Ragnarök Festival IV
Ragnarök Festival IV
Lichtenfels, Stadthalle
30.03.2007
30.03.2007
(Fotos von Kristin Tafferner; Bericht von Stefan [se], ergänzt durch Philipp [pb])
Von Veranstalter Ivo Raab ein weiteres, viertes Mal ins Leben gerufen, findet das RAGNARÖK, das selbstbetitelte „Deutschlands erstes Pagan Metal-Festival“, am 30. und 31. März zum zweiten Mal in der Lichtenfelser Stadthalle in Oberfranken statt.
Mit mindestens 3000 Besuchern nicht nur zahlenmäßig, sondern vor allem vom Eindruck in der Halle und in Lichtenfels her war dieses Jahr mehr Publikum zugegen. Dies macht sich mitunter auch im Hotel bemerkbar, welches den seltenen Anblick rein metallischer Zimmer- und Tischnachbarn bietet.
Der erste Eindruck lässt bereits einige organisatorische Verbesserungen durchscheinen, so gibt es dieses Jahr einen eigenen Stand für Kartenverkauf, Bändchenausgabe, Akkreditierungen und Schlafhalle, auch die gleichzeitige Funktion des Ausgangs als Presseeingang kommt nicht ganz ungelegen. Nur von dem im Voraus angekündigten Banner gegen Faschismus und politische Gewalt ist leider nicht viel zu sehen. Dafür wird die Spenden- und Verlosungsaktion zugunsten Opfer rechtsradikaler Gewalt jedoch wie angekündigt erfolgreich durchgeführt – dazu jedoch später mehr.
FREITAG, 30. März
Musikalisch eröffnet wird das Fest von DAWN OF BLOOD. Die deutsche Band spielt Death Metal der etwas schnelleren Gangart und bietet einen passablen Einstand. Das verteilte Freibier in den vorderen Reihen ist für einige sicherlich ein Grund, dem Auftritt beizuwohnen.
Für den Eröffner solide, aber nicht weiter spektakulär, geht die Band auch noch etwas in den hereinströmenden Massen unter.
SYCRONOMICA wird dann schon etwas mehr Aufmerksamkeit zuteil. Da die Müncher ihren Auftritt 2006 auf dem Ragnarök III aufgrund einer Erkrankung des Schlagzeugers nicht wahrnehmen konnte, wird dieser nun nachgeholt.
Dabei schneiden die Melodic Black Metaller ganz gut ab und können das Publikum halbwegs animieren, welches unter anderem in einen Videomitschnitt miteinbezogen und, quasi als „Belohnung“, im Anschluss mit Jägermeister verköstigt wird.
Gespielt werden „Beyond the Gate of Light“, „Für die Ewigkeit“, „To the River’s End“, „Creations of Mine“, „Farewell Olden World“ und „Paths (of A Forgotten Time)“.
Interessant scheint es daraufhin mit WOLFCHANT zu werden, bildet das Publikum doch für diese Zeit bereits auffallend viele geschlossene und begeisterte Reihen. Der deutschsprachige, mal todes- mal schwarzmetallischere, Folk Metal kann auch ganz gut überzeugen und erhält gute Resonanzen.
WOLFCHANT geben nach einem Intro „A Pagan Storm“, „Ride to Ruhn“, „The Betrayal“, „Guardians of the Forest“, „Blood for Blood“, „Stärkend Trunk aus Feindes Schädel“ und „Praise to All“ zum Besten.
„Misanthropie in E-Moll“ sollen dann FJOERGYN darbieten. Mit Spannung erwarte anscheinend nicht nur ich, wie die von Klassikuntermalungen alá Wagner und Beethoven getragenen Stücke des Albums „Ernte im Herbst“ nun auf der Bühne erklingen würden.
Orchester und Keyboard kommen natürlich vom Band, doch trübt dies den Eindruck nicht wirklich. Denn die allgemein wenig auftretende und noch eher kurz existente Formation kann mit ihren drei Musikern so einiges bieten. Sieht man einmal von den wohl nicht selbstverschuldeten klanglichen Problemen (Rückkopplungen, Komplikationen zu Beginn, unter anderem kein Intro) ab, kann der epische Pagan Metal begeistern.
Beginnend mit „Vom Tod der Träume“, gefolgt von „Fjoergyn“ erklingen mit „Ich sah den Himmel weinen“ und „Katharsis“ zwei neue, vielversprechende Titel.
Dies stößt auf erstaunlich großes Interesse seitens der Besucher. FJOERGYN lassen erhabene, wuchtige Epen erklingen, bei denen neben dem rauen auch der FALKENBACH-artige klare Gesang überzeugt. Energischer als auf CD reißt die teils emotionale Musik mit ihrer interessanten Lyrik und Metaphorik mit. Nach „Des Winters Schmach“, wiederum vom Debütalbum, schließt das neue, sehr mächtige „Sade“ den Auftritt erfolgreich ab.
Als eine der schwärzesten Bands der beiden Tage folgen nun die Norweger KOLDBRANN. Schnell und rhythmisch soll es nun Zeit für raue, kalte und rasantere Klänge sein. Der Eröffner „Alter Befengt“ des aktuellen Albums „Moribund“ macht hier ebenfalls Anfang und mit „Djevelens Treskeverk“ erklingt eines der bekannteren und besten Lieder der Black Metal-Formation.
Doch nicht nur dieses wird mit kreisenden Köpfen und Applaus bedacht, auch der Abschluss, „Inkvisitor Renegat“ (aus früheren Zeiten) reißt mit und erinnert mit seiner Melodie auf positive Weise etwas an SATYRICON, wenngleich KOLDBRANN sonst wenig Ähnlichkeit mit ihren Landsmännern haben.
Darüber hinaus fegen noch „Steinet til Jordan“, „Progorm Pestilent“ und „Kaosmanifest“ durch die Stadthalle.
Die norwegischen HELHEIM habe ich nur am Rande gesehen und kann deshalb nur so viel sagen, dass der Viking Black Metal hier auf der Bühne besser als auf CD klang – schlüssiger und energischer.
Kraftvoll und professionell tun auch die ebenfalls aus Norwegen angereisten VREID der musikalischen Güte keinen Abbruch. Der experimentelle, progressive Black/Death/Thrash Metal der ehemaligen WINDIR-Musiker stößt auf großes Interesse.
Dabei werden einige Titel der letzten Scheibe „Pitch Black Brigade“ gespielt, wie das Titelstück oder auch „Då Draumen Rakna“, welches leicht scherzhaft als „Deutsche Demokratische Republik“ angekündigt wird. Im Allgemeinen klingt die Musik deutlich besser als auf CD.
Neben dem teilweise eingesetzten klaren Gesang ist auch der rauere sehr verständlich und differenziert. Die Lichtuntermalung wird dazu sehr stimmungsvoll gewählt. Zusammen mit den flüssigen Melodien und der Kombination schnellerer und abgehackt rhythmischerer Passagen wird der Auftritt nur durch einen Stromausfall getrübt, der jedoch wieder recht schnell behoben werden kann.
Vor allem musiktechnisch interessant wird es bei MÅNEGARM, übernimmt doch der spielerisch versierte Schlagzeuger Erik Grawsiö hier den Gesang. Vielseitig und recht energisch ergänzen die Schweden ihre Musik durch Geige und Flöte, welche leider etwas zu leise sind.
Der Folk/Viking Metal bewegt sich zwischen Energie, warmer Folklore und friedlich-schönen Klängen, wie zum Beispiel die Akustikpassage eines neuen, langen und guten Stückes deutlich macht. Doch auch die heftigeren Teile, welche zumeist von rauem Schrei- und „Wikinger“-Gesang dominiert werden, wissen zu begeistern. So kann auch das noch deutlich schwarzmetallischere „Daugthers of Eve“ aus den Anfangszeiten punkten.
MÅNEGARM spielen unter anderem noch „Sigrblot“, „Fädernas Kall“ und „Genom Världar Nio“ und verschenken zu guter Letzt noch einige Exemplare ihres neuen Albums „Vargstenen“ und T-Shirts.
Mit Spannung erwartet und nach dem Wegfall von TAAKE zur Hauptband erhoben enttäuschen hingegen KAMPFAR, wobei die Band da wenig dafür kann: Der sehr schlechte, dünne Klang ist wirklich unter aller Sau. Selbst bei einer x-beliebigen Popelgruppe in irgendeiner schäbigen Spelunke erwartet man eine bessere Abmischung. Würde Gitarrist Thomas aufhören zu spielen, würde das wohl kaum aufgefallen.
Sänger Dolk versuchte teilweise eher vergeblich das Publikum zu animieren, welches hier kleiner als noch bei MANEGARM ist, er legt sich aber dennoch mächtig ins Zeug. Es werden „Troll“, „Kledd I Brynje og“, „Ravenheart“, „Troll, dog og Trolldom“, „Bukkeferd“, „Gaman av Drommer“ sowie „Nagelfar/Ragnaroek“, „Hymne“ und „Norse“ gespielt. Sehr schade, dass der Auftritt durch den grottenschlechten Klang so verschandelt wird!
URGEHAL und ANGANTYR sehen dann leider weder Philipp noch ich, wenngleich beide Bands sicherlich interessant sind. [se]
SAMSTAG, 31. März
Ursprünglich für Freitag eingeplant, dann aber aus zeitlichen Gründen seitens der Band in den übervollen Samstag verlegt, haben HELFAHRT die zweifelhafte Ehre, als erste Band um 12.30 Uhr die Leute in die Halle zu treiben.
Hier offenbart sich allerdings besonders deutlich eine sehr erfreuliche Seite dieses Festivals. Es mag am noch etwas kühlen, wenn auch schönen Wetter oder am fehlenden „echten“ Camping liegen, aber an Zuschauern hat es wirklich keiner Band gefehlt. Die Tribünen ohnehin immer gut und gern gefüllt, zeigt sich auch im weiten Winkel vor der Bühne stets eine willige Fanschar, wodurch die frühe Spielzeit in der ohnehin abgedunkelten Halle weder Band noch Zuschauer stören dürfte.
Der Münchner SYCRONOMICA-Ableger um Max Marquardt präsentiert sich solide und bewegt sogar einige Ausgeschlafene zum headbangen. Auch wenn der Sound ein wenig mehr Druck hätte vertragen können, bollert man während der kurzen Spielzeit erhaben und düster die Menge wach. Lieder wie „Markomannenzorn“ garantieren einen netten Tageseinstieg. [pb]
Es folgen KROMLEK, welche vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass sie die zweite Band des Tages sind, sehr viel Zuspruch erhalten. Der teils von Geigerin Aoife begleitete Folk Metal der noch recht jungen Band aus Schweinfurt erinnert in Sachen Melodien (unter anderem aufgrund des Akkordeons) und Rhythmik (zum Beispiel mit stellenweisem Wechselbass) bisweilen an FINNTROLL.
Nicht schlecht, aber noch zu wenig eigenständig und ausgereift ist der größte Kritikpunkt das Keyboard, welches teils einfach zu künstlich klingt. [se]
Wie man die Niederländer von HEIDEVOLK kennt, betreten die Jungs die Bühne in voller Pagan-Montur inklusive den obligatorischen Trinkhörnern. Die beiden stimmgewaltigen Sänger wappnen sich stilecht mit Schwert und Schild und stimmen das Publikum mit motivierenden Schreien auf den bevorstehenden Auftritt ein. Dieser fällt dann, wie erfreulicherweise die meisten am Samstag, ziemlich zufrieden stellend aus.
Die Vokalisten haben die Zuschauer gut im Griff und liefern zu zweit auch eine kräftige Performance ab. Gerade die typischen, heroischen Klargesänge kommen sehr gut rüber. Der Rest der Band überzeugt ebenfalls sowohl bei ruhigeren Songs im Stile von „Het Gelders Volkslied“ als auch bei härteren, wie beispielsweise „Hengist en Horsa“, mit dem man einen einschlagenden
Schlusspunkt setzt. Da am Samstag der Spielplan recht eng geraten ist und somit Verzögerungen beinahe vorprogrammiert sind, muss die Truppe, obwohl die Menge lautstark nach einer Zugabe verlangt, leider recht schnell und plötzlich das Feld räumen.
Da man im Rahmen der laufenden Tour mit GERNOTSHAGEN unterwegs ist und das Publikum wirklich sehr viel Resonanz zeigt, soll es das aber als kleine Zugabe noch nicht ganz für heute gewesen sein. Dazu allerdings später. [pb]
Den folgenden Dreier-Reigen paganmetallischer Gruppen leiten MINAS MORGUL ein. Von Feuer flankiert und mit einem mit Rüstung und Schminke versehenen Sänger läst die Frankfurter (Oder) Band heftiges Liedgut los, welches stellenweise auch mal einen thrash- oder deathartgie Note bekam, so vor allem beim letzten Stück „Stahlpakt 54°“.
Sänger Nidhogg betätigt sich auch als Feuerspucker und versteht es allgemein gut, überzeugend Stimmung zu machen. Durch die etwas gekürzte Spielzeit aufgrund von vorangegangenen Zeitverzögerungen können MINAS MORGUL nur „Väterchen Frost“, „Eyn Meyster des Blutes“, „Blut und Eisen“, „Elektron“, Rocksong“ und den vorher erwähnten Abschluss spielen, zehn Minuten Spielzeit fallen weg.
Mit GERNOTSHAGEN folgt eine der aufstrebensten, jüngeren Bands dieses Genres. Der Pagan Metal mit deutlicher Melodic Black Metal-Schlagseite baut teilweise eine sehr gute Atmosphäre auf.
Dass die sieben Trusetaler Musiker, inklusive Gastsängerin, anscheinend ansprechen, bewies ein Blick ins Publikum, welches im Verlaufe des Auftritts merklich anwächst. Dafür sorgt wohl nicht zuletzt die Abwechslung, für welche neben einigen sehr schönen ruhigen Passagen auch das Keyboard und die ausladenden, teilweise als schnelle Soli vorgetragenen, Gitarrenmelodien verantwortlich sind.
Das harmonische Agieren und Auftreten – welches auch die Kleidung betraf – bedingt ebenfalls den Erfolg und als zum letzten Stück die Tourpartner HEIDEVOLK zum gemeinsamen Abschluss der Tour als letztes Lied „Einherjer“ mit GERNOTSHAGEN zusammen vortragen, war der Applaus nicht nur vor der Bühne sondern auch auf der Empore groß.
Keinen Abbruch tun dieser Euphorie BLACK MESSIAH, welche aufgrund von Zeitverschiebungen im vergangenen Jahr ihren Auftritt nicht wahrnehmen konnten und ihn somit dieses Jahr nachholen.
Eigenständig, von stürmischen Gitarrenwänden getragen trägt die Gelsenkirchener Formation ihren folkloristischen Pagan Metal vor, welcher mit schnelleren, melodiösen Liedern wie „Blutsbruder“ überzeugen kann. Aber auch das traditionelle, schunkelige und fröhliche „Sauflied“ findet viel Zuspruch. Hierbei übernahm Sänger und partieller Gitarrist Zagan auch den Part des Geigers.
Der gute und sichere Auftritt wird darüber hinaus noch durch Akkordeon und Keyboard unterstützt und mit dem sehr schönen, von Geige und drückendem Bass getragenen „Irminsul“ abgeschlossen.
Außerdem zu hören gibt es das Titelstück der Scheibe „Of Myths and Legends“, „Christenfeind“ und „Setting Sails/Riding the Drakkar“. [se]
Dass man bei diesem Festival nicht den Überblick über all diese „Helereien“ verliert ist nicht leicht, aber HEL setzen sich dafür umso deutlicher nicht nur von den Namensvettern, sondern vom Rest der Bands ab. In sich ruhend, düster und stimmungsvoll, manchmal gar doomig präsentiert man sich und nutzt die leider immer noch kurz bemessene Spielzeit um eine gut gemischte Setlist mit Liedern sämtlicher Alben und Schaffensphasen umzusetzen.
Vom neuen Album „Tristheim“ spielt man interessanterweise nur das Intro „Sturmrast“ und füllt das Programm dafür mit alten Songs. Insbesondere das 2006 wiederveröffentlichte Debut „Orloeg“ ist gleich mit dem Viererpack „Erlkönig“, „Wunden“, „Der Weg ist das Ziel“ und „Der See“ vertreten.
Zwar fängt der Livesound die Stimmung der Alben nicht hundertprozentig ein, aber die Zuschauer lauschen dem Geschehen dennoch zufrieden. So manch einem kommt die Verschnaufpause zwischen dem fordernden Auftritt von BLACK MESSIAH und dem bevorstehenden Abfeiern mit ELUVEITIE sicherlich auch gelegen und einmal mehr beweisen die Tribünen ihren Reiz.
Obwohl das Debut der Schweizer von ELUVEITIE mit ihrem 2006 erschienen, allseits gelobten Album „Spirit“ noch nicht all zu lang zurückliegt, werden sie auf dem Ragnarök mit großer Euphorie und einer trotz der frühen Stunde entsprechend großen Zuschauerzahl empfangen.
Wann erlebt man es schon mal, dass neben der Meute vor der Bühne sogar ein beachtlicher Teil auf den erhobenen Sitzplätzen ordentlich die Haare schüttelt? Dank eines beachtlichen Instrumentenarsenals, das zusätzlich zur standardisierten Metalbesetzung über Dudelsack, Geige, diverse Flöten und Drehleier verfügt, erreicht man spielerisch leicht auch ohne Keyboards den vielseitigen und authentischen Plattensound.
Zudem scheint die Band – sichtlich nicht ohne Alkoholeinfluss – bestens gelaunt und man gibt wilde, aber soundtechnisch einwandfreie Knüller des neuen Albums wie etwa den Opener „Your Gaulish War“ oder „Of Fire, Wind & Wisdom“ zum Besten. Ein paar Songs von der kultigen 2003er EP „Ven“ dürfen natürlich auch nicht fehlen und so spielt man das inzwischen mehrfach veröffentlichte „Uis Elveti“ und „Lament“.
ELUVEITIE liefern mit diesem Hammerauftritt sicherlich eine der besten Performances dieses Tages, die an Spielfreude und Spaßfaktor wohl kaum zu übertreffen sind. [pb]
Als wohl folklorischtiste – zumindest das Instrumentarium betreffend – Gruppe ist es nun Zeit für CRUACHAN. Die irische Truppe hat E-Geige, Flöte, Trommel und historisches Saiteninstrumentarium sowie Frauengesang im Gepäck und schafft dadurch eine gut gemachte, innovative Musik.
Die fröhliche warme Stimmung und die Sängerin scheinen nicht jedermans Sache zu sein, aber CRUACHAN machen ihre Sache gut und treten recht locker und gut gelaunt auf, was in Dingen wie dem „großartigen“ Gedicht von John Ryan Will (Geige und Weiteres) mündet: „Mir scheint die Sonne auf die Lense, schau da stand se. Macht nichts sense? Egal!“
Eine ganz andere Art von Stimmung schöpfen dann TÝR. Progressiv anders stellen sich die Viking Metaller von den Faröer Inseln als sehr eigene und gewöhnsbedürftige Band heraus. Neben dem deutlich akzentuierten Bass und den vertrackten Melodien fällt auch der melodische, bewusst etwas schräge und leicht psychedelische Gesang auf.
Doch unter anderem das erfolgreich inszenierte Mitsingspielchen bei „Hail to the Hammer“ beweist, dass TÝR trotz oder gerade wegen ihrer Sonderbarkeit den einen oder anderen mitreißen können.
Neben oben erwähntem Stück gab es noch „The Edge“, „Regin Smiður“, „Ragnarok“, „Wings of Time“ und „Ramnund hin Unge“ zu hören.
Mit SWALLOW THE SUN folgt der alljährliche Exot des RAGNARÖK-Festivals. Als Death/Doom Metal-Formation inmitten schwarz- und paganmetallischer Bands scheinen es die Finnen von vorneherein etwas schwerer zu haben. So schwanden die Zuschauer auch merklich, aber nichtsdestotrotz liefern SWALLOW THE SUN einen sehr guten Auftritt ab. Bei diesem gibt es neben Liedern vom neuen Album „Hope“ („Don’t Fall Asleep“, „These Hours of Despair“) mit „Descending Winters“ auch ein Stück vom Vorgänger „Ghosts Of Loss“ zu hören. Das Debüt „The Morning Never Came“ ist mit „Out of This Gloomy Light“, „Swallow“ und „Deadly Nightshade“ ebenfalls vertreten.
Nun ist es soweit: MOONSORROW treten zum zweiten Mal in Folge als Hauptband auf. Und was soll man sagen? Das Engagement der epischen Pagan Metaller ist kein tröger Aufguss oder eine unnütze Wiederholung des Vorjahres.
Nein, die finnischen Musiker reißen nach dem Intro „Tyven“ von „Voimasta ja Kuuniasta“ auf atemberaubende Art und Weise mit! Deutlich besser als im Vorjahr haben MOONSORROW keinerlei Probleme ihre langen, tiefgründigen Epen und Hymnen überzeugend darzubieten.
Neben allerlei genialen Stücken wie „Pimeä“, „Taistelu Pohjolasta“, „Kylän Päässä“ „Sankaritarina“ und „Pakanjuhla“ gibt es mit „Tuleen Ajetuu Maa“ eine Premiere: Erstmals spielt der Vierer eines der beiden halbstündigen Stück des neuen Werkes „V: Hävitetty“ in abgewandelter, sehr geschickt verkürzter Weise auf einem Konzert. All dies ist so ergreifend, dass man die Augen schließen und ganz in der Musik versinken kann.
Ebenfalls im Vorjahr bereits anwesend, fahren RIGER auch in diesem Jahr wieder eine Riff-Macht auf. Vor allem bei längerer Spielzeit würde die teilweise Eintönigkeit wohl deutlich ins Gewicht gefallen, aber die ostedeutsche Formation konnte – mit neuer Gitarristin verstärkt – dennoch begeistern.
RIGER geben neben „Germania“ auch „Schöpfer der Hetze“ zum Besten, welches der beschränkte, leider wieder präsente, rechtsradikale Besucherteil im Gegensatz zum erstgenannten Titel wohl leider etwas überhöhrt, distanziert doch letzterer von dieser Gesinnung.
Darüber hinaus haben die Frankfurter „Im Graun der Nächte“, „Wjerewulf“, „Des Blutes Stimme“, „Auf die Ahnen“, „Homo Decadencia“, „Angriff“, „Brandschiff“ und „Irminsul“ im Programm.
Als vorletzte Band haben AASKEREIA schon etwas mit dem schwindenden Publikum zu kämpfen. Die Schwarzmetaller können aber – von Corpsepaint und stimmungsvoller, extremer Einnebelung unterstützt – durchaus überzeugen. Der Gesang klingt wider erwarten sehr gut und macht klar, weshalb die Karlsruher so umstritten sind.
Denn die eigenständige, kreischartige Stimme kennt man so eigentlich nur von einer Formation – man erlaube mir aus rein musikalischer Sicht und aus Ermangelung anderer Vergleiche die Erwähnung: BURZUM. Anders als die meisten Black Metal-Truppen bringen AASKEREIA so neben der Akustikgitarre ihre Eigenständigkeit mit sich und schließen das RAGNARÖK-Festival wohl für so einige (mich eingeschlossen) recht gelungen ab.
Die Titelauswahl wird wie folgt getroffen: „Erkenntnis“, „Die Flöten des Pan“, „Mit Raben und Wölfen“, „Der boshafte Geist“, „Des Waldes frost’ger Hauch“, „Aaskereia“, „Der Schwur unserer Ahnen“, „Die Waldteufel“ sowie „Hexensabbat“ und als Zugabe „Der stille Schrei“.
Es folgt noch der „Abräumer“ VARG, welcher von uns jedoch nicht gesehen wird.
Was bleibt abschließend festzuhalten? Wie man sieht, kann das RAGNARÖK IV durch bessere Organisation überzeugen – an dieser Stelle auch ein riesen Lob an die ganzen Bediensteten an den Getränke- und Essensständen: Bei so viel Andrang, Stress und Diskussionen mit teilweise schon recht betrunkenen Gästen weiterhin freundlich und verständnisvoll zu bleiben und auf Anfragen mehrmals trotz nicht-Aufführens auf der Preisliste billig Kaffee zu verkaufen ist wirklich lobenswert!
Auch dem Veranstalter Ivo Raab sei an dieser Stelle Tribut gezollt, leistet der doch wieder (fast) ganze Arbeit und ist allzeit trotz maximaler Einspannung mit einem Lächeln auf dem Gesicht überall zugegen.
Auch die Spendenaktion zugunsten Opfer rechtsradikaler Gewalt soll nicht unerwähnt bleiben. Wie mir die freundlichen Ausrichter der Aktion, Mitglieder des Vereins zur Förderung des Heavy Metal in Bayern, mitteilen, kommen letzten Endes ungefähr 500 Euro zusammen, welche von schätzungsweise 400 Leuten gespendet worden sind – bei gut 3000 Besuchern ein recht ernüchternder Wert, der sich teilweise wohl auch damit begründen lässt, dass der Stand etwas versteckt mittig in der Verkaufshalle liegt.
Ivo und Metal1 steuern im Übrigen auch noch eine sehr beträchtliche Summe bei, sodass am Ende 1.500 Euro als Erlös verbucht werden können und die Bekanntgabe der Gewinnnumern der Bühne aus setzt ein gutes, willkommenes Zeichen gegen entsprechende Gruppierungen und Individuen, welche auf dem RAGNARÖK in den vergangenen Jahr schon immer ein Problem waren…
…und auch in diesem Jahr leider wieder für Unwohlsein sorgen. Man erblickt trotz Distanzierung einige deutlich rechtsradikal motivierte Gestalten, welche unter anderem entsprechende Grüße und Musik mitbrachten. Den versprochenen großen Banner vor der Halle, welcher sich gegen politischen Radikalismus aussprechen sollte, sucht man leider vergebens.
Im kommenden Jahr soll es deshalb eine Security-Streife auf dem Parkplatz geben, sodass entsprechende Leute nicht nur aus der Halle, sondern auch insgesamt vom Gelände verwiesen werden können. Bleibt zu hoffen, dass dies auch so durchgesetzt wird und beim Einlass und in der Halle nochmal deutlich rigoroser durchgegriffen wird.
Ebenso unrühmlich, aber von seiten des Veranstalters kaum vermeidbar, ist das alte Leid in Sachen Dummheit und Moralmangel so mancher Besucher: Es passt nicht ganz zusammen, sich des Heidentums und der Naturverbundenheit zu rühmen bzw. diese musikalisch zu verehren und im nächsten Moment Müll im Gebüsch unterzubringen, Glasflaschen großzügig zersplittert über das Gelände zu verteilen und dergleichen mehr zu tun. Deshalb ist für das kommende Jahr bereits ein Müllpfand angekündigt worden – was in den Köpfen der Menschen wohl trotzdem wenig ändern wird.
Doch ist dies ein größeres Problem mit Individuen schwachen Gemütes, welches nun nicht dem RAGNARÖK-Festival angerechnet werden soll. Denn dies hatte sich in beinahe jeder Hinsicht zum Vorjahr deutlich verbessert und konnte vor allem im wohl bedeutensten Bereich begeistern: Die Bands sind fast durchweg gut bis genial gewesen!
Von Veranstalter Ivo Raab ein weiteres, viertes Mal ins Leben gerufen, findet das RAGNARÖK, das selbstbetitelte „Deutschlands erstes Pagan Metal-Festival“, am 30. und 31. März zum zweiten Mal in der Lichtenfelser Stadthalle in Oberfranken statt.
Mit mindestens 3000 Besuchern nicht nur zahlenmäßig, sondern vor allem vom Eindruck in der Halle und in Lichtenfels her war dieses Jahr mehr Publikum zugegen. Dies macht sich mitunter auch im Hotel bemerkbar, welches den seltenen Anblick rein metallischer Zimmer- und Tischnachbarn bietet.
Der erste Eindruck lässt bereits einige organisatorische Verbesserungen durchscheinen, so gibt es dieses Jahr einen eigenen Stand für Kartenverkauf, Bändchenausgabe, Akkreditierungen und Schlafhalle, auch die gleichzeitige Funktion des Ausgangs als Presseeingang kommt nicht ganz ungelegen. Nur von dem im Voraus angekündigten Banner gegen Faschismus und politische Gewalt ist leider nicht viel zu sehen. Dafür wird die Spenden- und Verlosungsaktion zugunsten Opfer rechtsradikaler Gewalt jedoch wie angekündigt erfolgreich durchgeführt – dazu jedoch später mehr.
FREITAG, 30. März
Musikalisch eröffnet wird das Fest von DAWN OF BLOOD. Die deutsche Band spielt Death Metal der etwas schnelleren Gangart und bietet einen passablen Einstand. Das verteilte Freibier in den vorderen Reihen ist für einige sicherlich ein Grund, dem Auftritt beizuwohnen.
Für den Eröffner solide, aber nicht weiter spektakulär, geht die Band auch noch etwas in den hereinströmenden Massen unter.
SYCRONOMICA wird dann schon etwas mehr Aufmerksamkeit zuteil. Da die Müncher ihren Auftritt 2006 auf dem Ragnarök III aufgrund einer Erkrankung des Schlagzeugers nicht wahrnehmen konnte, wird dieser nun nachgeholt.
Dabei schneiden die Melodic Black Metaller ganz gut ab und können das Publikum halbwegs animieren, welches unter anderem in einen Videomitschnitt miteinbezogen und, quasi als „Belohnung“, im Anschluss mit Jägermeister verköstigt wird.
Gespielt werden „Beyond the Gate of Light“, „Für die Ewigkeit“, „To the River’s End“, „Creations of Mine“, „Farewell Olden World“ und „Paths (of A Forgotten Time)“.
Interessant scheint es daraufhin mit WOLFCHANT zu werden, bildet das Publikum doch für diese Zeit bereits auffallend viele geschlossene und begeisterte Reihen. Der deutschsprachige, mal todes- mal schwarzmetallischere, Folk Metal kann auch ganz gut überzeugen und erhält gute Resonanzen.
WOLFCHANT geben nach einem Intro „A Pagan Storm“, „Ride to Ruhn“, „The Betrayal“, „Guardians of the Forest“, „Blood for Blood“, „Stärkend Trunk aus Feindes Schädel“ und „Praise to All“ zum Besten.
„Misanthropie in E-Moll“ sollen dann FJOERGYN darbieten. Mit Spannung erwarte anscheinend nicht nur ich, wie die von Klassikuntermalungen alá Wagner und Beethoven getragenen Stücke des Albums „Ernte im Herbst“ nun auf der Bühne erklingen würden.
Orchester und Keyboard kommen natürlich vom Band, doch trübt dies den Eindruck nicht wirklich. Denn die allgemein wenig auftretende und noch eher kurz existente Formation kann mit ihren drei Musikern so einiges bieten. Sieht man einmal von den wohl nicht selbstverschuldeten klanglichen Problemen (Rückkopplungen, Komplikationen zu Beginn, unter anderem kein Intro) ab, kann der epische Pagan Metal begeistern.
Beginnend mit „Vom Tod der Träume“, gefolgt von „Fjoergyn“ erklingen mit „Ich sah den Himmel weinen“ und „Katharsis“ zwei neue, vielversprechende Titel.
Dies stößt auf erstaunlich großes Interesse seitens der Besucher. FJOERGYN lassen erhabene, wuchtige Epen erklingen, bei denen neben dem rauen auch der FALKENBACH-artige klare Gesang überzeugt. Energischer als auf CD reißt die teils emotionale Musik mit ihrer interessanten Lyrik und Metaphorik mit. Nach „Des Winters Schmach“, wiederum vom Debütalbum, schließt das neue, sehr mächtige „Sade“ den Auftritt erfolgreich ab.
Als eine der schwärzesten Bands der beiden Tage folgen nun die Norweger KOLDBRANN. Schnell und rhythmisch soll es nun Zeit für raue, kalte und rasantere Klänge sein. Der Eröffner „Alter Befengt“ des aktuellen Albums „Moribund“ macht hier ebenfalls Anfang und mit „Djevelens Treskeverk“ erklingt eines der bekannteren und besten Lieder der Black Metal-Formation.
Doch nicht nur dieses wird mit kreisenden Köpfen und Applaus bedacht, auch der Abschluss, „Inkvisitor Renegat“ (aus früheren Zeiten) reißt mit und erinnert mit seiner Melodie auf positive Weise etwas an SATYRICON, wenngleich KOLDBRANN sonst wenig Ähnlichkeit mit ihren Landsmännern haben.
Darüber hinaus fegen noch „Steinet til Jordan“, „Progorm Pestilent“ und „Kaosmanifest“ durch die Stadthalle.
Die norwegischen HELHEIM habe ich nur am Rande gesehen und kann deshalb nur so viel sagen, dass der Viking Black Metal hier auf der Bühne besser als auf CD klang – schlüssiger und energischer.
Kraftvoll und professionell tun auch die ebenfalls aus Norwegen angereisten VREID der musikalischen Güte keinen Abbruch. Der experimentelle, progressive Black/Death/Thrash Metal der ehemaligen WINDIR-Musiker stößt auf großes Interesse.
Dabei werden einige Titel der letzten Scheibe „Pitch Black Brigade“ gespielt, wie das Titelstück oder auch „Då Draumen Rakna“, welches leicht scherzhaft als „Deutsche Demokratische Republik“ angekündigt wird. Im Allgemeinen klingt die Musik deutlich besser als auf CD.
Neben dem teilweise eingesetzten klaren Gesang ist auch der rauere sehr verständlich und differenziert. Die Lichtuntermalung wird dazu sehr stimmungsvoll gewählt. Zusammen mit den flüssigen Melodien und der Kombination schnellerer und abgehackt rhythmischerer Passagen wird der Auftritt nur durch einen Stromausfall getrübt, der jedoch wieder recht schnell behoben werden kann.
Vor allem musiktechnisch interessant wird es bei MÅNEGARM, übernimmt doch der spielerisch versierte Schlagzeuger Erik Grawsiö hier den Gesang. Vielseitig und recht energisch ergänzen die Schweden ihre Musik durch Geige und Flöte, welche leider etwas zu leise sind.
Der Folk/Viking Metal bewegt sich zwischen Energie, warmer Folklore und friedlich-schönen Klängen, wie zum Beispiel die Akustikpassage eines neuen, langen und guten Stückes deutlich macht. Doch auch die heftigeren Teile, welche zumeist von rauem Schrei- und „Wikinger“-Gesang dominiert werden, wissen zu begeistern. So kann auch das noch deutlich schwarzmetallischere „Daugthers of Eve“ aus den Anfangszeiten punkten.
MÅNEGARM spielen unter anderem noch „Sigrblot“, „Fädernas Kall“ und „Genom Världar Nio“ und verschenken zu guter Letzt noch einige Exemplare ihres neuen Albums „Vargstenen“ und T-Shirts.
Mit Spannung erwartet und nach dem Wegfall von TAAKE zur Hauptband erhoben enttäuschen hingegen KAMPFAR, wobei die Band da wenig dafür kann: Der sehr schlechte, dünne Klang ist wirklich unter aller Sau. Selbst bei einer x-beliebigen Popelgruppe in irgendeiner schäbigen Spelunke erwartet man eine bessere Abmischung. Würde Gitarrist Thomas aufhören zu spielen, würde das wohl kaum aufgefallen.
Sänger Dolk versuchte teilweise eher vergeblich das Publikum zu animieren, welches hier kleiner als noch bei MANEGARM ist, er legt sich aber dennoch mächtig ins Zeug. Es werden „Troll“, „Kledd I Brynje og“, „Ravenheart“, „Troll, dog og Trolldom“, „Bukkeferd“, „Gaman av Drommer“ sowie „Nagelfar/Ragnaroek“, „Hymne“ und „Norse“ gespielt. Sehr schade, dass der Auftritt durch den grottenschlechten Klang so verschandelt wird!
URGEHAL und ANGANTYR sehen dann leider weder Philipp noch ich, wenngleich beide Bands sicherlich interessant sind. [se]
SAMSTAG, 31. März
Ursprünglich für Freitag eingeplant, dann aber aus zeitlichen Gründen seitens der Band in den übervollen Samstag verlegt, haben HELFAHRT die zweifelhafte Ehre, als erste Band um 12.30 Uhr die Leute in die Halle zu treiben.
Hier offenbart sich allerdings besonders deutlich eine sehr erfreuliche Seite dieses Festivals. Es mag am noch etwas kühlen, wenn auch schönen Wetter oder am fehlenden „echten“ Camping liegen, aber an Zuschauern hat es wirklich keiner Band gefehlt. Die Tribünen ohnehin immer gut und gern gefüllt, zeigt sich auch im weiten Winkel vor der Bühne stets eine willige Fanschar, wodurch die frühe Spielzeit in der ohnehin abgedunkelten Halle weder Band noch Zuschauer stören dürfte.
Der Münchner SYCRONOMICA-Ableger um Max Marquardt präsentiert sich solide und bewegt sogar einige Ausgeschlafene zum headbangen. Auch wenn der Sound ein wenig mehr Druck hätte vertragen können, bollert man während der kurzen Spielzeit erhaben und düster die Menge wach. Lieder wie „Markomannenzorn“ garantieren einen netten Tageseinstieg. [pb]
Es folgen KROMLEK, welche vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass sie die zweite Band des Tages sind, sehr viel Zuspruch erhalten. Der teils von Geigerin Aoife begleitete Folk Metal der noch recht jungen Band aus Schweinfurt erinnert in Sachen Melodien (unter anderem aufgrund des Akkordeons) und Rhythmik (zum Beispiel mit stellenweisem Wechselbass) bisweilen an FINNTROLL.
Nicht schlecht, aber noch zu wenig eigenständig und ausgereift ist der größte Kritikpunkt das Keyboard, welches teils einfach zu künstlich klingt. [se]
Wie man die Niederländer von HEIDEVOLK kennt, betreten die Jungs die Bühne in voller Pagan-Montur inklusive den obligatorischen Trinkhörnern. Die beiden stimmgewaltigen Sänger wappnen sich stilecht mit Schwert und Schild und stimmen das Publikum mit motivierenden Schreien auf den bevorstehenden Auftritt ein. Dieser fällt dann, wie erfreulicherweise die meisten am Samstag, ziemlich zufrieden stellend aus.
Die Vokalisten haben die Zuschauer gut im Griff und liefern zu zweit auch eine kräftige Performance ab. Gerade die typischen, heroischen Klargesänge kommen sehr gut rüber. Der Rest der Band überzeugt ebenfalls sowohl bei ruhigeren Songs im Stile von „Het Gelders Volkslied“ als auch bei härteren, wie beispielsweise „Hengist en Horsa“, mit dem man einen einschlagenden
Schlusspunkt setzt. Da am Samstag der Spielplan recht eng geraten ist und somit Verzögerungen beinahe vorprogrammiert sind, muss die Truppe, obwohl die Menge lautstark nach einer Zugabe verlangt, leider recht schnell und plötzlich das Feld räumen.
Da man im Rahmen der laufenden Tour mit GERNOTSHAGEN unterwegs ist und das Publikum wirklich sehr viel Resonanz zeigt, soll es das aber als kleine Zugabe noch nicht ganz für heute gewesen sein. Dazu allerdings später. [pb]
Den folgenden Dreier-Reigen paganmetallischer Gruppen leiten MINAS MORGUL ein. Von Feuer flankiert und mit einem mit Rüstung und Schminke versehenen Sänger läst die Frankfurter (Oder) Band heftiges Liedgut los, welches stellenweise auch mal einen thrash- oder deathartgie Note bekam, so vor allem beim letzten Stück „Stahlpakt 54°“.
Sänger Nidhogg betätigt sich auch als Feuerspucker und versteht es allgemein gut, überzeugend Stimmung zu machen. Durch die etwas gekürzte Spielzeit aufgrund von vorangegangenen Zeitverzögerungen können MINAS MORGUL nur „Väterchen Frost“, „Eyn Meyster des Blutes“, „Blut und Eisen“, „Elektron“, Rocksong“ und den vorher erwähnten Abschluss spielen, zehn Minuten Spielzeit fallen weg.
Mit GERNOTSHAGEN folgt eine der aufstrebensten, jüngeren Bands dieses Genres. Der Pagan Metal mit deutlicher Melodic Black Metal-Schlagseite baut teilweise eine sehr gute Atmosphäre auf.
Dass die sieben Trusetaler Musiker, inklusive Gastsängerin, anscheinend ansprechen, bewies ein Blick ins Publikum, welches im Verlaufe des Auftritts merklich anwächst. Dafür sorgt wohl nicht zuletzt die Abwechslung, für welche neben einigen sehr schönen ruhigen Passagen auch das Keyboard und die ausladenden, teilweise als schnelle Soli vorgetragenen, Gitarrenmelodien verantwortlich sind.
Das harmonische Agieren und Auftreten – welches auch die Kleidung betraf – bedingt ebenfalls den Erfolg und als zum letzten Stück die Tourpartner HEIDEVOLK zum gemeinsamen Abschluss der Tour als letztes Lied „Einherjer“ mit GERNOTSHAGEN zusammen vortragen, war der Applaus nicht nur vor der Bühne sondern auch auf der Empore groß.
Keinen Abbruch tun dieser Euphorie BLACK MESSIAH, welche aufgrund von Zeitverschiebungen im vergangenen Jahr ihren Auftritt nicht wahrnehmen konnten und ihn somit dieses Jahr nachholen.
Eigenständig, von stürmischen Gitarrenwänden getragen trägt die Gelsenkirchener Formation ihren folkloristischen Pagan Metal vor, welcher mit schnelleren, melodiösen Liedern wie „Blutsbruder“ überzeugen kann. Aber auch das traditionelle, schunkelige und fröhliche „Sauflied“ findet viel Zuspruch. Hierbei übernahm Sänger und partieller Gitarrist Zagan auch den Part des Geigers.
Der gute und sichere Auftritt wird darüber hinaus noch durch Akkordeon und Keyboard unterstützt und mit dem sehr schönen, von Geige und drückendem Bass getragenen „Irminsul“ abgeschlossen.
Außerdem zu hören gibt es das Titelstück der Scheibe „Of Myths and Legends“, „Christenfeind“ und „Setting Sails/Riding the Drakkar“. [se]
Dass man bei diesem Festival nicht den Überblick über all diese „Helereien“ verliert ist nicht leicht, aber HEL setzen sich dafür umso deutlicher nicht nur von den Namensvettern, sondern vom Rest der Bands ab. In sich ruhend, düster und stimmungsvoll, manchmal gar doomig präsentiert man sich und nutzt die leider immer noch kurz bemessene Spielzeit um eine gut gemischte Setlist mit Liedern sämtlicher Alben und Schaffensphasen umzusetzen.
Vom neuen Album „Tristheim“ spielt man interessanterweise nur das Intro „Sturmrast“ und füllt das Programm dafür mit alten Songs. Insbesondere das 2006 wiederveröffentlichte Debut „Orloeg“ ist gleich mit dem Viererpack „Erlkönig“, „Wunden“, „Der Weg ist das Ziel“ und „Der See“ vertreten.
Zwar fängt der Livesound die Stimmung der Alben nicht hundertprozentig ein, aber die Zuschauer lauschen dem Geschehen dennoch zufrieden. So manch einem kommt die Verschnaufpause zwischen dem fordernden Auftritt von BLACK MESSIAH und dem bevorstehenden Abfeiern mit ELUVEITIE sicherlich auch gelegen und einmal mehr beweisen die Tribünen ihren Reiz.
Obwohl das Debut der Schweizer von ELUVEITIE mit ihrem 2006 erschienen, allseits gelobten Album „Spirit“ noch nicht all zu lang zurückliegt, werden sie auf dem Ragnarök mit großer Euphorie und einer trotz der frühen Stunde entsprechend großen Zuschauerzahl empfangen.
Wann erlebt man es schon mal, dass neben der Meute vor der Bühne sogar ein beachtlicher Teil auf den erhobenen Sitzplätzen ordentlich die Haare schüttelt? Dank eines beachtlichen Instrumentenarsenals, das zusätzlich zur standardisierten Metalbesetzung über Dudelsack, Geige, diverse Flöten und Drehleier verfügt, erreicht man spielerisch leicht auch ohne Keyboards den vielseitigen und authentischen Plattensound.
Zudem scheint die Band – sichtlich nicht ohne Alkoholeinfluss – bestens gelaunt und man gibt wilde, aber soundtechnisch einwandfreie Knüller des neuen Albums wie etwa den Opener „Your Gaulish War“ oder „Of Fire, Wind & Wisdom“ zum Besten. Ein paar Songs von der kultigen 2003er EP „Ven“ dürfen natürlich auch nicht fehlen und so spielt man das inzwischen mehrfach veröffentlichte „Uis Elveti“ und „Lament“.
ELUVEITIE liefern mit diesem Hammerauftritt sicherlich eine der besten Performances dieses Tages, die an Spielfreude und Spaßfaktor wohl kaum zu übertreffen sind. [pb]
Als wohl folklorischtiste – zumindest das Instrumentarium betreffend – Gruppe ist es nun Zeit für CRUACHAN. Die irische Truppe hat E-Geige, Flöte, Trommel und historisches Saiteninstrumentarium sowie Frauengesang im Gepäck und schafft dadurch eine gut gemachte, innovative Musik.
Die fröhliche warme Stimmung und die Sängerin scheinen nicht jedermans Sache zu sein, aber CRUACHAN machen ihre Sache gut und treten recht locker und gut gelaunt auf, was in Dingen wie dem „großartigen“ Gedicht von John Ryan Will (Geige und Weiteres) mündet: „Mir scheint die Sonne auf die Lense, schau da stand se. Macht nichts sense? Egal!“
Eine ganz andere Art von Stimmung schöpfen dann TÝR. Progressiv anders stellen sich die Viking Metaller von den Faröer Inseln als sehr eigene und gewöhnsbedürftige Band heraus. Neben dem deutlich akzentuierten Bass und den vertrackten Melodien fällt auch der melodische, bewusst etwas schräge und leicht psychedelische Gesang auf.
Doch unter anderem das erfolgreich inszenierte Mitsingspielchen bei „Hail to the Hammer“ beweist, dass TÝR trotz oder gerade wegen ihrer Sonderbarkeit den einen oder anderen mitreißen können.
Neben oben erwähntem Stück gab es noch „The Edge“, „Regin Smiður“, „Ragnarok“, „Wings of Time“ und „Ramnund hin Unge“ zu hören.
Mit SWALLOW THE SUN folgt der alljährliche Exot des RAGNARÖK-Festivals. Als Death/Doom Metal-Formation inmitten schwarz- und paganmetallischer Bands scheinen es die Finnen von vorneherein etwas schwerer zu haben. So schwanden die Zuschauer auch merklich, aber nichtsdestotrotz liefern SWALLOW THE SUN einen sehr guten Auftritt ab. Bei diesem gibt es neben Liedern vom neuen Album „Hope“ („Don’t Fall Asleep“, „These Hours of Despair“) mit „Descending Winters“ auch ein Stück vom Vorgänger „Ghosts Of Loss“ zu hören. Das Debüt „The Morning Never Came“ ist mit „Out of This Gloomy Light“, „Swallow“ und „Deadly Nightshade“ ebenfalls vertreten.
Nun ist es soweit: MOONSORROW treten zum zweiten Mal in Folge als Hauptband auf. Und was soll man sagen? Das Engagement der epischen Pagan Metaller ist kein tröger Aufguss oder eine unnütze Wiederholung des Vorjahres.
Nein, die finnischen Musiker reißen nach dem Intro „Tyven“ von „Voimasta ja Kuuniasta“ auf atemberaubende Art und Weise mit! Deutlich besser als im Vorjahr haben MOONSORROW keinerlei Probleme ihre langen, tiefgründigen Epen und Hymnen überzeugend darzubieten.
Neben allerlei genialen Stücken wie „Pimeä“, „Taistelu Pohjolasta“, „Kylän Päässä“ „Sankaritarina“ und „Pakanjuhla“ gibt es mit „Tuleen Ajetuu Maa“ eine Premiere: Erstmals spielt der Vierer eines der beiden halbstündigen Stück des neuen Werkes „V: Hävitetty“ in abgewandelter, sehr geschickt verkürzter Weise auf einem Konzert. All dies ist so ergreifend, dass man die Augen schließen und ganz in der Musik versinken kann.
Ebenfalls im Vorjahr bereits anwesend, fahren RIGER auch in diesem Jahr wieder eine Riff-Macht auf. Vor allem bei längerer Spielzeit würde die teilweise Eintönigkeit wohl deutlich ins Gewicht gefallen, aber die ostedeutsche Formation konnte – mit neuer Gitarristin verstärkt – dennoch begeistern.
RIGER geben neben „Germania“ auch „Schöpfer der Hetze“ zum Besten, welches der beschränkte, leider wieder präsente, rechtsradikale Besucherteil im Gegensatz zum erstgenannten Titel wohl leider etwas überhöhrt, distanziert doch letzterer von dieser Gesinnung.
Darüber hinaus haben die Frankfurter „Im Graun der Nächte“, „Wjerewulf“, „Des Blutes Stimme“, „Auf die Ahnen“, „Homo Decadencia“, „Angriff“, „Brandschiff“ und „Irminsul“ im Programm.
Als vorletzte Band haben AASKEREIA schon etwas mit dem schwindenden Publikum zu kämpfen. Die Schwarzmetaller können aber – von Corpsepaint und stimmungsvoller, extremer Einnebelung unterstützt – durchaus überzeugen. Der Gesang klingt wider erwarten sehr gut und macht klar, weshalb die Karlsruher so umstritten sind.
Denn die eigenständige, kreischartige Stimme kennt man so eigentlich nur von einer Formation – man erlaube mir aus rein musikalischer Sicht und aus Ermangelung anderer Vergleiche die Erwähnung: BURZUM. Anders als die meisten Black Metal-Truppen bringen AASKEREIA so neben der Akustikgitarre ihre Eigenständigkeit mit sich und schließen das RAGNARÖK-Festival wohl für so einige (mich eingeschlossen) recht gelungen ab.
Die Titelauswahl wird wie folgt getroffen: „Erkenntnis“, „Die Flöten des Pan“, „Mit Raben und Wölfen“, „Der boshafte Geist“, „Des Waldes frost’ger Hauch“, „Aaskereia“, „Der Schwur unserer Ahnen“, „Die Waldteufel“ sowie „Hexensabbat“ und als Zugabe „Der stille Schrei“.
Es folgt noch der „Abräumer“ VARG, welcher von uns jedoch nicht gesehen wird.
Was bleibt abschließend festzuhalten? Wie man sieht, kann das RAGNARÖK IV durch bessere Organisation überzeugen – an dieser Stelle auch ein riesen Lob an die ganzen Bediensteten an den Getränke- und Essensständen: Bei so viel Andrang, Stress und Diskussionen mit teilweise schon recht betrunkenen Gästen weiterhin freundlich und verständnisvoll zu bleiben und auf Anfragen mehrmals trotz nicht-Aufführens auf der Preisliste billig Kaffee zu verkaufen ist wirklich lobenswert!
Auch dem Veranstalter Ivo Raab sei an dieser Stelle Tribut gezollt, leistet der doch wieder (fast) ganze Arbeit und ist allzeit trotz maximaler Einspannung mit einem Lächeln auf dem Gesicht überall zugegen.
Auch die Spendenaktion zugunsten Opfer rechtsradikaler Gewalt soll nicht unerwähnt bleiben. Wie mir die freundlichen Ausrichter der Aktion, Mitglieder des Vereins zur Förderung des Heavy Metal in Bayern, mitteilen, kommen letzten Endes ungefähr 500 Euro zusammen, welche von schätzungsweise 400 Leuten gespendet worden sind – bei gut 3000 Besuchern ein recht ernüchternder Wert, der sich teilweise wohl auch damit begründen lässt, dass der Stand etwas versteckt mittig in der Verkaufshalle liegt.
Ivo und Metal1 steuern im Übrigen auch noch eine sehr beträchtliche Summe bei, sodass am Ende 1.500 Euro als Erlös verbucht werden können und die Bekanntgabe der Gewinnnumern der Bühne aus setzt ein gutes, willkommenes Zeichen gegen entsprechende Gruppierungen und Individuen, welche auf dem RAGNARÖK in den vergangenen Jahr schon immer ein Problem waren…
…und auch in diesem Jahr leider wieder für Unwohlsein sorgen. Man erblickt trotz Distanzierung einige deutlich rechtsradikal motivierte Gestalten, welche unter anderem entsprechende Grüße und Musik mitbrachten. Den versprochenen großen Banner vor der Halle, welcher sich gegen politischen Radikalismus aussprechen sollte, sucht man leider vergebens.
Im kommenden Jahr soll es deshalb eine Security-Streife auf dem Parkplatz geben, sodass entsprechende Leute nicht nur aus der Halle, sondern auch insgesamt vom Gelände verwiesen werden können. Bleibt zu hoffen, dass dies auch so durchgesetzt wird und beim Einlass und in der Halle nochmal deutlich rigoroser durchgegriffen wird.
Ebenso unrühmlich, aber von seiten des Veranstalters kaum vermeidbar, ist das alte Leid in Sachen Dummheit und Moralmangel so mancher Besucher: Es passt nicht ganz zusammen, sich des Heidentums und der Naturverbundenheit zu rühmen bzw. diese musikalisch zu verehren und im nächsten Moment Müll im Gebüsch unterzubringen, Glasflaschen großzügig zersplittert über das Gelände zu verteilen und dergleichen mehr zu tun. Deshalb ist für das kommende Jahr bereits ein Müllpfand angekündigt worden – was in den Köpfen der Menschen wohl trotzdem wenig ändern wird.
Doch ist dies ein größeres Problem mit Individuen schwachen Gemütes, welches nun nicht dem RAGNARÖK-Festival angerechnet werden soll. Denn dies hatte sich in beinahe jeder Hinsicht zum Vorjahr deutlich verbessert und konnte vor allem im wohl bedeutensten Bereich begeistern: Die Bands sind fast durchweg gut bis genial gewesen!