With Full Force XIV
With Full Force XIV
Roitzschjora, Flugplatz
29.06.2007
29.06.2007
Ja, s’war wieder mal schön...
...auf dem kargen Acker, in den sich die Zeltheringe so schwer einschlagen lassen, der sich einmal im Jahr in einen bunten Tummelplatz voller mehr oder weniger Durchgeknallter verwandelt: ein kunterbunt zusammengewürfelter Haufen aus Metalheads, Hardcore-Freaks, Skins, Punks, Hippies und sonstigem partywütigen Volk, der säuft, singt, grölt, tanzt, lacht, sich auszieht, ständig blöd „Slayeeer!“ brüllt und vor allem eins will – laute brutale Musik hören. Mit Mainstage, Hardbowl auf der Tentstage sowie den nächtlichen Specials für die Nimmermüden bot das mittlerweile 14. WITH FULL FORCE-Festival auch wieder ausreichend Gelegenheit dazu. Mit hochkarätigem Billing, unter anderem den drei Headlinern KORN, CHILDREN OF BODOM und der Band, deren Name mit einem „S“ beginnt, lockte Deutschlands härtester Acker eine erhöhte Besucherzahl an. Viel Drängeln und Kuscheln sowie die Eröffnung eines zusätzlichen Zeltplatzes waren die Folgen.
Neben recht gepfefferten Preisen, wieder mal miesem Bier (Reudnitzer) und diversen Band-Ausfällen darf sich die Bloodchamber-Redakteurin gleich zu Beginn über eine ausgedehnte Wartezeit am Pressecontainer ärgern (Was für ein Glück auch, das genau in diesem Moment ein fies kalter Regen vom Himmel kleckern muss. Danke dafür!). Glücklicherweise wurde das Wetter im Laufe der Tage immer besser, bis am Sonntag dann die Sonne heiß und erbarmungslos auf die Massen glotzte. Was soll’s – WFF und rot gebrannter Schädel gehören doch irgendwie zusammen.
Im Vergleich zu anderen Festivals war das WFF auch immer wieder etwas mehr mit möglichen Körperverletzungen oder gefährlichen Überschreitungen von Ekel- und Ästhetikgrenzen verbunden. Moshpits schön und gut - diese hier sollen auch die brutalsten sein – aber wenn es ohne Erstickungsgefahr und Prellungen nicht mehr geht, hört das Ganze auf, Spaß zu machen (Nennt mich Pussy oder alte Schachtel, aber für mich ist das nichts). Während sich einige Leute damit vergnügen, Schlägereien anzustiften, schmieren sich andere von oben bis unten mit Senf und Ketchup ein, zeigen allen, die es nicht sehen wollen, Hintern und Geschlechtsteil, treten vollgeschissene Eimer durch die Gegend oder pissen einfach dorthin, wo sie grad stehen. Ganz klar, auf dem Force braucht man einen ganz besonderen Humor, ein dickes Fell und viel Alkohol im Blut.
Doch hier soll nicht nur gejammert werden: Insgesamt gab es wieder ein sehr spaßiges und ausgelassenes Festival mit massig guten Bands, jederzeit überragendem Zuspruch seitens des Publikums sowie Party-Zelt (leider etwas klein geraten), Cocktail-Bar, Leinwand neben der Mainstage, Autogrammstunden und der Skate-Force als unterhaltsame Specials für die Festival-Gäste. Und nun auf zum musikalischen Rahmenprogramm...[yb]
Freitag, 29. Juni 2007
Die Stimmungskanonen NEAERA als allererste Band des Festivals auf die Tentstage zu schicken, grenzt zwar fast an Verschwendung, dennoch finden sich zu solch früher Stunde schon reichlich Interessenten vor der Bühne ein, um das Münsteraner Power-Paket ordentlich abzufeiern. Zwar kämpft man mit einem nicht ganz so brillanten, zu drum-lastigen Sound, kann die Meute aber zur ersten Wall of Death des Festivals (übrigens insgesamt sehr ausufernd zelebriert) überreden. Einen neuen vielversprechenden Song vom im August erscheinenden neuen Album „Armamentarium“ noch obendrauf - fertig ist der zünftige Muntermacher! [yb]
Anschließend noch einmal schnell rüber geschnipst zu SWALLOW THE SUN, die trotz aller Bemühungen unseren leuchtenden Lieblingshimmelkörper einfach nicht runterschlucken können. Und da es sich bei Tageslicht besonders schlecht abscheißen lässt, schauen die Death-Doom-Anhänger auch etwas deplaziert aus der Wäsche. Musikalisch durchaus ansprechend, insofern man ruhigeren Riffs etwas abgewinnen kann, aber bühnentechnisch eine bewegungslose Schlaftablette. [cr]
SWALLOW THE SUN locken ein mehr als bescheidenes Publikum vor die Mainstage. Die düsteren langsam hämmernden Riffs waren nicht jedermanns Sache. Trotzdem konnten sie musikalisch überzeugen. An der Bühnenshow sollte jedoch noch ein bisschen getüftelt werden. Nur weil sie kein erbarmungsloses Gebretter darbieten, bedeutet das nicht, dass jeder brav eine halbe Stunde lang auf seinem Kreuz stehen bleiben muss. [Hans Maulwurf]
Während zu ONE MAN ARMY & THE UNDEAD QUARTETT noch fröhlich im Takt geklatscht wird, machen sich andere bereits für die nachfolgenden Metalcore-Kings AS I LAY DYING. Wie zu erwarten, räumt der tätowierte Fünfer aus dem sonnigen Kalifornien gewaltig ab. Ein bisschen routiniert wirkt die Bühnenshow schon, aber souverän und unterhaltsam vorgetragene Hymnen wie „94 Hours“, „Confined“ und „Forever“ entfachen einfach eine unglaubliche Stimmung und wohlige Gänsehaut bei Gitarrenmelodie-Fetischisten. [yb)
Die Jungs von EKTOMORF sind die ersten, die die Wiese mal so richtig voll bekommen. Mein Plätzchen war eigentlich ein ganzes Stück weg vom Moshpit gewählt, dennoch fing sofort bei den ersten Akkorden eine beachtliche Menschenmasse an, sich in alle möglichen Richtungen zu bewegen - und ich mittendrin. Also während des ersten Liedes freigekämpft mit allem, was mein kleiner Körper hergab, um dann in Ruhe die Musik zu genießen. Der eingängige Sound und der sympathische Fronter kamen beim Publikum sehr gut an, und die Stimmung war entsprechend groß. EKTOMORF boten viele Titel aus ihrem aktuellen Album, wie die Dauerbrenner „Outcast“ oder „I Choke“. Am Ende waren alle zufrieden, auch wenn der ein oder andere im Pit schwer kaputt gegangen ist. [Hans Maulwurf]
Parallel dazu machen MAROON die Hardbowl unsicher. Mit den gewohnten feuchten Show-Einlagen von Fronter Andre wird im Moshpit eine Bombe nach der anderen gezündet. Die Thüringer nutzen ihren Vorteil sogleich, um einen Song vom Ende des Jahres erscheinenden neuen Album vorzustellen und dabei auf nicht wenige offene Ohren zu stoßen. Zum Abschluss gibt es noch eine Cover-Version der Uralt-Deutschpunk-Band SCHLEIMKEIM, die dem im Mai verstorbenen Leipziger „Heavy Metal – Nix im Scheddel“-Veranstalter Ringo gewidmet wird. [yb]
Von BRUJERIA hatte ich vorher ehrlich gesagt noch nie gehört. Headbanger1986, welcher die Ehre hatte mich zum Flughafen Roitzschjora zu karren, überzeugte mich aber, mir das Spektakel mal anzutun. Eigentlich war der „Metal Mexican Style“ nur als Nebenprojekt von Ex-FEAR FACTORY-Gitarrist Dino Cazares gedacht, fand aber schnell viele Anhänger. Die äußerst geringe Zahl an Zuhörern zeigte jedoch, dass BRUJERIA zumindest hier in Deutschland noch immer ein Geheimtipp sind. Trotzdem ein wirklich geiler Auftritt der grimmigen, maskierten Pseudo-Mexikaner. Gerüchten zu Folge soll SLIPKNOT-Drummer Joey Jordison seine Knüppel über die Schießbude geschwungen haben, wie er es dann auch Abends bei KORN tat. Ihr bekanntester Song „Marijuana“ lief am Ende noch vom Band und führte zur ersten Polonaise des With Full Force. [Hans Maulwurf]
Wo CANNIBAL CORPSE auftauchen, da treffen sich meist jede Menge bluthungriger Menschen, um sich im Geiste gegenseitig die Schädel zu zerschmettern. Unterstützung bekommen sie dabei von einer Band, die seit Jahren den Standard des amerikanischen Death Metals auf einem hohen Niveau beibehält. Seitdem bekannt wurde, dass auch die alten Klassiker aus den Neunzigern trotz Indizierung der Studioalben auch live wieder gespielt werden dürfen, hört man in den Pausen stets heftige Forderungen nach „Hammer Smashed Face“. Gut, dies war zwar früher sicher auch so, aber dieses Mal kann Fronthühne Schorsch den Wunsch der Fans mit einem „not yet“ bis zum Finale aufschieben. Davor gibt’s eine Dreiviertelstunde lang Kostproben aus der späteren Bandgeschichte, wobei mir persönlich besonders der hohe Anteil meines geliebten „The Bleeding“-Albums sehr gut den Rücken runterläuft. [cr]
Zeitgleich zum Death-Inferno auf der Mainstage hat man im Zelt das seltene Vergnügen die Straight-Edge-Veteranen EARTH CRISIS zu erleben. Die ausgehungerten Fans stehen auf jeden Fall Schlange, um als erste in den Moshpit zu dürfen. Brutal geht es nicht nur dort zu, sondern auch auf der Bühne: Hier ist man absolut kompromisslos, sowohl musikalisch als auch die Message betreffend.
Den „Wessen-Shirts-werden-auf-dem-Festival-am-meisten-getragen“-Wettbewerb entscheiden HATEBREED auf dem WFF ganz souverän für sich. Die Redaktion entfernt sich derweil vom leidenschaftlichen Bierzelt-Geprügel, mit dem Jamey Jasta und seine Jungs die Massen zum Leistungssport bewegen, um sich höheren Aufgaben zu widmen. Auch aus einiges Entfernung immer noch eine sehr bewegende Sache.
Positive Aspekte des KORN-Konzerts: Jonathan Davis war erstaunlich gut bei Stimme (wenn es livehaftig war), SLIPKNOT’s Joey Jordison saß hinter einem der zwei, drei Drumsets und verlieh selbst schmusigen KORN-Songs einen mächtigen Drive. Toll auch die sehr geile Version von „Faget“, die anstandslos in das METALLICA-Cover „One“ überging. Nicht so gute Aspekte des Konzerts: Ein neuer Song namens „Evolution“, der insgesamt einfach lasch, einfallslos und ausgebrannt klang und bei dem Davis’ Gesang auf gar keinen Fall richtig live war (Merke! Playback ist kein Metal!), und die lächerliche Aktion, den zweiten Gitarristen im Hintergrund neben dem Schlagzeug abzustellen, damit auch ja jeder mitbekommt, dass er nicht zur Originalbesetzung der Band gehört. Insgesamt überwogen die positiven Aspekte; die komplette Schaffensgeschichte wurde ebenfalls berücksichtigt (von „Blind“ und „Good God“ über „Freak On A Leash“ und „Falling Away From Me“ bis zu „Twisted Transistor“). Also ein würdiger Headliner, wenngleich, und das blieb auch bei den kommenden Mainacts so, pünktlich auf die Minute der Kasten aus sein musste.
Nachdem auf der Mainstage die Lichter aus waren, ging es auf der Zeltbühne mit der berühmt-berüchtigen Knüppelnacht weiter. Eingeleitet wurde das Ganze von den SATYRICON, die live genauso intensiv und nachhaltig wirken wie auf Konserve. Dunkle Atmosphäre pur, ein bestens aufgelegter Satyr als charismatisches Frontschwein und eine Gänsehaut erzeugende Version des Band-Klassikers „Mother North“ – danach muss man sich erst mal erholen. [yb]
Samstag, 30. Juni 2007
VOLBEAT rulen! Das dürfte spätestens nach diesem Auftritt allen klar sein. Mit einer sanften Brise „Elvis-Metal“ wird man am frühen Samstagnachmittag quasi wach geküsst. Die rockenden Dänen sorgen für eine derart positive Stimmung, dass sich auf diesem Festival für kurze Zeit alle an den Händen fassen und zu Gassenhauern wie „Caroline Leaving“, „Rebel Monster“ und der fetzigen Johnny-Cash-Coverversion „Sad Man’s Tongue“ gemütlich im Takt schunkeln wollen. Der Star dieser frühen Stunde ist ganz klar Frontmann Michael Poulsen, der mit großartiger Stimme und viel Ausstrahlung beeindruckt. Das Positive am Negativen: Da die nachfolgend aufspielenden DAGOBA kurzfristig ausfallen, gibt es noch eine extra Portion VOLBEAT mehr für alle. [yb]
Während nebenan auf der Mainstage VOLBEAT eine Riesen-Show boten, zog es mich schweren Herzens zur Hard Bowl, um die seltene Gelegenheit wahrzunehmen, den Schweden BY NIGHT bei der Arbeit zuzuschauen. Knapp fünf Minuten vor Beginn bot sich dort ein lustiges Bild. Gerade mal um die 100 Mann und Frau haben sich versammelt, wovon die Hälfte sogar auf beiden Beinen stand. Recht schnell kamen aber noch zahlreiche hinzu. Trotz der mittäglichen Zeit gaben BY NIGHT alles, inklusive oraler Blutungen bei Sänger schon nach dem ersten Titel. Es wurde sogar beachtlich gemosht. Allerdings plagte BY NIGHT das gleiche Problem wie NEAERA am Vortag und FEAR MY THOUGHTS am nächsten. Der Sound war nicht wirklich überzeugend und so drosch das Schlagzeug viel Riffing und Gesang danieder. Danke an dieser Stelle noch mal an DAGOBA, welche mit Abwesenheit glänzten und mir so noch ausgiebig VOLBEAT verschafften. [Hans Maulwurf]
BENEDICTION sind eine der Bands, von denen man denkt, dass sie meist schon viel länger existieren, als es eigentlich der Fall ist. Wirklich viel hat man von den Engländern in den letzten Jahren bühnentechnisch nicht gehört und auch deren Studioalben sind bezüglich ihres „Kult“-Anteils recht umstritten. Jedenfalls hat man das Gefühl, bei dem nachmittäglichen Auftritt imaginäre Spinnweben an den Bühnenecken auszumachen. Old School kann durchaus auch modern klingen, tut es in diesem Fall aber nicht, so dass nur Freunde von einsilbigem Death Metal der Neunziger einigermaßen auf ihre Kosten kommen. [cr]
Nach dem Oldschool-Deathmetal-Geschwader BENEDICTION wird es auf der Mainstage wieder Zeit für moderne Sounds, und zwar in ihrer gemeinsten Form: LAMB OF GOD aus Richmond, Virginia grooven und riffen sich garstig durch ihre 45 Minuten Spielzeit und verleiten dabei viele Köpfe zum fleißigen Rotieren. Das drahtige Front-Ungeheuer D. Randall Blythe setzt mit urigem Gebrüll auch noch richtig einen drauf und macht die Amis erst recht zu einem echten Festival-Highlight.
Die Enttäuschung folgt auf dem Fuße: Die heiß erwarteten Techno-Metaller STATIC-X müssen wegen ihres kaputten Tourbusses ihre Europa-Tournee abbrechen und können so nicht, wie sehnsüchtig erhofft, auf der Bühne stehen. Als wenig befriedigender Ersatz dürfen die FEAR-FACTORY-Soundalikes ZUUL-FX nochmals auf die Bretter, wo sie dann die selbe Show spielen wie Tags zuvor auf der Hardbowl. [yb]
Also entweder war der Sänger von CALIBAN früher einmal ein Mädchen oder wurde in seiner Kindheit derart unterdrückt, dass er dies nun mit einem derartigen Redebedürfnis kompensieren muss. „Meine Güte, halt doch endlich mal die Klappe“, möchte man ihm entgegenbrüllen, aber dessen ungeachtet schwatzt und schwatzt er immer weiter. Mindestens zwei Songs hätten es ohne Gesabbel mehr sein können, die Wall Of Death muss man dem Publikum nicht unbedingt aufzwingen, nur „weil das immer kommt an dieser Stelle“, und dass Gitarristen meistens nicht singen können, das wird uns auch bei jedem Auftritt der dieses Mal mit blutigen Fetzen auftretenden Ruhrpöttler bewusst. [cr]
Nach zwei Songs von CALIBAN verlässt man den Platz vor der Mainstage zugunsten von WALLS OF JERICHO, die just in diesem Moment mit ihrem SLAYER meets Hardcore-Soundgebräu die Hardbowl in Schutt und Asche legen. Das zarte Frontfräulein Candace kann ganz lässig mit ihren männlichen Kollegen mithalten und wickelt die Meute um den Finger, bis der Moshpit förmlich zu kochen scheint. Mit lautem Gesang schaffen es alle zusammen dann, die Band für eine Zugabe auf die Bühne zurück zu bewegen. [yb]
AMON AMARTH hatte ich im Grunde eigentlich schon abgeschrieben. Durch ihre exzessiven Touren im letzten Jahr wurde ich mehr als übersättigt vom Sound der Wahlwikinger. Aber nach längerer Abstinenz können die Schweden um Frontbauch Johan Hegg wieder das alte Feuer entfachen. Die eingängigen Riffs knallen wieder ordentlich rein, so dass die Rübe zu wackeln beginnt. Die übliche Low-Level-Kommunikation über das multilinguale Zuprosten wird einfach aufgeblendet. Die wohlige Wärme der zuckenden Feuerblitze vor, hinter und neben der Bühne wird positiv zur Kenntnis genommen. Und letzten Endes macht das virtuelle Abschlachten der bösen Eindringlinge wieder ordentlich Spaß. [cr]
Die regelmäßig auf dem WFF gastierenden Hardcore-Veteranen SICK OF IT ALL müssen danach leider einem allgemeinen Hungergefühl zum Fraß vorgeworfen werden.
Während sich die Kollegen beim Auftritt von CHILDREN OF BODOM demonstrativ zum Protestduschen verabreden, überzeuge ich mich lieber selbst davon, ob die immer noch irgendwie jung wirkenden Finnen (gibt’s aber auch schon ab ’93) auch der Headliner-Position gerecht werden können. Musikalisch zumindest kann man ihnen keinen Vorwurf machen. Die Flitzefinger bieten auch auf der großen Bühne mitreißende Gitarrenriffs, spritzige Soli und klimpernde Keyboards. Allerdings lassen die Manieren von Mikroträger Alexi Laiho derart zu wünschen übrig, dass das Publikum regelrecht aggressiv wird, aber diesmal in der negativen Version. Mit einem beschränkten Vokabular, in dem jedes zweite Wort ein „Fuck“ ist, an dem aber sicher nicht einmal Tarantino seine Freude gehabt hätte, krakeelt er wie ein Viertklässler irgendwelche Parolen hinaus, so dass man sich einfach nur noch für ihn schämen kann. Wer denkt, die Ansagen des EKTOMORF-Fronters sind primitiv, der wird hier eines besseren belehrt. Mag sein, dass man zur späten Stunde bereits ordentlich einen getrunken hat, aber selbst für Finnen ist das keine legitime Ausrede. Kein Wunder, dass Großmütter denken, Metal macht dumm. Nunja, das anschließende pompöse Feuerwerk hebt jedenfalls die Laune wieder auf ein angenehmes Level. [cr]
Saturday Night Fever
Von KNORKATOR habe ich vor diesem Abend nie bewusst ein Lied gehört. Vom Hörensagen hielt ich sie für eine vulgäre Band ohne Sinn und Verstand, die kaum drei Akkorde beherrscht. Auch wenn sie in der Tat vulgär sind, und sich selbst ebenso mit keinerlei Ernsthaftigkeit betrachten, so muss man trotzdem sagen, dass sie keinesfalls hirnlos sind, und schlecht spielen tun sie schon gar nicht. In Wirklichkeit haben sie ein unglaubliches Verständnis für eingängige Melodien und Rhythmen - und der Sänger eine außergewöhnliche Stimme. Mich haben KNORKATOR erst an diesen Abend überzeugt, während es ihnen bei anderen schon lange gelungen ist. So war die Tentstage zum Bersten voll mit textsicheren Fans. Lustig war’s allemal, und ich würde es mir immer wieder geben.
Ich wette niemand auf dem With Full Force wird gesagt haben: „Oh geil, NEVILLE STAPLE’S SPECIALS sind auch dabei. Da fahr ich auf jeden Fall hin“. So wirklich ins Billing passte der Reggea-lastige Ska auch wirklich nicht. Trotzdem versammelten sich erstaunlich viele Leute, um den sanften Klängen zu frönen. Die Gammel Musik kam scheinbar den meisten sehr gelegen und so wurde, man höre und staune, am Ende sogar von der ganzen Tentstage eine Zugabe gefordert.
Weiß der Teufel, was sich PETER PAN SPEEDROCK bei ihrem Namen gedacht haben, aber Programm ist er jedenfalls. Der Sound stachelt extrem dazu an, die Hufe zu schwingen. Da es fällt schwer zu widerstehen. Trotzdem sind viele nachts um zwei einfach zu geschafft und nehmen die Töne entspannt von außerhalb auf. Nicht wenige jedoch stehen gerade jetzt genau in der Mitte und lassen die Sau raus, wenn PPSR bei Liedern über Frauen und Autos ordentlich Gas geben. [Hans Maulwurf]
Sonntag, 1. Juli 2007
Guten Morgen, liebe Sonne! Heute verwöhnst Du uns aber mal wieder...fast zu viel. Schweiß rinnt, Kopf ist rot und Aktivität wird bei sengender Hitze eher klein geschrieben. Aber am letzten Tag des Festivals warten noch einige Highlights darauf, genossen zu werden. FINAL PRAYER, die als erste auf der Hardbowl lärmen und MANOS, welche auf der Mainstage mit unschuldigen Tannenbäumen herumalbern, fallen dabei aber eher der allgemeinen Mittagsträgheit zum Opfer.
Ganz anders verhält sich die Situation danach bei UNEARTH, die leider viel zu früh und zu kurz an den Start geschickt wurden (wären auf dem Headliner-Posten der Hardbowl viel besser aufgehoben gewesen, aber dort mussten ja die unmöglichen KASSIERER rumprollen). Es ist der letzte Gig auf der Europa-Tour der Band, und das merkt man auch – das hat man alles schon mal mit sehr viel mehr Energie gesehen. Dennoch geht im Pit vor der Mainstage ordentlich die Post ab, und die fast schon Klassiker-Format innehabenden Übersongs „Zombie Autopilot“, „Endless“ und „Black Hearts Now Reign“ zünden auch zu so früher Stunde ungemein. [yb]
Vor SONIC SYNDICATE werde ich aus vielen Mündern gewarnt, wenn ich im Vorfeld nach deren Musik frage. Lediglich die Bassistin wäre einen oder mehrere Blicke wert. Als risikobereiter Entdecker wage ich mich aber dennoch nach vorn und werde wirklich positiv überrascht. Trotz der üblichen Gemeinsamkeiten des schwedischen melodischen (Death) Metals, können vor allem der zweistimmige Gesang und die tollen Melodien begeistern. Klar kann man der Band den Vorwurf des Plagiats an den Kopf werfen, nichtsdestotrotz haben sie mich wirklich großartig unterhalten. [cr]
Nachdem die eher belanglos musizierenden SONIC SYNDICATE dem um sie zelebriertem Hype nicht mal ansatzweise gerecht geworden sind, setzen CHIMAIRA zum musikalischen Rundumschlag an. Auch sie wirken von der Hitze etwas in ihrer Energie gebremst, wecken aber mit knallhart groovenden Riffs und einer handvoll komplexer Modern-Thrash-Granaten wieder sämtliche Lebensgeister.
Für die danach auf der Zeltbühne spielenden deutschen Melodic Deather FEAR MY THOUGHTS ist „träge“ ein Fremdwort – auf jeden Fall bieten sie die energiegeladenste Show des Tages. Bei so viel Spaß auf der Bühne und mitreißenden Songs wird die anfangs etwas dünn besiedelte Hardbowl auch wieder proppevoll. Auch wenn Frontmann Matze lieber mit viel Headbangen einen Beitrag gegen die Erderwärmung leisten möchte, lässt sich das vor der Bühne tollende Publikum auch hier ihre Wall Of Death nicht nehmen. [yb]
LOUSY aus Chemnitz waren quasi die Lokalhelden beim Full Force. Der obligatorisch inflationäre Gebrauch des „F-Wortes“ bei den Sängern der Bands war schon das ganze Festival über auffällig. Deshalb machte sich der Frontmann von LOUSY daran, dies ein wenig auf die Schippe zu nehmen und sorgte damit für viel Erheiterung unter dem Planendach. Die kraftvoll bretternden Punk-Hymnen animieren ordentlich zum Mitwippen beziehungsweise zum Mitpogen, wenn man denn will. Alles in allem ein sehr cooler Auftritt. [Hans Maulwurf]
Akustikgitarre: Check. Dudelsack: Check. Flöte: Check. Akkordeon: Check. Mandoline: Check. Na dann kann’s für die DROPKICK MURPHYS ja los gehen. Die Kapelle selbst kommt aus Boston und ist dementsprechend „very irish“. Eine große Anzahl von Besuchern kam aus den Löchern gekrochen, um sich die Folkpunk-Kante der MURPHYS zu geben, und die Stimmung war wirklich gut. Am Anfang tauchen noch zwei Gestalten in meiner Nähe auf, die offenbar in Senf und Ketchup gebadet hatten und schlagen eine tiefe Presche von Ekel in die Reihen der Fans. Kurz darauf erscheinen die beiden wieder und schaffen eine recht große Freifläche. Ein paar hygienischere Menschen gesellen sich dazu, und man bespuckt sich anfangs noch fröhlich mit Bier. Später aber verlieren sie ihre Kontaktscheu und es entsteht ein, ich nenne es mal „Folkpit“, zu den Klängen der DROPKICK MURPHYS, inklusive der zweiten Polonaise des Festivals. Ohne Probleme schafft es das Ensemble, die Masse zum Singen und Tanzen zu bewegen, während sie ihre großen Titel „Forever“ und „The Auld Triangle“ anstimmen. Nach VOLBEAT für mich der beste Auftritt des Festivals. So viele lustige Metaller sieht man selten auf einem Haufen. [Hans Maulwurf]
Was soll man über SLAYER noch groß erzählen? Wo die Thrash-Legende auftaucht, da rasten die Fans aus. Die alten Haudegen aus Nostalgie, die Jüngeren, weil sie denken, dass das einfach dazu gehört. Und auch wenn ich jegliche Ikonisierung verabscheue, muss man sich schon eingestehen, dass irgendetwas an den Jungs dran ist. Vergessen ist die Erinnerung an den letzten grausigen Auftritt der Amerikaner, im Hier und Jetzt fetzen Klassiker wie „Raining Blood“, „Angel Of Death“ oder „Hell Awaits“ ordentlich den Schmalz aus den Ohren. Aber auch neuere Stücke wie „Jihad“ oder „God Hates Us All“ stehen dem in nichts nach. Anscheinend weiß die Band genau, was ihre Fans hören wollen, denn ihre Songauswahl scheint bereits seit Jahren so gut wie festgefahren zu sein. Keine Spur von Überdruss, dafür eher das routinierte Auftreten von Musikern, die bereits seit vielen Jahren geliebt werden. Hier und da mal einen altbekannten Spruch, dann die üblichen Pausen, um sich feiern zu lassen. Nein, wirklich engagieren braucht sich diese Band nicht mehr – und das merkt man leider auch. [cr]
Genau Letzteres ist der springende Punkt: „SLAYER“ brüllen ist vielleicht ganz lustig, SLAYER sehen aber eher zum Wegpennen. Da kann ich mir „Raining Blood“, „Angel Of Death“ und „South Of Heaven“ auch zuhause anhören, das macht genauso viel Spaß. Glücklicherweise ist nächstes Jahr erst mal wieder Ruhe damit. [yb]
The Last Supper
Wenn man TURISAS zum ersten Mal erblickt, gehen einem sicher viele konfuse Gedanken durch den Kopf: Warum haben diese Menschen im Sommer Felljacken an? Warum müssen sie sich zusätzlich noch mit Blut beschmieren? Warum müssen die solch komische Posen und verzerrte Gesichter machen? Warum ist diese Musik so verspielt, klimperig und erinnert manchmal an Kinderlieder? Und warum zum Teufel tickt das Publikum so aus? Routinierte Wiedergänger antworten darauf mit: Weil es Finnen sind, und die eh einen an der Klatsche haben, und das Publikum Angst hat, wenn es nicht mitmacht, wird es irgendwann mit einem teuflischen Grinsen rücklings erdolcht. Manche sollen aber durchaus Spaß an den eingängigen Tanzmelodien und den Singspielchen zu haben, auch wenn man damit unweigerlich zugibt, kein pöser Pursche zu sein.
THE VISION BLEAK ersetzen CREMATORY, das sorgt für feuchte Augen. Noch nie habe ich meine persönliche Überraschungsband live gesehen, und leider muss ich eingestehen, dass ich es so schnell auch nicht wieder tun werde. Denn großartige Songs hin oder her, eine Liveband ist das auf keinen Fall. Der Gesang verliert sehr viel von seiner Magie, wenn ein von einem steifen Sänger vorgetragen wird, der wohl irgendwo gelesen hat, dass es seine Aufgabe ist, das Publikum zum Mitmachen zu animieren, dies aber lediglich in nervigen und kaum beachteten Hey-Rufen ausdrücken kann. Auch die vielen kleinen Details, welche die Studiosongs ausmachen, sind live nur zu erahnen, so dass die große Erwartungshaltung nicht mal ansatzweise erfüllt werden kann. Leute, lasst das lieber, ihr gehört in euer Kämmerlein, wo ihr weiter tolle Songs schreiben und aufnehmen könnt. Überlasst das Auftreten lieber den charismatischeren Kollegen.
PAIN habe ich leider nicht mehr visuell erfassen können, aber man weiß ja durchaus, wie tief Peters Augenringe geworden sind. Um sich zu überzeugen, dass sie nachts um 2 sicher bis zum Kinn gehen, dafür muss man wirklich nicht extra in der Kälte stehen bleiben. Musikalisch kann man jedenfalls mit den neuen Songs vom aktuellen Album durchaus einige neue Akzente setzen, die bekannten älteren Stücke gibt’s gratis dazu. Und dann ist es auch schon vorbei, das 14. With Full Force. Die Fanfaren erklingen, die Bühne wird bereits abmontiert und die letzten Hartgesottenen suchen sich ihren Weg zurück ins eigene Zeltchen.
…och, schon wieder vorbei.
Abschließend gesehen war dies persönlich wohl mein beschaulichstes With Full Force. Unser Zeltplatz war perfekt gelegen, die Örtlichkeiten meistens begehbar, das Wetter trotz vorheriger Bedenken durchaus annehmbar, und die Verluste hielten sich im üblichen Rahmen. Allgemein keimte der Verdacht auf, die WFF-Besucher könnten etwas ruhiger geworden sein. So stellte sich der fotografische Rundgang über den Zeltplatz auf der Suche nach Kuriositäten als recht ernüchternd heraus. Die Menge schien sich aber eher vor der Bühne auszutoben, was sich vor allem in einer erhöhten Circlepit-Bereitschaft und den häufigeren (freiwillig in Kauf genommenen) Verletzungen äußerte. Und just in dem Moment, als ich den ansonsten so einfallsreichen Freaks schon eine gewisse Müdigkeit andichten wollte, verblüfften sie mich mit selbstgebauten Pissrinnen direkt neben dem Zelt sowie einem vollgeschissenen Plastikeimer, der wild über den Hauptgang getreten wurde. Na Mahlzeit! [cr]
Fotos von Yvonne; TURISAS, THE VISION BLEAK und Zeltplatz-/Publikumsimpressionen von Christian
Vielen Dank an Hans Maulwurf für seine Hilfe bei der Berichterstattung.
...auf dem kargen Acker, in den sich die Zeltheringe so schwer einschlagen lassen, der sich einmal im Jahr in einen bunten Tummelplatz voller mehr oder weniger Durchgeknallter verwandelt: ein kunterbunt zusammengewürfelter Haufen aus Metalheads, Hardcore-Freaks, Skins, Punks, Hippies und sonstigem partywütigen Volk, der säuft, singt, grölt, tanzt, lacht, sich auszieht, ständig blöd „Slayeeer!“ brüllt und vor allem eins will – laute brutale Musik hören. Mit Mainstage, Hardbowl auf der Tentstage sowie den nächtlichen Specials für die Nimmermüden bot das mittlerweile 14. WITH FULL FORCE-Festival auch wieder ausreichend Gelegenheit dazu. Mit hochkarätigem Billing, unter anderem den drei Headlinern KORN, CHILDREN OF BODOM und der Band, deren Name mit einem „S“ beginnt, lockte Deutschlands härtester Acker eine erhöhte Besucherzahl an. Viel Drängeln und Kuscheln sowie die Eröffnung eines zusätzlichen Zeltplatzes waren die Folgen.
Neben recht gepfefferten Preisen, wieder mal miesem Bier (Reudnitzer) und diversen Band-Ausfällen darf sich die Bloodchamber-Redakteurin gleich zu Beginn über eine ausgedehnte Wartezeit am Pressecontainer ärgern (Was für ein Glück auch, das genau in diesem Moment ein fies kalter Regen vom Himmel kleckern muss. Danke dafür!). Glücklicherweise wurde das Wetter im Laufe der Tage immer besser, bis am Sonntag dann die Sonne heiß und erbarmungslos auf die Massen glotzte. Was soll’s – WFF und rot gebrannter Schädel gehören doch irgendwie zusammen.
Im Vergleich zu anderen Festivals war das WFF auch immer wieder etwas mehr mit möglichen Körperverletzungen oder gefährlichen Überschreitungen von Ekel- und Ästhetikgrenzen verbunden. Moshpits schön und gut - diese hier sollen auch die brutalsten sein – aber wenn es ohne Erstickungsgefahr und Prellungen nicht mehr geht, hört das Ganze auf, Spaß zu machen (Nennt mich Pussy oder alte Schachtel, aber für mich ist das nichts). Während sich einige Leute damit vergnügen, Schlägereien anzustiften, schmieren sich andere von oben bis unten mit Senf und Ketchup ein, zeigen allen, die es nicht sehen wollen, Hintern und Geschlechtsteil, treten vollgeschissene Eimer durch die Gegend oder pissen einfach dorthin, wo sie grad stehen. Ganz klar, auf dem Force braucht man einen ganz besonderen Humor, ein dickes Fell und viel Alkohol im Blut.
Doch hier soll nicht nur gejammert werden: Insgesamt gab es wieder ein sehr spaßiges und ausgelassenes Festival mit massig guten Bands, jederzeit überragendem Zuspruch seitens des Publikums sowie Party-Zelt (leider etwas klein geraten), Cocktail-Bar, Leinwand neben der Mainstage, Autogrammstunden und der Skate-Force als unterhaltsame Specials für die Festival-Gäste. Und nun auf zum musikalischen Rahmenprogramm...[yb]
Freitag, 29. Juni 2007
Die Stimmungskanonen NEAERA als allererste Band des Festivals auf die Tentstage zu schicken, grenzt zwar fast an Verschwendung, dennoch finden sich zu solch früher Stunde schon reichlich Interessenten vor der Bühne ein, um das Münsteraner Power-Paket ordentlich abzufeiern. Zwar kämpft man mit einem nicht ganz so brillanten, zu drum-lastigen Sound, kann die Meute aber zur ersten Wall of Death des Festivals (übrigens insgesamt sehr ausufernd zelebriert) überreden. Einen neuen vielversprechenden Song vom im August erscheinenden neuen Album „Armamentarium“ noch obendrauf - fertig ist der zünftige Muntermacher! [yb]
Anschließend noch einmal schnell rüber geschnipst zu SWALLOW THE SUN, die trotz aller Bemühungen unseren leuchtenden Lieblingshimmelkörper einfach nicht runterschlucken können. Und da es sich bei Tageslicht besonders schlecht abscheißen lässt, schauen die Death-Doom-Anhänger auch etwas deplaziert aus der Wäsche. Musikalisch durchaus ansprechend, insofern man ruhigeren Riffs etwas abgewinnen kann, aber bühnentechnisch eine bewegungslose Schlaftablette. [cr]
SWALLOW THE SUN locken ein mehr als bescheidenes Publikum vor die Mainstage. Die düsteren langsam hämmernden Riffs waren nicht jedermanns Sache. Trotzdem konnten sie musikalisch überzeugen. An der Bühnenshow sollte jedoch noch ein bisschen getüftelt werden. Nur weil sie kein erbarmungsloses Gebretter darbieten, bedeutet das nicht, dass jeder brav eine halbe Stunde lang auf seinem Kreuz stehen bleiben muss. [Hans Maulwurf]
Während zu ONE MAN ARMY & THE UNDEAD QUARTETT noch fröhlich im Takt geklatscht wird, machen sich andere bereits für die nachfolgenden Metalcore-Kings AS I LAY DYING. Wie zu erwarten, räumt der tätowierte Fünfer aus dem sonnigen Kalifornien gewaltig ab. Ein bisschen routiniert wirkt die Bühnenshow schon, aber souverän und unterhaltsam vorgetragene Hymnen wie „94 Hours“, „Confined“ und „Forever“ entfachen einfach eine unglaubliche Stimmung und wohlige Gänsehaut bei Gitarrenmelodie-Fetischisten. [yb)
Die Jungs von EKTOMORF sind die ersten, die die Wiese mal so richtig voll bekommen. Mein Plätzchen war eigentlich ein ganzes Stück weg vom Moshpit gewählt, dennoch fing sofort bei den ersten Akkorden eine beachtliche Menschenmasse an, sich in alle möglichen Richtungen zu bewegen - und ich mittendrin. Also während des ersten Liedes freigekämpft mit allem, was mein kleiner Körper hergab, um dann in Ruhe die Musik zu genießen. Der eingängige Sound und der sympathische Fronter kamen beim Publikum sehr gut an, und die Stimmung war entsprechend groß. EKTOMORF boten viele Titel aus ihrem aktuellen Album, wie die Dauerbrenner „Outcast“ oder „I Choke“. Am Ende waren alle zufrieden, auch wenn der ein oder andere im Pit schwer kaputt gegangen ist. [Hans Maulwurf]
Parallel dazu machen MAROON die Hardbowl unsicher. Mit den gewohnten feuchten Show-Einlagen von Fronter Andre wird im Moshpit eine Bombe nach der anderen gezündet. Die Thüringer nutzen ihren Vorteil sogleich, um einen Song vom Ende des Jahres erscheinenden neuen Album vorzustellen und dabei auf nicht wenige offene Ohren zu stoßen. Zum Abschluss gibt es noch eine Cover-Version der Uralt-Deutschpunk-Band SCHLEIMKEIM, die dem im Mai verstorbenen Leipziger „Heavy Metal – Nix im Scheddel“-Veranstalter Ringo gewidmet wird. [yb]
Von BRUJERIA hatte ich vorher ehrlich gesagt noch nie gehört. Headbanger1986, welcher die Ehre hatte mich zum Flughafen Roitzschjora zu karren, überzeugte mich aber, mir das Spektakel mal anzutun. Eigentlich war der „Metal Mexican Style“ nur als Nebenprojekt von Ex-FEAR FACTORY-Gitarrist Dino Cazares gedacht, fand aber schnell viele Anhänger. Die äußerst geringe Zahl an Zuhörern zeigte jedoch, dass BRUJERIA zumindest hier in Deutschland noch immer ein Geheimtipp sind. Trotzdem ein wirklich geiler Auftritt der grimmigen, maskierten Pseudo-Mexikaner. Gerüchten zu Folge soll SLIPKNOT-Drummer Joey Jordison seine Knüppel über die Schießbude geschwungen haben, wie er es dann auch Abends bei KORN tat. Ihr bekanntester Song „Marijuana“ lief am Ende noch vom Band und führte zur ersten Polonaise des With Full Force. [Hans Maulwurf]
Wo CANNIBAL CORPSE auftauchen, da treffen sich meist jede Menge bluthungriger Menschen, um sich im Geiste gegenseitig die Schädel zu zerschmettern. Unterstützung bekommen sie dabei von einer Band, die seit Jahren den Standard des amerikanischen Death Metals auf einem hohen Niveau beibehält. Seitdem bekannt wurde, dass auch die alten Klassiker aus den Neunzigern trotz Indizierung der Studioalben auch live wieder gespielt werden dürfen, hört man in den Pausen stets heftige Forderungen nach „Hammer Smashed Face“. Gut, dies war zwar früher sicher auch so, aber dieses Mal kann Fronthühne Schorsch den Wunsch der Fans mit einem „not yet“ bis zum Finale aufschieben. Davor gibt’s eine Dreiviertelstunde lang Kostproben aus der späteren Bandgeschichte, wobei mir persönlich besonders der hohe Anteil meines geliebten „The Bleeding“-Albums sehr gut den Rücken runterläuft. [cr]
Zeitgleich zum Death-Inferno auf der Mainstage hat man im Zelt das seltene Vergnügen die Straight-Edge-Veteranen EARTH CRISIS zu erleben. Die ausgehungerten Fans stehen auf jeden Fall Schlange, um als erste in den Moshpit zu dürfen. Brutal geht es nicht nur dort zu, sondern auch auf der Bühne: Hier ist man absolut kompromisslos, sowohl musikalisch als auch die Message betreffend.
Den „Wessen-Shirts-werden-auf-dem-Festival-am-meisten-getragen“-Wettbewerb entscheiden HATEBREED auf dem WFF ganz souverän für sich. Die Redaktion entfernt sich derweil vom leidenschaftlichen Bierzelt-Geprügel, mit dem Jamey Jasta und seine Jungs die Massen zum Leistungssport bewegen, um sich höheren Aufgaben zu widmen. Auch aus einiges Entfernung immer noch eine sehr bewegende Sache.
Positive Aspekte des KORN-Konzerts: Jonathan Davis war erstaunlich gut bei Stimme (wenn es livehaftig war), SLIPKNOT’s Joey Jordison saß hinter einem der zwei, drei Drumsets und verlieh selbst schmusigen KORN-Songs einen mächtigen Drive. Toll auch die sehr geile Version von „Faget“, die anstandslos in das METALLICA-Cover „One“ überging. Nicht so gute Aspekte des Konzerts: Ein neuer Song namens „Evolution“, der insgesamt einfach lasch, einfallslos und ausgebrannt klang und bei dem Davis’ Gesang auf gar keinen Fall richtig live war (Merke! Playback ist kein Metal!), und die lächerliche Aktion, den zweiten Gitarristen im Hintergrund neben dem Schlagzeug abzustellen, damit auch ja jeder mitbekommt, dass er nicht zur Originalbesetzung der Band gehört. Insgesamt überwogen die positiven Aspekte; die komplette Schaffensgeschichte wurde ebenfalls berücksichtigt (von „Blind“ und „Good God“ über „Freak On A Leash“ und „Falling Away From Me“ bis zu „Twisted Transistor“). Also ein würdiger Headliner, wenngleich, und das blieb auch bei den kommenden Mainacts so, pünktlich auf die Minute der Kasten aus sein musste.
Nachdem auf der Mainstage die Lichter aus waren, ging es auf der Zeltbühne mit der berühmt-berüchtigen Knüppelnacht weiter. Eingeleitet wurde das Ganze von den SATYRICON, die live genauso intensiv und nachhaltig wirken wie auf Konserve. Dunkle Atmosphäre pur, ein bestens aufgelegter Satyr als charismatisches Frontschwein und eine Gänsehaut erzeugende Version des Band-Klassikers „Mother North“ – danach muss man sich erst mal erholen. [yb]
Samstag, 30. Juni 2007
VOLBEAT rulen! Das dürfte spätestens nach diesem Auftritt allen klar sein. Mit einer sanften Brise „Elvis-Metal“ wird man am frühen Samstagnachmittag quasi wach geküsst. Die rockenden Dänen sorgen für eine derart positive Stimmung, dass sich auf diesem Festival für kurze Zeit alle an den Händen fassen und zu Gassenhauern wie „Caroline Leaving“, „Rebel Monster“ und der fetzigen Johnny-Cash-Coverversion „Sad Man’s Tongue“ gemütlich im Takt schunkeln wollen. Der Star dieser frühen Stunde ist ganz klar Frontmann Michael Poulsen, der mit großartiger Stimme und viel Ausstrahlung beeindruckt. Das Positive am Negativen: Da die nachfolgend aufspielenden DAGOBA kurzfristig ausfallen, gibt es noch eine extra Portion VOLBEAT mehr für alle. [yb]
Während nebenan auf der Mainstage VOLBEAT eine Riesen-Show boten, zog es mich schweren Herzens zur Hard Bowl, um die seltene Gelegenheit wahrzunehmen, den Schweden BY NIGHT bei der Arbeit zuzuschauen. Knapp fünf Minuten vor Beginn bot sich dort ein lustiges Bild. Gerade mal um die 100 Mann und Frau haben sich versammelt, wovon die Hälfte sogar auf beiden Beinen stand. Recht schnell kamen aber noch zahlreiche hinzu. Trotz der mittäglichen Zeit gaben BY NIGHT alles, inklusive oraler Blutungen bei Sänger schon nach dem ersten Titel. Es wurde sogar beachtlich gemosht. Allerdings plagte BY NIGHT das gleiche Problem wie NEAERA am Vortag und FEAR MY THOUGHTS am nächsten. Der Sound war nicht wirklich überzeugend und so drosch das Schlagzeug viel Riffing und Gesang danieder. Danke an dieser Stelle noch mal an DAGOBA, welche mit Abwesenheit glänzten und mir so noch ausgiebig VOLBEAT verschafften. [Hans Maulwurf]
BENEDICTION sind eine der Bands, von denen man denkt, dass sie meist schon viel länger existieren, als es eigentlich der Fall ist. Wirklich viel hat man von den Engländern in den letzten Jahren bühnentechnisch nicht gehört und auch deren Studioalben sind bezüglich ihres „Kult“-Anteils recht umstritten. Jedenfalls hat man das Gefühl, bei dem nachmittäglichen Auftritt imaginäre Spinnweben an den Bühnenecken auszumachen. Old School kann durchaus auch modern klingen, tut es in diesem Fall aber nicht, so dass nur Freunde von einsilbigem Death Metal der Neunziger einigermaßen auf ihre Kosten kommen. [cr]
Nach dem Oldschool-Deathmetal-Geschwader BENEDICTION wird es auf der Mainstage wieder Zeit für moderne Sounds, und zwar in ihrer gemeinsten Form: LAMB OF GOD aus Richmond, Virginia grooven und riffen sich garstig durch ihre 45 Minuten Spielzeit und verleiten dabei viele Köpfe zum fleißigen Rotieren. Das drahtige Front-Ungeheuer D. Randall Blythe setzt mit urigem Gebrüll auch noch richtig einen drauf und macht die Amis erst recht zu einem echten Festival-Highlight.
Die Enttäuschung folgt auf dem Fuße: Die heiß erwarteten Techno-Metaller STATIC-X müssen wegen ihres kaputten Tourbusses ihre Europa-Tournee abbrechen und können so nicht, wie sehnsüchtig erhofft, auf der Bühne stehen. Als wenig befriedigender Ersatz dürfen die FEAR-FACTORY-Soundalikes ZUUL-FX nochmals auf die Bretter, wo sie dann die selbe Show spielen wie Tags zuvor auf der Hardbowl. [yb]
Also entweder war der Sänger von CALIBAN früher einmal ein Mädchen oder wurde in seiner Kindheit derart unterdrückt, dass er dies nun mit einem derartigen Redebedürfnis kompensieren muss. „Meine Güte, halt doch endlich mal die Klappe“, möchte man ihm entgegenbrüllen, aber dessen ungeachtet schwatzt und schwatzt er immer weiter. Mindestens zwei Songs hätten es ohne Gesabbel mehr sein können, die Wall Of Death muss man dem Publikum nicht unbedingt aufzwingen, nur „weil das immer kommt an dieser Stelle“, und dass Gitarristen meistens nicht singen können, das wird uns auch bei jedem Auftritt der dieses Mal mit blutigen Fetzen auftretenden Ruhrpöttler bewusst. [cr]
Nach zwei Songs von CALIBAN verlässt man den Platz vor der Mainstage zugunsten von WALLS OF JERICHO, die just in diesem Moment mit ihrem SLAYER meets Hardcore-Soundgebräu die Hardbowl in Schutt und Asche legen. Das zarte Frontfräulein Candace kann ganz lässig mit ihren männlichen Kollegen mithalten und wickelt die Meute um den Finger, bis der Moshpit förmlich zu kochen scheint. Mit lautem Gesang schaffen es alle zusammen dann, die Band für eine Zugabe auf die Bühne zurück zu bewegen. [yb]
AMON AMARTH hatte ich im Grunde eigentlich schon abgeschrieben. Durch ihre exzessiven Touren im letzten Jahr wurde ich mehr als übersättigt vom Sound der Wahlwikinger. Aber nach längerer Abstinenz können die Schweden um Frontbauch Johan Hegg wieder das alte Feuer entfachen. Die eingängigen Riffs knallen wieder ordentlich rein, so dass die Rübe zu wackeln beginnt. Die übliche Low-Level-Kommunikation über das multilinguale Zuprosten wird einfach aufgeblendet. Die wohlige Wärme der zuckenden Feuerblitze vor, hinter und neben der Bühne wird positiv zur Kenntnis genommen. Und letzten Endes macht das virtuelle Abschlachten der bösen Eindringlinge wieder ordentlich Spaß. [cr]
Die regelmäßig auf dem WFF gastierenden Hardcore-Veteranen SICK OF IT ALL müssen danach leider einem allgemeinen Hungergefühl zum Fraß vorgeworfen werden.
Während sich die Kollegen beim Auftritt von CHILDREN OF BODOM demonstrativ zum Protestduschen verabreden, überzeuge ich mich lieber selbst davon, ob die immer noch irgendwie jung wirkenden Finnen (gibt’s aber auch schon ab ’93) auch der Headliner-Position gerecht werden können. Musikalisch zumindest kann man ihnen keinen Vorwurf machen. Die Flitzefinger bieten auch auf der großen Bühne mitreißende Gitarrenriffs, spritzige Soli und klimpernde Keyboards. Allerdings lassen die Manieren von Mikroträger Alexi Laiho derart zu wünschen übrig, dass das Publikum regelrecht aggressiv wird, aber diesmal in der negativen Version. Mit einem beschränkten Vokabular, in dem jedes zweite Wort ein „Fuck“ ist, an dem aber sicher nicht einmal Tarantino seine Freude gehabt hätte, krakeelt er wie ein Viertklässler irgendwelche Parolen hinaus, so dass man sich einfach nur noch für ihn schämen kann. Wer denkt, die Ansagen des EKTOMORF-Fronters sind primitiv, der wird hier eines besseren belehrt. Mag sein, dass man zur späten Stunde bereits ordentlich einen getrunken hat, aber selbst für Finnen ist das keine legitime Ausrede. Kein Wunder, dass Großmütter denken, Metal macht dumm. Nunja, das anschließende pompöse Feuerwerk hebt jedenfalls die Laune wieder auf ein angenehmes Level. [cr]
Saturday Night Fever
Von KNORKATOR habe ich vor diesem Abend nie bewusst ein Lied gehört. Vom Hörensagen hielt ich sie für eine vulgäre Band ohne Sinn und Verstand, die kaum drei Akkorde beherrscht. Auch wenn sie in der Tat vulgär sind, und sich selbst ebenso mit keinerlei Ernsthaftigkeit betrachten, so muss man trotzdem sagen, dass sie keinesfalls hirnlos sind, und schlecht spielen tun sie schon gar nicht. In Wirklichkeit haben sie ein unglaubliches Verständnis für eingängige Melodien und Rhythmen - und der Sänger eine außergewöhnliche Stimme. Mich haben KNORKATOR erst an diesen Abend überzeugt, während es ihnen bei anderen schon lange gelungen ist. So war die Tentstage zum Bersten voll mit textsicheren Fans. Lustig war’s allemal, und ich würde es mir immer wieder geben.
Ich wette niemand auf dem With Full Force wird gesagt haben: „Oh geil, NEVILLE STAPLE’S SPECIALS sind auch dabei. Da fahr ich auf jeden Fall hin“. So wirklich ins Billing passte der Reggea-lastige Ska auch wirklich nicht. Trotzdem versammelten sich erstaunlich viele Leute, um den sanften Klängen zu frönen. Die Gammel Musik kam scheinbar den meisten sehr gelegen und so wurde, man höre und staune, am Ende sogar von der ganzen Tentstage eine Zugabe gefordert.
Weiß der Teufel, was sich PETER PAN SPEEDROCK bei ihrem Namen gedacht haben, aber Programm ist er jedenfalls. Der Sound stachelt extrem dazu an, die Hufe zu schwingen. Da es fällt schwer zu widerstehen. Trotzdem sind viele nachts um zwei einfach zu geschafft und nehmen die Töne entspannt von außerhalb auf. Nicht wenige jedoch stehen gerade jetzt genau in der Mitte und lassen die Sau raus, wenn PPSR bei Liedern über Frauen und Autos ordentlich Gas geben. [Hans Maulwurf]
Sonntag, 1. Juli 2007
Guten Morgen, liebe Sonne! Heute verwöhnst Du uns aber mal wieder...fast zu viel. Schweiß rinnt, Kopf ist rot und Aktivität wird bei sengender Hitze eher klein geschrieben. Aber am letzten Tag des Festivals warten noch einige Highlights darauf, genossen zu werden. FINAL PRAYER, die als erste auf der Hardbowl lärmen und MANOS, welche auf der Mainstage mit unschuldigen Tannenbäumen herumalbern, fallen dabei aber eher der allgemeinen Mittagsträgheit zum Opfer.
Ganz anders verhält sich die Situation danach bei UNEARTH, die leider viel zu früh und zu kurz an den Start geschickt wurden (wären auf dem Headliner-Posten der Hardbowl viel besser aufgehoben gewesen, aber dort mussten ja die unmöglichen KASSIERER rumprollen). Es ist der letzte Gig auf der Europa-Tour der Band, und das merkt man auch – das hat man alles schon mal mit sehr viel mehr Energie gesehen. Dennoch geht im Pit vor der Mainstage ordentlich die Post ab, und die fast schon Klassiker-Format innehabenden Übersongs „Zombie Autopilot“, „Endless“ und „Black Hearts Now Reign“ zünden auch zu so früher Stunde ungemein. [yb]
Vor SONIC SYNDICATE werde ich aus vielen Mündern gewarnt, wenn ich im Vorfeld nach deren Musik frage. Lediglich die Bassistin wäre einen oder mehrere Blicke wert. Als risikobereiter Entdecker wage ich mich aber dennoch nach vorn und werde wirklich positiv überrascht. Trotz der üblichen Gemeinsamkeiten des schwedischen melodischen (Death) Metals, können vor allem der zweistimmige Gesang und die tollen Melodien begeistern. Klar kann man der Band den Vorwurf des Plagiats an den Kopf werfen, nichtsdestotrotz haben sie mich wirklich großartig unterhalten. [cr]
Nachdem die eher belanglos musizierenden SONIC SYNDICATE dem um sie zelebriertem Hype nicht mal ansatzweise gerecht geworden sind, setzen CHIMAIRA zum musikalischen Rundumschlag an. Auch sie wirken von der Hitze etwas in ihrer Energie gebremst, wecken aber mit knallhart groovenden Riffs und einer handvoll komplexer Modern-Thrash-Granaten wieder sämtliche Lebensgeister.
Für die danach auf der Zeltbühne spielenden deutschen Melodic Deather FEAR MY THOUGHTS ist „träge“ ein Fremdwort – auf jeden Fall bieten sie die energiegeladenste Show des Tages. Bei so viel Spaß auf der Bühne und mitreißenden Songs wird die anfangs etwas dünn besiedelte Hardbowl auch wieder proppevoll. Auch wenn Frontmann Matze lieber mit viel Headbangen einen Beitrag gegen die Erderwärmung leisten möchte, lässt sich das vor der Bühne tollende Publikum auch hier ihre Wall Of Death nicht nehmen. [yb]
LOUSY aus Chemnitz waren quasi die Lokalhelden beim Full Force. Der obligatorisch inflationäre Gebrauch des „F-Wortes“ bei den Sängern der Bands war schon das ganze Festival über auffällig. Deshalb machte sich der Frontmann von LOUSY daran, dies ein wenig auf die Schippe zu nehmen und sorgte damit für viel Erheiterung unter dem Planendach. Die kraftvoll bretternden Punk-Hymnen animieren ordentlich zum Mitwippen beziehungsweise zum Mitpogen, wenn man denn will. Alles in allem ein sehr cooler Auftritt. [Hans Maulwurf]
Akustikgitarre: Check. Dudelsack: Check. Flöte: Check. Akkordeon: Check. Mandoline: Check. Na dann kann’s für die DROPKICK MURPHYS ja los gehen. Die Kapelle selbst kommt aus Boston und ist dementsprechend „very irish“. Eine große Anzahl von Besuchern kam aus den Löchern gekrochen, um sich die Folkpunk-Kante der MURPHYS zu geben, und die Stimmung war wirklich gut. Am Anfang tauchen noch zwei Gestalten in meiner Nähe auf, die offenbar in Senf und Ketchup gebadet hatten und schlagen eine tiefe Presche von Ekel in die Reihen der Fans. Kurz darauf erscheinen die beiden wieder und schaffen eine recht große Freifläche. Ein paar hygienischere Menschen gesellen sich dazu, und man bespuckt sich anfangs noch fröhlich mit Bier. Später aber verlieren sie ihre Kontaktscheu und es entsteht ein, ich nenne es mal „Folkpit“, zu den Klängen der DROPKICK MURPHYS, inklusive der zweiten Polonaise des Festivals. Ohne Probleme schafft es das Ensemble, die Masse zum Singen und Tanzen zu bewegen, während sie ihre großen Titel „Forever“ und „The Auld Triangle“ anstimmen. Nach VOLBEAT für mich der beste Auftritt des Festivals. So viele lustige Metaller sieht man selten auf einem Haufen. [Hans Maulwurf]
Was soll man über SLAYER noch groß erzählen? Wo die Thrash-Legende auftaucht, da rasten die Fans aus. Die alten Haudegen aus Nostalgie, die Jüngeren, weil sie denken, dass das einfach dazu gehört. Und auch wenn ich jegliche Ikonisierung verabscheue, muss man sich schon eingestehen, dass irgendetwas an den Jungs dran ist. Vergessen ist die Erinnerung an den letzten grausigen Auftritt der Amerikaner, im Hier und Jetzt fetzen Klassiker wie „Raining Blood“, „Angel Of Death“ oder „Hell Awaits“ ordentlich den Schmalz aus den Ohren. Aber auch neuere Stücke wie „Jihad“ oder „God Hates Us All“ stehen dem in nichts nach. Anscheinend weiß die Band genau, was ihre Fans hören wollen, denn ihre Songauswahl scheint bereits seit Jahren so gut wie festgefahren zu sein. Keine Spur von Überdruss, dafür eher das routinierte Auftreten von Musikern, die bereits seit vielen Jahren geliebt werden. Hier und da mal einen altbekannten Spruch, dann die üblichen Pausen, um sich feiern zu lassen. Nein, wirklich engagieren braucht sich diese Band nicht mehr – und das merkt man leider auch. [cr]
Genau Letzteres ist der springende Punkt: „SLAYER“ brüllen ist vielleicht ganz lustig, SLAYER sehen aber eher zum Wegpennen. Da kann ich mir „Raining Blood“, „Angel Of Death“ und „South Of Heaven“ auch zuhause anhören, das macht genauso viel Spaß. Glücklicherweise ist nächstes Jahr erst mal wieder Ruhe damit. [yb]
The Last Supper
Wenn man TURISAS zum ersten Mal erblickt, gehen einem sicher viele konfuse Gedanken durch den Kopf: Warum haben diese Menschen im Sommer Felljacken an? Warum müssen sie sich zusätzlich noch mit Blut beschmieren? Warum müssen die solch komische Posen und verzerrte Gesichter machen? Warum ist diese Musik so verspielt, klimperig und erinnert manchmal an Kinderlieder? Und warum zum Teufel tickt das Publikum so aus? Routinierte Wiedergänger antworten darauf mit: Weil es Finnen sind, und die eh einen an der Klatsche haben, und das Publikum Angst hat, wenn es nicht mitmacht, wird es irgendwann mit einem teuflischen Grinsen rücklings erdolcht. Manche sollen aber durchaus Spaß an den eingängigen Tanzmelodien und den Singspielchen zu haben, auch wenn man damit unweigerlich zugibt, kein pöser Pursche zu sein.
THE VISION BLEAK ersetzen CREMATORY, das sorgt für feuchte Augen. Noch nie habe ich meine persönliche Überraschungsband live gesehen, und leider muss ich eingestehen, dass ich es so schnell auch nicht wieder tun werde. Denn großartige Songs hin oder her, eine Liveband ist das auf keinen Fall. Der Gesang verliert sehr viel von seiner Magie, wenn ein von einem steifen Sänger vorgetragen wird, der wohl irgendwo gelesen hat, dass es seine Aufgabe ist, das Publikum zum Mitmachen zu animieren, dies aber lediglich in nervigen und kaum beachteten Hey-Rufen ausdrücken kann. Auch die vielen kleinen Details, welche die Studiosongs ausmachen, sind live nur zu erahnen, so dass die große Erwartungshaltung nicht mal ansatzweise erfüllt werden kann. Leute, lasst das lieber, ihr gehört in euer Kämmerlein, wo ihr weiter tolle Songs schreiben und aufnehmen könnt. Überlasst das Auftreten lieber den charismatischeren Kollegen.
PAIN habe ich leider nicht mehr visuell erfassen können, aber man weiß ja durchaus, wie tief Peters Augenringe geworden sind. Um sich zu überzeugen, dass sie nachts um 2 sicher bis zum Kinn gehen, dafür muss man wirklich nicht extra in der Kälte stehen bleiben. Musikalisch kann man jedenfalls mit den neuen Songs vom aktuellen Album durchaus einige neue Akzente setzen, die bekannten älteren Stücke gibt’s gratis dazu. Und dann ist es auch schon vorbei, das 14. With Full Force. Die Fanfaren erklingen, die Bühne wird bereits abmontiert und die letzten Hartgesottenen suchen sich ihren Weg zurück ins eigene Zeltchen.
…och, schon wieder vorbei.
Abschließend gesehen war dies persönlich wohl mein beschaulichstes With Full Force. Unser Zeltplatz war perfekt gelegen, die Örtlichkeiten meistens begehbar, das Wetter trotz vorheriger Bedenken durchaus annehmbar, und die Verluste hielten sich im üblichen Rahmen. Allgemein keimte der Verdacht auf, die WFF-Besucher könnten etwas ruhiger geworden sein. So stellte sich der fotografische Rundgang über den Zeltplatz auf der Suche nach Kuriositäten als recht ernüchternd heraus. Die Menge schien sich aber eher vor der Bühne auszutoben, was sich vor allem in einer erhöhten Circlepit-Bereitschaft und den häufigeren (freiwillig in Kauf genommenen) Verletzungen äußerte. Und just in dem Moment, als ich den ansonsten so einfallsreichen Freaks schon eine gewisse Müdigkeit andichten wollte, verblüfften sie mich mit selbstgebauten Pissrinnen direkt neben dem Zelt sowie einem vollgeschissenen Plastikeimer, der wild über den Hauptgang getreten wurde. Na Mahlzeit! [cr]
Fotos von Yvonne; TURISAS, THE VISION BLEAK und Zeltplatz-/Publikumsimpressionen von Christian
Vielen Dank an Hans Maulwurf für seine Hilfe bei der Berichterstattung.