Wacken Open Air 2010
Wacken Open Air 2010
Wacken
05.08.2010
05.08.2010
Schon seit vielen Jahren wird in einem kleinem holsteinischen Dorf die unheilige Metalkuh geschlachtet. Mittlerweile ist dieses Ritual so sehr in den Kalendern der weltweiten metallischen Gemeinde verankert, dass sich zur 21. Auflage des Wacken Open Airs dieses Jahr inklusive aller Beteiligten 81500 Leute in der 1800 Seelen Gemeinde einfanden, um erneut das größte Metalfestival der Welt zu feiern. Wie immer ist das Wetter die große Unbekannte und so machte ich mir dann auch schon alle möglichen pessimistischen Vorstellungen, als es pünktlich zu Wochenbeginn umschlug und sich das tolle Blau in ein mieses nasses Grau verwandelte. Glücklicherweise hatte der Wettergott ein Einsehen und ließ scheinbar gezielt ab Donnerstag über Wacken den Regen in den Höhen der Atmosphäre und der erste Niederschlag kam tatsächlich erst am Sonntag gegen 2 Uhr, wo alles schon fast am Ende war.
Mich stellte das Unterfangen nach zweijähriger Abstinenz allerdings vor ein fast unmögliches Hindernis, da mir genau 2 Tage vor Beginn alle möglichen Mitstreiter aus den verschiedensten Gründen wegbrachen und ich somit alleine Versuchen durfte dieses Megaevent einzufangen, was selbst ich nicht schaffen kann, da ich trotz meiner Körpermasse auch nur an einer Stelle zur Zeit sein kann.
Aber nun genug gejammert und hinein ins Vergnügen!
Donnerstag, 5. August
Den Tag der alten Männer eröffnete für mich, nachdem ich keine große Lust hatte mir die langweiligen Metal Hammer Awards anzutun, niemand Geringeres als ALICE COOPER. Und der Godfather of Horror-Rock machte genau das, was man von ihm erwarten konnte; Show ohne Ende. Wie oft der gute Mann nun wirklich auf der Bühne gestorben ist, kann ich gar nicht so genau sagen, da ich nach dem dritten Mal aufgehört hatte zu zählen. Aber alles passte hier ins Bild. Cooper selber war fit, die Band war in bester Spiellaune und der Sound stimmte. Ein würdiger Anfang.
Nach so viel 70er Jahre Flair ging es nun mit MÖTLEY CRÜE eine Dekade weiter. Und sofort wurde ich hier wieder bestätigt, warum ich diese Truppe bereits vor 25 Jahren nicht weiter erkunden wollte. Alles was man über die Band wissen musste, war ja eh nur das Herumgespiele von Tommy Lee an irgendwelchen Silikontitten. Musikalisch und stimmungsmäßig war auf und vor der Bühne zwar alles ganz toll, aber dieses unsägliche Gequake des blondiert und sonnengebräunten Gigolos ging mir derart auf die Eingeweide, dass ich mir diesen Gig nach dem dritten Song nicht mehr weiter antun konnte.
Highlight des ersten Abends waren dann die in keinem Zeitabschnitt verhafteten IRON MAIDEN. Und ehrlich, was soll man noch zu so einer Truppe sagen. Negatives bieten die Briten nicht und so wurden die 90 Minuten eine unterhaltsame Reise durch alle Epochen der bandeigenen Schaffensphasen. Hits waren alle da und auch vom kommenden Album wurden einige Stücke gespielt, sodass die Kulisse besser zur Geltung kam. Bruce Dickinson hatte scheinbar gleich mehrere Frösche in der Hose, da man in diesem Maße normalerweise kaum über die Bühnen (ja, er hat es geschafft bis auf die Black Stage vorzudringen) hüpfen konnte. Die Jungfrauen boten einen absolut hochwertigen Auftritt, bei dem mir lediglich der neugestaltete Eddie nicht gefiel.
Freitag, 6. August
Nachdem ich im örtlichem Gasthaus ein tolles Bauernfrühstück mit gehopfter Limonade genossen hatte, konnte dieser zweite Tag ja schon gar nicht mehr in die Hose gehen. Und so waren die Finnen AMORPHIS auch genau das richtige musikalische Futter, um in den Tag zu gehen. Trotz der frühen Tageszeit fanden sich neben mir noch etliche andere Leute ein, um die Fahrt durch die verschiedensten Stile der Gothic/Death Metal Geschichte aufzunehmen. Und die Band war auch schon morgens um kurz vor 12 fit und lies so keine Missstimmung aufkommen. Ein Bühenauftritt der durchschnittlichen Art, allerdings mit toll umgesetzten Stücken.
Danach hieß es nur einmal um 90 Grad drehen und schon stand ich dann mit dem Gesicht Richtung Black Stage, auf der es jetzt im Nahost-Stil weitergehen sollte. Wer jetzt auf merkwürdiges Bläsergedudel und Bauchtanz wartete, der wurde auch prompt von ORPHANDED LAND bedient. Jesus als Frontsau (Ach nein, Sänger Kobi erwähnte ja extra, dass er nicht Jesus Christus sei. Dann hat er wohl sein Nachthemd vergessen auszuziehen) hatte die Meute vor der Bühne ziemlich schnell im Griff und auch trotz der teilweise sehr sperrigen Arrangements der Stücke entwickelte sich zusehends eine immer größere Pitparty. Eine wirklich sehr gelungene Darbietung.
Die nächsten auf meiner Liste kamen zwar nicht mit Pferden, machten aber auf jeden Fall mehr Lärm als bloßes Hufgeklapper. Da ich DIE APOKALYPTISCHEN REITER erst recht frisch für mich entdeckt habe, kann ich nur sehr wenig Vergleiche bemühen, aber der Auftritt der Thüringer machte einfach nur Spaß, ließ keine Wünsche offen und war von der ersten bis zur letzten Minute packend. Von mir aus gerne wieder.
Nach eine 90minütigen Pause wurde es dann für mich Still, um nicht zu sagen; die ENDSTILLE war da. Obwohl ich die Kieler schon längere Zeit verfolge, so hatte ich es bisher immer geschafft ihren Konzerten auszuweichen. Mächtig gespannt verfolgte ich nun also das wüste Treiben im extrem dichten Nebelwald. Eigentlich ein Wunder, dass da auf der Bühne nicht irgendwer über die eigenen Panzersperren gefallen ist. Aber die Jungs waren in Spiellaune, was nicht zuletzt die Security in Schweiß versetzt haben dürfte, da Neu-Sänger Zingultus zusammen mit seinem Gast-Schreier ein Bad in der Menge genommen hat. Der Auftritt war wirklich sehr ordentlich, aber leider hier und da mit einigen unsauberen Passagen durchzogen. Naja, aber das ist dann wohl eben live.
Rock-Metal, Rock-Metal und nochmals Rock-Metal...
für mich als absoluter Newbie von KAMELOT gab es wenig Schöneres zu hören. Tolle Ideen umgesetzt, schnelles Schlagzeugspiel, sauberes Timing, klasse Sound und eine dazu passende Bühnenshow haben mich überzeugt und als neuen Fan dieser 5 Melodic-Metaller überzeugt.
Als Opeth und Dream Theater Anhänger ist es nicht immer ganz einfach was überzeugendes an mich abzuliefern. Die hier haben es geschafft.
Leider haben viele Wackener bei dem Auftritt gefehlt, der Bühnenvorplatz war nur mäßig besucht, füllte sich aber fix mit Neugierigen als der tolle Sound über das Gelände waberte.
Frank Wohlers
ARCH ENEMY hatte ich bereits zwei Mal beim W:O:A gesehen und war doch jedes Mal recht enttäuscht. Trotzdem machte ich einen weiteren Versuch und wurde dieses Mal endlich eines Besseren belehrt. Endlich zeigten mir die Mannen um Frau Gossow warum es immer heißt, dass diese Truppe live erste Sahne sein sollen. Ein druckvoller Sound wurde hier mit einer enorm spielfreudigen Band gepaart, sodass nach kürzester Zeit vor der Bühne der Circlepit (der vom Veranstalter eigentlich untersagt war) tobte. Die Songauswahl tat das Übrige dazu diesen Auftritt in die obere Riege zu schießen, wenn man auch bis zum Schluss auf die wirklichen Highlights warten musste.
Also bis dato war mir SLAYER eher fremd und wenig aufgefallen. Mit dem Auftritt in Wacken hat sich das schlagartig geändert. Beeindruckend war schon die erdrückende Menschenmenge die sich vor dem Bühnenbereich versammelte. War doch das Gelände oft nur halb bis 2/3 mit feiernden Metallern besucht, so gab es kurz vor Auftritt der Kalifornier kaum noch Luft zum atmen. Selbst die Donnerstags-Headliner Iron Maiden hatten es nicht geschafft den Rasen so zu füllen. Die ersten Takte brachten mein Soundempfinden gehörig aus dem Gleichgewicht, so mies kam das Schlagzeug und der Gesang von Tom Araya rüber. Hätte ich Platz gehabt, wäre ich mit einem Bier zum Tontechniker gegangen und ihm vorgeschlagen noch mal von vorn zu beginnen. Aber dieser hat mir wohl meine schlackernden Ohren angesehen und schnell korrigiert, was korrigiert werden musste. Danach hatte meine liebe Seele ruh, meine Ohren fingen sogar zarte Gitarrenriffe auf und das Erlebnis Slayer wurde ein voller Erfolg. Die tobende Masse gab meinem Eindruck recht und für mich der beste Gig an diesem Wochenende.
Frank Wohlers
Die Entscheidung Slayer oder 1349 ist nicht einfach für mich gewesen. Da ich aber bekanntermaßen die Musik der Amis nicht soo sehr schätze, entschied ich mich also für einen Ausflug in die Osloer Niederhölle auf die Party Stage. Und ich muss sagen, ich war von dieser fiesen, kalten und düsteren Atmosphäre, die auf die Bühne gezaubert wurde, echt gebannt. So wurde die Bühne grundsätzlich nur in eine Farbe getaucht und mit reichlich Nebel geflutet, was den Nachteil hatte, dass ich beim besten Willen nicht sagen kann, ob da nun Trommeltier Frost hinter der Schießbude saß, da man diesen eh nicht sehen konnte. So toll der Auftritt, so mies aber der Sound. Wer den Bass suchte, der wurde fündiger, wenn er sich selber Luft in die Hose drückte. Auch wenn das vielleicht noch so frostbitten trve ist, so empfinde ich das als Verarschung.
Also brach ich diesen Gig dann doch früher ab, als geplant und begab mich zum Kontrastprogramm in die W.E.T. Stage. In dem engen Zelt hatten sich um Mitternacht doch einige Leute zusammengefunden, um sich am progressiven Black Metal von Mastermind IHSAHN zu erfreuen. Naja, die Freude ist dann doch relativ. Zwar wurden die Songs alle einwandfrei vorgetragen (nachdem ihm dann auch schon nach dem ersten Song das Mikro auf hörbar geschaltet wurde), aber generell denke ich, dass diese Art Musik nicht sonderlich festivaltauglich ist, da bei einer Spielzeit von nur 40 Minuten die Longtracks von 10 Minuten natürlich nur wenig Sinn machen. So bleibt trotz meiner großen Vorfreude leider nur das Fazit: ganz nett.
Samstag, 7. August
Tag 3 war bei mir erst einmal die völlige Motivationslosigkeit eingetreten, aus der mich noch nicht mal eine Band wie Unleashed aus dem Zelt treiben konnte. Und so betrat ich dann erst am späten Nachmittag den Platz, um mich von einem der seltenen Auftritte von LOCK UP fit prügeln zu lassen. Und dieser Schock war dann so heilsam, wie auch klasse. Sehr agil und professionell wurde der Auftritt abgedreht, sodass die Stimmung der doch recht wenigen Zuschauer sehr schnell am kochen war. Es passiert ja schließlich auch nicht alle Tage, dass eine Band ihr komplettes Songmaterial innerhalb von einer Stunde runterballert. Da mir das aber dann aber trotz aller Qualität sehr schnell eintönig wurde, zog es mich nach einiger Zeit wieder ins Zelt.
Und da gab es wieder mal Kontrast pur. Eben noch Getrümmer und jetzt schon in einer ganz anderen Welt. Die Esten METSATÖLL sind leider nur den Wenigsten ein wirklicher Begriff, aber dass den vier Mannen das scheißegal ist, war an dem nur halbstündigen Auftritt zu merken. So zog die Truppe einfach ihr Ding durch und begeisterte die nur gut 200 Mann vor der Bühne ohne wenn und aber. Der Sound war druckvoll, alle Songs dadurch noch mitreißender als auf CD und die Stimmung auf und vor der Bühne auf dem Höhepunkt. Diese 30 Minuten waren für mich persönlich der Höhepunkt des Festivals. Beim nächsten Mal bitte mehr davon und bitte auf einer anderen Bühne!
Jetzt war es endlich mal wieder Zeit für alte Männer. W.A.S.P. hatten mich mit dem letzten Album begeistert und so war die Enttäuschung um so größer. Die Truppe um den mittlerweile recht aufgedunsenen Blackie Lawless ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. Zu behäbig waren die Bewegungen und zu oft schien alles zu bemüht. Dass der Sound bei diesem Gig auch noch sehr dürftig war, tat nur noch das Übrige dazu.
Live werden CANNIBAL CORPSE und ich wohl keine Freunde mehr werden. Na klar, die Amis machen ihren Job musikalisch mehr als ordentlich, auch die Songauswahl war mehr als ordentlich. Und technisch macht den Jungs so oder so keiner mehr was vor, aber ich kann einfach nicht damit umgehen, wenn da auf der Bühne ein Horde Rübenschwinger steht, die sich während einer einstündigen Performance nie weiter bewegen, als ein Butterkeks in der Sonne. Dennoch war der Auftritt sehr anständig und hatte genügend Höhepunkt zu bieten.
Nach so viel Gore war es jetzt wieder an der Zeit sich der klassischen Variante des Metals zuzuwenden. Und wer wäre da besser geeignet als EDGUY. Die sich momentan im Höhenflug befindliche Truppe rockte hier mächtig das Haus, was vor der Bühne dann auch frenetisch abgefeiert wurde. Im Gepäck hatten die Fünf dann auch nur Songs, die sich prima mitgrölen ließen oder sonst wie unter die Haut gingen. Der Auftritt war schlicht und ergreifend ein weiterer Beweis dafür, dass die Jungs aus Fulda wohl über kurz oder lang ganz weit vorne zu finden sein werden.
Mittlerweile wurde es dunkel und somit dann auch Zeit für eine eiskalte Performance der Marke IMMORTAL. Voll war es vor der Black Stage nun auch schon geworden, was mir leider nur noch einen Seitenplatz einbrachte. Aber selbst von diesem Standpunkt aus, waren die Norweger immer noch eine Wucht. Nachdem der Gitarrensound beim Opener noch eine bodenlose Frechheit war, wurde es aber schnell wieder sehr fett im Klang, leider aber auch um einiges leiser als bei den anderen Bands des Tages. Trotzdem strotzte besonders Meister Abbath nur so vor Spielfreude und zeigte sich extrem agil auf der Bühne und für seine Verhältnisse sogar redselig. Ein Auftritt der nur wenig zu wünschen übrig ließ, aber nach noch nicht mal einer ganzen Stunde auch schon wieder Vergangenheit war.
Fazit
Was bleibt nun aber unterm Strich vom Wacken Open Air 2010 über? Die Erkenntnis, dass es sich hier um das größte und wohl auch internationalste Metalfest der Welt handelt ist wohl nicht sonderlich neu. Prinzipiell war hier alles wie immer. Die Organisation war erstklassig, die Security freundlich (außer Ordner Nr. 798, der wohl durch blöde Sprüche und sein Verhalten anders sein wollte als alle seine Kollegen) und besonders die Toilettensituation prima, da sich neue Wasserleitungen auf dem Festivalgelände in allen Belangen bezahlt machen. Über die ausgewählten Bands lässt sich wie jedes Jahr wieder streiten, aber unterm Strich war für jeden was dabei und auch der Sound war dieses Mal besser und druckvoller.
Von mir aus könnte jeden Monat Wacken sein, wenn denn das Wetter so mitspielt wie dieses Mal!
Mich stellte das Unterfangen nach zweijähriger Abstinenz allerdings vor ein fast unmögliches Hindernis, da mir genau 2 Tage vor Beginn alle möglichen Mitstreiter aus den verschiedensten Gründen wegbrachen und ich somit alleine Versuchen durfte dieses Megaevent einzufangen, was selbst ich nicht schaffen kann, da ich trotz meiner Körpermasse auch nur an einer Stelle zur Zeit sein kann.
Aber nun genug gejammert und hinein ins Vergnügen!
Donnerstag, 5. August
Den Tag der alten Männer eröffnete für mich, nachdem ich keine große Lust hatte mir die langweiligen Metal Hammer Awards anzutun, niemand Geringeres als ALICE COOPER. Und der Godfather of Horror-Rock machte genau das, was man von ihm erwarten konnte; Show ohne Ende. Wie oft der gute Mann nun wirklich auf der Bühne gestorben ist, kann ich gar nicht so genau sagen, da ich nach dem dritten Mal aufgehört hatte zu zählen. Aber alles passte hier ins Bild. Cooper selber war fit, die Band war in bester Spiellaune und der Sound stimmte. Ein würdiger Anfang.
Nach so viel 70er Jahre Flair ging es nun mit MÖTLEY CRÜE eine Dekade weiter. Und sofort wurde ich hier wieder bestätigt, warum ich diese Truppe bereits vor 25 Jahren nicht weiter erkunden wollte. Alles was man über die Band wissen musste, war ja eh nur das Herumgespiele von Tommy Lee an irgendwelchen Silikontitten. Musikalisch und stimmungsmäßig war auf und vor der Bühne zwar alles ganz toll, aber dieses unsägliche Gequake des blondiert und sonnengebräunten Gigolos ging mir derart auf die Eingeweide, dass ich mir diesen Gig nach dem dritten Song nicht mehr weiter antun konnte.
Highlight des ersten Abends waren dann die in keinem Zeitabschnitt verhafteten IRON MAIDEN. Und ehrlich, was soll man noch zu so einer Truppe sagen. Negatives bieten die Briten nicht und so wurden die 90 Minuten eine unterhaltsame Reise durch alle Epochen der bandeigenen Schaffensphasen. Hits waren alle da und auch vom kommenden Album wurden einige Stücke gespielt, sodass die Kulisse besser zur Geltung kam. Bruce Dickinson hatte scheinbar gleich mehrere Frösche in der Hose, da man in diesem Maße normalerweise kaum über die Bühnen (ja, er hat es geschafft bis auf die Black Stage vorzudringen) hüpfen konnte. Die Jungfrauen boten einen absolut hochwertigen Auftritt, bei dem mir lediglich der neugestaltete Eddie nicht gefiel.
Freitag, 6. August
Nachdem ich im örtlichem Gasthaus ein tolles Bauernfrühstück mit gehopfter Limonade genossen hatte, konnte dieser zweite Tag ja schon gar nicht mehr in die Hose gehen. Und so waren die Finnen AMORPHIS auch genau das richtige musikalische Futter, um in den Tag zu gehen. Trotz der frühen Tageszeit fanden sich neben mir noch etliche andere Leute ein, um die Fahrt durch die verschiedensten Stile der Gothic/Death Metal Geschichte aufzunehmen. Und die Band war auch schon morgens um kurz vor 12 fit und lies so keine Missstimmung aufkommen. Ein Bühenauftritt der durchschnittlichen Art, allerdings mit toll umgesetzten Stücken.
Danach hieß es nur einmal um 90 Grad drehen und schon stand ich dann mit dem Gesicht Richtung Black Stage, auf der es jetzt im Nahost-Stil weitergehen sollte. Wer jetzt auf merkwürdiges Bläsergedudel und Bauchtanz wartete, der wurde auch prompt von ORPHANDED LAND bedient. Jesus als Frontsau (Ach nein, Sänger Kobi erwähnte ja extra, dass er nicht Jesus Christus sei. Dann hat er wohl sein Nachthemd vergessen auszuziehen) hatte die Meute vor der Bühne ziemlich schnell im Griff und auch trotz der teilweise sehr sperrigen Arrangements der Stücke entwickelte sich zusehends eine immer größere Pitparty. Eine wirklich sehr gelungene Darbietung.
Die nächsten auf meiner Liste kamen zwar nicht mit Pferden, machten aber auf jeden Fall mehr Lärm als bloßes Hufgeklapper. Da ich DIE APOKALYPTISCHEN REITER erst recht frisch für mich entdeckt habe, kann ich nur sehr wenig Vergleiche bemühen, aber der Auftritt der Thüringer machte einfach nur Spaß, ließ keine Wünsche offen und war von der ersten bis zur letzten Minute packend. Von mir aus gerne wieder.
Nach eine 90minütigen Pause wurde es dann für mich Still, um nicht zu sagen; die ENDSTILLE war da. Obwohl ich die Kieler schon längere Zeit verfolge, so hatte ich es bisher immer geschafft ihren Konzerten auszuweichen. Mächtig gespannt verfolgte ich nun also das wüste Treiben im extrem dichten Nebelwald. Eigentlich ein Wunder, dass da auf der Bühne nicht irgendwer über die eigenen Panzersperren gefallen ist. Aber die Jungs waren in Spiellaune, was nicht zuletzt die Security in Schweiß versetzt haben dürfte, da Neu-Sänger Zingultus zusammen mit seinem Gast-Schreier ein Bad in der Menge genommen hat. Der Auftritt war wirklich sehr ordentlich, aber leider hier und da mit einigen unsauberen Passagen durchzogen. Naja, aber das ist dann wohl eben live.
Rock-Metal, Rock-Metal und nochmals Rock-Metal...
für mich als absoluter Newbie von KAMELOT gab es wenig Schöneres zu hören. Tolle Ideen umgesetzt, schnelles Schlagzeugspiel, sauberes Timing, klasse Sound und eine dazu passende Bühnenshow haben mich überzeugt und als neuen Fan dieser 5 Melodic-Metaller überzeugt.
Als Opeth und Dream Theater Anhänger ist es nicht immer ganz einfach was überzeugendes an mich abzuliefern. Die hier haben es geschafft.
Leider haben viele Wackener bei dem Auftritt gefehlt, der Bühnenvorplatz war nur mäßig besucht, füllte sich aber fix mit Neugierigen als der tolle Sound über das Gelände waberte.
Frank Wohlers
ARCH ENEMY hatte ich bereits zwei Mal beim W:O:A gesehen und war doch jedes Mal recht enttäuscht. Trotzdem machte ich einen weiteren Versuch und wurde dieses Mal endlich eines Besseren belehrt. Endlich zeigten mir die Mannen um Frau Gossow warum es immer heißt, dass diese Truppe live erste Sahne sein sollen. Ein druckvoller Sound wurde hier mit einer enorm spielfreudigen Band gepaart, sodass nach kürzester Zeit vor der Bühne der Circlepit (der vom Veranstalter eigentlich untersagt war) tobte. Die Songauswahl tat das Übrige dazu diesen Auftritt in die obere Riege zu schießen, wenn man auch bis zum Schluss auf die wirklichen Highlights warten musste.
Also bis dato war mir SLAYER eher fremd und wenig aufgefallen. Mit dem Auftritt in Wacken hat sich das schlagartig geändert. Beeindruckend war schon die erdrückende Menschenmenge die sich vor dem Bühnenbereich versammelte. War doch das Gelände oft nur halb bis 2/3 mit feiernden Metallern besucht, so gab es kurz vor Auftritt der Kalifornier kaum noch Luft zum atmen. Selbst die Donnerstags-Headliner Iron Maiden hatten es nicht geschafft den Rasen so zu füllen. Die ersten Takte brachten mein Soundempfinden gehörig aus dem Gleichgewicht, so mies kam das Schlagzeug und der Gesang von Tom Araya rüber. Hätte ich Platz gehabt, wäre ich mit einem Bier zum Tontechniker gegangen und ihm vorgeschlagen noch mal von vorn zu beginnen. Aber dieser hat mir wohl meine schlackernden Ohren angesehen und schnell korrigiert, was korrigiert werden musste. Danach hatte meine liebe Seele ruh, meine Ohren fingen sogar zarte Gitarrenriffe auf und das Erlebnis Slayer wurde ein voller Erfolg. Die tobende Masse gab meinem Eindruck recht und für mich der beste Gig an diesem Wochenende.
Frank Wohlers
Die Entscheidung Slayer oder 1349 ist nicht einfach für mich gewesen. Da ich aber bekanntermaßen die Musik der Amis nicht soo sehr schätze, entschied ich mich also für einen Ausflug in die Osloer Niederhölle auf die Party Stage. Und ich muss sagen, ich war von dieser fiesen, kalten und düsteren Atmosphäre, die auf die Bühne gezaubert wurde, echt gebannt. So wurde die Bühne grundsätzlich nur in eine Farbe getaucht und mit reichlich Nebel geflutet, was den Nachteil hatte, dass ich beim besten Willen nicht sagen kann, ob da nun Trommeltier Frost hinter der Schießbude saß, da man diesen eh nicht sehen konnte. So toll der Auftritt, so mies aber der Sound. Wer den Bass suchte, der wurde fündiger, wenn er sich selber Luft in die Hose drückte. Auch wenn das vielleicht noch so frostbitten trve ist, so empfinde ich das als Verarschung.
Also brach ich diesen Gig dann doch früher ab, als geplant und begab mich zum Kontrastprogramm in die W.E.T. Stage. In dem engen Zelt hatten sich um Mitternacht doch einige Leute zusammengefunden, um sich am progressiven Black Metal von Mastermind IHSAHN zu erfreuen. Naja, die Freude ist dann doch relativ. Zwar wurden die Songs alle einwandfrei vorgetragen (nachdem ihm dann auch schon nach dem ersten Song das Mikro auf hörbar geschaltet wurde), aber generell denke ich, dass diese Art Musik nicht sonderlich festivaltauglich ist, da bei einer Spielzeit von nur 40 Minuten die Longtracks von 10 Minuten natürlich nur wenig Sinn machen. So bleibt trotz meiner großen Vorfreude leider nur das Fazit: ganz nett.
Samstag, 7. August
Tag 3 war bei mir erst einmal die völlige Motivationslosigkeit eingetreten, aus der mich noch nicht mal eine Band wie Unleashed aus dem Zelt treiben konnte. Und so betrat ich dann erst am späten Nachmittag den Platz, um mich von einem der seltenen Auftritte von LOCK UP fit prügeln zu lassen. Und dieser Schock war dann so heilsam, wie auch klasse. Sehr agil und professionell wurde der Auftritt abgedreht, sodass die Stimmung der doch recht wenigen Zuschauer sehr schnell am kochen war. Es passiert ja schließlich auch nicht alle Tage, dass eine Band ihr komplettes Songmaterial innerhalb von einer Stunde runterballert. Da mir das aber dann aber trotz aller Qualität sehr schnell eintönig wurde, zog es mich nach einiger Zeit wieder ins Zelt.
Und da gab es wieder mal Kontrast pur. Eben noch Getrümmer und jetzt schon in einer ganz anderen Welt. Die Esten METSATÖLL sind leider nur den Wenigsten ein wirklicher Begriff, aber dass den vier Mannen das scheißegal ist, war an dem nur halbstündigen Auftritt zu merken. So zog die Truppe einfach ihr Ding durch und begeisterte die nur gut 200 Mann vor der Bühne ohne wenn und aber. Der Sound war druckvoll, alle Songs dadurch noch mitreißender als auf CD und die Stimmung auf und vor der Bühne auf dem Höhepunkt. Diese 30 Minuten waren für mich persönlich der Höhepunkt des Festivals. Beim nächsten Mal bitte mehr davon und bitte auf einer anderen Bühne!
Jetzt war es endlich mal wieder Zeit für alte Männer. W.A.S.P. hatten mich mit dem letzten Album begeistert und so war die Enttäuschung um so größer. Die Truppe um den mittlerweile recht aufgedunsenen Blackie Lawless ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. Zu behäbig waren die Bewegungen und zu oft schien alles zu bemüht. Dass der Sound bei diesem Gig auch noch sehr dürftig war, tat nur noch das Übrige dazu.
Live werden CANNIBAL CORPSE und ich wohl keine Freunde mehr werden. Na klar, die Amis machen ihren Job musikalisch mehr als ordentlich, auch die Songauswahl war mehr als ordentlich. Und technisch macht den Jungs so oder so keiner mehr was vor, aber ich kann einfach nicht damit umgehen, wenn da auf der Bühne ein Horde Rübenschwinger steht, die sich während einer einstündigen Performance nie weiter bewegen, als ein Butterkeks in der Sonne. Dennoch war der Auftritt sehr anständig und hatte genügend Höhepunkt zu bieten.
Nach so viel Gore war es jetzt wieder an der Zeit sich der klassischen Variante des Metals zuzuwenden. Und wer wäre da besser geeignet als EDGUY. Die sich momentan im Höhenflug befindliche Truppe rockte hier mächtig das Haus, was vor der Bühne dann auch frenetisch abgefeiert wurde. Im Gepäck hatten die Fünf dann auch nur Songs, die sich prima mitgrölen ließen oder sonst wie unter die Haut gingen. Der Auftritt war schlicht und ergreifend ein weiterer Beweis dafür, dass die Jungs aus Fulda wohl über kurz oder lang ganz weit vorne zu finden sein werden.
Mittlerweile wurde es dunkel und somit dann auch Zeit für eine eiskalte Performance der Marke IMMORTAL. Voll war es vor der Black Stage nun auch schon geworden, was mir leider nur noch einen Seitenplatz einbrachte. Aber selbst von diesem Standpunkt aus, waren die Norweger immer noch eine Wucht. Nachdem der Gitarrensound beim Opener noch eine bodenlose Frechheit war, wurde es aber schnell wieder sehr fett im Klang, leider aber auch um einiges leiser als bei den anderen Bands des Tages. Trotzdem strotzte besonders Meister Abbath nur so vor Spielfreude und zeigte sich extrem agil auf der Bühne und für seine Verhältnisse sogar redselig. Ein Auftritt der nur wenig zu wünschen übrig ließ, aber nach noch nicht mal einer ganzen Stunde auch schon wieder Vergangenheit war.
Fazit
Was bleibt nun aber unterm Strich vom Wacken Open Air 2010 über? Die Erkenntnis, dass es sich hier um das größte und wohl auch internationalste Metalfest der Welt handelt ist wohl nicht sonderlich neu. Prinzipiell war hier alles wie immer. Die Organisation war erstklassig, die Security freundlich (außer Ordner Nr. 798, der wohl durch blöde Sprüche und sein Verhalten anders sein wollte als alle seine Kollegen) und besonders die Toilettensituation prima, da sich neue Wasserleitungen auf dem Festivalgelände in allen Belangen bezahlt machen. Über die ausgewählten Bands lässt sich wie jedes Jahr wieder streiten, aber unterm Strich war für jeden was dabei und auch der Sound war dieses Mal besser und druckvoller.
Von mir aus könnte jeden Monat Wacken sein, wenn denn das Wetter so mitspielt wie dieses Mal!