Shining Koldbrann & Sarkom

Shining, Koldbrann & Sarkom

KoldbrannSarkomShining
Leipzig, Hellraiser
28.02.2009
Während der Taxifahrt von Engelsdorf zurück ins Herz Leipzigs heißt es erstmal das Objektiv der Kamera putzen und schrubben, denn diese ist total verklebt und eingesaut von den permanenten Bier- und Whiskey- Attacken der Herren Musiker. Doch nicht nur leckere Spirituosen wurden durch die Gegend gesprüht, nein, auch dem ein oder anderen Schwall Kunstblut musste gekonnt ausgewichen werden. Doch nun zum eigentlichen Tathergang.

Den schwarzmetallischen Einstieg besorgen an diesem Abend die Norweger SARKOM. Sänger Unsgaard und seine Mannen stampfen auf die Bühne, stöpseln ihre Gitarren an, stellen sich in Position und los geht’s, doch irgendwas läuft falsch, denn ein Gitarrist kommt erst nach einem halben Song auf die Bretter und das Mikro des Vokalisten funktioniert auch nur hin und wieder. Ein verpatzter Einstieg. Ab Song Nummer zwei funktioniert dann aber alles bestens und die Band bietet das, was man von ihnen erwartet, nämlich schnörkellosen Black Metal, der klirrend und aggressiv daherwalzt. Unsgaard scheint schon etwas vorgetankt zu haben und macht da weiter, wo er hinter der Bühne aufgehört hat: Er säuft Bier und spuckt es auch gerne mal in die ersten Reihen oder verteilt es, gutmütig wie er ist, an durstige Münder. Das und die ruppigen, aber dennoch einfallsreichen, nie langweiligen Hassbatzen, nimmt das Publikum gerne entgegen und so wird fleißig Applaus gespendet. Ab und an geht einem die Stimme ein wenig auf die Ketten, doch insgesamt ein gelungener Gig, der Old School Black Metal- Fans wunschlos glücklich macht.

Anschließend geht es deutlich technischer und somit anspruchsvoller zur Sache, denn die Osloer KOLDBRANN sind nun an der Reihe, den ca. 300 Anwesenden mächtig einzuheizen. Tief in Nebel gehüllt beginnen sie ihr Set. Das erste Stück ist wie ein Faustschlag ins Gesicht, die Doublebass wird durchgezogen und der Song peitscht zielgenau in Richtung Publikum. Keine zehn Sekunden braucht es, bis die ersten Köpfe rotieren und die Mähnen durch die Halle wehen. So macht auch Black Metal Spaß.
KOLDBRANN bieten eigentlich alles, was man als aufgeschlossener Black Metal- Jünger braucht: Aggression, coole Rhythmen, Schnelligkeit und Melodie. Der Reitermodus wird auch oftmals bemüht, so dass ein gewisses Punkfeeling nicht zu leugnen ist. Das bringt sogar die sich in meinem Schlepptau befindenden Kumpels dazu, einen Zwei-Mann-Pogo zu starten. Black Metal muss also nicht zwangsläufig immer von bösdreinschauenden Finsterheimern gehört werden. KOLDBRANN gelingt es durchgehend Spitzensongs zu liefern und es wird innerhalb der knappen Stunde zu keiner Sekunde langweilig, zudem sind Sound und Performance einfach nur Klasse. Sänger Mannevond schaut extrem fies, wie von der Tarantel gestochen, und sein Posing wirkt nicht billig und aufgesetzt. Schwarzes Herz, was willst du mehr?

Nach diesem Lehrstück in Sachen Black Metal steigt die Spannung im gut gefüllten Hellraiser. Was hat man vom heutigen Auftritt SHININGs zu erwarten? Wird es ein selbstzerstörerischer Auftritt, bei dem eine Menge Blut fließt oder wird doch die Musik im Vordergrund stehen oder wird es ganz anders? Diese Fragen stellt man sich unweigerlich, kennt man doch die Anekdoten rund um Frontman Kvarforth, bei dem Ritzen, Drogen und Leute küssen oder wahlweise treten zum Repertoire gehören. Das Publikum ist gespannt, und ich hoffe auf einen Auftritt, der nicht zu einer Art Mittelalterspektakel für Hartgesottene verkommt.

Das Licht erlischt und ein unheilschwangeres Intro ertönt. Schnell erkennt man, dass es sich dabei um die Titelmelodie von Kubricks Meisterwerk ‘‘A Clockwork Orange‘‘ handelt. Gute Wahl. Kvarforth und seine Mitmusiker betreten die Bühne. Der Fronter zieht sich in den hinteren Teil der Bühne zurück, um einen riesigen Schluck Whiskey runterzuspülen. Dann prescht er nach vorne, um seine Botschaften zu verkünden, doch auch hier streikt das Mikrofon die ersten paar Takte. Sichtlich angepisst schnauzt er den Techniker zusammen, der ihm ein neues Mikro bringt. Als dieses dann auch erstmal nicht funktioniert, rechne ich schon damit, dass Kvarforth durchdreht, doch alles bleibt im Rahmen. Bestens eingespielt präsentiert sich die Band und man kann sich der Tiefe und der Erhabenheit der Songs eigentlich nicht entziehen. Musikalisch sicherlich die beste Band des Abends, allerdings kann man sich nicht richtig in die von Tristesse geprägten Stücke fallen lassen, denn irgendwie entwickelt sich nicht die von mir erhoffte unheimliche, morbide Stimmung, die ein SHINING-Konzert zu einer Art okkulter Messe macht. Sicherlich spuckt Kvarforth Kunstblut und Whiskey, natürlich sabbert er ein Groupie in der ersten Reihe voll, um sie anschließend abzuknutschen, selbstverständlich klummert er am Boden und grummelt und brummt inbrünstig seine von Hass und Selbstzerstörung handelnden Texte, doch es will kein intimes Feeling entstehen. Fans und Band verschmelzen nicht zu einer pechschwarzen Einheit. Eine unheilige Symbiose bleibt leider aus.
Von einer Enttäuschung ist der Auftritt dennoch Lichtjahre entfernt, zu gut ist die Musik, doch es fällt anders aus, als man sich das Ganze vorstellt. Das Majestätische der Musik scheint sich heute zumindest nicht für die Bretter dieser Welt anzubieten und so verlassen SHINING eben jene zwar unter lautem Applaus und Jubel, allerdings nicht unter ekstatischer Verzauberung.

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