With Full Force IX

With Full Force IX

Arch EnemyBehemothBiohazardCannibal CorpseDead KennedysDew-ScentedGraveHalfordHypocrisyKataklysmLock UpMarduk
Flugplatz Roitzschjora
05.07.2002
Endlich wieder Sommer. Endlich wieder Festivalzeit. Endlich wieder die größten Säufer und Spinner des Planeten unter der Flagge der kollektiven Musikbegeisterung vereint...und unsereins mittendrin! Es war wieder Zeit fürs FullForce...

Dieses Jahr war für mich aber leider mal wieder die Sparpackung (Freitag only) angesagt, da ich zum einen eine nichtverschiebbare und ungeheuer wichtige Prüfung am kommenden Montagmorgen schreiben musste und sich zum anderen meine persönliche Must-See-Bandauswahl sowieso auf Freitag bzw. Sonnabend früh konzentriert hatte.
Die Vorfreude war groß, die Anreise verlief relativ problemlos und pünktlich waren wir sowieso. Jetzt konnte es also losgehen. Nur hatte bis zu diesem Zeitpunkt noch keiner der Beteiligten mit der diesjährigen herausragenden Unfähigkeit der Veranstalter gerechnet. Ich mein, ich bin ja ansonsten eine recht verständnisvolle Person, und bei anderen Events hätte man ja vielleicht noch ein bis zwei Augen zudrücken können, aber das FullForce fand nun schon zum neunten Mal statt, und wenn man von Jahr zu Jahr nichts dazulernt bzw. alles noch viel schlimmer macht, dann treibt das selbst einen wie mich auf die Palme. Wie jedes Jahr also stellte man sich mit seinem Gefährt brav in die Reihe, wartete 2-3 Stunden und durfte dann eventuell (falls man noch einen Platz fand) sein Zeltchen aufbauen. Wenn man sich nun aber noch sein Bändchen anknipsen lassen wollte, dann hörte der Spaß endgültig auf. Erneute Wartezeiten im Stundenbereich und die damit verbundenen Konzertversäumungen plus einem Bonus an wachsender Aggressivität waren die Regel, da lustigerweise nur ein einziger Bändchenstand (kommerziell günstig an Fress- und Trinkbuden platziert) für die zigtausend Besucher existierte. Zum Glück brauchte ich mich mit meiner Tageskarte nicht diesen Torturen zu unterziehen (dafür hatte ich den Vorteil, nicht mehr vom Gelände runterzudürfen), aber für meine mitgereisten Kumpels begann das Festival schon mal äußerst vielversprechend :-(

Naja, ich bin dann schon mal vor, um wenigstens noch den Rest von DEW SCENTED mitzukriegen, aber zu mehr wie einem Abschiedssong hat es dann nicht gereicht. Ich bekam gerade noch mit, wie sich die Band darüber beschwerte, dass es ja noch viel zu früh sei (es war circa 15:45 Uhr), und da konnte ich ihnen nur zustimmen. Wer soll bei solchen Temperaturen (rund 30° knallende Sonne) noch irgendwelche Energie besitzen?
Als nächstes gab's dann ARCH ENEMY, die ich ja bereits einmal live erleben durfte, allerdings haben sie ja jetzt eine Frau als Frontmann, die aber ihre Sache auch sehr gut machte und wohl nebenbei die neue Trendsportart des Sommers entwickelt hatte: Mikrofonständerstemmen! Ihre ganz und gar unweibliche Stimme verlieh sogar den älteren Songs die benötigte Ausdruckskraft und die neuen Stücke vom aktuellen Album passten sich perfekt ins melodische und verspielte Gesamtgeschehen ein. Ein wirklich lohnenswerter Auftritt, der mittlerweile auch eine größere Menge Festivalbesucher angelockt hatte.
Bemerkenswert war dabei noch die erschreckende Gewissheit, dass wirklich jedes Mal, wenn sich eine weibliche oder zumindest weiblich wirkende Person auf der Bühne befindet, die niedersten Instinkte der angetrunkenen männlichen Besucher die Kontrolle übernehmen und sich grundsätzlich ein oder zwei energische "Ausziehen"-brüllende Sprechchöre bilden...
Bei CANNIBAL CORPSE dann konnte ich mich nur schwer eines Deja-Vus erwehren, denn irgendwie erinnerte mich die gesamte Szenerie an das WithFullForce vor zwei Jahren. Ähnliche Songauswahl (Soweit ich mich erinnern kann), fast wortgleiche Kommentare von Georgieboy am Mikro und ebenfalls dieselben unerfüllten Forderungen der Fans nach "Hammer Smashed Face". Dafür war aber auch der Sound genauso gut wie damals und CC kann man sich doch eigentlich immer mal antun, oder?
Als nächstes war mal wieder ein wenig Abwechslung angesagt. HYPOCRISY eröffneten ihren Auftritt nicht wie mittlerweile üblich mit "Fractured Millennium", sondern starteten mit dem nicht weniger passenderen "Apocalypse". Und der gute alte Peter sah ausnahmsweise mal richtig frisch und ausgeweckt aus! Allerdings sollte es auch nicht lange dauern, bis er mal wieder kurz hinter der Bühne verschwand, um kurz mal zu kotzen. Zumindest hat er das danach behauptet. Ich nehm ihm das hingegen nicht mehr ab, so schnell geht das doch gar nicht. Nicht mal bei nem professionellen Musiker...Vom musikalischen Standpunkt gesehen, lieferte die Band, wie zu erwarten war, eine perfekte Show in perfektem Sound, so dass sich schon nach kurzer Zeit dieses sehr seltene, angenehme Kribbeln, begleitet von leichter Gänsehaut auf dem Körper ausbreitete, welches ein gutes Konzert von einem "geht so" unterscheidet. So war wenigstens schon mal der Eintritt gerechtfertigt.
Anschließend betrat der "Metalgod" ROB HALFORD die Bühne, so zumindest die Aussage eines Kumpels. Da ich persönlich aber nicht an Götter aller Art glaube, war mir dieser Bursche doch tatsächlich unbekannt. Was ich dann aber schließlich erblickte, war ein komplett in Nieten und Leder gehüllter Greis, der mit seinem Geschrei deutlich mehr meiner Hirnzellen abtötete, als das ganze zuvor getrunkene Bier zusammen. Naja, witzig wars zumindest.
Die DEAD KENNEDYS und BIOHAZARD will ich jetzt mal überspringen, da mich die nicht wirklich interessierten und ich da höchstens mit nem Viertel-Ohr zugehört habe. Also kommen wir lieber zum Headliner des Abends: Die legendären SLAYER gaben sich die Ehre und wollten das Publikum in einen Rausch spielen, wie sie es bereits vor zwei Jahren getan haben. Aber ich weiß auch nicht. Das Programm beinhaltete zwar die alten Klassiker und auch einige der neueren Songs, der Sound stimmte und es war allgemein wenig auszusetzen (Gut, die Mannen um Thomas A. wirkten vielleicht ein wenig müde...), aber der Funke wollte nicht wirklich auf das Publikum überspringen. Schon die Tatsache, dass ich theoretisch bis fast nach vorne hätte gehen können, war kein gutes Zeichen. Da war damals entscheidend mehr los.
Was solls, Schwamm drüber und rüber ins Zelt, wo BEHEMOTH schon angefangen hatten. Neben der Erkenntnis, dass die etwas gesunkenen Temperaturen nicht mehr wirklich mit meiner Bekleidung kooperierten und dem wundersamen Entschwinden meiner Begleiter hatte ich beschlossen, doch nicht wie geplant alle 6 nachfolgenden Konzerte mitzunehmen, sondern irgendwann abzubrechen, wenn der Schlaf die Überhand zu erlangen droht. Zum Auftritt der Band: Nicht schlecht, aber auch nichts besonderes. Halt der perfekte Einstand der "Knüppelnacht", denn der Drummer hatte alle Hände und Beine voll zu tun. Respekt an die menschliche Maschine.
GRAVE hingegen blieben mir im Gedächtnis, da ihr melodisch angehauchter Deathmetal genau den Nerv des abrockenden Publikums zu treffen schien, das danach natürlich vehement nach einer Zugabe forderte. Der Sänger der Band versuchte zwar noch alles menschenmögliche, die Verantwortlichen zu überzeugen, aber nachdem man ihm Strom und Mikrofon ausgeschalten hatte, blieb ihm nichts weiter übrig, wie sich angesäuert zu entschuldigen und sich nach hinten zu verdrücken.
An LOCK UPs anschließendem Auftritt gabs neben der unspektakulären Extrem-Death-Orgie eigentlich nur zwei erwähnenswerte Dinge. Zum einen den mit einer unpassenden Schirmmütze gekleideten Sänger, der wild in der Gegend herumwirbelte, zum anderen der überraschende Auftritt des zuvor erwähnten Peter Tägtgren, der mit einer aufblasbaren Gitarre seine ehemalige Neben-Band für einen Song moralisch unterstützte.
Aber auch MARDUKs wohlgenährter Frontmann konnte mit Corpsepaint und enggeschnürtem Leder-Top für Aufsehen sorgen. Ich glaube, dieses Bild wird mir garantiert noch desöfteren in unangenehmen Träumen erscheinen. Von den Songs her gefielen mir sogar einige der etwas langsameren Riffattacken überraschenderweise richtig gut, aber gegen Ende des Auftritts musste ich dann abbrechen, da mein Fahrer angekommen war, um mich ins gemütliche heimische Bett zu geleiten. KATAKLYSM hätte ich schon noch gerne gesehen, aber von denen hatte ich ja zumindest ne Autogrammkarte ergattern können..

Fazit: Gelohnt hat sich's schon, wenn auch ein bitterer Nachgeschmack wegen der hohen Preise (Bsp.: Döner 4,- Euro), der schlechten Organisation (zu wenig Dixis gabs auch) und der musikalischen und besuchermässigen Entwicklung in Richtung Hardcore/Hiphop/Punk-Festival bleibt.
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