infernos: jede Menge lustige Alkoholleichen schon um die Mittagszeit sowie ästhetische und weniger ästhetische Einblicke in die menschliche Anatomie.
Ansonsten, so kann man wohl sagen, ist alles beim Alten geblieben: Organisation, Toilettenreinigung, Umgang der Besucher untereinander und Freundlichkeit der Security ließen kaum etwas zu wünschen übrig. Das Bier schmeckt immer noch nicht, das Essen war zwar reichhaltig im Angebot und teilweise auch extrem lecker, aber immer noch mit unschönen Preisen versehen. Wieder durfte man sich über eine Leinwand am Rand der Mainstage freuen, die nähere Einblicke in das Geschehen auf der Bühne erlaubte. Das Bandangebot war gewohnt hochkarätig, IN FLAMES und MOTÖRHEAD wurden ihren Headlinerpositionen mehr als gerecht; nur CELTIC FROST hätten am Freitag den Platz mit SOULFLY tauschen sollen. Als Ausfälle waren KORN (dafür sprangen die WFF-Veteranen SICK OF IT ALL ein), SOILWORK, LIAR und HUNDRED REASONS zu vermelden. Ansonsten gab es ein höchst zufriedenstellendes Programm quer durch den rockig/metallischen Gemüsegarten, zwei sehr laut dröhnende Discozelte und die allgegenwärtige gute Laune.
Leider war es den hartgesottenen Bloodchamber-Redakteuren nicht vergönnt, die bestätigten Fotopässe abzugreifen. So gibt es leider keine Bandfotos zu bestaunen, jedoch ein paar schöne Bilder, die einen guten Eindruck davon geben, was neben den Bands noch so los war. [yb]
FREITAG, 30. JUNI
DEADSOIL machen als allererste Band auf der Hardbowl Zeltbühne eine tolle Figur. Die Songs des hochklassigen aktuellen Albums „Sacrifice“ und auch die des nicht minder rockenden Vorgängers „The Venom Divine“ sorgen schon zu dieser frühen Stunde für reichlich Action im Moshpit. Dort entfacht man sogleich die ersten Circlepits des Festivals. Schöne, energiegeladene Show der deutschen Metalcoreler, die mit „Unspoken“ sogar einen richtigen Hit im Gepäck haben. Frontmann Friedrich macht hier alles richtig und beeindruckt mit gekonntem cleanen Gesang.
Derweil erfreuen sich die aus New York stammenden BLOODSIMPLE auch eines nicht minder begeisterten Publikums vor der Mainstage. Die aus Vision of Disorder hervorgegangene Band hat neben fett groovenden Riffs und guten Melodien mit Tim Williams auch einen erstklassigen Sänger im Gepäck. Zu solch geschmeidigem rockig modernem Metal schmeckt das kühle Radler unter der Sonne gleich noch mal so gut.
Anschließend pusten die Kalifornier DEVILDRIVER endgültig die Gehörgänge von eventuellen Ablagerungen des letzt jährigen WFF frei. Kaum zu glauben, dass Fronttier Dez Fafara früher bei den Zweite-Liga Nu Metallern Coal Chamber hinter dem Mikro stand. In seiner heutigen Hauptband erinnern höchstens seine markante Stimme und ein paar Nu Metal Einschübe daran. Mit vielen modernen Zutaten angereicherter brutaler Death Metal steht jetzt auf dem Programm – eine kleine, straightere Version von Slipknot mit größerem Oberarmumfang. Der Mob in der Grube freut sich über ein paar gut sitzende musikalische Fausthiebe, schließlich ist das ja hier das With Full Force und kein Kindergeburtstag.
Nicht ganz so grob, aber auch mit ordentlich Feuer unterm Hintern rocken TRIVIUM das krachhungrige Volk. Mit ihrem Modern Thrash/Melodic Death-Gemisch, das auch vor traditionellen Gitarrenparts und einprägsamen Melodien keinen Halt macht, hat sich die Truppe um Wunderkind Matt Heafy auch hierzulande schon reichlich Fans erspielt, und nach diesem Auftritt sind es sicher noch ein paar mehr. Für etwas Verwirrung sorgen lediglich das nebenbei auf der Bühnenleinwand gezeigte Viertelfinalspiel Deutschland – Argentinien, das viele etwas vom Geschehen auf der Bühne ablenkt und die abgrundtief hässlichen weißen Turnstiefel des TRIVIUM-Gitarristen, der diese wahrscheinlich für Einsfuffzich irgendwo auf einem Achtziger-Jahre-Flohmarkt erstanden hat. [yb]
Abseits der angekündigten Running Order gibt es noch einen Auftritt der ganz besonderen Art. Die deutsche NATIONALMANNSCHAFT, welche sich in den Tagen zuvor unweigerlich in die Herzen der Zuschauer gespielt hat, sorgt bereits im Vorfeld für schwarz-rot-güldene Einheitskleidung, blökende Fanfaren und einsilbige Sprechchöre. Das WFF-Team hat das Potential der jungen Truppe ebenfalls erkannt und aus diesem Grund eine zusätzliche LCD-Wand installiert, um die anstehende Schlacht gegen Argentinien standesgemäß zu übertragen. Während des mitreißenden Ereignisses lassen sich neben der zutiefst ansteckenden Stimmung auch ein sehr unterhaltsames Massenphänomen beobachten. Es ist nämlich gar nicht so einfach, ein paar tausend Mann zum Hinsetzen zu überreden (welches die perfekte Sicht für alle Zuschauer ermöglichen würde), aber nach lautstarken, minutenlangen Zwischenrufen sowie jeder Menge fliegenden Bierbechern (2 Euro Pfand wohlgemerkt!) haben sich auch die letzten rebellischen Stehenbleiber zur Flucht überreden lassen. Was danach folgt, sind 120 Minuten Hochspannung, die schließlich in einem packenden Elf-Meter-Schießen gipfeln, an dessen Ende sich selbst der größte WM-Muffel dem ausschweifenden Jubel nicht mehr entziehen kann. Das ist Public-Viewing der besonderen Art - einmalig, unvergesslich. [cr]
Während der Ball fleißig rumgetreten wird, beginnen STONE SOUR (Nebenprojekt von Slipknot-Frontmaske Corey Taylor) ihren fantastischen Set. Neben den Standards wie „Blotter“, „Inhale“, „Get Inside und „Bother“ kommen gleich drei neue Songs von ihrem in Kürze erscheinenden Album „Come [Whatever] May“ zum Zuge, die auch die Fußballfans begeistern. Hart und energiereich bieten die Songs eine Hörprobe auf eine vielsprechende Veröffentlichung. Also Ohren aufsperren am 28. Juli. Für kleine Irritationen sorgt das parallel ausgestrahlte Fußballspiel. Sänger Corey Taylor interessiert sich auch sehr dafür, was ihn hin und wieder zu einem neugierigen Blick verleitet. Er erkennt die Wichtigkeit dieses Turniers und fordert die Fans mit seinen sympathischen – in blendendem Deutsch gesprochenen – Ansagen und dem energiegeladenen Stageacting zum Mitmachen auf. Doch bei dem Ausgleich durch Deutschland unterbrechen STONE SOUR kurz die Show, damit die Band das frenetische Jubeln der fiebernden Fans als Anlass zur Freude nahm. Das nenne ich Fannähe! STONE SOUR waren neben Trivium und Soulfly einer der Höhepunkte dieses Tages. [dt]
Die zeitgleich im Zelt aufspielenden THE BLACK DAHLIA MURDER scheren sich einen Dreck um Fußball. Die anwesenden Krachhungrigen haben auch erkannt, was richtig Spaß macht, nämlich eine knallharte Knüppelei. Die Psychos aus Detroit überzeugen mit heftigem Melodic Death, deftigen Grooves und brutalen Blastbeats. Obendrauf gibt’s das wahnwitzige Geschrei von Fronter Trevor, der sich, im Kontrast zum düsteren Sound seiner Band, heute nur mit Brille, Turnschuhen und orangefarbenen Boxershorts präsentiert. Während sich die WM-Süchtigen draußen gegenseitig Bierbecher an die Rübe werfen, wird im kuscheligen Zelt ordentlich Matte und Hüfte geschwungen. Ein Auftritt, mindestens so intensiv wie alle Bands der Knüppelnacht zusammen. [yb]
Auf der Mainstage geht es weiter mit MADBALL, die nun die Verlängerung des Fußballspiels mit massivem Hardcore musikalisch felsenfest begleiten. Ihr massiver und schnell gespielter Hardcore kommt auch bei den Metalfans gut an. Doch das Elfmeterschießen macht es der Band etwas schwer, die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Als dann Deutschland als Sieger vom Platz geht, gibt es kein Halten mehr. Die zu den Songs unpassenden Aufschreie während der Elfmetertore werden von den New Yorkern geduldet und respektvoll entgegen genommen. Klasse Haltung! [dt]
Wenn die zwei deutschen Aushängeschilder Bier und Fußball noch einen dritten Vertreter namens Thrash-Metal hinzubekommen, ergibt dies unweigerlich einen höllisch gefährlichen Cocktail aus Unberechenbarkeit, Ungezügeltheit und Unverwüstlichkeit. Den euphorischen Anflug der ballverrückten Massen gekonnt ausnutzend zeigt das deutsche Urgestein KREATOR einmal mehr, weshalb pures Stillstehen bei ihren Konzerten einfach unmöglich ist. Mit einer ausgewogenen Setlist, die von aktuellen Krachern a la „Enemy Of God“ bis hin zu All-Time Favourites wie „Betrayer“, „Pleasure To Kill“ oder „Extreme Aggression“ reicht, sind solche Bühnenspielereien, wie der etwas ungeschickte Einsatz von grünen Rauchbomben, überhaupt nicht nötig, um die Massen in Schach zu halten. [cr]
Während die halbe Welt vor Max Cavalera niederkniet, gibt es auf der Hardbowl noch ein kleines Schmeckerchen in Form der Emo-Veteranen BOYSETSFIRE. Auch hier wurde ordentlich abgefeiert und mitgesungen sowie in lautstarken Sprechchören das obligatorische „After The Eulogy“ gefordert. Rise! Rise! [yb]
Bereits zu Kreator versammeln sich die SOULFLY-Fans auf dem staubtrockenen Bühnenvorplatz, um den Anfang nicht zu verpassen. Als dann der Bob Marley des Metal zusammen mit seiner Band die Bühne entert, gibt es beim Publikum kein Halten mehr. Die Moshpits werden größer und Crowdsurfing ist auch keine Seltenheit mehr. Die Band bietet einen brutalen Set, der aus. „Back To The Primitive“, „Jump The Fuck Up“ (wie immer nur angespielt), „Carved Inside“ und anderen Knallern aus dem SOULFLY-Backkatalog besteht. Max betont seine Verbundenheit zu Brasilien (eine Anspielung auf den Erfolg der deutschen Mannschaft?) und groovt mit allen zu „Refuse/Resist“ und „Roots Bloody Roots“ zum Schmelzpunkt des Festivals, der durch die nachfolgenden Celtic Frost leider nicht aufrecht gehalten werden kann.
Die vier Schweizer haben quasi die Arschkarte des Festivals gezogen, weil der schwerfällige Düster-Thrash niemanden mehr interessiert. Die Einladung zur schwarzen Messe können nur die wenigsten nachvollziehen, die bei den kalten Temperaturen vor der Bühne mit CELTIC FROST in der Synagoga Satanae ihre Andacht zelebrieren. Gabriel grunzt alles zu Grund und Boden. Seine charakteristische Stimme klingt fast wie eine Botschaft aus dem Jenseits. Martin Eric Ain (Bass) post wie früher und kann sich gesanglich bei „Synagoga Satanae“ austoben. Neben „Progeny“, „Ground“ und „Synagoga Satanae“ vom neuen Album, kommen auch „Procreation Of The Wicked“ (als Opener), „Into The Crypts Of Rays, „Circle Of The Tyrants“, „Dethroned Emperor“, „Dawn Of Meggido” und einiges mehr an Material von den ersten Alben „Morbid Tales/ Emperor’s Return“, „To Mega Therion” und „Into The Pandemonium” zum Zuge. Das überlange „Synagoga Satanae“ langweilt die letzten Besucher auf dem Festgelände, so dass sich mehr und mehr Fans zur Tentstage zurückziehen, um Dismember nicht zu verpassen, welche die KNÜPPELNACHT einläuten. [dt]
KNÜPPELNACHT
Nicht viele Bands schaffen es, dass man sie bereits von weiten nur aufgrund ihres markanten Gitarrensounds eindeutig identifizieren kann. DISMEMBER gehören mit ihren tiefergelegten Sägeblättern definitiv zu diesen Bands und ziehen selbst die härtesten Celtic Frost-Fans ins ordentlich gefüllte Zelt zur Eröffnung der diesjährigen Knüppelnacht. In seeliger Bierlaune präsentieren sich die Schweden äußerst spielfreudig und haben auch keine Mühe, ihren Todesmetall der alten Schule an den Mann zu bringen. Cooler Sound, mitreißende Gitarrenriffs aus mehreren Generationen, dazu mal noch ein lockerer Spruch zwischendurch. Wenn die Schweden nun nur noch nicht mehr ganz so nachtragend wegen ihres WM-Rauswurfs wären, dann könnte man glatt von einem perfekten Auftritt sprechen.
So richtig losgeknüppelt wird dann aber auch erst bei den durchgedrehten Briten von NAPALM DEATH. Als ob die Bühne vorher unter Strom gesetzt wurde, hüpft, windet, dreht, brüllt und protestiert sich Sänger Barney durch mehr oder minder abwechslungsreiche Grindcore-Happen. Das eignet sich prima zum Bier trinken, Bier holen, Bier verschütten und Bier auskotzen – jedem wie er’s gern mag.
Nun, mancher einer hat sich zuvor eventuell für das Bier trinken entschieden. Dazu vielleicht noch den einen oder anderen Becher warmen Met – fertig ist das kleine Loch im Kopf. Eines ist indessen aber klar: MYSTIC CIRCLE setzen mit ihrem melodischen Black/Death Metal keinerlei Akzente, weder im negativen noch im positiven Bereich. Mit deutlich weniger Keyboard-Einsatz als erwartet geifern sich Beelzebub und Co. durch ihre Diskographie, bleiben dabei aber blass wie die Handflächen eines Afrikaners.
Wie man es besser macht und nebenbei mal einen der genialsten Auftritte des Festivals abliefert, zeigen uns anschließend die Jungs von DARK FORTRESS. Die neben Nocte Obducta wohl interessanteste deutsche Black Metal Kapelle schafft es doch tatsächlich, nicht eine einzige langweilige Minute in ihrer viel zu kurzen Setlist unterzubringen. Eine schier perfekte Mischung aus eingängigen Hymnen, packenden Riffs und mitreißenden Melodien, ergänzt durch die nötige Portion düsterer Härte – fertig ist ein Nackenzertrümmerer erster Güte. Dem vielleicht auf Platte etwas schwergängigen Material kann sich hier kaum jemand entziehen und unter dem Corpsepaint scheinen sogar echte Menschen zu stecken. Da fühlt man sich gut aufgehoben und vergisst eventuell aufkeimende Gedanken an morgige Muskelschmerzen.
Etwas mehr Röcheln bringen uns die mittlerweile ziemlich häufig auf Konzerten anzutreffenden DISBELIEF aus ihrer Heimat mit. Besonders überraschend kommt der von ganz tief unten herausgekotzte Death Metal deshalb nicht mehr daher, aber ordentlich reinhauen tut er trotzdem immer noch. Eher im Midtempo angesiedelt und auch dem Hardcore nicht ganz abgeneigt, bieten uns die Deutschen eine perfekte Groove-Vorlage, um das letzte Tröpfchen Alkohol auf direktem Weg durch die Haarwurzelkanäle aus dem Körper zu peitschen.
Auch schön für eine Black Metal Band, ihren finsteren Auftritt bei Sonnenaufgang abzuhalten. Aber ENDSTILLE lassen sich das nicht anmerken und schauen nur noch finsterer in die mittlerweile durch einige Frühaufsteher ergänzte Runde. Größtenteils rasend schnell durch die imaginären schwarz-weiß gefärbten Buchenwälder preschend, zeigt sich aber an genau den richtigen Stellen stets das eine oder andere Gitarren-Riff, um den anstrengenden Sound zumindest für kurze Zeit auch mal wirken zu lassen. Und was kommt nach ENDSTILLE (bzw. nach ihren zwei Zugaben)? Genau: das Ende und eine unerträgliche Stille. Und der morgendliche Spaziergang zum Zelt, in freudiger Erwartung auf die gnadenlose Sonne, welche in knapp zwei Stunden die eigene Unterkunft in eine Sauna verwandelt. [cr]
SAMSTAG, 1. JULI
Humor ist Geschmackssache – oder eben auch wieder nicht. Denn das Wort „Geschmack“ in einem Satz mit den Bühnen-Exhibitionisten von A.O.K. zu verwenden, scheint aufgrund der konkurrenzlos abgefucktesten Show des Festivals schier unmöglich. Man mag zu gespreizten Analöffnungen, appetitanregenden Schwanzparaden, durch den Schritt gezogenen Baguettes sowie Würstchen- und Salatschlachten mit dem Publikum stehen wie man will, wirklich langweilig wird’s mit den Frankfurter Chaoten nicht. Musikalisch ist ihr „Nothingcore“ zwar absolut belanglos, sie gehen mit ihrer stets improvisiert wirkenden Show aber immer ein wenig weiter, als der Zuschauer erwartet. Egal, ob man sich nun ekelt oder amüsiert, zum wach werden gibt es auf einem Festival kaum etwas Effizienteres. [cr]
Nach dem Analspektakel stürmen die Modern Metaller RAUNCHY die feierlich mit Kopfsalat eingeweihten Bretter. Wieder einmal gelingt den Dänen ein flotte Mischung aus heftigen Riffs, fiesem Geschrei, watteweichen Mitsing-Refrains und einer bewegungsfreudiger Bühnenshow. Doch halt...da ist etwas faul im Staate Dänemark. Der klare Gesang klingt etwas zu perfekt. Kein Wunder, wie bei den im Vorprogramm von Soulfly absolvierten Shows in diesem Frühjahr kommt er wieder vom Band. Sorry, Jungs, so macht das einfach keinen richtigen Spaß. Schade, denn die Songs des aktuellen Albums „Death Pop Romance“ sind echt fetzige Bang-und-Tanz-Hymnen.
THE HAUNTED rocken sich gewaltig den Arsch ab, als hätten sie gerade einen Dextro-Energen-Einlauf hinter sich. Da macht das modern anklingende Thrash-Gebräu der energiegeladenen Schweden gleich doppelt so viel Spaß. Auch wenn die gnadenlose Sonne einem ganz schön zusetzt...
...aber HEAVEN SHALL BURN wollen auf jeden Fall noch erlebt werden. Auch wenn die Thüringer Deathcoreler auf deutschen Bühnen sehr präsent sind, kommt garantiert keine Langeweile auf. Wie immer gut gelaunt, schleudern die Jungs tonnenschwere Riffs in die moshenden Massen und beweisen, dass extremer Metal auch ohne martialische Posen verdammt intensiv sein kann (da bangt sogar der Chef!). Neben dem bekannten Material vom „Antigone“-Album und dem mitreißenden „No One Will Shed A Tear“ von der Split-CD mit Caliban gibt es als zusätzliches Schmeckerchen einen Song vom Ende August erscheinenden neuen Album „Deaf To Our Prayers“. Macht auf jeden Fall Lust auf mehr. Frontmann Marcus verbreitet wie üblich ganz locker gute Laune und animiert das Publikum zur längsten Wall of Death (von der Bühne bis zum Mischpult), die das WFF je gesehen hat. [yb]
Am späten Nachmittag betreten die Oldschool-Deather von OBITUARY die Bühne. Mit einem langen Instrumental werden die Fans vor die Bühne gelockt, um dann von John Tardy ins Gebet genommen zu werden. Der zähflüssige Death Metal der schon etwas betagten Florida-Boys kommt äußerst gut an. Mit Hits wie „Chopped In Half“, „Slowly We Rot“, Threatening Skies“, „Find The Arise“ und „Back To Time“ hat man die halbe Miete im Sack. Die äußerst nette Interaktion mit dem Publikum verbreitet enorme Sympathien für die Ausnahmeband. Mich hat’s nur gewundert, dass sie nicht auf der Knüppelnacht vertreten waren. [dt]
CLAWFINGER, IN EXTREMO und AGNOSTIC FRONT mussten leider ausfallen. Zumindest für die anwesenden Bloodchamber-Redakteure, die um diese Zeit erst mal ihren Nachmittagsrausch ausschlafen mussten. Sorry, for that...aber ihr wisst ja, wie das ist.
Einen weitaus würdigeren und vor allem vom Publikum deutlich heftiger herbeigesehnten Headliner hat der zweite Tag zu bieten. Mit IN FLAMES entert eine Band die Bühne, die es scheinbar mühelos schafft, einen Großteil der Anwesenden, unabhängig von deren musikalischen Vorlieben, zu fesseln. Bis auf wenige Ausnahmen wie „Behind Space“ kramen die Schweden munter aus ihren letzten Veröffentlichungen die bekannten Hits heraus, deren Leichtgängigkeit auch dem Ungläubigsten ein leichtes Zucken im Bein bescheren dürfte. Bei rund anderthalb Stunden Spielzeit schleicht sich zwar auch der eine oder andere Lückenbüßer mit ein, aufgrund der etwas ausufernden, aufgrund des offensichtlichen Alkoholgenusses gelegentlich leicht wirren und schon ein wenig überheblich wirkenden Ansagen Anders’ gewöhnt sich das Publikum aber schnell an kurze Verschnaufpausen in Gesamtprogramm. Ein Programm, welches dem Namen IN FLAMES wahrlich gerecht wird, denn riesige Feuerfontänen und taktgenaue Feuerwerkskörper sorgen für die nötige Atmosphäre (und einige kleinere Wetten, welche der angetrunkenen Bandmitglieder als erstes aus Versehen in Flammen aufgeht). [cr]
SATURDAY NIGHT FEVER
Nachdem OSTKREUTZ eine äußerst gewöhnungsbedürftige Mixtur aus Neue Deutsche Welle-Pop und Punkrock vorgelegt haben, gibt es mit VOLBEAT wieder einen Kandidaten der Marke „Das hätte ich jetzt so nicht erwartet.“ Von Lobpreisungen in diversen Printmagazinen angestachelt, ist man natürlich gespannt wie ein Flitzebogen, was die Dänen musikalisch so auf die Waage legen. Und das ist fettester, mörderisch groovender Rock n Roll. Ttanzkompatibler Stoner Rock, der sofort wieder Energie in den ausgelaugten Körper pumpt. Absolute Geheimwaffe ist dabei die überragende Stimme des Frontmannes: Wie Keith Caputo in seinen besten Tagen lockt er auch die letzten Zweifler ins Zelt und sorgt weithin für zufriedene Gesichter und nickende Köpfe.
Die nachfolgenden SYNTHETIC BREED erinnern einen mit ihrem vertrackten, Fear Factory ähnlichen Industrial Metal wieder an die eigene Müdigkeit. Der schöne heiße Met entfaltet seine beruhigende Wirkung...und man entscheidet sich dann doch für die wohlige Weichheit des eigenen Zeltes. [yb]
SONNTAG, 2. JULI
Der wohl energischste Heimorgelspieler Deutschlands namens MAMBO KURT hat sich mittlerweile als feste Institution auf den beliebtesten Sommer Open-Airs herauskristallisiert. Früher noch allein mit seinem geliebten Instrument auf den größten Bühnen dieser Welt unterwegs, tritt er seit einiger Zeit verstärkt durch die hauteng gekleideten BOSSA BABES auf, um dem verwöhnten Publikum seine ureigene Interpretation von altgedienten Metal- und Rock-Klassikern zu präsentieren. Durch die stromverstärkte Gitarre und das Schlagzeug, welche beide von den Damen bedient werden, geht zwar ein gehöriger Teil des ursprünglichen Charmes verloren, dennoch kann man sich den Spaßmacher ruhig einmal im Jahr in der nachmittäglichen Sommerhitze antun, während das erste Bier die trockene Kehle herunterrinnt.
Nachdem SOILWORK leider kurzfristig ihren Auftritt absagen müssen, scheint es fast, als dürfte man eine gute Dreiviertelstunde mal seine Ruhe haben. Aber da hat wohl niemand mit der omnipräsenten Frau Classen samt Hausband HOLY MOSES gerechnet, welche scheinbar immer hinter einer Ecke auf ihre Chance wartet. Nun ja, beeindruckend ist diese Dame auf jeden Fall immer noch. Zum einen, durch ihr ganz und gar unweibliches Grunzen und zum anderen durch ihre stetige Verleumdung der Tatsache, dass die Achtziger nicht erst seit gestern vorbei sind – sowohl in Hinsicht auf Klamottenwahl wie auch bei der Formulierung eigentlich als stimulierend angedachter Zwischenansagen. Für ein bis zwei Songs ist das bröckelnde Death/Thrash-Gebräu noch ganz angenehm, danach versucht man lieber, in der Schaumkrone seines Bieres lustige Tierchen zu finden. [cr]
Obwohl ich früher zu den Anhängern HOLY MOSES’ gehörte, kann mich, wie viele andere, der stumpfe Death/Thrashmetal-Brei überhaupt nicht begeistern. Ganz und gar nicht eingängig holzen sich die Liechtensteiner um Sabina Classen durch ihr Songgestrüpp, ohne einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Außer von ein paar Hardcore-Typen, die sich über ihre Stimme arg wundern, gibt es nur Reaktionen von einem kleinen Fanhaufen vor der Bühne. So wie in den von der Frontröhre beschworenen Achtzigern (manche biegen sich vor Lachen über diese Ansage) geht es an diesem Nachmittag nicht ab. Out Of Time.[dt]
Action auf der Hardbowl!
Für den Ausfall von LIAR und HUNDRED REASONS kommen ZSK auf der Tentstage zu Zuge, die mit ihrem politischen Punk massig Leute anziehen. Oder liegt es wohl eher am angenehmen Schatten im Zelt und der großen Staubentwicklung, die während des Gorefest-Auftritts auf der Mainstage entsteht. Also echt, ihr Leute vom WFF, für ein bisserl Erfrischung für eure zahlenden Gäste hättet ihr schon vor der Bühne sorgen können. Wenn’s wenigstens 1000 Liter Freibier gewesen wären.
RAWSIDE bolzen sich mit ihrem Exploited-Hardcorepunk mächtig durch und ermüden mich beizeiten. Dennoch hat die Musik eine gewisse Eigenständigkeit und auch eine Berechtigung, weil ihre politisch links gerichtete Botschaft bestens ankommt und Respekt verdient. Zu den Songs kann ich im einzelnen nichts sagen, weil mir die Band musikalisch zum ersten Mal über den Äther gelaufen ist.
Später kommen die Proll-Punks der LOKALMATADORE ins Rampenlicht, die mit ihren grenzdebilen und äußerst lustigen Texten die Massen erheitern. Zahlreiche fremdartig wirkende Gestalten wanken durchs Zelt, wie der Typ, der von Kopf bis Brust bzw. Schultern schwarzverkrustet ist und mich ein wenig an den Albtraum-Typ aus David Lynchs „Mulholland Drive“ erinnert (der mit dem blauen Würfel). Ganz nach dem Motto „Ficken, Fußball, Alkohol“ gestaltet sich das schlagerartige Programm der sympathischen Prolls mit illustren Themen wie Masturbation, Kotzen, Saufen, Kacken, Alleinsein, Frauen und vielerlei mehr aus diesem Fundus. Dieses Konzert hebt merklich die Stimmung im Zelt und bringt Kraft für mehr Feiern und Durchhaltevermögen, auch als die Band noch mal für drei Zugaben auf die Bühne zurück kommt. [dt]
Inzwischen auf der Mainstage...
GOREFEST feierten in diesem Jahr mit „La Muerte“ ihr Comeback in die Metalwelt. Selbstverständlich, dass die holländische Kultband da Gastrecht auf dem WFF hat. Ihre „Blutorgie“ wird mit allerhand knüppeligem Material gefeiert; die Songs der „rockigeren“ Phase Mitte und Ende der 90er kommen kaum zum Zug. Auch wenn Frontmann Jan-Chris de Koeijer, trotz Emo-Frisur, immer noch eine der beeindruckendsten Death Metal-Stimmen besitzt, kann die Band nicht allzu viele Headbanger aus dem angenehmen Schatten locken.
Weib mit Männerstimme, Part 2: ARCH ENEMY beschwören glücklicherweise nicht wie Holy Moses die längst (...und zum Glück) vergangenen Achtziger, sondern fahren ein amtliches zeitloses Brett auf, das auf dem „jungen“ WFF entsprechend mehr Leute vor die Bühne lockt als die deutschen Thrash-Veteranen. Die kleine Angela Gossow brüllt, kreischt, growlt und bangt zu den fingerfertigen Riffs ihrer Kollegen, als hätte sie mehr Eier in der Hose als die ganze männliche Belegschaft der Band zusammen. Macht Spaß, ihr dabei zuzuschauen, auch wenn der wahre musikalische Höhepunkt erst mit dem Bandhit „We Will Rise“ zum Ende des Gigs eintritt.
Nachdem Angela (ne, nich die olle Merkel) die Bühne verlassen hat, erhöht sich der Frauenanteil vor der Bühne plötzlich ganz gewaltig. Wollen die Mädels alle einen Blick auf den süßen Matt Tuck und seine noch süßeren Bandkollegen von BULLET FOR MY VALENTINE erhaschen? Oder sind etwa alle nur wegen der Musik hier? Man vermutet mal letzteres, denn die Jungs ziehen sich weder aus, noch gibt es eine ausschweifende Bühnenshow.
Musikalisch ist aber alles im satt grünen Bereich, schließlich hat man mit den Songs vom Debütalbum „The Poison“ jede Menge Trümpfe in der Hand. Neben den flotten Krachern „4 Words (To Choke Upon)“, „Hand Of Blood“ und der aktuellen Single „Tears Don’t Fall“ gibt es unter anderem noch das raue, breaklastige „No Control“ von der „Hand Of Blood“-EP – allesamt souverän gespielt und erfrischend rau vorgetragen. Angesichts der nach härterem Stoff dürstenden WFF-Besucher verzichtet die Band glücklicherweise auf die in VIVA-Rotation gelaufene Single „All The Things I Hate“ und zockt stattdessen, auf Wunsch des Publikums, das moshkompatible „The Poison“. Ganz unmädchenhaft gibt es auch einen fetten Moshpit nebst kräftig Staub aufwirbelndem Kreistanz. [yb]
Mit einem extra langen Set rocken sich MOTÖRHEAD durch eine hübsche – schon von der Stage Fright-DVD bekannte – Songauswahl. „Dr. Rock“ macht auch hier den Anfang. Das Trio spult sein Best-Of-Programm ab, das auch das göttliche Album „Another Perfect Day“ mit drei Songs („One Track Mind“, „Dancing On Your Grave“, „I Got Mine“) berücksichtigt. Ansonsten ballern uns die Drei arschtight „Killers“, „Sacrifice“, „In The Name Of Tragedy“ und das abgefeierte „R.A.M.O.N.E.S.“ um die Ohren, um dann zu „Just ‚Cos You Got The Power“, „Killed By Death“ und „Ace Of Spades“ hinüberzuschwenken. „Overkill“ ist dann der absehbare Abschluss einer netten Motör-Show, die ohne den „Whorehouse Blues“ auskommen muss. Lemmy nuschelt die ganze Zeit unverständliches Zeug (wohl zuviel Wasser im Whiskey, was?) und alles kommt etwas hüftlahm daher. Aber es ist immer noch schön, endlich die Band mit einem vernünftigen Sound ohne Würzel zu hören und zu sehen. [dt]
THE LAST SUPPER
Die Rolle des krassen Außenseiters dürfte beim diesjährigen WFF definitiv den norwegischen Fantasy-Freunden von LUMSK zufallen. Sie können einem schon wirklich leid tun, neben den immer noch abrockenden Motörhead ihren im Gesamtkontext eher deplazierten Folk/Pagan Metal zum Besten geben zu müssen. Mit der engelsgleichen Stimme der Sängerin, den schön mittels Spickzettel auf deutsch vorgetragenen einleitenden Geschichten sowie textlich eher unfreiwilligen Schilderungen der Höhen und Tiefen im Leben eines Trolls können in der dargebotenen Ernsthaftigkeit leider nicht mit der ausgelassenen Stimmung des Publikums mithalten. Schade, denn in einem anderem Rahmenprogramm hätte die Band sicherlich mehr punkten können. So reichte es leider nur für bescheuerte „Ausziehen“-Rufe anstatt echtem Jubel.
Ich hab ihnen wirklich eine Chance gegeben. Echt! Wirklich! Aber OPETH können live einfach nicht überzeugen. Vom viel zu dominanten Schlagzeug mal abgesehen sind deren Songs, die auf Konserve sicherlich ganz anders wirken können, absolut unspannend. Alles wichtige der vierzigminütigen Show hätte man gut und gerne auf fünf Minuten komprimieren können, aber nein, es müssen ja immer gleich 10-Minüter draus gemacht werden, nur weil irgendwo „progressiv“ drauf gestempelt ist. Schlagt mich, ihr treuen Fans, aber da ist ein fettiges Hähnchen weitaus facettenreicher.
Immer für ne ordentliche Party gut sind allerdings die von vielen unterschätzten bzw. falsch eingeschätzten Südtiroler von GRAVEWORM. Der übriggebliebene harte Kern, welcher noch überraschend zahlreich ausgefallen ist, lässt sich eine solche Gelegenheit zum kollektiven Schwitzen natürlich nicht entgehen und feiert unter den engagierten Anfeuerungsrufen von Sänger Stefan zum spürbar heftiger als früher wirkenden Melodic Black Metal ordentlich ab. Trotz allen Fanwünschen bleibt die Band aber ihrer neuen Line treu und spielt kaum noch ältere Sachen. Sie mögen dazu sicherlich ihre Gründe haben, dennoch unterscheiden sich ihre momentanen Shows doch merklich von früheren Auftritten, ohne jetzt aber in Nostalgie verfallen zu wollen. Letzten Endes gab es am Ende jede Menge müde Gliedmaßen und fettige Haare vorzuweisen, und das ist doch auch schon einmal was.
Ein Spruch aus meiner Zeit bei der Bundeswehr hängt mir immer noch im Kopf: Wenn du glaubst, du wärst erschöpft, ist dein Körper gerade mal an der Hälfte seiner Ressourcen angelangt. Und getreu nach diesem Motto scheint das Publikum den Festival-Absacker AMORPHIS zu empfangen. Scheiß auf morgen, heute wird noch einmal alles gegeben! Wirklich schwer ist das allerdings beim mitreißenden Auftritt der Finnen nicht. Der neue Sänger ist dermaßen überzeugend, dass sich vor Entzücken die Beinhaare nach innen ziehen und die von vielen kritisierte Keyboardlastigkeit der Band ist live einer extrem rockenden und kraftvollen Gitarrenwand gewichen. Ziemlich alte Death-Nummern wie „The Castaway“ geben modernen Rock-Ohrwürmern wie „House Of Sleep“ die Klinke in die Hand und beide fließen wie heißes Öl ineinander über, ohne auch nur den Hauch eines Bruchs anzudeuten. Sehr schade, dass Punkt 3 der ganze Spaß trotz energischer Zugabe-Forderungen bereits beendet wurde.
Und es bewahrheitete sich mal wieder der alte Full Force-Spruch: Das Beste kommt immer zum Schluss! [cr]