Cryptopsy Decrepit Birth Unmerciful & Grind Inc.
Cryptopsy, Decrepit Birth, Unmerciful & Grind Inc.
CRYPTOPSY laden zum Tänzchentee und bringen als Vorspeise auch noch UNMERCIFUL und die von mir überaus geschätzten DECREPIT BIRTH mit, als lokaler Support fungieren im hauptstädtischen K17 die Krefelder GRIND INC. Ich gebs zu, selten war ich vor einem Konzert so gespannt, wie vor diesem. Erstens gehöre ich zu der leider nur verschwindend geringen Menge an Leuten, die der letzten CRYPTOPSY einiges abgewinnen können, erwartete Einiges von der Bühnenumsetzung des neuen Materials und 2. hatte ich sowohl DECREPIT BIRTH als auch UNMERCIFUL live noch nicht gesehen. Zeitig losfahren, da ich ein Rendevouz mit Flo Mournier habe und er mir im Vorweg beim gemütlichen Surren der Klimaanlage ein viertel Stündchen Auskunft über das neue Album gab. Dieses Interview, welches, die geneigte Leserschaft, hier in Kürze lesen kann, ließ mich anfangs noch in dem Glauben, eine viel versprechende Darbietung sehen zu können. Nach langem Warten, einem zwischenzeitlichen Besuch in einem hervorragendem indischen Restaurant und erneutem Warten gings dann auch bald im K 17 zur Sache.
Den Anfang machten die Death Grinder GRIP INC. Erstaunlicherweise zogen sie sofort eine Hand voll Leute vor die Bühne und von Anfang an war ganz prima Stimmung. Die Band, die auf der Bühne ganz schön prollig rüberkommt zockt handwerklich ganz anständigen, wenn auch nicht wirklich spektakulären Death Metal mit Grind Einschüben, der mich am ehesten an DYING FETUS zu „Killing On Adrenaline“ Zeiten erinnert, ohne jedoch ähnliche Qualitäten entfalten zu können. Weder besonders originell, noch besonders dynamisch bollerten sich die 5 Kameraden mit einer sehr mäßigen Bühnenpräsentation durch ihr Set, welches sehr gut an- und aufgenommen wurde, mir aber ab der Hälfte zu öde wurde. Den Leuten hats gefallen, daher wohl alles richtig gemacht.
Prollalarm Nr. 2 an diesem Abend. UNMERCIFUL aus Kansas machten daraufhin überhaupt keine Gefangenen. Die Band um ex-ORIGIN Schlagwerker James King traten das Gaspedal dann ganz durch und zockten neben den Titeln vom Debüt „Unmercifully Beaten“ auch noch einen neuen Titel. Deutlich versierter und mit ordentlicher Bühnenpräsenz zogen auch die Amis immer mehr Leute in Ihren Bann. Der Sänger, der ab der Hälfte dann halb nackt auf der Bühne rumturnte, oft einen Standpropeller gab grunzte und schrie und glänzte durch genuschelte Standartansagen und eine speckige Aura. Selbes Problem wie bei GRIND INC., trotz besserer Ausführung wurds ab der Häfte ganz schön trist.
Wenn ihr wissen wollt, wie es aussehen könnte, wenn Hans Söllner in einer Death Metalband grunzt, dann geht zu DECREPIT BIRTH. Bill Robinson, extrem faltiger Rastamann und ganz entspannter Kollege verbiegt sich für die Amis die Stimmbänder und macht das hervorragend. Schon seine ganze Art macht mir die Band sofort sympathisch. Die Band, in der mittlerweile nicht nur der neue Schlagzeuger KC Howard von ODIUM MORTEM aktiv ist, sondern auch noch Bassist und zweiter Gitarrist auch von eben jenen stammt, schoß zu ersten Mal gehörig Abwechslung durch den Raum. War beim Debüt „...and Time Beginns“ noch recht derber, extremer Amideathmetal angesagt, so wurde beim Zweitwerk „Diminishing Between Worlds“ der Melodieanteil deutlich erhöht und auch Geschwindigkeiten toll variiert. In schöner Regelmäßigkeit wechselten Titel von beiden Alben und brachten das Publikum schon recht nahe an die Ektasegrenze. Sympathische und unterhaltsame Band, denen ich in Europa noch mehr Aufmerksamkeit wünsche, um sie nicht zum letzten Mal gesehen haben zu dürfen.
CRYPTOPSY kamen um Köpfe zu zermatschen, nicht mehr und nicht weniger. Flo Mournier thronte mit seinem reisebusgroßem Schlagzeug über der ganzen Szenerie wie ein Feldherr und sah zu wie sich seine Bodentruppen im Nahkampf schlugen. Trotz Jetlag und erstem Tourneetag waren sie gut aufeinander eingespielt, die Kollegen Auburn und Langlois sowie Neuzugang Chris Donaldson an der 2. Gitarre hatten eine überragende Bühnenpräsenz und es machte Spaß dem munteren Treiben zuzusehen. Matt McGachy, der neue Mann am Mikro konnte so einer geballten Ladung an Charisma und Ausstrahlung nichts entgegensetzten. Mit der ewig gleichen Pose zwischen Arroganz und Schüchternheit, versuchte er dem schon ekstatisch vor sich hin zuckendem Publikum zusätzlich Beine zu machen. Soviel zum Drumherum, jetzt zum Inhalt.
Ich kann nur mutmaßen, aber mir scheint, die Band ist unter dem gewaltigen negativen Druck von enttäuschten Fans zusammengebrochen und hat einfach nur eine Trümmershow gemacht. Klar gabs fantastisches Material aus allen Epochen „We bleed“, „Slit Your guts, „Carrionshine“ oder „Phobophile“ und „Abigor“ sind schon Granaten, aber wenn man ein neues Album vorstellt, sollte man doch ein paar Sachen davon zocken. Daß sie nur „Worship Your Demons“ und „Silence the Tyrants“ spielten, welche zwar dem geneigten Trümmerfreund gefallen, jedoch das exzellente und vielschichtige neue Album nicht zu 10 % repräsentieren, grenzt für mich an Fahnenflucht und Feigheit. Ich hoffe nicht, dass die Band sich mit so einer merkwürdigen Strategie vergaloppiert. Auf Platte die alten Fans verprellen, live die neuen, das wirkt nicht sehr durchdacht. Mourniers Aussage, jetzt endlich das machen zu können, was sie schon lange vor hatten, wirkt nach dem Konzert wie ein schlechter Treppenwitz, wenn sie es nicht einmal schaffen, eine Woche nach Veröffentlichung 100%ig zum neuen Material zu stehen.
Fairerweise muß ich dazu sagen, das K 17 stand von Sekunde 1 an Kopf und feierte die Kanadier euphorisch ab.
Wie sie sehen, kann selbst eine handwerklich exzellente Show massiv enttäuschen. DECREPIT BIRTH waren für mich der Höhepunkt an diesem Abend. GRIND INC. und UNMERCIFUL ok, wenn auch in Momenten verzichtbar. Zu CRYPTOPSY hab ich mich ausreichend geäußert.
veröffentlicht am 02.06.2008
Supersheriff
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