Scheddelspalter-Festival III
Scheddelspalter-Festival III
Leipzig, Kulturbundhaus
04.04.2008
04.04.2008
Zum dritten Mal hintereinander wird es April, und zum dritten Mal in Folge werden in diesem Monat an zwei Tagen hintereinander zum günstigen Preis die Schädel gespalten. Freitags wie gewohnt die langhaarigen, tags darauf dann die kurz tragenden Köpfe.
Freitag, 4. April
Gerade mal schnell im Bloodchamber-Archiv nachgeschaut: Der erste und letzte Livebericht zu CARVEN liegt fast auf den Tag 4 Jahre zurück. Und so ungern ich das schreibe, aber viel hat sich seitdem nicht verändert, geschweige denn verbessert. Die blonde Frontmähne muss sich gesanglich immer noch sehr stark anstrengen, irgendwie in der Bahn zu bleiben und die Kompositionen wirken selbst auf Nicht-Musiker deutlich aufs Nötigste reduziert. Ich fürchte, die Blumentöpfe sollte sich die Band lieber im Baumarkt besorgen, dafür ist einfach zu viel stärkere Konkurrenz am Start.
CYGNE im Anschluss verwirren ebenfalls die Ohren, allerdings eher wegen ihrer doch eher unerwartenen musikalischen Ausrichtung. Die Leipziger Band mag es nämlich gern ruhig, sehr ruhig. Ganz auf das vorsichtige Zusammenspiel ihrer Instrumente konzentriert entsteht am Ende eine progressiv angehauchte, träumerische Collage aus akustischen Gitarren, seichtem Schlagzeug und vorsichtigem Gesang. Mit Abscheddeln hat das nicht sehr viel zu tun, dennoch übt die Musik eine gewisse Faszination aus, da (selbst wenn es nicht so sein sollte) zumindest der Anschein erweckt wird, dass hinter jeder Note viel Denkarbeit steckt. Allerdings glaube ich nicht, dass eine Bühne der richtige Ort dafür ist. Zu Hause mit Kopfhörern können sich die Stücke sicherlich besser entfalten als zwischen den palavernden Massen.
Nach den eher ruhigen Klängen lechzt die Menge nun förmlich nach mehr Power. Und die bekommen sie prompt von DOOMSDAY PROPHECY um die Ohren gehauen. Thrashiger Death Metal ist angesagt, allerdings haben es sich die vier Sachsen Anhalter nicht leicht gemacht und würzen ihren Metal mit einer gehörigen Portion Melodik, die sich in größtenteils gelungenen cleanen Vocals äußert. Hätte man dem kräftig gebauten Fronter gar nicht zugetraut. Aber auch an der Instrumentenfront gibt es genügend Abwechslung statt purer Prügelei. Deutliche Steigerung seit ihrem letzten Auftritt.
Wem das Ganze aber immer noch zu seicht war, für den haben sicherlich DEATH EMBRACE nun das Passende zu bieten. Fetziger Death / Thrash Metal füllt das Kulturbundhaus von vorn nach hinten auf, das Publikum nimmt es dankend an. Zwischendurch schleichen sich immer mal wieder kleinere Melodien ein, aber größtenteils gibt's eins auf die Zwölf. Eine Steigerung zu den letzten Auftritten kann man zwar nicht groß ausmachen, könnte aber auch daran liegen, dass sich die Leipziger eigentlich auch vorher immer gut zu präsentieren wussten. Die größere Bühne macht aber definitiv etwas mehr her.
Mit SOUL DEMISE schließlich soll der Abend mit einer nicht ganz unbekannten Truppe abgeschlossen werden. Die Franken haben sich längst einen Status jenseits des Geheimtipps erarbeitet und auch das markante Auftreten von Fronter Roman dürfte sich langsam rumgesprochen haben. Der fleischgewordene Albtraum eines Wackeldackels brüllt jedenfalls wieder so gekonnt in die Menge, dass man als Zuschauer glatt die druckvollen Gitarrenwände vergisst. Der Death Metal der Band mag zwar nicht in jeder Note vor Innovation sprühen, dafür wird er aber mit Inbrunst und Leidenschaft vorgetragen, was den meisten Anwesenden wohl sehr entgegenkommt. [cr]
Samstag, 5. April
Samstag gibt es wie gewohnt die Vollbedienung für die Fäuste schwingenden Jungs und die niedlichen minderjährigen Mädchen. Erfrischenderweise ist das Publikum aber gut durchmischt: Zahlreiche sehr metallisch aussehende Gestalten lassen es sich nicht nehmen, auch heute die Matte kreisen zu lassen. Und musikalisch gesehen geht auch nicht wirklich kurzhaarig zu.
Den Anfang eines langen Programms mit sechs Bands machen LAST CHAPTER, die mit gepflegtem Mädchen-Metalcore amerikanischer Prägung die Bühne anwärmen. Die Reaktionen der zahlreich anwesenden Zuschauer auf gemeine Breaks und schnuffige Melodien sind interessiert, aber nicht wirklich euphorisch. Für den Anfang eine gute Sache, um die müden Knochen etwas in Fahrt zu bekommen, auch wenn der arschtretende Pfiff und sichtlich auch die Bühnenerfahrung noch fehlt.
Horch mal rein!
MANTICORE heißen jetzt nicht mehr Manticore, sondern ARRANGED CHAOS. Was auch immer der Grund für die Namensänderung ist, die jungen Hüpfer, die am heutigen Abend das letzte Mal unter ihrem alten Namen auftreten, sorgen für mächtig Stimmung im mittlerweile schon ziemlich tropischen Kulturbundhaus. Einen eigenen Fanclub aus bangenden und kreischenden Jungs und Mädels hat die Band auch im Gepäck, so dass man sich beim Auftritt als Endzwanziger schon leicht alt vorkommt. Trotz dieses Umstands und der Kajalaugen des Frontmanns fahren die Jungs ein ordentliches Brett in der Schnittmenge modernen Deathmetal/Metalcore auf und wissen auch mit einer angenehmen Clean-Stimme zu punkten. Sehr guter Auftritt!
Guckst du hier!
A WALK THROUGH PERIL schmieren einem da schon eine grobere Wurst aufs Brot. Schnell sind die kreischenden Mädchen aus der ersten Reihe verschwunden und das Publikum hält plötzlich einen großen Sicherheitsabstand zur Bühne ein. Das liegt sicher zu einem nicht unbedeutenden Teil an Berührungsängsten mit dem sehr agilen Frontmann Ryan liegt, der die meiste Zeit des Gigs nicht auf der Bühne, sondern im Zuschauerraum verbringt und die Leute zur Aktion animieren versucht. Leider recht erfolglos, aber Achtungsapplaus gibt es für den brachialen Sound der Truppe reichlich.
Lass krachen, Alter!
Das ganze Gegenteil gibt es danach bei FALLOUT, die in ruhigen Rock/Emocore-Gewässern schippern. Das Kontrastprogramm findet trotz feiner Melodien beim Publikum leider wenig Anklang. Ein großer Teil verzieht sich nach draußen zum Rauchen oder beschäftigt sich mit anderen Dingen.
Mehr gibts hier!
MYRA sind dagegen die Abräumer des Abends. Die Lokalhelden werden gebührend abgefeiert, was den Status, den die Band in der Leipziger Szene hat, wieder einmal eindrucksvoll deutlich macht. Als Liveband sind die Metalcoreler trotz eher durchschnittlichen Sounds eine sehr mitreißende Angelegenheit. Hier gibt es wirklich nichts zu meckern – vom Sound bis zur Bühnenaction enorm unterhaltsam. MYRA hätten eigentlich den Headliner-Status innehaben können.
Lauscher auf!
Stimmung und Atmosphäre lassen dann bei SOULGATE'S DAWN stark nach. Im Zuschauerraum lichten sich die Reihen etwas, was sicher auch an der fortgeschrittenen Stunde und dem Status des Co-Headliners liegt. Musikalisch bietet die Band aus Jena aber auch allenfalls Durchschnittsmaterial aus der Melodic Death/Metalcore-Mottenkiste. Das wird jedoch durch ein souveränes Bühnenacting und das charismatische Auftreten des Fronters Micha wieder wett gemacht. Ein guter, aber etwas abgeflachter Ausklang eines unterhaltsamen Abends.
Klick dich rein!
Fotos Freitag von Madlen Krell
Fotos Samstag von Yvonne
Freitag, 4. April
Gerade mal schnell im Bloodchamber-Archiv nachgeschaut: Der erste und letzte Livebericht zu CARVEN liegt fast auf den Tag 4 Jahre zurück. Und so ungern ich das schreibe, aber viel hat sich seitdem nicht verändert, geschweige denn verbessert. Die blonde Frontmähne muss sich gesanglich immer noch sehr stark anstrengen, irgendwie in der Bahn zu bleiben und die Kompositionen wirken selbst auf Nicht-Musiker deutlich aufs Nötigste reduziert. Ich fürchte, die Blumentöpfe sollte sich die Band lieber im Baumarkt besorgen, dafür ist einfach zu viel stärkere Konkurrenz am Start.
CYGNE im Anschluss verwirren ebenfalls die Ohren, allerdings eher wegen ihrer doch eher unerwartenen musikalischen Ausrichtung. Die Leipziger Band mag es nämlich gern ruhig, sehr ruhig. Ganz auf das vorsichtige Zusammenspiel ihrer Instrumente konzentriert entsteht am Ende eine progressiv angehauchte, träumerische Collage aus akustischen Gitarren, seichtem Schlagzeug und vorsichtigem Gesang. Mit Abscheddeln hat das nicht sehr viel zu tun, dennoch übt die Musik eine gewisse Faszination aus, da (selbst wenn es nicht so sein sollte) zumindest der Anschein erweckt wird, dass hinter jeder Note viel Denkarbeit steckt. Allerdings glaube ich nicht, dass eine Bühne der richtige Ort dafür ist. Zu Hause mit Kopfhörern können sich die Stücke sicherlich besser entfalten als zwischen den palavernden Massen.
Nach den eher ruhigen Klängen lechzt die Menge nun förmlich nach mehr Power. Und die bekommen sie prompt von DOOMSDAY PROPHECY um die Ohren gehauen. Thrashiger Death Metal ist angesagt, allerdings haben es sich die vier Sachsen Anhalter nicht leicht gemacht und würzen ihren Metal mit einer gehörigen Portion Melodik, die sich in größtenteils gelungenen cleanen Vocals äußert. Hätte man dem kräftig gebauten Fronter gar nicht zugetraut. Aber auch an der Instrumentenfront gibt es genügend Abwechslung statt purer Prügelei. Deutliche Steigerung seit ihrem letzten Auftritt.
Wem das Ganze aber immer noch zu seicht war, für den haben sicherlich DEATH EMBRACE nun das Passende zu bieten. Fetziger Death / Thrash Metal füllt das Kulturbundhaus von vorn nach hinten auf, das Publikum nimmt es dankend an. Zwischendurch schleichen sich immer mal wieder kleinere Melodien ein, aber größtenteils gibt's eins auf die Zwölf. Eine Steigerung zu den letzten Auftritten kann man zwar nicht groß ausmachen, könnte aber auch daran liegen, dass sich die Leipziger eigentlich auch vorher immer gut zu präsentieren wussten. Die größere Bühne macht aber definitiv etwas mehr her.
Mit SOUL DEMISE schließlich soll der Abend mit einer nicht ganz unbekannten Truppe abgeschlossen werden. Die Franken haben sich längst einen Status jenseits des Geheimtipps erarbeitet und auch das markante Auftreten von Fronter Roman dürfte sich langsam rumgesprochen haben. Der fleischgewordene Albtraum eines Wackeldackels brüllt jedenfalls wieder so gekonnt in die Menge, dass man als Zuschauer glatt die druckvollen Gitarrenwände vergisst. Der Death Metal der Band mag zwar nicht in jeder Note vor Innovation sprühen, dafür wird er aber mit Inbrunst und Leidenschaft vorgetragen, was den meisten Anwesenden wohl sehr entgegenkommt. [cr]
Samstag, 5. April
Samstag gibt es wie gewohnt die Vollbedienung für die Fäuste schwingenden Jungs und die niedlichen minderjährigen Mädchen. Erfrischenderweise ist das Publikum aber gut durchmischt: Zahlreiche sehr metallisch aussehende Gestalten lassen es sich nicht nehmen, auch heute die Matte kreisen zu lassen. Und musikalisch gesehen geht auch nicht wirklich kurzhaarig zu.
Den Anfang eines langen Programms mit sechs Bands machen LAST CHAPTER, die mit gepflegtem Mädchen-Metalcore amerikanischer Prägung die Bühne anwärmen. Die Reaktionen der zahlreich anwesenden Zuschauer auf gemeine Breaks und schnuffige Melodien sind interessiert, aber nicht wirklich euphorisch. Für den Anfang eine gute Sache, um die müden Knochen etwas in Fahrt zu bekommen, auch wenn der arschtretende Pfiff und sichtlich auch die Bühnenerfahrung noch fehlt.
Horch mal rein!
MANTICORE heißen jetzt nicht mehr Manticore, sondern ARRANGED CHAOS. Was auch immer der Grund für die Namensänderung ist, die jungen Hüpfer, die am heutigen Abend das letzte Mal unter ihrem alten Namen auftreten, sorgen für mächtig Stimmung im mittlerweile schon ziemlich tropischen Kulturbundhaus. Einen eigenen Fanclub aus bangenden und kreischenden Jungs und Mädels hat die Band auch im Gepäck, so dass man sich beim Auftritt als Endzwanziger schon leicht alt vorkommt. Trotz dieses Umstands und der Kajalaugen des Frontmanns fahren die Jungs ein ordentliches Brett in der Schnittmenge modernen Deathmetal/Metalcore auf und wissen auch mit einer angenehmen Clean-Stimme zu punkten. Sehr guter Auftritt!
Guckst du hier!
A WALK THROUGH PERIL schmieren einem da schon eine grobere Wurst aufs Brot. Schnell sind die kreischenden Mädchen aus der ersten Reihe verschwunden und das Publikum hält plötzlich einen großen Sicherheitsabstand zur Bühne ein. Das liegt sicher zu einem nicht unbedeutenden Teil an Berührungsängsten mit dem sehr agilen Frontmann Ryan liegt, der die meiste Zeit des Gigs nicht auf der Bühne, sondern im Zuschauerraum verbringt und die Leute zur Aktion animieren versucht. Leider recht erfolglos, aber Achtungsapplaus gibt es für den brachialen Sound der Truppe reichlich.
Lass krachen, Alter!
Das ganze Gegenteil gibt es danach bei FALLOUT, die in ruhigen Rock/Emocore-Gewässern schippern. Das Kontrastprogramm findet trotz feiner Melodien beim Publikum leider wenig Anklang. Ein großer Teil verzieht sich nach draußen zum Rauchen oder beschäftigt sich mit anderen Dingen.
Mehr gibts hier!
MYRA sind dagegen die Abräumer des Abends. Die Lokalhelden werden gebührend abgefeiert, was den Status, den die Band in der Leipziger Szene hat, wieder einmal eindrucksvoll deutlich macht. Als Liveband sind die Metalcoreler trotz eher durchschnittlichen Sounds eine sehr mitreißende Angelegenheit. Hier gibt es wirklich nichts zu meckern – vom Sound bis zur Bühnenaction enorm unterhaltsam. MYRA hätten eigentlich den Headliner-Status innehaben können.
Lauscher auf!
Stimmung und Atmosphäre lassen dann bei SOULGATE'S DAWN stark nach. Im Zuschauerraum lichten sich die Reihen etwas, was sicher auch an der fortgeschrittenen Stunde und dem Status des Co-Headliners liegt. Musikalisch bietet die Band aus Jena aber auch allenfalls Durchschnittsmaterial aus der Melodic Death/Metalcore-Mottenkiste. Das wird jedoch durch ein souveränes Bühnenacting und das charismatische Auftreten des Fronters Micha wieder wett gemacht. Ein guter, aber etwas abgeflachter Ausklang eines unterhaltsamen Abends.
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Fotos Freitag von Madlen Krell
Fotos Samstag von Yvonne