Arch Enemy Maroon & Textures

Arch Enemy, Maroon & Textures

Arch EnemyMaroonTextures
Bochum, Zeche
29.11.2006
Verkehrte Welt in Bochum. Statt „Spaß am Dienstag“ ist heute „Blast am Mittwoch“, aber keiner hat’s gewusst. Mittlerweile hab ich ja nun schon so einige Konzerte in der Zeche besucht, aber heute ist mit Abstand am wenigsten los. Mensch Leute, nur weil der VfL auf den Abstiegsrängen rumkrebst, könnt ihr doch nicht einfach ein so vielversprechendes Tourpackage ignorieren. Lediglich geschätzte 250 Nasen haben sich heute zur Prinz-Regent-Straße verirrt, um sich ordentlich die Ohren durchpusten zu lassen. Tststs...

Dementsprechend seltsam werden sich die Holländer TEXTURES gefühlt werden, als sie eine halbe Stunde vor offiziellem Beginn vor gerade mal 50 Anwesenden auf die Bretter müssen. Der Sechser macht jedoch das Beste draus und feuert seine gewöhnungsbedürftige Mischung aus Progessive Death Metal und Hardcore mit ordentlich Gusto in das weite Rund. Der Funke will aber trotzdem nicht so recht überspringen, was sowohl am gewagten Stilmix als auch an den überpräsenten Keyboardklängen liegt. Mehr als Höflichkeitsapplaus ist nach dem 30 Minuten Set demnach auch nicht drin.

Als Andre Moraweck anschließend das Publikum mit den Worten „Hallo Ruhrpott, wir sind MAROON, aus der Zone!“ begrüßt, hat der Kerl bereits bei mir gewonnen. Obwohl die Band ja wirklich (auch laut eigener Aussage) dieses Jahr „überall gespielt hat, wo ne Steckdose war“, lassen sich bei den Ossis keinerlei Anzeichen für Tourmüdigkeit oder gar Routine ausmachen. Im Gegenteil, Andre schimpft ständig mit den Bochumern und ermuntert sie durch dumme Sprüche und seinen sexy Hüftschwung, sich doch endlich mal zu bewegen. Das darf man angeblich auch bei ner Supportband, meint er.
Nun, die Ansagen verfehlen ihre Wirkung nicht, so dass der ebenfalls nur halbstündige MAROON Auftritt richtig gut ankommt. Die Band ist aber auch präzise wie Sau und ballert die Beatdowns im Sekundentakt raus. Da werden morgen wieder ein paar ausgerenkte Nackenwirbel zu beklagen sein. Hell yeah!
Und weil „When Worlds Collide“ ja bekanntermaßen ne Platte für Männer ist, geht die Stimmung auch konstant nach oben, man darf sogar den ersten Mini Moshpit bestaunen. Die Schlussakkorde von „Creeping Death“ setzen schließlich ein cooles Ausrufezeichen unter eine mehr als respektable Metalcore Abfahrt. Hut ab!

Was dann folgt, ist Blast, Blast und verdammt noch mal Blast! Ich kann wirklich nicht nachvollziehen, warum ARCH ENEMY immer noch – auch von Teilen der Redaktion – übertrieben kritisch beäugt werden, denn was die Band heute bietet, ist einmal mehr der ultimativ vertonte Nackenschlag. Mit einem Mördersound gesegnet, hackt die schwedisch-deutsche Zusammenrottung die altehrwürdige Zeche innerhalb von Sekunden zu Kleinholz. Während der kompletten Show bildet sich vor der Bühne ein wüster Moshpit, der einigen Leuten mehr als nur blaue Flecke eingebracht haben dürfte. Good friendly violent fun!
Kein Wunder aber auch, wenn man begnadete Groove Abrissbirnen wie „Ravenous“, „Silent Wars“, „Nemesis“, „Dead Eyes See No Future“ oder das großartige „My Apocalypse“ im Repertoire hat – besser auf die Zwölf geht’s ja kaum noch. Die Umsetzung ist dank der hervorragenden Einzelkönner an den Instrumenten (besonders Michael Amott ist nach wie vor ziemlich nahe am Gottstatus) entsprechend makellos und dermaßen brutal, dass mir auch heute (am Tag danach) noch die Halsmuskeln zucken.
Man kann natürlich darüber streiten, ob Angela Gossow wirklich jeden Kreischgrunzer punktgenau trifft, aber mal ehrlich, wen interessiert das? Die Dame geht mit vollem Herzblut zur Sache, hat die Meute fest im Griff und brüllt absolut souverän. Viel mehr kann man von einer Frontperson kaum erwarten.
Einziger Wermutstropfen: auch heute ist der Spaß bereits nach (handgestoppten!) 75 Minuten wieder vorbei, und das inklusive Intro, Zugabenpause und drei Soloeinlagen (Drummer Daniel Erlandsson und beide Gitarristen). Aber andererseits: viel mehr Geprügel hätten die Anwesenden sowieso nicht ausgehalten, und wer mit „Dead Bury Their Dead“ und „We Will Rise“ nach Hause geschickt wird, kann der Band sowieso nicht böse sein.
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