Sie mag ungewollt sein, aber leise ist sie definitiv nicht: Die Markkleeberger Jugend und ihre Metalheadz zeigen beim "Unwanted Youth - reloaded" zum dritten Mal, dass elektrisch verstärkte Beatmusik ein veritabler Zeitvertreib mit Signalwirkung sein kann.
Ort des Geschehens ist die nicht nur dem Namen nach Alte Sporthalle, die mit bröckelndem Putz und Bauzaunarrangements die grobe Richtung vorgibt: Dreckig, laut, latent aggressiv - hier kann man sich also durchaus wohlfühlen. Nimmt man dazu die fast außerirdisch sauberen und scheinbar einer alternativen Realität entstammenden Sanitäranlagen des Gebäudes, steht einem gelungenen Abend nichts mehr im Weg.
Den Auftakt besorgen
IRONIC mit ihrer Mischung aus Kuttenlook, basischem Metal und VOLBEAT-Anleihen. Letztere lassen sich speziell im Gesang finden, während der musikalische Unterbau zwar thrashig treibt, aber doch etwas unspektakulär daherkommt: Die Riffs sind gefällig ohne Aufsehen zu erregen, die Soli wirken bisweilen etwas überladen, so manches Break dürfte ruhig heftiger ausfallen, und an der Balance zwischen Musik und dem oftmals eher nach Hillbilly-Rock klingenden, tiefen Gesang kann durchaus noch gefeilt werden.
Auf der Habenseite steht neben dem unverbraucht wirkenden Ansatz vor Allem die Spielfreude der Band, die sich im Kreise ihrer Bekannten recht wohl zu fühlen scheint - alles Andere kann man im Laufe der Zeit durchaus erlernen.
Deutlich eingespielter schlagen danach
GRENZDEBIL ins Kontor: Das lokale Deutschpunk-Kommando mit hörbarer ONKELZ-Schlagseite wirkt kompakt, bringt die an sich limitierte Musik schön auf den Punkt und weiß die Energie durch ständige Bewegung auch auf Teile des Publikums zu übertragen. Stimmvolumen und Rampensau-Veranlagung des Fronters passen ebenfalls ins Bild, rein technisch ist hier also alles in Butter.
Einziges Fragezeichen sind die Texte des Vierers, die sich zu ausgiebig mit seichten Themen auseinandersetzen, um langfristig bestehen zu können - auf der anderen Seite ist diese Nähe zur juvenilen Gefühlswelt aber vielleicht auch Grund für die freundliche Aufnahme beim durchweg jungen Publikum. Insgesamt ein überraschend starker und souveräner Auftritt, selbst wenn gewisse Personen mit Deutschpunk sonst so gar nichts anfangen können.
Mit
THE SEWERAGE gibt es anschließend den Reunion-Gig einer seit 2003 bestehenden Band zu bestaunen - und der trägt bisweilen Offenbarungszüge. Die Leipziger zocken ihren melodischen Skate-Punk zwischen BAD RELIGION und NOFX auf verdammt hohem Niveau, was in herrlich aggressivem Soundgewand zu einer überaus kurzweiligen Best Of-Show gerät. Die Songs sind knackig, dabei immer hochmelodisch, und auch wenn man an die Sangesleistungen der eingangs genannten Vorbilder logischerweise nicht herankommt, machen THE SEWERAGE live einfach verdammt gute Laune. Sehr erfrischend, die Herren - chapeáu!
Wechsel in die blaue Ecke, wo
CAROOZER bereits die Fäustlinge schnüren: Die aus den entlebten DRAIST AVAGNON hervorgegangene Groovewalze strotzt am heutigen Abend nur so vor Selbstbewusstsein und widmet sich ohne Umwege dem, was sie am besten kann: PANTERA-lastigem, riffbetontem Neo-Thrash. Dabei merkt man allen Beteiligten die Erfahrung in anderen Bands an, die sich in Form von tightem Zusammenspiel und reichlich Publikumsbindung natürlich ebenso bezahlt macht wie die punktgenau eingestreuten Moshparts. Man mag zu dieser Musik im heimischen Rahmen stehen wie man will - live kommt die Mannschaft um Frontsau Kansy einfach nur ziemlich mighty aus den gefolterten Boxen. Schickes Gemetzel.
Allmählich wird es Zeit für die letzten beiden Bands des Abends, wie die Zunahme an modebewussten Gürteltaschenträgern im Auditorium unweigerlich aufzeigt: Während ARRANGED CHAOS die Meute später mit einer tighten Metalcore-Breitseite bespaßen wollen, setzen THE LINES WE CROSS zunächst auf Hartkernuntermalung des geradkantigen Lebensstils. Wolkige Aussichten also, die sich aufgrund ausgedehnter Zigarettenpausen und angeregter Gespräche auf dem Vorplatz dann auch ins Reich der unerfüllten Vorsätze verabschieden - nach vier Bands ist der musikalische Hunger erst einmal gestillt.
Dessen ungeachtet war das "Unwanted Youth - reloaded" mit sechs Bands für 4 Euro jedoch auf jeden Fall eine runde Sache und der beste Beweis, dass man auch mit der lokalen Jugend durchaus einen vielseitig unterhaltsamen Abend bestreiten kann. Umso besser, wenn dabei selbst Leipziger noch neue Bands kennenlernen - als unabhängige Bühne für den lokalen Untergrund sind derartige Veranstaltungen jedenfalls unverzichtbar.
Fotos: M-Metalheadz und Fräulein V. - herzlichen Dank!
www.myspace.com/ironicheavy
www.myspace.com/grenzdebilleipzig
www.myspace.com/thesewerage
www.myspace.com/caroozer
www.myspace.com/xthelineswecrossx
www.myspace.com/arrangedchaos
www.m-metalheadz.de