Mountains Of Death X
Mountains Of Death X
Balmen, Muotathal
19.08.2010
19.08.2010
Das kleine Festival, von dem außerhalb der Schweiz wahrscheinlich noch nicht viele gehört haben, geht dieses Jahr in seine 10. Runde. Für uns Grund genug, auch ohne vorherigen Blick auf die Running Order den Rucksack zu packen und vom Basislager Zürich ins Kanton Schwyz zu reisen, um uns in idyllischer Lage drei Tage lang Musik um die Ohren fönen zu lassen. Dass die Schweizer das Wort Idylle noch als Lebensphilosophie begreifen, merken wir bereits bei der Ankunft: Auf der nahen Wiese wendet ein steinalter Mann ohne Haare, dafür aber mit Rauschebart bis auf die Brust, mit stoischer Ruhe sein Heu, während eine Horde Hühner mit raumgreifenden Schritten um die Wette rennt; direkt vor der Unterkunft drängeln sich ein paar dicke Schafe gemütlich zusammen und begrüßen jeden Besucher mit lautem Geblöke.
Wir beziehen also gut gelaunt unser Matratzenlager auf dem Dachboden, öffnen die erste Dose Bier und wandern runter ins Tal zum Ort des Geschehens. Der Campingplatz des MOD liegt auf saftigem Grün direkt in der Talsohle, während das Gelände des Sägewerks – wo auch die kleine Bühne steht – zunächst eher nach verstauchten Knöchel und nächtlichen Stolperarien aussieht. Das Festivalgelände an sich ist so übersichtlich, mit ausreichend Platz für vielleicht 1500 Leute. Ergänzt wird das heimelige Ambiente von einem Party-Zelt, einem Merch-Zelt und zwei kleinen Fressbuden.
Donnerstag
Pünktlich um 21 Uhr eröffnen PROGSIK aus der Schweiz den Reigen. Die Jungs präsentieren in Proberaumatmosphäre ihren Piggrowllastigen Death-Grindcore, der wenig Abwechslung bietet und ab dem dritten Song ins Langatmige abzugleiten droht. Vor der Bühne finden sich etwa 200 Mann ein, denen das ganz gut zu gefallen scheint und die ihre eigene Party veranstalten. Die dabei ausgeführten Bewegungen lassen uns schon jetzt ahnen, wo wir gelandet sind: Auf der Mullen-Hackhand-Gedächtnisfeier! Moshen ist OUT, Hackhand und immer-schön-im-Kreis-laufen dagegen IN.
CEREBRAL BORE aus Glasgow schlagen im Prinzip in die gleiche Kerbe, bieten aber ein abwechslungsreicheres Set. Die Band versteht es durchaus, extrem schnelles Geholze mit groovigen Elementen zu verbinden und die junge Dame an der Front hat einen Stimmumfang, der von sehr tiefen Growls bis hohen Piggrowls alles zulässt. Die zahlenmäßig angewachsene Meute ist schwer angetan und entert nach und nach die Bühne, so dass am Ende von den eigentlichen Hauptdarstellern nicht mehr viel zu sehen ist. Sehr schön!
Die Jungs von SICKENING HORROR aus Griechenland huldigen im Anschluss eher dem ursprünglichen Stil des (Ami-)Deathmetals und bieten einen schönen Mix aus technischen Verspieltheiten in Form von Gefrickel und ansprechenden Melodieläufen, der es nicht zum Ziel hat, möglichst schnell und unspektakulär die Felle zu verdreschen. Untermalt wird das Ganze von recht passablen Growls, die auch mal die eine oder andere Varianz erfahren. Für mich die beste Band des Abends.
Während die Anwesenden mit Sickening Horror nicht so viel anfangen konnten, ist es bei den Amis von DEVOURMENT schlagartig voll vor der Bühne. Kein Wunder, denn es gibt die volle Packung Grindcore auf die Lauscherchen, bei der man aber wenigstens noch erahnen kann, dass Death Metal-Komponenten irgendwann mal eine Rolle gespielt haben, auch wenn die Vocals im typischen Wouf-Wouf-Stil gehalten werden. Recht flott prügeln sich die Jungs durch ihr Material und eigentlich könnte man, gerade zu den langsamen, groovigen Parts, wunderbar Moshen, aber leider wandern die Herren vor der Bühne im Stakkatoschritt mit Hackhand im Kreis und präsentieren ihre rosa- oder auch leopardfarbenen Kleidchen – die Herren der Schöpfung, wohlgemerkt.
Bei LIVIDITY hat die Stimmung dann ihren Siedepunkt erreicht: Es wird wahllos getreten und geschlagen, während die Band das ganze Geschehen mit ihrem selbsternannten Perverse Death Grind untermalt. Wir ziehen uns deshalb ins Party-Zelt zurück, atmen die von reichlich Heilpflanzenduft geschwängerte Luft tief ein, genehmigen uns ein Getränk und beäugen das Szenario aus sicherer Entfernung. Nach einer halben Stunde sind wir passiv so be...schwingt, dass wir uns sogar noch die letzte Band des Abends, KERRY AND THE LAYZERS, antun.
KERRY AND THE LAYZERS sind wahrscheinlich so was wie die Hausband des Festivals und bieten das absolute Kontrastprogramm: Die Herren im feinen Zwirn covern alles, was nicht niet- und nagelfest ist und bringen in einer einstündigen Show Hits der Marke „Äis of Späids“, „Äinschl of Deff“ oder auch „Maschtr of Pappäts“ zu Gehör. Nachts um 2.30 Uhr interessiert das zwar kaum noch jemanden, aber ich finde es trotzdem als Schlusspunkt des heutigen Abends sehr gelungen.
Freitag
Nachdem wir gestern einen ersten Einblick in die musikalische Ausrichtung des Festivals bekommen haben und es zudem gießt wie aus Eimern, entscheiden wir uns heute für langes Ausschlafen, noch längeres Frühstücken, eine kleine Wanderung durch den Ort, nochmaliges Schlafen und ausschweifendes Vorglühen.
Gegen 20 Uhr schlendern wir runter ins Tal und starten mit SAPROGENIC aus den USA in den Abend, die da weiter machen, wo wohl die anderen Bands vor ihnen aufgehört haben. Geboten wird typischer Grindcore, der hin und wieder durch einen Tempowechsel glänzt, ansonsten aber nur Schrammel-Gitarrensound, ewiges Geholze und einen tiefen Griff in die gutturale Kiste bietet. Bei der Masse kommt das jedenfalls gut an, denn es herrscht angenehmes Gedränge vor der Bühne; natürlich mit Circle-Pit.
INHERIT DISEASE wenden sich im Anschluss, rein musikalisch gesehen, eher dem technischen Death Metal zu, der zumindest bei mir besser ankommt, weil er in gewisser Weise „ausdefiniert“ ist. Hier wird nicht eine Stunde der gleiche Brei geboten sondern auch mal variiert. Die Growls sind geradezu unterirdisch bombastisch, wo Sänger Obie die herzaubert, ist mir schleierhaft. Eine der besseren Bands, obwohl der Sound nicht wirklich gut und das Schlagzeug viel zu leise ist.
Eine wahre Wellnesspackung für die Ohren gibt es dann in Form von NECROPHAGIST. Die Jungs aus Deutschland präsentieren bodenständigen Death Metal, der in die eine oder andere technische Frickelei ausartet, schöne Soli aufweist (ja, man kann Gitarrensaiten auch einzeln anzupfen), an mehreren ausschweifenden Melodiebögen schnuppern darf und zudem von saftigen Growls untermalt wird. Ach, was für eine Wohltat!
Kurz vor 1 Uhr nachts wartet dann ein echtes Filetstückchen auf die Besucher. Die alten Haudegen von MACABRE machen sich startklar und vor der Bühne herrscht dichtes Gedränge, was ich so gar nicht vermutet habe, schließlich gibt es jetzt guten, soliden, oldschooligen Death Metal auf die Lauscherchen. Die Meute ist jedenfalls willig und stellt sich schon mal in Positur für einen Circle-Pit, der ganz großes Kino verspricht. Jeder Song wird zunächst liebevoll durch eine kleine Inhaltsangabe eingeleitet, wobei auffällt, dass auch wir Deutschen offensichtlich mehr als einen Serienmörder zu bieten haben, bevor es dann an die musikalische Umsetzung geht. Mit ihrem Murder Death Metal, der zwischen schnellen und groovebaren Parts schwankt oder auch mal im Kinderlied-Outfit daherkommt, treffen die Herrschaften jedenfalls den Nerv des Publikums, welches bereits komplett aus dem Häuschen ist. Die Stimmung ist ausgelassen, der Sound ist drückend fett, kurzum: Für mich die beste Band des Abends!
Die größte Herausforderung für die meisten Besucher ist es, die jeweils letzte Band des Abends irgendwie noch zu schaffen. Leider gelingt dies auch heute nur sehr wenigen und so haben die Schweden von BIRDFLESH das Vergnügen, ein recht mageres Häufchen von geschätzten 200 Mann bis circa 3 Uhr zu Bespaßen und wach zu halten. Geboten wird hier, neben hautengen Kostümen und orange-farbenem Wackelplüschhut, Grindcore Death, der eine starke Schlagseite zum Thrash aufweist, mit coolen Growls unterlegt ist und eigentlich ganz gut ins Bein geht. Die Songs der Marke „External wounds of vagina power“ sind kurz und prägnant, sodass eine geistige Überanstrengung zu später Stunde ausbleibt. Im Großen und Ganzen ein doch recht gelungener Abschluss.
Samstag
Gleiches Prozedere wie oben, aber ohne Wanderung, dafür mit noch ausschweifenderem Vorglühen.
Der Tag startet für uns mit MUMAKIL aus Genf, die offenbar die heimlichen Stars des Festivals sind, denn es ist vor der Bühne geradezu brechend voll und alle warten gespannt ab, was die Band heute so zu bieten hat. In erster Linie natürlich Grindcore Death Metal, der nur wenig Abwechslung erfährt und sich somit gut ins Gesamtbild einfügt. Vor der Bühne gibt’s das übliche Gerangel und der eine oder andere Fan entert die Bühne, um dann etwas ratlos zu überlegen wie er da je wieder runterkommt, wo ihn doch so gar keiner auffangen will. Das „Rahmenprogramm“ auf dem MOD ist wirklich der absolute Brüller!
Mit ORIGIN geht es dann einen richtig guten Abend und wir drängeln uns schon mal in die erste Reihe. Doch halt!...Was ist das?...Wo ist der stramme Frontbär James Lee geblieben?? Unsere kleine heile Origin-Welt bröckelt für einen kurzen Augenblick, dann haben wir uns wieder gefasst. Der aktuelle Sänger, Mica Meneke, bringt einen ganz neuen Ansatz in die Truppe, nämlich einen ziemlich Modernen. Weniger technisch als früher holzen sich die Jungs durchs Material, dass durchaus seinen Reiz hat, denn die Vocals werden zwischen Sänger und Bassist aufgeteilt, sodass fast so was wie ein Dialog entsteht: Der Bassist steuert die unterirdisch tiefen Growls bei, während Mica eher für die höheren Growls und einzeln eingestreuten Kreischparts zuständig ist. Wenn man es aber mal genau nimmt, sind die Anteile des Bassisten so groß, dass man sich den Sänger eigentlich sparen könnte; vielleicht muss man sich als Hörer aber auch erst irgendwie dran gewöhnen. Ansonsten gibt es den gewohnt drückend fetten Death Metal im Ami-Stil auf die Ohren, der vom Publikum sehr gut angenommen wird und die Anwesenden in den ersten 15 Reihen zu einem - ja, richtig geraten - großen Circle-Pit animiert. Keine Frage, ORIGIN sind immer noch sehr gut und können heute durchaus überzeugen, auch wenn das Mikro und die Boxen vorne links zeitweise den Dienst quittieren, was den Hörgenuss etwas schmälert.
DYING FETUS haben dagegen einen extrem fetten Sound, der richtig schön gegen den Brustkorb drückt und das hereinbrechende Death Metal Gewitter würdigt unterstreicht. Die Jungs suhlen sich in typischer Ami-Manier wahlweise in technischen Verspieltheiten, geradlinigem Geholze oder schleppenden Passagen und bombastischen Growls, die man gleich von 2 Bandmitgliedern um die Ohren geschleudert bekommt. Absolut überzeugender und mitreißender Auftritt, der bereits dahinwelkenden Death Metal Fans wieder auf die Beine hilft. Für mich die beste Band des heutigen Abends!
Im Anschluss schlagen THE BLACK DALIA MURDER fast in die gleiche Kerbe, allerdings etwas moderner und stimmlich höher angesiedelt. Wir entscheiden uns für den Kampf ums Bier und ziehen uns Richtung Theke zurück.
SUFFOCATION sind für fast alle Anwesenden die Headliner des Abends und das Gelände ist mit 1400 Mann dementsprechend zum Bersten voll. Gut, wir haben ja schließlich auch den Erfinder der Hackhand und die Mitbegründer des Brutal Death Metals leibhaftig vor uns. Man muss daher kaum erwähnen, dass vor der Bühne der Teufel los ist und die Leute einfach mal komplett ausrasten. Präsentiert wird echt fetter, schneller, geholzter Death Metal, der teilweise langsam und schleppend daher kommt, das ein oder andere Mini-Solo aufweist und mit richtig coolen Growls unterlegt ist. Insgesamt gesehen ein recht überzeugender Auftritt mit Hang zum großen Kino und ausschweifenden Geschichtchen zwischen den Songs.
Nach SUFFOCATION leert sich das Gelände schlagartig, sodass man meinen könnte, das Festival sei vorbei. Aber, weit gefehlt, es warten noch 2 weitere Bands, mit denen man mittlerweile 40 Minuten in Verzug ist und nach dem Soundcheck der nächsten Band haben weitere Ratten das sinkende Schiff klammheimlich verlassen.
So müssen die Jungs von HERETIC SOUL aus der Türkei mit etwa 200 Zuschauern Vorlieb nehmen, die aber ordentlich Betrieb vor der Bühne machen! Geboten wird bodenständiger, handwerklich solider Death Metal, der ansprechender gar nicht sein könnte: Fette Grooves im Wechsel mit schön dahin geprügelten Passagen, einige Kreischparts und interessante Melodieläufe, alles perfekt abgerundet von geradezu rausgerotzten Growls, die man dem kleinen, schmächtigen Sarp gar nicht zutraut. Trotz einiger technischer Problemchen bleibt als Fazit: Hut ab für diese junge, erfrischende Band aus Istanbul, bei der man ruhig mal reinlauschen kann!
Wieder etwas dichter gedrängt geht es dann bei INHUMATE aus Frankreich zu, die gegen 2.30 Uhr den glanzvollen Schlusspunkt setzen sollen. Dieser Aufgabe sind die Jungs durchaus gewachsen, was aber nicht an ihrer Musik, typischer Grindcore Death mit recht übersichtlicher Länge der Songs, sondern an der Show liegt, die hier geboten wird: Selbststrangulation des Sängers mit dem Mikrokabel, Verprügeln und/oder Würgen der eigenen Bandkollegen und ausdauerndes Schlagen mit dem Mikro gegen die Stirn sind hier an der Tagesordnung. Gekrönt wird das Ganze durch Kommentare der Marke „Ich möchte euch alle bluten oder sterben sehen. Oder was auch immer...“ und einer inszenierten Wall Of Death, die vom Publikum geradezu dankbar angenommen wird. Gegen 3.15 Uhr werden alle Zuschauer, die noch einigermaßen gerade stehen, für das große Schlussbild auf die Bühne gebeten, eine einsame Rakete verirrt sich zur Feier des Tages in den nächtlichen Himmel und das MOD 2010 ist Geschichte. Die meisten Besucher trotten jetzt gemächlich gen Zeltplatz und auch wir ziehen uns, reichlich übermüdet, in unsere Unterkunft zurück.
Fazit: Man muss schon sagen, dass das Festival sehr gut organisiert ist, die anwesenden Menschen ausnehmend freundlich sind und im Office tatsächlich immer ein Ansprechpartner bei Problemen zu finden ist, der dann weiterhilft oder es zumindest versucht. Eine Security ist scheinbar gar nicht vorhanden und am Einlass winkt man die Leute nur müde vorbei.
Der Eintrittspreis ist, mit umgerechneten 56 Euro für 3 Tage, sehr erschwinglich, allerdings wird einem dann an der Bar das Geld so richtig aus der Tasche gezogen. Das liegt nicht etwa nur an den Getränkepreisen, die für Schweizer Verhältnisse normal sind, sondern eher an der Bedienung, wobei ich bei einem der Kritikpunkte angelangt bin. Die Bedienung am Ausschank ist teilweise, ich betone: teilweise, so dermaßen besoffen, dass entweder gar keine, falsche oder unzureichende Getränke gereicht werden. Da es hier sogn. Wertmarken gibt, die vom Personal abgestrichen werden, stellt sich gleich das nächste Problem: Wer besoffen ist, rechnet falsch oder lieber gar nicht erst und so werden die Marken frei Schnauze abgestrichen. Beschwert man sich, wird entweder durchgestrichen, umkreiselt oder verhandelt, jede Bedienung hat da so ihre eigene Technik. Hier könnte man als Veranstalter schon mal ein Auge drauf haben bzw. im nächsten Jahr etwas verändern. Der zweite Kritikpunkt ist die Toilettensituation, auf die ich jetzt nicht näher eingehen möchte, die aber eine Verbesserung vertragen könnte.
Nimmt man eben erwähnte Punkte raus, bleibt unterm Strich ein gemütliches, friedliches, kleines Festival in exponierter Lage und mit internationalen Gästen, dass allerdings für „altmodische“ Death-Metaller nicht besonders geeignet ist, da hier vorwiegend dem etwas neumodischeren Gebräu der Liga Grindcore-Brutal-Beatdown-Break-Metal-Death-Massaker gehuldigt wird. Für Fans dieser vorwitzigen Mischung, die zudem einen gewissen Hang zur Heiterkeit haben, ist das Mountains Of Death geradezu paradiesisch und empfehlenswert!
Bericht: Kirstin S..
Fotos: Kirstin S., Frau Tee.
www.mountainsofdeath.ch
Wir beziehen also gut gelaunt unser Matratzenlager auf dem Dachboden, öffnen die erste Dose Bier und wandern runter ins Tal zum Ort des Geschehens. Der Campingplatz des MOD liegt auf saftigem Grün direkt in der Talsohle, während das Gelände des Sägewerks – wo auch die kleine Bühne steht – zunächst eher nach verstauchten Knöchel und nächtlichen Stolperarien aussieht. Das Festivalgelände an sich ist so übersichtlich, mit ausreichend Platz für vielleicht 1500 Leute. Ergänzt wird das heimelige Ambiente von einem Party-Zelt, einem Merch-Zelt und zwei kleinen Fressbuden.
Donnerstag
Pünktlich um 21 Uhr eröffnen PROGSIK aus der Schweiz den Reigen. Die Jungs präsentieren in Proberaumatmosphäre ihren Piggrowllastigen Death-Grindcore, der wenig Abwechslung bietet und ab dem dritten Song ins Langatmige abzugleiten droht. Vor der Bühne finden sich etwa 200 Mann ein, denen das ganz gut zu gefallen scheint und die ihre eigene Party veranstalten. Die dabei ausgeführten Bewegungen lassen uns schon jetzt ahnen, wo wir gelandet sind: Auf der Mullen-Hackhand-Gedächtnisfeier! Moshen ist OUT, Hackhand und immer-schön-im-Kreis-laufen dagegen IN.
CEREBRAL BORE aus Glasgow schlagen im Prinzip in die gleiche Kerbe, bieten aber ein abwechslungsreicheres Set. Die Band versteht es durchaus, extrem schnelles Geholze mit groovigen Elementen zu verbinden und die junge Dame an der Front hat einen Stimmumfang, der von sehr tiefen Growls bis hohen Piggrowls alles zulässt. Die zahlenmäßig angewachsene Meute ist schwer angetan und entert nach und nach die Bühne, so dass am Ende von den eigentlichen Hauptdarstellern nicht mehr viel zu sehen ist. Sehr schön!
Die Jungs von SICKENING HORROR aus Griechenland huldigen im Anschluss eher dem ursprünglichen Stil des (Ami-)Deathmetals und bieten einen schönen Mix aus technischen Verspieltheiten in Form von Gefrickel und ansprechenden Melodieläufen, der es nicht zum Ziel hat, möglichst schnell und unspektakulär die Felle zu verdreschen. Untermalt wird das Ganze von recht passablen Growls, die auch mal die eine oder andere Varianz erfahren. Für mich die beste Band des Abends.
Während die Anwesenden mit Sickening Horror nicht so viel anfangen konnten, ist es bei den Amis von DEVOURMENT schlagartig voll vor der Bühne. Kein Wunder, denn es gibt die volle Packung Grindcore auf die Lauscherchen, bei der man aber wenigstens noch erahnen kann, dass Death Metal-Komponenten irgendwann mal eine Rolle gespielt haben, auch wenn die Vocals im typischen Wouf-Wouf-Stil gehalten werden. Recht flott prügeln sich die Jungs durch ihr Material und eigentlich könnte man, gerade zu den langsamen, groovigen Parts, wunderbar Moshen, aber leider wandern die Herren vor der Bühne im Stakkatoschritt mit Hackhand im Kreis und präsentieren ihre rosa- oder auch leopardfarbenen Kleidchen – die Herren der Schöpfung, wohlgemerkt.
Bei LIVIDITY hat die Stimmung dann ihren Siedepunkt erreicht: Es wird wahllos getreten und geschlagen, während die Band das ganze Geschehen mit ihrem selbsternannten Perverse Death Grind untermalt. Wir ziehen uns deshalb ins Party-Zelt zurück, atmen die von reichlich Heilpflanzenduft geschwängerte Luft tief ein, genehmigen uns ein Getränk und beäugen das Szenario aus sicherer Entfernung. Nach einer halben Stunde sind wir passiv so be...schwingt, dass wir uns sogar noch die letzte Band des Abends, KERRY AND THE LAYZERS, antun.
KERRY AND THE LAYZERS sind wahrscheinlich so was wie die Hausband des Festivals und bieten das absolute Kontrastprogramm: Die Herren im feinen Zwirn covern alles, was nicht niet- und nagelfest ist und bringen in einer einstündigen Show Hits der Marke „Äis of Späids“, „Äinschl of Deff“ oder auch „Maschtr of Pappäts“ zu Gehör. Nachts um 2.30 Uhr interessiert das zwar kaum noch jemanden, aber ich finde es trotzdem als Schlusspunkt des heutigen Abends sehr gelungen.
Freitag
Nachdem wir gestern einen ersten Einblick in die musikalische Ausrichtung des Festivals bekommen haben und es zudem gießt wie aus Eimern, entscheiden wir uns heute für langes Ausschlafen, noch längeres Frühstücken, eine kleine Wanderung durch den Ort, nochmaliges Schlafen und ausschweifendes Vorglühen.
Gegen 20 Uhr schlendern wir runter ins Tal und starten mit SAPROGENIC aus den USA in den Abend, die da weiter machen, wo wohl die anderen Bands vor ihnen aufgehört haben. Geboten wird typischer Grindcore, der hin und wieder durch einen Tempowechsel glänzt, ansonsten aber nur Schrammel-Gitarrensound, ewiges Geholze und einen tiefen Griff in die gutturale Kiste bietet. Bei der Masse kommt das jedenfalls gut an, denn es herrscht angenehmes Gedränge vor der Bühne; natürlich mit Circle-Pit.
INHERIT DISEASE wenden sich im Anschluss, rein musikalisch gesehen, eher dem technischen Death Metal zu, der zumindest bei mir besser ankommt, weil er in gewisser Weise „ausdefiniert“ ist. Hier wird nicht eine Stunde der gleiche Brei geboten sondern auch mal variiert. Die Growls sind geradezu unterirdisch bombastisch, wo Sänger Obie die herzaubert, ist mir schleierhaft. Eine der besseren Bands, obwohl der Sound nicht wirklich gut und das Schlagzeug viel zu leise ist.
Eine wahre Wellnesspackung für die Ohren gibt es dann in Form von NECROPHAGIST. Die Jungs aus Deutschland präsentieren bodenständigen Death Metal, der in die eine oder andere technische Frickelei ausartet, schöne Soli aufweist (ja, man kann Gitarrensaiten auch einzeln anzupfen), an mehreren ausschweifenden Melodiebögen schnuppern darf und zudem von saftigen Growls untermalt wird. Ach, was für eine Wohltat!
Kurz vor 1 Uhr nachts wartet dann ein echtes Filetstückchen auf die Besucher. Die alten Haudegen von MACABRE machen sich startklar und vor der Bühne herrscht dichtes Gedränge, was ich so gar nicht vermutet habe, schließlich gibt es jetzt guten, soliden, oldschooligen Death Metal auf die Lauscherchen. Die Meute ist jedenfalls willig und stellt sich schon mal in Positur für einen Circle-Pit, der ganz großes Kino verspricht. Jeder Song wird zunächst liebevoll durch eine kleine Inhaltsangabe eingeleitet, wobei auffällt, dass auch wir Deutschen offensichtlich mehr als einen Serienmörder zu bieten haben, bevor es dann an die musikalische Umsetzung geht. Mit ihrem Murder Death Metal, der zwischen schnellen und groovebaren Parts schwankt oder auch mal im Kinderlied-Outfit daherkommt, treffen die Herrschaften jedenfalls den Nerv des Publikums, welches bereits komplett aus dem Häuschen ist. Die Stimmung ist ausgelassen, der Sound ist drückend fett, kurzum: Für mich die beste Band des Abends!
Die größte Herausforderung für die meisten Besucher ist es, die jeweils letzte Band des Abends irgendwie noch zu schaffen. Leider gelingt dies auch heute nur sehr wenigen und so haben die Schweden von BIRDFLESH das Vergnügen, ein recht mageres Häufchen von geschätzten 200 Mann bis circa 3 Uhr zu Bespaßen und wach zu halten. Geboten wird hier, neben hautengen Kostümen und orange-farbenem Wackelplüschhut, Grindcore Death, der eine starke Schlagseite zum Thrash aufweist, mit coolen Growls unterlegt ist und eigentlich ganz gut ins Bein geht. Die Songs der Marke „External wounds of vagina power“ sind kurz und prägnant, sodass eine geistige Überanstrengung zu später Stunde ausbleibt. Im Großen und Ganzen ein doch recht gelungener Abschluss.
Samstag
Gleiches Prozedere wie oben, aber ohne Wanderung, dafür mit noch ausschweifenderem Vorglühen.
Der Tag startet für uns mit MUMAKIL aus Genf, die offenbar die heimlichen Stars des Festivals sind, denn es ist vor der Bühne geradezu brechend voll und alle warten gespannt ab, was die Band heute so zu bieten hat. In erster Linie natürlich Grindcore Death Metal, der nur wenig Abwechslung erfährt und sich somit gut ins Gesamtbild einfügt. Vor der Bühne gibt’s das übliche Gerangel und der eine oder andere Fan entert die Bühne, um dann etwas ratlos zu überlegen wie er da je wieder runterkommt, wo ihn doch so gar keiner auffangen will. Das „Rahmenprogramm“ auf dem MOD ist wirklich der absolute Brüller!
Mit ORIGIN geht es dann einen richtig guten Abend und wir drängeln uns schon mal in die erste Reihe. Doch halt!...Was ist das?...Wo ist der stramme Frontbär James Lee geblieben?? Unsere kleine heile Origin-Welt bröckelt für einen kurzen Augenblick, dann haben wir uns wieder gefasst. Der aktuelle Sänger, Mica Meneke, bringt einen ganz neuen Ansatz in die Truppe, nämlich einen ziemlich Modernen. Weniger technisch als früher holzen sich die Jungs durchs Material, dass durchaus seinen Reiz hat, denn die Vocals werden zwischen Sänger und Bassist aufgeteilt, sodass fast so was wie ein Dialog entsteht: Der Bassist steuert die unterirdisch tiefen Growls bei, während Mica eher für die höheren Growls und einzeln eingestreuten Kreischparts zuständig ist. Wenn man es aber mal genau nimmt, sind die Anteile des Bassisten so groß, dass man sich den Sänger eigentlich sparen könnte; vielleicht muss man sich als Hörer aber auch erst irgendwie dran gewöhnen. Ansonsten gibt es den gewohnt drückend fetten Death Metal im Ami-Stil auf die Ohren, der vom Publikum sehr gut angenommen wird und die Anwesenden in den ersten 15 Reihen zu einem - ja, richtig geraten - großen Circle-Pit animiert. Keine Frage, ORIGIN sind immer noch sehr gut und können heute durchaus überzeugen, auch wenn das Mikro und die Boxen vorne links zeitweise den Dienst quittieren, was den Hörgenuss etwas schmälert.
DYING FETUS haben dagegen einen extrem fetten Sound, der richtig schön gegen den Brustkorb drückt und das hereinbrechende Death Metal Gewitter würdigt unterstreicht. Die Jungs suhlen sich in typischer Ami-Manier wahlweise in technischen Verspieltheiten, geradlinigem Geholze oder schleppenden Passagen und bombastischen Growls, die man gleich von 2 Bandmitgliedern um die Ohren geschleudert bekommt. Absolut überzeugender und mitreißender Auftritt, der bereits dahinwelkenden Death Metal Fans wieder auf die Beine hilft. Für mich die beste Band des heutigen Abends!
Im Anschluss schlagen THE BLACK DALIA MURDER fast in die gleiche Kerbe, allerdings etwas moderner und stimmlich höher angesiedelt. Wir entscheiden uns für den Kampf ums Bier und ziehen uns Richtung Theke zurück.
SUFFOCATION sind für fast alle Anwesenden die Headliner des Abends und das Gelände ist mit 1400 Mann dementsprechend zum Bersten voll. Gut, wir haben ja schließlich auch den Erfinder der Hackhand und die Mitbegründer des Brutal Death Metals leibhaftig vor uns. Man muss daher kaum erwähnen, dass vor der Bühne der Teufel los ist und die Leute einfach mal komplett ausrasten. Präsentiert wird echt fetter, schneller, geholzter Death Metal, der teilweise langsam und schleppend daher kommt, das ein oder andere Mini-Solo aufweist und mit richtig coolen Growls unterlegt ist. Insgesamt gesehen ein recht überzeugender Auftritt mit Hang zum großen Kino und ausschweifenden Geschichtchen zwischen den Songs.
Nach SUFFOCATION leert sich das Gelände schlagartig, sodass man meinen könnte, das Festival sei vorbei. Aber, weit gefehlt, es warten noch 2 weitere Bands, mit denen man mittlerweile 40 Minuten in Verzug ist und nach dem Soundcheck der nächsten Band haben weitere Ratten das sinkende Schiff klammheimlich verlassen.
So müssen die Jungs von HERETIC SOUL aus der Türkei mit etwa 200 Zuschauern Vorlieb nehmen, die aber ordentlich Betrieb vor der Bühne machen! Geboten wird bodenständiger, handwerklich solider Death Metal, der ansprechender gar nicht sein könnte: Fette Grooves im Wechsel mit schön dahin geprügelten Passagen, einige Kreischparts und interessante Melodieläufe, alles perfekt abgerundet von geradezu rausgerotzten Growls, die man dem kleinen, schmächtigen Sarp gar nicht zutraut. Trotz einiger technischer Problemchen bleibt als Fazit: Hut ab für diese junge, erfrischende Band aus Istanbul, bei der man ruhig mal reinlauschen kann!
Wieder etwas dichter gedrängt geht es dann bei INHUMATE aus Frankreich zu, die gegen 2.30 Uhr den glanzvollen Schlusspunkt setzen sollen. Dieser Aufgabe sind die Jungs durchaus gewachsen, was aber nicht an ihrer Musik, typischer Grindcore Death mit recht übersichtlicher Länge der Songs, sondern an der Show liegt, die hier geboten wird: Selbststrangulation des Sängers mit dem Mikrokabel, Verprügeln und/oder Würgen der eigenen Bandkollegen und ausdauerndes Schlagen mit dem Mikro gegen die Stirn sind hier an der Tagesordnung. Gekrönt wird das Ganze durch Kommentare der Marke „Ich möchte euch alle bluten oder sterben sehen. Oder was auch immer...“ und einer inszenierten Wall Of Death, die vom Publikum geradezu dankbar angenommen wird. Gegen 3.15 Uhr werden alle Zuschauer, die noch einigermaßen gerade stehen, für das große Schlussbild auf die Bühne gebeten, eine einsame Rakete verirrt sich zur Feier des Tages in den nächtlichen Himmel und das MOD 2010 ist Geschichte. Die meisten Besucher trotten jetzt gemächlich gen Zeltplatz und auch wir ziehen uns, reichlich übermüdet, in unsere Unterkunft zurück.
Fazit: Man muss schon sagen, dass das Festival sehr gut organisiert ist, die anwesenden Menschen ausnehmend freundlich sind und im Office tatsächlich immer ein Ansprechpartner bei Problemen zu finden ist, der dann weiterhilft oder es zumindest versucht. Eine Security ist scheinbar gar nicht vorhanden und am Einlass winkt man die Leute nur müde vorbei.
Der Eintrittspreis ist, mit umgerechneten 56 Euro für 3 Tage, sehr erschwinglich, allerdings wird einem dann an der Bar das Geld so richtig aus der Tasche gezogen. Das liegt nicht etwa nur an den Getränkepreisen, die für Schweizer Verhältnisse normal sind, sondern eher an der Bedienung, wobei ich bei einem der Kritikpunkte angelangt bin. Die Bedienung am Ausschank ist teilweise, ich betone: teilweise, so dermaßen besoffen, dass entweder gar keine, falsche oder unzureichende Getränke gereicht werden. Da es hier sogn. Wertmarken gibt, die vom Personal abgestrichen werden, stellt sich gleich das nächste Problem: Wer besoffen ist, rechnet falsch oder lieber gar nicht erst und so werden die Marken frei Schnauze abgestrichen. Beschwert man sich, wird entweder durchgestrichen, umkreiselt oder verhandelt, jede Bedienung hat da so ihre eigene Technik. Hier könnte man als Veranstalter schon mal ein Auge drauf haben bzw. im nächsten Jahr etwas verändern. Der zweite Kritikpunkt ist die Toilettensituation, auf die ich jetzt nicht näher eingehen möchte, die aber eine Verbesserung vertragen könnte.
Nimmt man eben erwähnte Punkte raus, bleibt unterm Strich ein gemütliches, friedliches, kleines Festival in exponierter Lage und mit internationalen Gästen, dass allerdings für „altmodische“ Death-Metaller nicht besonders geeignet ist, da hier vorwiegend dem etwas neumodischeren Gebräu der Liga Grindcore-Brutal-Beatdown-Break-Metal-Death-Massaker gehuldigt wird. Für Fans dieser vorwitzigen Mischung, die zudem einen gewissen Hang zur Heiterkeit haben, ist das Mountains Of Death geradezu paradiesisch und empfehlenswert!
Bericht: Kirstin S..
Fotos: Kirstin S., Frau Tee.
www.mountainsofdeath.ch