Protzen Open Air XII

Protzen Open Air XII

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Protzen
19.06.2009
Nach zwei Tagen metallischer Beschallung resümiert Martin van Drunen, der Sänger der Holländer HAIL OF BULLETS, dass das Protzen Open Air das gemütlichste unter allen Festivals sei. Und damit sollte er Recht behalten. Hier geht es ruhig zur Sache, keine Schlägereien, kein langes Anstehen, niedrige Bierpreise, abendliches Lagerfeuer und naürlich die dazu passende Musik, nämlich Metal vom Feinsten. Da heißt es: Rein ins Getümmel und weg mit den überflüssigen Haargummies. [ph]


FREITAG

Den Auftakt gab die Progressive-Death-Metal-Band DELTA CEPHEID (Ex-Death Reality). Zwar haben sich leider nur wenige Fans vor der Bühne eingefunden, doch zumindest diese erleben einen starken Auftritt der Sachsen. Ihr technisch versierter Death Metal , der aus ruhigen und verspielten Passagen in wahre Hymnen mutiert und immer wieder von echtem High-Speed-Geballer ergänzt wird, weiß zu überzeugen. Songs wie ''Echoes Of Depredation'', oder ''Evolution Part 1'' bohren sich direkt ins Metallerherz und verdeutlichen, dass die Band in den letzten Monaten ihren Sound gründlich überarbeitet hat.

Mit MORVAN aus Berlin und ihrem Opener ''Return of Evil'' geht es dann eine Spur härter zu. Leider hat die Band zu Beginn mit Soundproblemen zu kämpfen, so dass nur irgendein undefinierbares Krachgewirsche aus den Boxen ertönte, dass jedem Metalfan die Runzeln auf die Stirn treibt. Doch mit zunehmender Dauer entpuppen sich Morvan dann doch als echter Hinhörer. Druckvoller Old-School-Death-Metal im Midtempo, der gekonnt mit dem Einsatz der Soli spielt und von wechslendem Kreisch und Grunzgesang ergänzt wird. Insgesamt überzeugender Auftritt der Berliner, der leider durch die anfänglichen Soundprobleme leicht getrübt wurde, aber für die Zukunft hoffen lässt. Man darf gespannt sein! [mr]

JEHACKTET gibt es heute also zum verspäteten Mittag. Die Berliner wollen mit ihrem Brutal Utta Utta Grind die Meute vor der Bühne zum Bewegen, aber auch zum Schmunzeln bringen. Die Musik ist öder, dumpfer Grind, aber die Leute sehen halt bekloppt aus: Sänger Willy ist fett, trägt alberne Klamotten, der Gitarrist hat ne Perrücke auf der Omme und einen totschicken Leoparden-Ganzkörperanzug! Alles schön und gut, aber das trifft nicht jedermanns Humor, zumal die Zwischenansagen des Vokalisten einfach nur humoristischer Abfall sind.

Ganz anders ist da das Bild bei den Leipzigern von INVOCATION. Hier wird gleich drauflosgezimmert, dass sich die Nacken biegen. Sänger Martin brüllt wie ein Vieh, als gäbe es kein Morgen, Drummer Basti knüppelt den Rest der anwesenden Drummer in Grund und Boden. Die Gitarrenfraktion steht zwar etwas schüchtern auf der Bühne, doch das ist egal, denn die filigranen Soli und genialen Riffs machen dies locker wett. Auch im Publikum steigt der Mattenkreisfaktor und die Band wird mit Jubel bedacht, was aufgrund des gewaltigen Death Metal aber auch kein Wunder ist. Doch solch technischer Death Metal bedarf eines Spitzensounds und, jawoll, den hat er in diesem Fall. Weiter so![ph]

Spätestens mit PURGATORY weiß so ziemlich jeder Anwesende, wie es sich anfühlt im Fegefeuer zu stehen. Denn was die Ur-Gesteine aus Nossen da auf die Bretter brennen, ist Death Metal vom Allerfeinsten, der die versammelte Menge innerhalb kürzester Zeit in ein tosendes Meer bangender Death-Metal-Fanatiker verwandelt. Zu Recht, denn es ist ihnen gelungen den überaus positiven Eindruck des letzten Albums ''Cultus Luciferi'' nun endlich auch live rüberzubringen. Ihr unbarmherzig fortschreitender Death-Metal, der ohne sich umzuschauen gnadenlos eine Attacke nach der nächsten auf die Trommelfelle startet und dennoch technisch anspruchsvoll daherkommt, dazu eine abwechslungsreiche Auswahl alter und neuer Genickbruchbeschleuniger, plus die imposante Erscheinung Frontmann 'Dreier', der weniger zu singen, als doch eher das Publikum zu versklaven scheint, ergaben heute eine perfekte Mischung, die wohl nur schwer zu toppen sein wird. Zum Abschluss bieten Purgatory noch ihre Version des Asphyx-Klassikers ''The Rack'' und beenden damit gebührend eine knappe Stunde echten Old-School-Geballers in Vollendung, dass zurecht von den Fans gefeiert wurde. Echt stark! Wenn das das Fegefeuer sein soll, ich freu mich drauf.

Zeit um mal wieder einen Abstecher in Richtung Grindcore zu unternehmen. Schon vor Beginn ihres Gigs hatte sich eine stattliche Anzahl tanzgeiler WOJCZECH-Fans vor der Bühne versammelt, um ihren Helden aus Rostock den nötigen Respekt zu erweisen. Zu Recht, denn was die Männer aus der Hansestadt auf die Bühne brettern, ist derber Crust/Grindcore der Extraklasse. Mal doomig, mal einfach auf die Fresse und dann doch wieder klare Klangpassagen. Dazu ein Mix diverser Stimmlagen, die mit „aggressiv und einfach krank“ nur unzureichend beschrieben werden können. Das sind WOJCZECH und das macht Spass, wie auch an dem zunehmend die Kontrolle verlierenden Publikum zu beobachten ist. Daumen hoch! Echt fetter Auftritt! [mr]

Es ist Zeit für klassischen Deth Metal amerikanischer Prägung, denn SPAWN sind in da house. Wer auf Bands wie CANNIBAL CORPSE steht, der ist hier definitiv an der richtigen Stelle. Die Berliner ballern von Sekunde eins los wie die Berzerker und begeistern die Besucher mit einer musikalischen Keule, die sich gewaschen hat. Sänger Matt gurgelt sich durch's Set und auch der Rest der Band macht gut Alarm. Sicher erfindet die Band das Rad nicht neu, aber Spaß macht das auf alle Fälle.

Als UNCURBED als letzte Band des Abends die Bühne betreten, ist der Protzener Hanger nicht mehr ganz so voll, aber das kümmert die schwedischen Crusties absolut mal gar nicht. Sänger TB ist schon vor der Show äußerst gut angeleuchtet und stolpert dementsprechend im Straffheitsmodus über die Bretter. Die sympathischen Musikanten bitten zum Tanz und einige Freaks im Publikum nehmen dankend an und so entstehen dann und wann kleine Pits und Pogos. Viele Leute sind leider schon zu müde und so werden nur teilweise die letzten Kraftreserven aktiviert. Dennoch ein cooler Gig, der für Nackenschmerzen sorgt. [ph]


SAMSTAG

Den zweiten Festivaltag eröffnen die Eberswalder SPLITTING SOCIETY, die melodische Death Metal spielen. Das gelingt ihnen auch ganz gut, wissen sie doch durch Abwechslungsreichtum zu überzeugen. Die Herren Musikanten scheinen sehr fit an den Instrumenten, was besonder bei den melodiösen Ausflügen der Gitarristen deutlich wird. Hut ab und bitte in Zukunft mehr davon!

Kurze Zeit später ist es für TOXIC TRACE an der Zeit die Bühne zu erklimmen. Thrashigen Death Metal spielen die Jungs aus der Prignitz. Das machen sie auch alles ganz gut, doch die Musik ist nicht spannend genug, fast schon unspektakulär. So zieht es dann viele nicht vor die Bühne, sondern an den heißgeliebten Bierstand.[ph]

Pünktlich zum Nachmittagstee( oder wahlweise auch Bierchen) geben sich GREED KILLNG die Ehre. Die Grindcoreband aus Nordrheinwestfalen hatte wohl ihren eigenen Fanclub mitgebracht, der sich gleich zu Beginn des Gigs anschickte einen Circle-Pit zu initiieren, der mangels Teilnehmer übersichtlich ausfällt. Das einige Pit-Teilnehmer noch in ihre Schlaftüte gehüllt sind, liegt jedoch wohl eher nicht an der Band. Ordentlicher Grindcore, der eine gelungene Mischung aus eingängigen schweren Passagen und geschwindigkeitsforcierenden Prügelattacken darstellt, konnte die Anwesenden durchaus begeistern. Mit dem Song ''Smash the Nazi-Scum'' ließen die Jungs zudem keine Zweifel über ihre politische Gesinnung aufkommen und verabschieden sich mit dem wohl für sie typischen Grindpunk-Geballer. Fazit: Durchaus gelungene Vorstellung, doch leider etwas zu eintönig.

Für die folgenden DEBT OF NATURE dagegen scheint Eintönigkeit ein Fremdwort zu sein. Ihr Technical Death sprüht gerade vor Abwechslungsreichtum. Ihre Songs, die sich aus ständigen Rythmuswechseln, verspielten Solis und hämmernden Drums zusammensetzen, haben es in sich und lassen auch im Publikum gute Laune aufkommen. Die Kölner haben sich nach einer dreiviertel Stunde dann auch ihren Applaus verdient und können erhobenen Hauptes nach Hause fahren. Sehr guter Gig und musikalisch mehr als ambitioniert. [mr]

MAGGOT SHOES sind nun an der Reihe, um ihre Version des brutalen Grindcore in's Publikum zu schleudern. Schön knarzig und mit Doppelgesang kommt die Mucke dahergeballert, aber auch für groovige Passagen ist Platz in den Stücken. Kopfnicken ist in den ersten Reihen zu beobachten. Sicher, MAGGOT SHOES sind nicht die zweiten TERRORIZER, aber sie machen ihre Sache gut und das Dargebotene lässt das Tanzbein zumindest zucken.

So jetzt wird's aber mal Zeit für High-Speed-Geballer! GOLEM aus Berlin sind gekommen, um dem Protzener Publikum die Schädeldecke zu frisieren. Wer die Band kennt, weiß, dass das ihr Spezialgebiet ist und so fackeln die Bratzologen aus der Hauptstadt nicht lange und servieren den Anwesenden eine Gehirnamputation ohne Narkose. Die astreinen, gefühvollen Gitarrensoli, die die malträtierte Schädeldecke von überflüssiger Gehirnmasse befreien, sind dann bestens zum Nachspülen geeignet. Die Band schafft es im Handumdrehen Melodie und Härte in ihren Kompositionen unterzubringen. Kein Wunder, dass das Auditorium Kopf steht und die Band mit Applaus übersäht wird. Klasse Show! [ph]

Fast 17 Jahre ist es nun her, dass SOUL DEMISE sich auf die Socken machten, um die Welt mit ihrem schwedenstylemäßigem Death Metal zu beglücken. Das die Franken immer noch Spass an ihrem Schaffen haben, beweisen sie mit ihrem Auftritt in Protzen. Die Band zeigt sich auf der Bühne unheimlich symphatisch und die Freude war ihnen sichtlich anzusehen. Frontmann Roman scheint, wohl in Gewissheit eines hinter der Bühne bereitgestellten Sauerstoffzeltes, seinen Bewegungsradius von Song zu Song zu erweitern und scheut sich auch nicht im Moshpit seines Amtes zu walten. Zudem liefern die Franken einen sauberen Auftritt ab, bei dem vor allem die Songs des neu erschienenen Albums ''Acts Of Hat'' zu gefallen wissen. Fazit: Gewohnt souverän mit hohem Spaßfaktor.

Eindrucksvoll bestätigen auch LAY DOWN ROTTEN, dass sie auf's Protzen Open Air gehören. Saustarker Auftritt der Band aus Hessen, die schon seit einiger Zeit zu einer festen Größe im Death Metal gezählt werden müssen. Mit Songs wie''Through Purple Wood'', ''Murder-Instinct'' und ''Within the Veil'' sorgten LAY DOWN ROTTEN für ausgelassene Stimmung und konnten den inoffiziellen Moshpit-Wettbewerb bis zu diesem Zeitpuznkt klar für sich entscheiden. Die groovigen und verspielten Songeinheiten, die sich perfekt in druckvollen High-Speedpassagen integrieren, sowie ihre Doublebass-Attacken der Extraklasse lassen jeden Metaller zur willenlosen Bang-Puppe des Rotten-Quintetts werden. Sehr starker Auftritt! Einfach geil! [mr]

Und noch einmal die Grindkeule bitte! Und da man Grind nicht mit nach Hause nehmen kann, konsumiere ich ihn gleich vor Ort. Bei INHUME wird dann geschreddert und zermalmt, wie es sich für eine Grindkapelle nunmal gehört. Sänger Dorus und Joost schrei- brüllen alles kurz und klein und haben sichtlich Spaß dabei. Die Bühne gleicht einem Kinderspielplatz, denn vor allem die Sänger scheinen hyperaktiv wie Sau, hier wird keine Sekunde stillgehalten. Als Dorus die Fans auffordert auf die Bühne zu kommen, brechen endgültig alle Dämme und 20 Bekloppte hampeln auf der Bühne rum. Hervorragend!

Endlich ist es soweit, Martin van Drunen, der Mann mit der sympathischen Stimme, und seine Mannen betreten die Bühne, um all den anderen Bands zu zeigen wie richtiger Death Metal klingen muss und wie er zelebriert wird. Ring frei! Mit ''General Winter'' geht es gleich in die Vollen und das Publikum geht von den ersten Takten an steil, kein Wunder bei dem Old School- Geböller, das HAIL OF BULLETS präsentieren. An vierter Stelle wird ein brandneuer Song präsentiert, nämlich ''Warsaw Rising'', der dem Material von der letzten Scheibe ''Of Frost And War'' in nichts nachsteht. Martin überzeugt wie immer mit einer formidablen Sangesleistung und mit lustigen Zwischenansagen, die das Ganze abrunden. Ein Fan muss allerdings leiden, denn Drummer Ed Warby schwitzt und braucht etwas zum Abtrocknen. Bereitwillig wird ihm ein Pullover gegeben, der von nun an entweder nie wieder gewaschen oder auf der Stelle weggeschmissen wird, redet doch Martin von eventuellen Kotrückständen. Sei's drum, die Band mit dem nun trockenen Drummer macht weiter wie gehabt. Nach etwas mehr als einer Stunde sind Fans als auch Bands mehr als glücklich, just zu diesem Zeitpunkt lässt sich Herr van Drunen auch zu der bereits erwähnten Gemütlichkeitsaussage hinreißen, um im Anschluss ein TWISTED SISTER- Cover hinzlegen, nämlich das schleichende''Destroyer''. Das war's dann endgültig und alle Beteiligten können in die Koje fallen oder noch am Lagerfeuer einen heben. Prost!

Insgesamt kann man nur sagen, dass das Protzen Open Air wirklich eines der gemütlichsten und angenehmsten Festivals ist. Martin van Drunen hatte also Recht, aber wie sollte es auch anders sein, der Mann weiß, wovon er spricht. So hoffen wir, dass dieses kleine, anschauliche Festival weiterhin besteht und uns Jahr für Jahr auch in der Zukunft mit seiner Mischung aus angenehmen Flair und guter, beinharter Musik in seinen Bann zieht. Bis zum nächsten Jahr! [ph]

Blitzreporter Philipp und sein Sidekick Matze waren am Ort des Geschehens und keiner fiel ins Lagerfeuer. Punkt!

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