Isis Kill The Thrill & Jakob

Isis, Kill The Thrill & Jakob

IsisJakobKill The Thrill
Leipzig, Conne Island
16.04.2008
Volles Haus Conne Island. Freunde der nachdenklichen und unabhängigen (Independent) Musik haben sich versammelt, um darauf zu warten, dass die ehrwürdigen Hallen (hier spielten, u.a. MAYHEM - ja richtig, 1991, NAPALM DEATH, GWAR, MY DYING BRIDE, DISILLUSION) in Bälde mit der wohl angesagtesten Band im progressiven Hardcorebereich neben NEUROSIS, nämlich ISIS, wiederholt beehrt werden. Doch zuerst kämpft sich das insektenhafte Gewühl durch Bratwursttresen, lässt sich auf nette Gespräche ein, trinkt Bier und versorgt sich mit dem günstigen Merchandising. Für Conne Island-Verhältnisse beginnt der Abend recht früh. Acht Uhr abends Einlass, gänzlich ohne Gewühl und Gedränge. Gegen Neun - oder etwas später - geht es los. Zuerst mit der Hintergrundbeschallung von AIR (Irgendwie rosa Stimmung, wa, oder doch nur Lufthauch statt Aircondition?).

Aus Neuseeland stammt der Szenegeheimtipp JAKOB. Das Trio versteht es, sofort zu Beginn ihrer Show den Zauber ihrer Musik voll entfalten zu lassen. Doch die Band musste sich erst einmal die Gitarren von ISIS leihen, weil die AIR FRANCE das JAKOBsche Gitarrengepäck auf dem Zwischenstopp nach Hamburg in San Francisco ließ.
Die instrumentalen Stücke wurden größtenteils mit fließendem Übergang vorgetragen. Dabei wechselt JAKOB seine Kraft zwischen zäh dahinfließendem Maelstrom und flirrend tropfenden Noten. Viele werden sich wundern, dass der Gig so schnell vorüberzieht. Denn die gespielte halbe Stunde fühlt sich bei dem konzentrierten Musik-Desiderat wie zehn Minuten an. JAKOB spielen eine professionell vorgetragene Show mit Songs von ihrem jüngsten Release "Solace", und ich glaube, auch ältere Songs gehört zu haben. Das Publikum hatte JAKOB sofort lieb. Denn die Vertrautheit ihrer ambienthaften Musik (RED SPAROWES lässt grüßen) schließt einen mütterlich ein. Fein. Doch leise Kritik gibt es auch. Erstens, die Band ist gänzlich ungeeignet, als Opener fungieren zu können und tatsächlich war der Gig im Vergleich zum überlangen Auftritt von KILL THE THRILL viel zu kurz. Denn ursprünglich stand JAKOB an zweiter Stelle auf dem Plan. Who knows? Vielleicht lag es an den geliehenen Gitarren.

KILL THE THRILL kredenzt schon etwas anderes. Die Menage a Trois aus Marseille kommt gänzlich ohne Drummer aus und versucht - wie GODFLESH und JESU - mit einem Drumcomputer für eine druckvolle Untermalung zu sorgen. Seit knapp 20 Jahren gibt es die Band. Um so erstaunlicher, dass sie so unbekannt ist. Denn die Songs können sich teilweise hören lassen. Die Mischung aus Indie Rock Geschrammel und GODFLESH bietet trotz des elektronischen 'Drummers' genug Abwechslung. Leider ist der Drumcomputer auch gleichzeitig das Manko der Band. Eine richtige Liveshow will nicht aufkommen. Die Band wirkt statisch und der programmierte 'Freund' zahnlos. Und nachdem die dritte 'Uhr' ausgetrunken ist, macht sich wirklich die Stimmung breit, dass der 'Thrill' wirklich 'gekillt' ist. Zähflüssig.

Ebenso viel zu kurz erscheint der Gig von ISIS. Die Band beschränkt sich größtenteils auf ihre Hauptreferenzen "Panopticon" und "In The Abscence Of Truth". In sich ergibt so die Show ein schlüssiges Bild, wozu auch der fein abgemischte Sound beiträgt. Die intensive Show lebt weniger vom Stageacting der Bandmitglieder, sondern mehr von der Musik. Deswegen ist es so gut wie sinnlos zur Bühne zu starren. Das Gefühl für die Musik erschließt sich viel besser zwischen Stützpfeiler und baumlangen Menschen. Da findet man Zeit für sich selbst, spinnt Gedanken und beobachtet Menschen mit merkwürdigen Gehversuchen (Oh Mann, den 'Mussolini' können wirklich einige Leute tanzen ..., aber erst nach zwei Bierchen und einem Meskalin vernebelten Hirn). Doch die ISIS-Show lebt einzig und allein von ihrer träumerisch schwelgerischen aber dennoch zerstörerischen Musik. Zwei kleine Ausflüge in frühere Zeiten legen die Hardcore-Wurzeln frei, etwas Neues wurde vorgetragen und die beiden Zugaben stimmen versöhnlich. Aaron Turner schnellt wie eine überdehnte Angelrute auf und nieder, ab und zu bricht einer der Musiker aus der Lethargie und verdrängt mit dem Kopf vehement Luft und sicher war auch hier und da kein Lächeln zu vernehmen.

Aber eins verdeutlicht der ISIS-Auftritt: die Band ist definitiv zu groß für Clubs wie das Conne Island. Es fehlen die gewohnten Visuals. Okay, Europas Hallen sind kleiner als die amerikanischen. Doch das heutige Konzert macht den hohen Zuspruch an diese Musik anschaulich und zukünftige Auftritte sicher nur in größerem Rahmen möglich. Mal sehen. Ach, eines würde mich noch interessieren; gibt es eigentlich auch Tofu-Bra-Wu?
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