Devilside 2010
Devilside 2010
Essen, Campus
04.07.2010
04.07.2010
Die Sonne brennt bereits bei der vormittäglichen Anreise erbarmungslos vom Himmel, so dass beim unfreiwillig langen Zwischenstopp in Köln inmitten der kunterbunten CSD-Horden die Treibstoffzufuhr Not tut. Zum Glück sind die Regionalbahnen nur in Richtung Köln ausgelastet, so dass der unfallfreien Ankunft in Essen nichts im Weg steht. Der Zugang zum Veranstaltungsgelände, das begrenzt wird durch einige Gebäude, die direkt an die von feierwilligen Horden bevölkerte kleine grüne Oase angrenzen, ist für Ortsunkundige im ersten Moment etwas undurchsichtig, gelingt aber schließlich und der Spaß kann beginnen.
Beim Betreten kommen wir an einer der beiden Bühnen vorbei, die an den Kopfenden der Grünfläche aufgebaut sind, was die Wege erfreulich kurz macht, wenn man nicht in die ersten Reihen will. Überhaupt funktioniert die Veranstaltung auf dem Gelände meiner Meinung nach sehr gut, man kann trotz der vielen Besucher unfallfrei und ohne lange Schlangen alle Bedürfnisse des Konzertlebens erledigen, sich zu zivilen Preisen verpflegen lassen und sowohl Security als auch Thekenkräfte sind freundlich und hilfsbereit. Gut so.
Auf der Bühne schwängern gerade MR. IRISH BASTARD die Luft mit ihrem trinkfreudigen Folkwasauchimmer. Eine beträchtlicher Teil der Menge ist bereits bester Stimmung, was daran liegen könnte, dass sie die ersten vier Stunden des Festivals schon miterlebt haben (u.a. mit SMOKE BLOW, THE HAUNTED, SONIC SYNDICATE, NEAERA, DEVILDRIVER und den V8 Wankers) und deshalb so in Fahrt sind. Nach der Zugfahrt und dem Marsch durch Essen regt die Musik uns vor allem dazu an, Bekanntschaft mit den gastronomischen Gegebenheiten zu machen.
Quasi nahtlos sind die Übergänge den ganzen Tag über und so ist das Gedudel auf der einen Bühne kaum verklungen, da feuern die EMIL BULLS auf der anderen bereits aus allen Rohren. Nach dem fetzigen Start samt sehr frühem Einsatz von „Here Comes The Fire“ ist die Luft aber irgendwie schnell ziemlich raus und die Anzahl der Publikumsreihen, die sich zum Münchner Crossover bewegen, wird immer geringer.
Die hinteren Reihen gehen auch schon zur anderen Bühne, um die optisch interessanteste Band des Tages zu bestaunen, die Tollenhengste von MAD SIN. Wirklich jedes Bandmitglied ist mit seiner Aufmachung eine Schau für sich, da sind Lichterkette am Instrument und hinter der Tolle versteckte natürliche Haarauslese nur Sahnehäubchen. Während direkt vor der Bühne kräftig das Tanzbein geschwungen wird, verpufft der Psychobilly dagegen recht wirkungslos in den hinteren Reihen, was wohl zu großen Teilen dem etwas dünnen Sound geschuldet ist. Eigentlich schade.
Richtig fürchterlich wird der Sound bei AGNOSTIC FRONT, zumindest wenn man keine Lust hat, sich durch die Massen zu kämpfen, um in die kämpfende Masse zu gelangen. Überhaupt sind Lautstärke und Qualität des Sounds die meiste Zeit des Tages sehr von der Position abhängig, die man im Publikum einnimmt.
Schnell weiter mit SNAPCASE, deren Sänger trotz Bullenhitze den Jogi-Glückspulli angezogen hat. Es gibt nichts, was es nicht gibt. Für Begeisterungsstürme ist jedoch eher der nahe Grillstand verantwortlich, außerdem gilt es, sich für die nächste Band auf der anderen Bühne einen guten Platz zu ergattern, an dem der Sound besser ist. Es passt eben nicht jeder immer frontal vor die Bühne, so dass man Schwerpunkte setzen muss.
Die heavieste Band der Welt, FEAR FACTORY, überzeugen mich, anders als in Köln, heute gleich von Anfang an, und auch der neben mir tobende Mob ist angetan von der Leistung der Mannen um Dino Cazares. Burton C. Bell, heute allem Anschein nach komplett live singend, hat ebenso einen guten Tag, so dass alle Spaß haben und zufrieden sind mit der kalifornischen Maschine. Wie viel Begeisterungsspielraum da aber noch abrufbar ist, merkt man, als FEAR FACTORY in den „Demanufacture“ Gang schalten. Es scheint fast egal zu sein, welches Lied von diesem unbestritten großartigen Album gespielt wird, die Leute flippen so oder so aus. Sehr schön, auch wenn mein Traum von „New Breed“ live wohl nie mehr Realität werden wird.
Der Versuch, das noch kochende Blut mit ZEBRAHEAD abzukühlen, gelingt besser als erwartet, deshalb führt der Weg gleich wieder zurück, um eine der besten Livebands des Planeten aus der Nähe genießen zu können.
Es ist Wahnsinn, wie frisch und leidenschaftlich OVERKILL nach all den Jahren immer noch sind, besonders Großmeister Blitz am Mikrofon ist ein Wunder der Natur. Wie kann man nur bei jedem Konzert derart den Derwisch geben, wenn man bei jeder sich bietenden Gelegenheit eine Rauchpause einlegt? Faszinierend! Die aktuellen Hits „The Green And Black“ und „Ironbound“ sind der Beweis dafür, dass OVERKILL auch albumtechnisch immer noch eine Menge Kohlen im Feuer haben, und werden ebenso gefeiert und mitgesungen wie die Klassiker. Großartige Band!
Lässiger, aber nicht wesentlich weniger energiegeladen sind DANKO JONES, bei denen alle Augen und Ohren Frontmann Danko gehören, der mit seinen Ansagen seinen „Coolste Sau Kanadas“ Status untermauert, mit seinen fußballprophetischen Fähigkeiten aber danebenliegt, als er für das Finale prophezeit: „Deutschland’s going to brutalize Holland!“ Der Schweinerock läuft selbst bei den dem Genre abgeneigten Mitstreitern geschmeidig ins Ohr, was zusammen mit der Performance alle Daumen nach oben zeigen lässt.
Schluss mit lustig ist bei NEW MODEL ARMY. Eine Pause vor dem Endspurt ist nötig und, bei allem gebotenen Respekt, jetzt auch kein Verlust, denn zumindest für unsere kleine Gruppe sind die Engländer an diesem Tag ein musikalisch schwer integrierbarer Fremdkörper, abwechslungsreiches Billing hin oder her.
Also auf zu den nach Wickie & Kompagnons beliebtesten Wikingern der Welt AMON AMARTH, die praktisch nichts falsch machen können. Die Menge frisst Oberbart Johan Hegg und Spießgesellen bei jedem Lied aus der Hand, singt und mosht ohne Unterlass und auch der Umgang mit den Crowdsurfern ist, wie ich aus eigener Anschauung bestätigen kann, als durchaus freundlich zu bezeichnen. Irgendwie ein Paradoxon, dass nominell Death Metal aus den Boxen tönt, wenn man sich die vielen freudig strahlenden Gesichter im Publikum und den durch gespielte Grimmigkeit während der Lieder nur mäßig verborgenen Spaß im Gesicht der Musiker so anschaut, aber das kennt man von Konzerten AMON AMARTHs mittlerweile ja bereits aus der Lameng. Zuverlässige Unterhaltung, wie immer.
Als vorletzten Partner an seiner Seite hat der Teufel die unkaputtbaren SICK OF IT ALL, die nach gefühlt unzähligen Karrierejahren und Alben immer noch mehr Hummeln im Hintern haben als ein Großteil der Nacheiferer. In Erwartung des Mainacts und des ob der späten Stunden komplett in Bewegung zu scheinenden Publikums halten wir uns bedeckt im Hintergrund. Es hinterlässt zumindest den Eindruck, dass der Sound in den hinteren Reihen besser geworden ist.
Mit AIRBOURNE beschließt eine der Bands der Stunde den Tag und damit das Festival. Selbst wer die Australier auf Konserve ob geringer Originalität verschmäht, muss sich dem Charme und der Energie der Liveshow ergeben. Dieses Rock’n’Roll Feuerwerk der guten Laune voller Albernheiten und Lieder, die sofort in Mark und Bein Wirkung zeigen, muss man einfach mögen. Kein Wunder, dass das zottelige Quartett mittlerweile auch größere Hallen zuverlässig ausverkauft. Sehr gelungenes Ende des Tages, selbst wenn der Bahnfahrplan uns einige Zeit vor dem letzten Lied vom Gelände treibt.
Eine alles in allem schöne Veranstaltung bei bestem Wetter, die durch ihre Mischung für die meisten Freunde jedweder Gitarrenmusik etwas zu bieten hatte. Der frühe Beginn um kurz nach 10 Uhr ist für Auswärtige, besonders bei dem Startprogramm heute, ein kleines bisschen ärgerlich gewesen, aber anders ist eine zivile Endzeit bei so einem reichhaltigen Programm einfach nicht zu erreichen. Da muss man Kompromisse machen. Wenn man sich im nächsten Jahr noch um ein paar Kleinigkeiten wie die Ausschilderung der Zugänge für Fußgänger aus Richtung Innenstadt kümmert, wieder so ein vielseitiges Aufgebot an den Start bringen kann, und vielleicht sogar den Sound auch weiter hinten stabilisieren kann, wird die nächste Ausgabe des Devilside sicher noch einen Tick besser.
Beim Betreten kommen wir an einer der beiden Bühnen vorbei, die an den Kopfenden der Grünfläche aufgebaut sind, was die Wege erfreulich kurz macht, wenn man nicht in die ersten Reihen will. Überhaupt funktioniert die Veranstaltung auf dem Gelände meiner Meinung nach sehr gut, man kann trotz der vielen Besucher unfallfrei und ohne lange Schlangen alle Bedürfnisse des Konzertlebens erledigen, sich zu zivilen Preisen verpflegen lassen und sowohl Security als auch Thekenkräfte sind freundlich und hilfsbereit. Gut so.
Auf der Bühne schwängern gerade MR. IRISH BASTARD die Luft mit ihrem trinkfreudigen Folkwasauchimmer. Eine beträchtlicher Teil der Menge ist bereits bester Stimmung, was daran liegen könnte, dass sie die ersten vier Stunden des Festivals schon miterlebt haben (u.a. mit SMOKE BLOW, THE HAUNTED, SONIC SYNDICATE, NEAERA, DEVILDRIVER und den V8 Wankers) und deshalb so in Fahrt sind. Nach der Zugfahrt und dem Marsch durch Essen regt die Musik uns vor allem dazu an, Bekanntschaft mit den gastronomischen Gegebenheiten zu machen.
Quasi nahtlos sind die Übergänge den ganzen Tag über und so ist das Gedudel auf der einen Bühne kaum verklungen, da feuern die EMIL BULLS auf der anderen bereits aus allen Rohren. Nach dem fetzigen Start samt sehr frühem Einsatz von „Here Comes The Fire“ ist die Luft aber irgendwie schnell ziemlich raus und die Anzahl der Publikumsreihen, die sich zum Münchner Crossover bewegen, wird immer geringer.
Die hinteren Reihen gehen auch schon zur anderen Bühne, um die optisch interessanteste Band des Tages zu bestaunen, die Tollenhengste von MAD SIN. Wirklich jedes Bandmitglied ist mit seiner Aufmachung eine Schau für sich, da sind Lichterkette am Instrument und hinter der Tolle versteckte natürliche Haarauslese nur Sahnehäubchen. Während direkt vor der Bühne kräftig das Tanzbein geschwungen wird, verpufft der Psychobilly dagegen recht wirkungslos in den hinteren Reihen, was wohl zu großen Teilen dem etwas dünnen Sound geschuldet ist. Eigentlich schade.
Richtig fürchterlich wird der Sound bei AGNOSTIC FRONT, zumindest wenn man keine Lust hat, sich durch die Massen zu kämpfen, um in die kämpfende Masse zu gelangen. Überhaupt sind Lautstärke und Qualität des Sounds die meiste Zeit des Tages sehr von der Position abhängig, die man im Publikum einnimmt.
Schnell weiter mit SNAPCASE, deren Sänger trotz Bullenhitze den Jogi-Glückspulli angezogen hat. Es gibt nichts, was es nicht gibt. Für Begeisterungsstürme ist jedoch eher der nahe Grillstand verantwortlich, außerdem gilt es, sich für die nächste Band auf der anderen Bühne einen guten Platz zu ergattern, an dem der Sound besser ist. Es passt eben nicht jeder immer frontal vor die Bühne, so dass man Schwerpunkte setzen muss.
Die heavieste Band der Welt, FEAR FACTORY, überzeugen mich, anders als in Köln, heute gleich von Anfang an, und auch der neben mir tobende Mob ist angetan von der Leistung der Mannen um Dino Cazares. Burton C. Bell, heute allem Anschein nach komplett live singend, hat ebenso einen guten Tag, so dass alle Spaß haben und zufrieden sind mit der kalifornischen Maschine. Wie viel Begeisterungsspielraum da aber noch abrufbar ist, merkt man, als FEAR FACTORY in den „Demanufacture“ Gang schalten. Es scheint fast egal zu sein, welches Lied von diesem unbestritten großartigen Album gespielt wird, die Leute flippen so oder so aus. Sehr schön, auch wenn mein Traum von „New Breed“ live wohl nie mehr Realität werden wird.
Der Versuch, das noch kochende Blut mit ZEBRAHEAD abzukühlen, gelingt besser als erwartet, deshalb führt der Weg gleich wieder zurück, um eine der besten Livebands des Planeten aus der Nähe genießen zu können.
Es ist Wahnsinn, wie frisch und leidenschaftlich OVERKILL nach all den Jahren immer noch sind, besonders Großmeister Blitz am Mikrofon ist ein Wunder der Natur. Wie kann man nur bei jedem Konzert derart den Derwisch geben, wenn man bei jeder sich bietenden Gelegenheit eine Rauchpause einlegt? Faszinierend! Die aktuellen Hits „The Green And Black“ und „Ironbound“ sind der Beweis dafür, dass OVERKILL auch albumtechnisch immer noch eine Menge Kohlen im Feuer haben, und werden ebenso gefeiert und mitgesungen wie die Klassiker. Großartige Band!
Lässiger, aber nicht wesentlich weniger energiegeladen sind DANKO JONES, bei denen alle Augen und Ohren Frontmann Danko gehören, der mit seinen Ansagen seinen „Coolste Sau Kanadas“ Status untermauert, mit seinen fußballprophetischen Fähigkeiten aber danebenliegt, als er für das Finale prophezeit: „Deutschland’s going to brutalize Holland!“ Der Schweinerock läuft selbst bei den dem Genre abgeneigten Mitstreitern geschmeidig ins Ohr, was zusammen mit der Performance alle Daumen nach oben zeigen lässt.
Schluss mit lustig ist bei NEW MODEL ARMY. Eine Pause vor dem Endspurt ist nötig und, bei allem gebotenen Respekt, jetzt auch kein Verlust, denn zumindest für unsere kleine Gruppe sind die Engländer an diesem Tag ein musikalisch schwer integrierbarer Fremdkörper, abwechslungsreiches Billing hin oder her.
Also auf zu den nach Wickie & Kompagnons beliebtesten Wikingern der Welt AMON AMARTH, die praktisch nichts falsch machen können. Die Menge frisst Oberbart Johan Hegg und Spießgesellen bei jedem Lied aus der Hand, singt und mosht ohne Unterlass und auch der Umgang mit den Crowdsurfern ist, wie ich aus eigener Anschauung bestätigen kann, als durchaus freundlich zu bezeichnen. Irgendwie ein Paradoxon, dass nominell Death Metal aus den Boxen tönt, wenn man sich die vielen freudig strahlenden Gesichter im Publikum und den durch gespielte Grimmigkeit während der Lieder nur mäßig verborgenen Spaß im Gesicht der Musiker so anschaut, aber das kennt man von Konzerten AMON AMARTHs mittlerweile ja bereits aus der Lameng. Zuverlässige Unterhaltung, wie immer.
Als vorletzten Partner an seiner Seite hat der Teufel die unkaputtbaren SICK OF IT ALL, die nach gefühlt unzähligen Karrierejahren und Alben immer noch mehr Hummeln im Hintern haben als ein Großteil der Nacheiferer. In Erwartung des Mainacts und des ob der späten Stunden komplett in Bewegung zu scheinenden Publikums halten wir uns bedeckt im Hintergrund. Es hinterlässt zumindest den Eindruck, dass der Sound in den hinteren Reihen besser geworden ist.
Mit AIRBOURNE beschließt eine der Bands der Stunde den Tag und damit das Festival. Selbst wer die Australier auf Konserve ob geringer Originalität verschmäht, muss sich dem Charme und der Energie der Liveshow ergeben. Dieses Rock’n’Roll Feuerwerk der guten Laune voller Albernheiten und Lieder, die sofort in Mark und Bein Wirkung zeigen, muss man einfach mögen. Kein Wunder, dass das zottelige Quartett mittlerweile auch größere Hallen zuverlässig ausverkauft. Sehr gelungenes Ende des Tages, selbst wenn der Bahnfahrplan uns einige Zeit vor dem letzten Lied vom Gelände treibt.
Eine alles in allem schöne Veranstaltung bei bestem Wetter, die durch ihre Mischung für die meisten Freunde jedweder Gitarrenmusik etwas zu bieten hatte. Der frühe Beginn um kurz nach 10 Uhr ist für Auswärtige, besonders bei dem Startprogramm heute, ein kleines bisschen ärgerlich gewesen, aber anders ist eine zivile Endzeit bei so einem reichhaltigen Programm einfach nicht zu erreichen. Da muss man Kompromisse machen. Wenn man sich im nächsten Jahr noch um ein paar Kleinigkeiten wie die Ausschilderung der Zugänge für Fußgänger aus Richtung Innenstadt kümmert, wieder so ein vielseitiges Aufgebot an den Start bringen kann, und vielleicht sogar den Sound auch weiter hinten stabilisieren kann, wird die nächste Ausgabe des Devilside sicher noch einen Tick besser.