Blind Guardian Van Canto & Steelwing

Blind Guardian, Van Canto & Steelwing

Blind GuardianSteelwingVan Canto
Düsseldorf, Philipshalle
09.10.2010
Im bewährten 4-Jahres-Rhythmus bequemen sich BLIND GUARDIAN mal wieder zu einer Tournee durch deutsche Städte und machen natürlich auch in der Düsseldorfer Philipshalle Station – kein Wunder, war doch dieser Konzertsaal aufgrund der geographischen Nähe zur BG Heimatstadt Krefeld schon oft Zeuge legendärer Shows der Bombast Metal Pioniere. So auch heute, das darf ich schon einmal vorweg nehmen, aber das Konzert ist auch ein kleiner Test für mich selbst, denn meine Liebe zu der Musik der vier merklich älter gewordenen Herren ist im Laufe der letzten Jahre ziemlich erkaltet. Aber das ist offensichtlich ein exklusives Problem, denn wie zu erwarten war, ist die Philipshalle mal wieder rappelvoll und in der Hauptsache mit euphorischen und dankbaren Fans bestückt.

Nachdem die von vielen mit Spannung erwarteten ENFORCER kurz vor Tourbeginn vom Tross abgesprungen waren, liegt es nun an den Schweden STEELWING, die Meute ordentlich anzuheizen. Dies gelingt den Jungs auch recht gut, allerdings sind sie mit ihrem IRON MAIDEN geschwängertem Sound und den gruseligen 80er Jahre Outfits inklusive Stulpen und Adrian Smith Gedächtnis Stirnbändern heute an der richtigen Adresse. Zwar sind die Songs, abgesehen vom letzten Stück „Roadkill (…Or Be Killed)“ weniger was zum Mitgrölen, gehen aber zumindest angenehm ins Ohr, ohne dass es wehtut. Man merkt der Truppe in jedem Fall an, dass sie nicht zum ersten Mal auf einer derart großen Bühne steht, und zumindest die vorderen Reihen des Publikums sind ohnehin in Feierlaune und nehmen das Gepose und die Trueness gerne an. Insgesamt eine kurzweilige halbe Stunde, die allerdings so originell wie ein feuchter Waschlappen rüberkommt.

Probleme mit Originalität haben die folgenden A Capella Metaller VAN CANTO mit Sicherheit nicht, auch wenn der Auftritt so ein bisschen zwischen „echt cool“ und „au weia“ pendelt. Die Idee an sich ist ja schon mal so bescheuert, dass sie schon wieder gut ist. Vier Sänger, eine Chanteuse und ein Schlagzeuger stehen da auf der Bühne und zeigen uns, dass man auch ohne Gitarre und Bass irgendwie Metal sein kann. Zumindest die Riffs kriegen die Herren auch recht gut hin, wohingegen die gesungenen Soli einfach nur albern klingen. Sei es drum, die Fans gehen jedenfalls ordentlich steil und feiern neben drei eigenen Songs auch die mal mehr („Wishmaster“, „Fear Of The Dark“), mal weniger („Rebellion“, „Master Of Puppets“) gelungenen Coversongs ordentlich ab. Zwar nutzt sich die Masche nach dem ersten „Aha!-Effekt“ – zumindest bei mir – ziemlich schnell ab, aber nichtsdestotrotz zaubern die Damen und Herren den meisten Anwesenden das eine oder andere Grinsen ins Gesicht. Da mit dieser Art von Musik wahrscheinlich auch nicht viel mehr geht, kann ich nur sagen: Hut ab, Mission erfüllt.

Nach einer erfreulich kurzen Umbaupause fährt der Partyzug dann gegen 21:30 aber erst richtig los, auch wenn der Einstieg mit dem epischen Longtrack „Sacred Worlds“ vom neuen Album etwas holprig verläuft. Zwar ist auch jetzt schon die Stimmung blendend, aber man merkt doch, dass nicht jeder im Saal mit der neuen Platte wirklich vertraut ist. Dies ändert sich natürlich schlagartig, als im Anschluss die Perlen „Welcome To Dying“, „Born In A Mourning Hall“ und „Nightfall“ ausgepackt werden, bei denen man nichts außer gereckten Armen und zum Mitsingen geöffneten Mündern im weiten Rund entdecken kann. BLIND GUARDIAN sind einfach auch nach all den Jahren immer noch ein echtes Phänomen und nach wie vor die größte deutsche „echte“ Heavy Metal Band, der das Publikum ohne jede Anlaufzeit sofort aus der Hand frisst.
Und das, obwohl die eigentliche Bühnenshow wie so oft eher mager ausfällt. Die Jungs hatten halt immer schon den Bewegungsradius eines Bierdeckels, und Hansi geht mit ohne Matte zumindest optisch echt gar nicht, zumal sein langsames Herumschlendern und die eher tapsig wirkenden Posen nur sehr bedingt mitreißen. Um dies zu kompensieren, hat man im Hintergrund eine riesige Leinwand aufgehängt, auf der bei allen Songs Videos ablaufen, die allerdings eine eher unangenehme 90er Jahre Grafikprogramm Atmosphäre versprühen. Hier wäre sicherlich deutlich mehr drin gewesen, aber die sehr stimmige Lightshow und natürlich die pure Magie der dargebotenen (alten) Songs wiegen dieses Manko ganz klar wieder auf. Glanzstücke wie „Time Stands Still (At The Iron Hill)“, „Traveler In Time“ oder das mal wieder Düsseldorf-tpyisch minutenlang nach Ende des Songs vom Publikum weiter gesungene „Valhalla“ sind einfach unkaputtbar und verpassen selbst dem gemeinsten Miesepeter noch eine ordentliche Gänsehaut.
Auffällig ist, dass das „Opera“ Material heute komplett ausgespart wird, wohingegen leider die verzichtbaren „Myth“ Songs „Fly“ und „This Will Never End“ zum Zuge kommen. Dafür wird man mit „Mirror Mirror“ und dem ziemlich mächtigen Zugabenblock inklusive des obligatorischen Höhepunktes „The Bard’s Song“ aber mehr als nur entschädigt, und am Ende der ziemlich genau zwei Stunden langen Show lässt sich wirklich niemand entdecken, der nicht zufrieden nach Hause geht.

Mein persönliches Fazit ist, dass BLIND GUARDIAN auch anno 2010 noch voll im Saft stehen und den Fans richtig was für ihr Geld bieten. Dass die altbekannten Kritikpunkte diesmal deutlicher ins Auge fallen als früher, liegt wohl eher an mir persönlich als an der Band, und letztendlich haben sie es doch geschafft, mich zumindest für diesen Abend wieder zurück ins Boot zu holen. Und dafür bin ich dankbar.


Setlist BLIND GUARDIAN:

Sacred Worlds
Welcome To Dying
Born In A Mourning Hall
Nightfall
Fly
Time Stands Still (At The Iron Hill)
Traveler In Time
Valhalla
A Past And Future Secret
This Will Never End
Bright Eyes
A Voice In The Dark
Mirror Mirror
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Lost In The Twilight Hall
The Bard’s Song: In The Forest
Wheel Of Time
Imaginations From The Other Side
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