Brutal Assault 2010
Brutal Assault 2010
Jaromer, Josefov (CZ)
12.08.2010
12.08.2010
Es ist Mittwoch, der 11. August, 12 Uhr mittags. Ich befinde mich auf der Fahrt zum 15. Brutal Assault Festival in Jaromer in Tschechien, ca. 130 km östlich von Prag. Vom 12. bis 14. findet in der Festung Josefov (Josefstadt) einer der bekanntesten Metalevents der Region statt. Das Line-Up der diesjährigen Ausgabe las sich schon im Vorfeld wie die Anhäufung bekannter, hochkarätiger Metalacts wie Devin Townsend, MESHUGGAH, CANNIBAL CORPSE oder HYPOCRISY und großartiger, interessanter Newcomer, welche sich qualitativ hinter den „Großen“ nicht zu verstecken brauchen.
Nach sage und schreibe 8 Stunden Autofahrt, die sich in Staus, Umleitungen und Baustellen begründeten, erreichte ich endlich die Location. Die Festung mit einem unterirdischen Labyrinth von 45 km Länge wurde in den Jahren 1780 bis 1787 auf Geheiß von Kaiser Joseph II. zum Schutz der Landesgrenze vor den Preußen erbaut. Ein passenderes Areal für einen Metalevent habe ich noch nicht gesehen. Ringsum standen ca. 5 m hohe aus Backsteinen geformte Mauern. Ob in Deutschland dafür eine Genehmigung erteilt worden wäre, ist fraglich, da sich die Fluchtmöglichkeiten in Grenzen hielten. Nach einer weiteren Stunde Anstehen, um Foto- und Pressebändchen um das Handgelenk geschnürt zu bekommen, konnte ich mich endlich auf den Weg machen, mir ein feines Plätzchen für meinen Zeltaufbau zu suchen. In der jetzt schon einsetzenden Dämmerung fand ich eine geeignete Stelle, auf der ich das Zelt schräg an den Hang meißelte. Wie sich später herausstellen sollte, war es die richtige Entscheidung, auf flachen Boden zu verzichten.
Wer schon einmal deutsche Festivals besucht hat, wird sich erinnern, dass es des Nachts einen einschlägigen Schlachtruf zu vernehmen gibt: „Slayer!!!“. Eine Art unter Metallern, zu kommunizieren und eigentliche Redewendungen wie: „Hey, hallo, du auch hier?!“ abzukürzen. Nun, in der Tschechei gibt es das auch. Man konnte das Wort „Hovno!!!“ (mit selbiger Intonation) stundenlang und aus allen Richtungen vernehmen. Anfangs dachte ich, dass es eine vergleichbare Metalgröße aus Tschechien sein könnte. Als ich dann aber zu Hause in meinem Online-Wörterbuch blätterte, musste ich feststellen, dass es eine sehr viel simplere Übersetzung gibt. Hovno (vulg.) - Scheißdreck (der). Also ließ ich mich vulgär in den Schlaf brüllen.
Donnerstag, 12.08.2010
Den Wecker meines Handys hatte ich auf 8 Uhr gestellt, entstieg allerdings schon 7.30 Uhr meinen Kunstfaserwigwam. Langes Ausschlafen ist auf Festivals ja eher eine Mangelerscheinung, da es ab einem bestimmten Sonnenstand und dem damit verbundenen Grad-Celcius-Wert geradezu unangenehm werden kann, sich nicht aus dem Schlafsack zu schälen. Also beschloss ich, mich auf dem Gelände etwas umzuschauen, den Metalmarkt zu inspizieren und einige angebotene Köstlichkeiten zu probieren.
Der Startschuss des audiovisuellen Programms war um 12 Uhr. Die Ersten des Donnerstags waren DISFIGURED CORPSE, die sich durch das inzwischen etablierte Undergroundbandvoting für größere Events einen Platz auf dem Billing sichern konnten. Was NAPALM DEATH für die Briten und MASTIC SCUM für die Österreicher sind, stellen DISFIGURED für die Tschechen dar. Seit 1991 live aktiv und seit 1992 auf 8 eigenen Tonträgern verewigt, bombardieren die Death-Grind-Helden das sich langsam füllende Festivalgelände mit einer ordentlichen Portion System- und Sozialkritik und werden sehr herzlich empfangen.
(www.myspace.com/disfiguredcorpse)
Aus Liverpool in England stammen die BEATLES, das weiß jeder. Dass es aber auch ein paar ganz entscheidende Metalacts aus dieser Metropole in die weite Welt geschafft haben, ist wohl weniger bekannt. ANATHEMA und CARCASS wären da zu nennen. SHORT SHARP SHOCK, eine Gospel-Hardcore-Band, ist seit 2005 bemüht, eine dieser musikalischen Größen zu werden, um irgendwann in einem Atemzug mit ihnen genannt zu werden. Doch ehe es losgehen kann, streikt erst einmal die Bassanlage, so dass eine halbe Stunde Delay im Ablauf schon bei der zweiten Band entsteht, die Shouter Foxy mit kleinen Anekdoten geschickt mit einem Lächeln überbrückt. Natürlich wollte jeder der Anwesenden erfahren, welche Körperteile er sich im Vorfeld des Brutal Assault gewaschen hat. Mit Einflüssen von S.O.D., ANTHRAX, SUICIDAL TENDENCIES und SLAPSHOT schießen sie dann aber ihre Salven in die Meute. „Ride The Best, Fuck The Rest“ oder „Hammerhead“ animieren, die ersten kleineren Moshpits zu vollziehen.
(www.myspace.com/shortsharpshockuk)
Als Grind-Core angekündigt, crusteten sich anschließend die Schweden AFGRUND in guter alter NASUM-Manier die Seele aus dem Leib. Dass die drei Spaß hatten und sich selbst nicht bierernst nahmen, konnte man auch die folgenden Tage sehen. Sie frönten dem Motto: Sex, Drugs and Rock'n'Roll und waren einfach überall mit einer Traube Menschen anzutreffen. Und weil in Skandinavien die Alkoholpreise nicht allzu moderat sind, nutzten sie die Gelegenheit in Tschechien, um ausgiebig zu feiern. Immerhin kostete hier der halbe Liter Bier nur 1 Wertmarke (Jeton) = 30 Kronen = 1,25 €. Und dass das tschechische Pilsener weit mehr als diesen Preis wert ist, muss ich wohl nicht extra erwähnen.
(www.myspace.com/avgrund)
Weiter ging es auf der Metalshop-Stage mit den Tschechen MINORITY SOUND. Als ihre Einflüsse geben sie selbst PAIN, FEAR FACTORY oder STATIC-X an. Ich würde noch die Leipziger THINK ABOUT MUTATION dazu angeben, da auch MINORITY SOUND in ihren durch E-Gitarren dominierten Arrangements Elemente von Techno, House und Ambient einfließen lassen. Der einzige Unterschied besteht darin, dass sich Sänger Gulesh dem Grunzen nicht entziehen kann und somit eine ordentliche Portion vokale Düsterkeit hinzufügt. Sehr tanzbar und dem entsprechend von Frauen frequentiert.
(www.myspace.com/minoritysoundczech)
Wie aus 1000 und einer Nacht hören sich die folgenden DEMONIC RESURRECTION aus Mumbai in Indien wohl nicht an. Man kann auch nicht gerade behaupten, dass Indien ein unbedarftes Metalverständnis aufzuweisen hat, wenn man sich dieses Gespann um Frontshouter The Demonstealer anschaut. Professionell und ohne unnötige Phrasen schwängern sie die Athmosphäre mit ihrem Symphonic-Death-Black-Metal. Bei dem, was man in den 35 Minuten Spielzeit vernehmen kann, muss man sich nicht wundern, dass DEMONIC RESURRECTIONn im Juni 2010 beim „Kawasaki Golden Gods“ vom Metal Hammer UK in London den ersten Platz und die Auszeichnung zum „Best Global Metal“ erhielten. Auch ich bin der Meinung, dass ihr, gesetzt den Fall, dass ihr Metal der Marke COF, DIMMU BORGIR oder DIABOLICAL mögt, die Band unbedingt anchecken solltet. Tipp!
(www.myspace.com/demonicresurrection)
Von den nun in mein Ohr schwappenden Misstönen INSANIAs, die stark an die H-BLOCKX auf tschechisch erinnerten, verschreckt, verspürte ich ein Hungergefühl und streifte an zig Fressbuden vorbei, um mir schließlich einen „Brutal-Burger“ schmecken zu lassen.
ROTTEN SOUND aus Finnland waren dann wieder ein Fest. Ungestüm und Bühnen erfahren zündeten sie ihr explosives Set in den Nachmittagshimmel. Frontsau Keijo Niinimaa hatte sichtlich Spaß am nachmittäglichen Grindgewitter. „You are the best grindcore country, ever!“ lobpreiste er, um dann mit dem NAPALM DEATH-Cover „Missing Link“ eine weitere Granate abzuwerfen.
(www.myspace.com/rottensound)
Als ich mich dann aufmachte, wieder rechtzeitig an der Metalshop-Stage zu sein, um die Griechen SUICIDAL ANGELS zu begutachten, vernahm ich den Gitarren-Line-Check mit großem Wohlwollen. PANTERAs "Cowboys From Hell"-Album wurde hier hoch und runter gezockt. Es sollte das erste richtige Thrashmetal-Geballer werden, welches an diesem noch jungen Open Air Tag über die Gäste hereinbrach. Nehmen wir die Aggression im Riffing von SLAYER, KREATOR oder THE HAUNTED und die Attitüde nebst der Anzugsordnung SEPULTURAs zu „Arise“-Zeiten, finden wir uns Anfang der 90er Jahre wieder und bangen was die Matte hält. „The Pestilence Of Saints“ zeigt der hungrigen, im Alter doch sehr gestiegenen Meute, wo es die folgenden 35 Minuten hingehen würde.
(www.myspace.com/suicidalangels)
Der Altersdurchschnitt beim nun startenden Act lag im Gegensatz dazu deutlich unter 35. Die Modern-Death-Metal-Core Pioniere THE BLACK DAHLIA MURDER waren an der Reihe. Wie ein angestochener Diabolus flog Trevor kreischend, grunzend und fluchend von einer auf die andere Bühnenseite. Angetrieben von ihm und dem Rest seiner groovenden Mannschaft, entstanden die ersten Circlepits des Festivals. Dass die Herde schon einige dieser Events in Schutt und Asche gelegt haben, konnte man auch an ihrer Songauswahl attestieren. Von allen bisher erschienenen Veröffentlichungen wurden die brutalsten und grandiosesten Songs ausgewählt, um dem Publikum zu zeigen, dass sie nicht umsonst statustechnisch dort stehen, wo sie sich befinden. Als dann noch der absolute Überflieger: „What A Horrible Night To Have A Curse“ vom „Noctunal“- Album ausgepackt wurde, hielt es mich dann auch nicht mehr. Daumen hoch!
(www.myspace.com/blackdahliamurder)
OBITUARY aus Florida, eines der Urgesteine des Death-Thrash-Metal, bezogen anschließend Stellung und brauchten auch nur wenige Sekunden, um die Crowd zum gemeinschaftlichen Ausrasten zu bewegen. Hits aus glorreichen Zeiten wurden einer nach dem anderen in die Menge geworfen. Die zeigte sich dankbar und retournierte lautstark die Refrains von Geschossen wie „Threatening Skies“, „Slowly We Rot“ oder „Evil Ways“. Doch was war das? Das Gesicht des Bassgitarristen kam mir irgendwie bekannt vor. Wer zum Henker ist das noch gleich? Dann viel es mir wie Schuppen aus den Haaren: Seit der Abstinenz von Frank Watkins, dem eigentlichen Basser der Band, wird die Viersaiterklampfe von Terry Butler (SFU, DEATH) gezupft. Die „alten“ Herren überzeugten auf ganzer Linie und hinterließen eindeutig befriedigte Metallerherzen. Ein Muss für Augen und Ohren.
(www.myspace.com/obituary)
Was nun folgen sollte, wird sich in meinem Kopf und meinem Herzen als eines der spektakulärsten Konzertereignisse, die ich je erlebt habe, einbrennen. Die Franzosen GOJIRA standen in den Startlöchern. Fronter Joe Duplantier und sein Gefolge versprühten von der ersten Sekunde an ein Feuerwerk von Dominanz und spielerischer Freude, welches sich augenblicklich auf das Publikum übertrug und für Wohnzimmeratmosphäre sorgte. Einsetzende Dämmerung und die endlich wirkende Bühnenbeleuchtung rundeten den Augenschmaus zusätzlich noch ab. Vorrangig wurden Songs des letzten Outputs: „The Way Of All Flesh“ zelebriert. Gewürzt wurde die Setlist mit „Flying Whales“ und „Backbone“ des „From Mars To Sirius“- Silberlings und lockte so auch den letzten in der Ecke hockenden Skeptiker aus der Reserve. Die zur Verfügung stehenden 45 Minuten vergingen wie im Flug, aber ein Flug von Schkeuditz nach Altenburg!
(www.myspace.com/gojira)
Allerdings hatte ich der Enttäuschung des viel zu kurzen Gigs auch etwas Positives entnehmen können. Ich erspähte MIMOSIS-Christoph, der es auch endlich geschafft hatte, anzureisen und sich dem Fest hinzugeben. Mit dem gefährlichen Halbwissen des nun angeblich folgenden LOCK UP-Konzertes, entschieden wir uns dafür, ihm den Platz zu zeigen, an dem mein Zelt klebte, damit auch er sein Wochenenddomizil entfalten und positionieren könne. Nachdem dies vollzogen war, machten wir uns wieder auf den Weg Richtung Bühne, denn kurz darauf stand FEAR FACTORY auf dem Programm. Vom Platz der aufgebauten Nylontüten musste man einen Hügel erklimmen, ehe man sich in das Festivalareal treiben lassen konnte. Als dann vernahmen wir die Ansage: „... the 25th anniversary of Sepultura! The next song is called „Troops Of Doom“!“ Wir freuten uns, dass LOCK UP einen Coversong zu Ehren der Brasilianer spielten. Nachdem dann aber auch „Escape To The Void“, „Sepulnation“ und „Territory“ zu hören waren, beschlich uns die Befürchtung, dass es sich möglicherweise nicht um LOCK UP handeln könnte. Und richtig, die erst für den nächsten Tag angekündigten SEPULTURA hatten mit ihnen den Billingplatz getauscht. Trocken gesagt: Verpasst!
Nun ja..., also freuten wir uns auf das nun Folgende. Eine meiner Alltime-Fave-Combos bereitete sich auf ihre einstündige Livedarbietung vor: FEAR FACTORY, wieder mit Gitarrenzerschredderer Dino Cazares am Start. Außerdem wurde das Line-Up mit der Drum-Machine Gene Hoglan und dem Blast-Basser Byron Stroud komplettiert und stellte somit eines der umtriebigsten Musiker-Line-Ups dar, welches die Szene zu bieten hat. Unerwartet tonsicher durchstöberte Burton C. Bell mit seiner Angstfabrik das vorhandene Alben-Portfolio und knallte mit u.a. „Shock“, „Edgecrusher“, „Linchpin“, „Martyr“, „Scapegoat“, „Demanufacture“ oder „Replica“ ein Ass nach dem anderen auf den Tisch. Fetter Sound, eine sehr gut inszenierte Lichtshow und die gewohnte Aggressivität verliehen dem Besuch auf dem Brutal Assault das Prädikat: wertvoll. Einziger Wermutstropfen war die leicht angespannte Stimmung auf der Bühne. Man hatte nicht den Eindruck, dass es die Helden vergangener Tage waren, die da agierten. Blickkontakte untereinander waren nicht auszumachen. Professionell aber unpersönlich. Bleibt nur zu hoffen, dass sie sich nicht nur aus Verdienstgründen wieder zusammen zeigen.
(www.myspace.com/fearfactoryofficial)
Die finnischen CHILDREN OF BODOM waren anschließend gewohnt überzeugend, allerdings fehlt mir eine musikalische Weiterentwicklung. Der einzig heraus stechende Song: „Sixpounder“ war wie eine Offenbarung. Kollegen, bitte etwas mehr Abwechslung! Ansonsten: Weitermachen!
GORGOROTH, aus den tiefen Wäldern Norwegens hergetrollt, stellen eine Speerspitze des Black-Metal dar. Mir stachen sie mit selbigem nur eine Wunde in mein bis dahin musikalisch verwöhntes Ohr. Bevor dies aber zu bluten beginnen sollte, entschieden wir uns, mal nach etwas Trinkbarem Ausschau zu halten und genehmigten uns eine tschechische Cola, bei der man den Eindruck hat, Arznei zu sich zu nehmen.
Medizinisch versorgt, empfahl mir Christoph das Doom-Metal-Gespann CANDLEMASS, von denen ich bis dahin nur Fragmente wahrgenommen hatte, in Augenschein zu nehmen. Und Wow! Die, wie sie sich selbst nennen, schnellste Doom-Metalband des Genres entfachten ein dunkles Höllenfeuer des Downtempo geschwängerten Rhythmus'. Neben Alltime-Faves wie „Dark Are The Veils Of Death“ aus dem Jahr 1987, welches der damalige Sänger Messiah zu einem Meisterwerk veredelte, wurden auch Songs aus der im Jahr 2009 entstandenen Rinde: „Death Magic Doom“ ausgepackt. Robert Lowe (SOLITUDE AETURNUS), aus Texas stammend, der 2007 das Mikrofon bei CANDLEMASS in die Hand gedrückt bekam, singt die Songs nicht nur, er verpackt sie in Theaterstücke, welche für sich selbst stehen und den Grat zum Irrsinn entlang streifen aber nicht übertreten. „If I Ever Die“ oder „Hammer Of Doom“ wabern schwer atmend in die offenmundige Anhängerschaft und verleiten einige zum Zücken ihrer Feuerzeuge. Ganz, ganz großes Kino!
(www.myspace.com/candlemass)
Danach war es echt schwer, sich auf DESPISED ICON oder gar GWAR einzulassen. Also stolperten wir erlebnisbeladen und Musiker-Latein austauschend zu unserer Herberge am Hang und zählten noch ein paar Sternschnuppen.
Freitag, 13.08.2010
Wir kamen, wie sich herausstellen sollte, leider erst zum 3. Song der aus Wroslaw (Polen) stammenden Formation PROGHMA-C, welche sich dem modernen Progressive-Metal verschrieben hat. Mit gewollter Unauffälligkeit im Stageacting, gepaart mit provokativ professionellem Songwriting überflogen sie die zur Mittagsstunde angepilgerten Metalheads. Man merkte förmlich das Verschmelzen beider Lager. Der Vergleich mit TOOL im Gesang ist sehr gewagt aber durchaus an manchen Stellen zu finden. Überwältigt von so viel Gelassenheit bei den viel zu kurzen 30 Minuten, hörte ich den letzten, mir bis dato einzig wirklich bekannten Song. Ein Cover. „Army Of Me“ von BJÖRK. Wer so einen Song covert und es versteht, ihn geschickt in ein Metalgewand zu stecken, ohne dass der Charakter des Hits verloren geht, hat es verdient, weiter oben im Billing zu stehen. Ich hoffe, wir können sie bald in Leipzig genießen! Empfehlung!
(www.myspace.com/proghmac)
Progressive-Post-Rock gab es dann von CALLISTO aus Finnland zu belauschen. Am ehesten könnte man sie mit CULT OF LUNA und AMENRA vergleichen. Ruhige, breitgezogene Melodien wechseln hier mit wuchtigen Aggroparts, die gekonnt arrangiert einfließen. Ein gemütlicher Weckruf für den einen, eine nette Überraschung zur Mittagszeit für den anderen.
(www.myspace.com/callistochaos)
Die hierzulande noch etwas unbekannten Texaner von DEVOURMENT entern dann 13.20 Uhr Ortszeit die Metalshop-Stage und zerpflücken die anheimelnde Stimmung, die sich durch die ersten Bands des Freitags breit gemacht hat, mit ihrem Slam-Death-Metal. Die Gutturallaute des Grunzkönigs Mike Majewski werden von einer eingespielten Dreimann-Armee stakkatoartig in den Vordergrund gewuchtet. Einer Dampfwalze gleich erdrücken die zusätzlich durch einen grandiosen Sound untermalten Hassbrocken die Zuhörerschaft und bewegen den harten Kern zu Moshpits, die einer Anhäufung aus der Klinik entlassener Dauerirrer ähneln. Ein Plus bei den Fans bringt ihnen auch der aufgesetzte Pferdekopf des Bassers Chris Andrews, was dem Ganzen etwas Surreales verleiht. Nix für schwache Nerven aber herrlich effektiv und passend zum Namen des Festivals.
(www.myspace.com/devourment)
Aus Savannah, im beschaulichen US-Bundesstaat Georgia stammend, erklimmen nun KYLESA die Jägermeister-Stage. Bestückt mit zwei Schlagzeugern, die synchron auf ihre Felle hämmern und gleichzeitig und parallel zueinander auf dem rechten und linken Stereokanal zu hören sind, verausgaben sich die Psychedelic-Metal-Stoner-Rocker von Beginn an und stellen eine weitere Überraschung für mich dar. Roh und ohne Schnörkel werden die an MASTODON, NEUROSIS und BARONESS erinnernden Stücke zum Besten gegeben. Was noch eine Eigenart der Band ist, sie benutzen drei gleichwertige Sänger und wechseln somit Stil und Klang in ihren vokalen Strukturen. Ruhig mal antesten, es lohnt sich.
(www.myspace.com/kylesa)
Hochmotiviert und as cool as can, wie es sich für einen Frontmann einer Black-Death-Thrash-Herde gehört, gestikuliert Mike Hrubovcak, Sänger von MONSTROSITY, mittels der Pommesgabel ins weite Rund und gibt somit zu verstehen, wo die Reise hingeht. Seit 1991 im Amt liefern MONSTROSITY ein Album nach dem anderen ab, haben aber den entscheidenden Durchbruch in Europa nie geschafft. Das an BRUTALITY oder VOMITORY angelehnte Material besticht durch seine guten Arrangements, die verspielten Soli von Mark English, dem mittlerweile neunten Gitarristen, und die obwohl gebrüllt gegrunzten doch melodiös wirkenden Gesangsparts. Bis 1996 war für diesen Teil übrigens der gute George „Corpsgrinder“ Fisher zuständig, bevor er zu CANNIBAL CORPSE wechselte.
(www.myspace.com/monstrosity1)
Gegen 16.00 Uhr startete die Avantgarde-Black-Metal-Formation SIGH aus Tokyo. Von den Massen vor der Bühne etwas eingeschüchtert wirkend, betraten die fünf Japaner einschließlich eines blutverschmierten Engels die Bretter, die die Welt bedeuten. Bis 1997 dem Black-Metal zuzurechnen, nahmen sie ab 2001 Elemente des Avantgarde und der Filmmusik in ihren Stil auf. Auf dem 2007 erschienenen Album: „Hangman's Hymn“ legte man den Fokus auf klassische Einflüsse von Richard Wagner über Gustav Mahler bis hin zu Anton Bruckner. Mit ihrer Saxophonistin und Sängerin Dr. Mikannibal, dem schon erwähnten gefallenen Engel, haben sie jetzt auch live einen schicken Hingucker. Doch weit gefehlt, dass sie sich auf die visuelle Präsenz eben jener Dame beschränken. Sie ist inzwischen zu einem festen und wichtigen Bestandteil der Band mutiert. Zum Schluss gab es dann noch ein Cover. VENOMs „Black Metal“. Ihr solltet sie auf jeden Fall mal anchecken, Geschmäcker sind zum Glück verschieden.
(www.myspace.com/sighjapan)
Was am vorhergehenden Tag mit SEPULTURA passiert war, betraf nun die Schweizer SYBREED. Sie ersetzten BAL-SAGOTH, die aufgrund verkehrstechnischer Behinderung in Verzug geraten waren. Trotz dessen eigentlich keiner zu diesem Zeitpunkt mit ihnen rechnen konnte, wurden sie mit Begeisterung empfangen. Das legte sich natürlich auch auf die Performance der vier Genfer. Als Industrial-New Wave-Metal bezeichnen sie selbst ihren Stil. Ich verzeichnete Elemente von SYL, den später noch folgenden MNEMIC und PAIN. Die cleanen Gesangsparts sind sehr mainstreamlastig, eben Melodien, die Frauenherzen höher schlagen lassen, allerdings nicht peinlich, sie erinnern teilweise sogar an SOILWORK. Außerdem bringen die fetten Grooves und das Riffing die nötige Härte ins Spiel. Ein weiterer Act, den es zu beobachten gilt.
(www.myspace.com/sybreed)
Inzwischen vor allem in Übersee zu einer Einfluss gebenden Extrem-Death-Progressiv-Metal-Combo mutiert, zocken sich NECROPHAGIST gekonnt und überlegen durch ihr Set. Hits wie „Fermented Offal Discharge“ vom ersten Album: „The Onset Of Putrefaction“ oder „Seven“ und „Stabwound“ vom 2004er Knaller: „Epitaph“ fliegen einem Bienenschwarm gleich ins Publikum, das sich zwischen Highspeed-Headbanging und Kinnladen geöffneten Zuhören entscheiden muss. Allerdings stellt sich die Frage, wann es denn endlich mal neues Material zum Bestaunen der Fingerfertigkeit geben wird. Äußerlich hat sich seit meinem letzten NECROPHAGIST-Erlebnis auch etwas getan. Während sich Basser und der zweite Gitarrist dem spiegelglatten Kurzhaarschnitt verschrieben haben, umhüllt den Bandleader und Komponist Muhammed eine leicht angegraute lange Mähne, die ihn bei bestimmter Mimik wie das Metal-Urgestein Dio aussehen lässt.
(www.myspace.com/necrophagistde)
Nun sollte es endlich so weit sein, der eigentliche Grund meines Erscheinens auf dem Brutal Assault Festival - Devin Townsend - war an der Reihe. Gespannt warteten die wie in einer Ölsardinenbüchse geschichteten Fans auf ihren Gott. Auch Mr. Genialität hatte anfangs mit ein paar technischen Problemen zu kämpfen, ehe er mit „Addicted“ nicht nur sein Konzert einläutete. Der Himmel war scheinbar nicht mit der Idee einverstanden, seinen musikalischen Ergüssen zu lauschen und erbrach sich mit dem ersten Ton in einem gewaltigen Wolkenbruch. Natürlich wollte ich mich nicht unterkriegen lassen und fotografierte noch fix ein paar Schnellschüsse, um dann bis auf die Haut durchnässt einen Unterschlupf zu ersprinten. Nach 10 Minuten Extremnaturgewalt konnte man sich wieder Richtung Bühne wagen, wo doch ein Großteil der Maniacs ausgeharrt hatte, um nichts zu verpassen. Was da von der Bühne kam, war aber auch jeden Stress wert. Wir wurden mit Songs vom neuesten Geniestreich „Addicted“, von „Terria“, „Accelerated Evolution“, dem immer noch unerreichten „Ocean Machine“ und „Ziltoid The Omniscient“ umarmt. Die Atmosphäre glich einer Hippie-Kommune. Jeder grinste und tanzte, gewisse grünblättrige Rauchschwaden durchzogen ebenfalls die Menge und streiften meine Nasenflügel. Als es dann aber doch vorbei war, standen einige noch eine Weile fassungslos da, das Erlebte verarbeitend.
(www.myspace.com/devintownsenddtb)
Auch ich musste etwas verarbeiten. Durch den Regenguss segneten meine Kamera und ein Objektiv das Zeitliche. Ob es damit etwas zu tun hatte, dass Freitag, der 13. war? Keine Ahnung, auf jeden Fall musste ich erst einmal ins Zelt und unter George „Corpsegrinder“ Fishers „Hammer Smashed Face“ und „I Will Kill You“, welches durchaus meinen Gemütszustand wiederspiegelte, rutschte ich Meter für Meter angepisst durch tiefen Schlamm Richtung Zeltplatz.
Samstag, 14.08.2010
Nun sollte sich doch tatsächlich die Wahl des Standortes meines Zeltes als Glücksfall herausstellen. Da es sich den gesamten frühen Morgen einregnete und man annehmen konnte, dass dies den ganzen Tag so weitergehen würde, hatte man erst einmal damit zu tun, halbwegs trockene Klamotten zu finden und sich in diese hineinzuzwängen. Schließlich aus dem Zelt gefallen, sahen wir die Bescherung. Zwischen und unter den auf flachem Boden verankerten Tipis erstreckten sich riesige Wasserlachen. Auch der VIP-Bereich wurde vom Regen nicht verschont. Das Bild war äußerst kurios. Alle 20 Meter sah man fluchende Gäste, ihr Zelt an eine andere trockenere Stelle trugen. „Hovno!!!“ war an diesem Morgen doch sehr häufig zu vernehmen. Der Kontext war diesmal allerdings ein völlig anderer. Kommen wir aber wieder zum musikalischen Teil des Tages.
Eingeleitet durch einen künstlichen Schneeschauer, welcher sich auf die ersten Reihen der Anwesenden verteilte, stiegen SADIST in ihren durch technisch hochwertiges Bearbeiten der Instrumente geprägten Auftritt mit dem Titeltrack des 2010 veröffentlichten Outputs: „Season in Silence“ ein. Gefolgt von Songs der Alben: „Crust“, „Tribe“ und „Above The Light“ konnten sich die Fans von der experimentellen und spielerisch weit effektiveren Seite Italiens ein Auge holen. Bandmitbegründer Tommy Talamanca ist wohl der einzige Giyboardtarrist, der aus zwei Instrumenten gleichzeitig songbestimmende Melodien herauslockt. Auch wenn das Material von SADIST teilweise sehr sperrig wirkt und eher Musiker anspricht, enthält es doch sehr durchdachte Strukturen und klassische Elemente.
(www.myspace.com/sadistribe)
Die nächsten Stagestürmer, die wir in unsere Ohren sausen lassen wollten, waren ORIGIN aus Topeka in Kansas. Technical-Death-Metal at it's best. Seit 1997 unterwegs, Vorband von Größen wie DYING FETUS, VADER oder NILE, aber ebenfalls von einer großen Fluktuation der Bandmitglieder betroffen. Letztes Beispiel hierfür ist Shouter Mica „Maniac“ Meneke, der seit 2010 bei ORIGIN „trällert“ und sich vorher bei THE FACELESS verdingt hat. Er ersetzt den neun Jahre tätigen James Lee. Kein leichter Job, aber bei dem Gesehenen kann man ihm zur bestandenen Prüfung nur gratulieren, mit dem SLAYER-Claim „Show No Mercy“ auf dem Shirt kann eh nichts mehr schief gehen. Groovegranaten der Marke „Finite“, „Aftermath“ und „Antithesis“ wurden ebenso unter die Bangenden gespült wie die Speedrekord verdächtigen „Staring From The Abyss“, „Wrath Of Vishnu“ und „Reciprocal“. Danach dürften einigen die Nackenmuskeln in den Seilen gehangen haben.
(www.myspace.com/origin666)
GRAVEWORM, MADDER MORTEM, LYZANXIA und MOONSORROW haben wir uns aufgrund von Aufräumarbeiten am Schlafplatz gespart. Wir wollten noch vor der Dunkelheit und den noch interessanten Acts (keine Wertung, ist ja subjektiv) des Festivals abgebaut und verstaut haben, was uns lieb und teuer ist. Auf dem Weg zum Auto beschlossen wir, noch etwas typisch tschechisches zu besorgen und kauften uns Oblaten und Waffeln...
Um rechtzeitig bei JESU zu sein, unterbrachen wir unsere Pause und machten uns wieder auf den doch langen Weg durch Josefstadt, um schließlich das Nachfolgeprojekt Justin K. Broadricks, dem Mastermind von der ehemaligen Kultband GODFLESH zu sehen. Obwohl man ihm und seinem Bassmann gute Arbeit attestieren muss, wurden die ewig langen, hauptsächlich Doom lastigen Gitarrenriffs durch Beatbox unterstützte Rhythmen auf Dauer langweilig. Die Stageperformance riss nun auch nicht wirklich irgend etwas heraus. Eher eine Enttäuschung. Wenn man bedenkt, dass selbiger Justin schon bei NAPALM DEATH gezockt hat, erscheinen die neuen Kompositionen doch sehr fad.
(www.myspace.com/jesu)
Das DIABLO SWING ORCHESTRA aus Schweden dagegen konnte mit genügend Musikern auf der Bühne aufwarten und beschwingt durch den weiteren Nachmittag führen. Trompete, Cello und die üblichen Saitenhexer, ein swingender Drummer und ein Sirenengesang. Man stelle sich vor, ein Walt Disney Movie wie Aristocats soll vertont werden, addiert werden die Härte des Metal und Gesänge aus alten Hollywood-Streifen. Fertig ist die Crazy Melange, welche D.S.O. sicherlich unverwechselbar machen, auf Dauer ist der Soprangesang von Annlouice Loegdlund aber ohrenbetäubend. Nett, aber vielleicht doch das falsche Festival, obwohl man dem Großteil des tschechischen Metalpublikums zu Gute halten muss, dass sie unbekannte Gruppen ebenso abfeiern wie die Superstars der Szene.
(www.myspace.com/diabloswingorchestra)
Nun wurde es richtig Oldschool. VOIVOD aus Kanada, die sich im November 1982 gründeten und bis auf den 2005 durch Darmkrebs verstorbenen Gitarristen Denis „Piggy“ D'Amour in Originalbesetzung aufwarteten, verwandelten das Gelände in ein Progressive-Thrash-Metal-Pulk der 80er Jahre. Die leichte Punk-Attitüde in den Songs machten sie schon in den Achtzigern zu Ausnahmemetallern. SLAYER, VENOM und CELTIC FROST waren ihre Einflüsse, aus denen sie ihren eigenen Stil formten. Sie wurden sogar mit METALLICA zu „Kill'Em All“- Zeiten verglichen. Also ballerten sie nach und nach alte Gassenhauer in die dankbare Crowd. „Voivod“, „Tribal Convictions“ und „Nuclear War“, um nur einige zu nennen. Das PINK FLOYD-Cover: „Astronomy Domine“ wurde als Tribute to „Piggy“ zelebriert, dass es eine Freude war. Muss man mal gesehen haben.
(www.myspace.com/voivod)
„Praise The Lord (Opium Of The Masses)“ war als Opener von DYING FETUS' Set der absolute Oberhammer und ließ gleich vermuten, dass die Formation um John Gallagher an diesem Abend keine Gefangenen machen würden. Gedacht, getan! Vom neuesten Machwerk „Descend Into Depravity“ wurde gleich einmal „Your Treachery Will Die With You“ losgeholzt. Nun waren natürlich diejenigen, die sich am Nachmittag bei ORIGIN schon verausgabt hatten, gefragt. Waren ihre Halswirbel und Nackenmuskulatur in der Lage, ein zweites Technical-Death-Grind Gewitter zu überstehen? DYING FETUS ließen aber auch überhaupt nicht locker und ließen „One Shot, One Kill“, „Grotesque Impalement“ und „Pissing In The Mainstream“ auf die headbangende Meute niederprasseln. Nun wurde auch langsam ersichtlich, wer den Schnelligkeitswettbewerb des Festivals gewonnen hatte. Spitzen-Gig! Noch Fragen?
(www.myspace.com/dyingfetus)
Was sollte denn danach noch kommen? Ach ja, MESHUGGAH zum Beispiel. Meine persönliche Lieblingsherde forever! Bisher zweimal live gesehen, wusste ich ja ungefähr, was da auf uns zurollen würde. Doch wieder einmal wurde ich überrascht. Mit 25 minütiger Verspätung, die aber nicht den Schweden zuzuschreiben war, sondern der Unfähigkeit des Bühnentechnikers, begann ein Brachialausbruch allererster Güte. „Rational Gaze“ von der „Nothing“, dem wohl sperrigsten Output von Fredrik Thordendal und Co. sollte einen fiesen Innovative-Complicated-Metal Reigen eröffnen. Es folgten die Knaller der letzten Rinde „Bleed“, „Electric Red“, „Pravus“, „Combustion“ und „Lethargica“. Es ist immer wieder ein Fest, dem Gesichtsfasching von Frontschwein Jens Kidman zuzusehen, während sich der Ausnahmeschlagwerker Tomas Haake stilsicher durch das Set groovt. Manch einer im Pulk der Unwürdigen vor der Bühne steht mit weit geöffnetem Mund regungslos in der Pampa, nichts ahnend, was da in seinem Blickfeld gerade passiert. Einfach nur göttlich. Das einzige, was ich zu bemängeln habe, ist die Tatsache, dass MESHUGGAH wahrscheinlich keine Lust mehr haben, ältere Ohrwürmer der Marke „Future Breed Machine“ zu spielen. Ein „Sickening“ wäre auch mal wieder ganz nett, oder?!
(www.myspace.com/meshuggah)
Als dann das Intro zu HYPOCRISYs „Fractured Millenium“ ertönte, war alles zu spät und der gesamte Platz fing zu beben an. Der Sound, das Licht, die Stimme von Peter Tägtgren und der Zuspruch der Angereisten nahm Endzeitstimmung an. Irgendwie war gerade alles zu perfekt. Im Dunklen wird HYPOCRISY zur Macht. Vielleicht sollten sich deutsche Festivalveranstalter ein Beispiel daran nehmen und eine solche Band nicht nachmittags 15.00 Uhr zocken lassen! „Eraser“, „A Coming Race“, „Adjusting The Sun“ oder „Killing Art“ sind nur einige Beispiele der Setlist, die vorerst das letzte Mal live zu vernehmen sein werden. Wenn ich die Ansagen von Herrn Tägtgren richtig verstanden habe, wird er sich erst einmal wieder anderen Projekten widmen. Schauen wir mal, ob er sich wirklich lange daran halten kann. Zum Abschluss gab es natürlich das obligatorische, aber immer noch mitreißende „Roswell 47“. Bombastischer Abgang!
(www.myspace.com/hypocrisy)
Christoph und ich beschlossen, dass MY DYING BRIDE ein würdiger Abschluss des diesjährigen Brutal Assaults wären und begaben uns nach letztmalig einverleibtem Langos, welches zu würzigen Winden umgeformt wurde, in Richtung Bühne. An der Jägermeister-Stage angekommen, wurde es stiller und stiller, die Fans der Engländer stimmten sich auf das Kommende ein. Dann ging es endlich los. „Fall With Me“ eröffnete das Tor zur Welt der sterbenden Braut. Auch hier war der Sound und das Licht entscheidend. So fett kommen MDB auf Tonträgern leider nicht rüber, aber deswegen sollte man sich diese Band, mit der ich bisher auch kaum zu tun hatte, unbedingt einmal live und in Farbe anschauen. Vom Dahinschmelzen und Jauchzen der eingefleischten Fans der ersten Stunde bei dargereichtem Material a la „Vast Choirs“, „Turn Loose The Swans“ oder „Bring Me Victory“ bis hin zur äußerst attraktiven Bassistin Lena, ist das Gesamtkunstwerk es einfach wert. Und der letzte Song dieses Schmachtkonzertes war „The Cry Of Mankind“, im Original 12:13 min., später auf 5 Minuten gekürzt und hier in voller Länge zum Genießen. Großartige Band mit überzeugendem Werk.
(www.myspace.com/officialmydyingbride)
Und ganz im Sinne von AGNOSTIC FRONT entschieden wir uns nach diesem Sounderlebnis vom diesjährigen Treiben Abschied zu nehmen und „From The Eastside To The Westside“ Richtung Heimat zu entschwinden.„Gotta, Gotta, Gotta Go!“
Fazit: Das fällt eigentlich ziemlich simpel aus. Das Brutal Assault Festival hat eine faszinierende Location, präsentiert Bands der unterschiedlichsten Sparten, so dass für jeden Metaller etwas dabei ist, ist für uns günstig und kann einfach nur empfohlen werden. Wenn man sich im Vorfeld dann noch etwas tschechisch beibringt, kommt man auch ohne Zeichensprache dorthin, wo man landen möchte. Also, bis zum nächsten Mal. Ein dreifaches „Hovno!!!“
Bericht und Bilder: Stefan Waldeck - nicht hovno, sondern tausendfach děkuij!
Nach sage und schreibe 8 Stunden Autofahrt, die sich in Staus, Umleitungen und Baustellen begründeten, erreichte ich endlich die Location. Die Festung mit einem unterirdischen Labyrinth von 45 km Länge wurde in den Jahren 1780 bis 1787 auf Geheiß von Kaiser Joseph II. zum Schutz der Landesgrenze vor den Preußen erbaut. Ein passenderes Areal für einen Metalevent habe ich noch nicht gesehen. Ringsum standen ca. 5 m hohe aus Backsteinen geformte Mauern. Ob in Deutschland dafür eine Genehmigung erteilt worden wäre, ist fraglich, da sich die Fluchtmöglichkeiten in Grenzen hielten. Nach einer weiteren Stunde Anstehen, um Foto- und Pressebändchen um das Handgelenk geschnürt zu bekommen, konnte ich mich endlich auf den Weg machen, mir ein feines Plätzchen für meinen Zeltaufbau zu suchen. In der jetzt schon einsetzenden Dämmerung fand ich eine geeignete Stelle, auf der ich das Zelt schräg an den Hang meißelte. Wie sich später herausstellen sollte, war es die richtige Entscheidung, auf flachen Boden zu verzichten.
Wer schon einmal deutsche Festivals besucht hat, wird sich erinnern, dass es des Nachts einen einschlägigen Schlachtruf zu vernehmen gibt: „Slayer!!!“. Eine Art unter Metallern, zu kommunizieren und eigentliche Redewendungen wie: „Hey, hallo, du auch hier?!“ abzukürzen. Nun, in der Tschechei gibt es das auch. Man konnte das Wort „Hovno!!!“ (mit selbiger Intonation) stundenlang und aus allen Richtungen vernehmen. Anfangs dachte ich, dass es eine vergleichbare Metalgröße aus Tschechien sein könnte. Als ich dann aber zu Hause in meinem Online-Wörterbuch blätterte, musste ich feststellen, dass es eine sehr viel simplere Übersetzung gibt. Hovno (vulg.) - Scheißdreck (der). Also ließ ich mich vulgär in den Schlaf brüllen.
Donnerstag, 12.08.2010
Den Wecker meines Handys hatte ich auf 8 Uhr gestellt, entstieg allerdings schon 7.30 Uhr meinen Kunstfaserwigwam. Langes Ausschlafen ist auf Festivals ja eher eine Mangelerscheinung, da es ab einem bestimmten Sonnenstand und dem damit verbundenen Grad-Celcius-Wert geradezu unangenehm werden kann, sich nicht aus dem Schlafsack zu schälen. Also beschloss ich, mich auf dem Gelände etwas umzuschauen, den Metalmarkt zu inspizieren und einige angebotene Köstlichkeiten zu probieren.
Der Startschuss des audiovisuellen Programms war um 12 Uhr. Die Ersten des Donnerstags waren DISFIGURED CORPSE, die sich durch das inzwischen etablierte Undergroundbandvoting für größere Events einen Platz auf dem Billing sichern konnten. Was NAPALM DEATH für die Briten und MASTIC SCUM für die Österreicher sind, stellen DISFIGURED für die Tschechen dar. Seit 1991 live aktiv und seit 1992 auf 8 eigenen Tonträgern verewigt, bombardieren die Death-Grind-Helden das sich langsam füllende Festivalgelände mit einer ordentlichen Portion System- und Sozialkritik und werden sehr herzlich empfangen.
(www.myspace.com/disfiguredcorpse)
Aus Liverpool in England stammen die BEATLES, das weiß jeder. Dass es aber auch ein paar ganz entscheidende Metalacts aus dieser Metropole in die weite Welt geschafft haben, ist wohl weniger bekannt. ANATHEMA und CARCASS wären da zu nennen. SHORT SHARP SHOCK, eine Gospel-Hardcore-Band, ist seit 2005 bemüht, eine dieser musikalischen Größen zu werden, um irgendwann in einem Atemzug mit ihnen genannt zu werden. Doch ehe es losgehen kann, streikt erst einmal die Bassanlage, so dass eine halbe Stunde Delay im Ablauf schon bei der zweiten Band entsteht, die Shouter Foxy mit kleinen Anekdoten geschickt mit einem Lächeln überbrückt. Natürlich wollte jeder der Anwesenden erfahren, welche Körperteile er sich im Vorfeld des Brutal Assault gewaschen hat. Mit Einflüssen von S.O.D., ANTHRAX, SUICIDAL TENDENCIES und SLAPSHOT schießen sie dann aber ihre Salven in die Meute. „Ride The Best, Fuck The Rest“ oder „Hammerhead“ animieren, die ersten kleineren Moshpits zu vollziehen.
(www.myspace.com/shortsharpshockuk)
Als Grind-Core angekündigt, crusteten sich anschließend die Schweden AFGRUND in guter alter NASUM-Manier die Seele aus dem Leib. Dass die drei Spaß hatten und sich selbst nicht bierernst nahmen, konnte man auch die folgenden Tage sehen. Sie frönten dem Motto: Sex, Drugs and Rock'n'Roll und waren einfach überall mit einer Traube Menschen anzutreffen. Und weil in Skandinavien die Alkoholpreise nicht allzu moderat sind, nutzten sie die Gelegenheit in Tschechien, um ausgiebig zu feiern. Immerhin kostete hier der halbe Liter Bier nur 1 Wertmarke (Jeton) = 30 Kronen = 1,25 €. Und dass das tschechische Pilsener weit mehr als diesen Preis wert ist, muss ich wohl nicht extra erwähnen.
(www.myspace.com/avgrund)
Weiter ging es auf der Metalshop-Stage mit den Tschechen MINORITY SOUND. Als ihre Einflüsse geben sie selbst PAIN, FEAR FACTORY oder STATIC-X an. Ich würde noch die Leipziger THINK ABOUT MUTATION dazu angeben, da auch MINORITY SOUND in ihren durch E-Gitarren dominierten Arrangements Elemente von Techno, House und Ambient einfließen lassen. Der einzige Unterschied besteht darin, dass sich Sänger Gulesh dem Grunzen nicht entziehen kann und somit eine ordentliche Portion vokale Düsterkeit hinzufügt. Sehr tanzbar und dem entsprechend von Frauen frequentiert.
(www.myspace.com/minoritysoundczech)
Wie aus 1000 und einer Nacht hören sich die folgenden DEMONIC RESURRECTION aus Mumbai in Indien wohl nicht an. Man kann auch nicht gerade behaupten, dass Indien ein unbedarftes Metalverständnis aufzuweisen hat, wenn man sich dieses Gespann um Frontshouter The Demonstealer anschaut. Professionell und ohne unnötige Phrasen schwängern sie die Athmosphäre mit ihrem Symphonic-Death-Black-Metal. Bei dem, was man in den 35 Minuten Spielzeit vernehmen kann, muss man sich nicht wundern, dass DEMONIC RESURRECTIONn im Juni 2010 beim „Kawasaki Golden Gods“ vom Metal Hammer UK in London den ersten Platz und die Auszeichnung zum „Best Global Metal“ erhielten. Auch ich bin der Meinung, dass ihr, gesetzt den Fall, dass ihr Metal der Marke COF, DIMMU BORGIR oder DIABOLICAL mögt, die Band unbedingt anchecken solltet. Tipp!
(www.myspace.com/demonicresurrection)
Von den nun in mein Ohr schwappenden Misstönen INSANIAs, die stark an die H-BLOCKX auf tschechisch erinnerten, verschreckt, verspürte ich ein Hungergefühl und streifte an zig Fressbuden vorbei, um mir schließlich einen „Brutal-Burger“ schmecken zu lassen.
ROTTEN SOUND aus Finnland waren dann wieder ein Fest. Ungestüm und Bühnen erfahren zündeten sie ihr explosives Set in den Nachmittagshimmel. Frontsau Keijo Niinimaa hatte sichtlich Spaß am nachmittäglichen Grindgewitter. „You are the best grindcore country, ever!“ lobpreiste er, um dann mit dem NAPALM DEATH-Cover „Missing Link“ eine weitere Granate abzuwerfen.
(www.myspace.com/rottensound)
Als ich mich dann aufmachte, wieder rechtzeitig an der Metalshop-Stage zu sein, um die Griechen SUICIDAL ANGELS zu begutachten, vernahm ich den Gitarren-Line-Check mit großem Wohlwollen. PANTERAs "Cowboys From Hell"-Album wurde hier hoch und runter gezockt. Es sollte das erste richtige Thrashmetal-Geballer werden, welches an diesem noch jungen Open Air Tag über die Gäste hereinbrach. Nehmen wir die Aggression im Riffing von SLAYER, KREATOR oder THE HAUNTED und die Attitüde nebst der Anzugsordnung SEPULTURAs zu „Arise“-Zeiten, finden wir uns Anfang der 90er Jahre wieder und bangen was die Matte hält. „The Pestilence Of Saints“ zeigt der hungrigen, im Alter doch sehr gestiegenen Meute, wo es die folgenden 35 Minuten hingehen würde.
(www.myspace.com/suicidalangels)
Der Altersdurchschnitt beim nun startenden Act lag im Gegensatz dazu deutlich unter 35. Die Modern-Death-Metal-Core Pioniere THE BLACK DAHLIA MURDER waren an der Reihe. Wie ein angestochener Diabolus flog Trevor kreischend, grunzend und fluchend von einer auf die andere Bühnenseite. Angetrieben von ihm und dem Rest seiner groovenden Mannschaft, entstanden die ersten Circlepits des Festivals. Dass die Herde schon einige dieser Events in Schutt und Asche gelegt haben, konnte man auch an ihrer Songauswahl attestieren. Von allen bisher erschienenen Veröffentlichungen wurden die brutalsten und grandiosesten Songs ausgewählt, um dem Publikum zu zeigen, dass sie nicht umsonst statustechnisch dort stehen, wo sie sich befinden. Als dann noch der absolute Überflieger: „What A Horrible Night To Have A Curse“ vom „Noctunal“- Album ausgepackt wurde, hielt es mich dann auch nicht mehr. Daumen hoch!
(www.myspace.com/blackdahliamurder)
OBITUARY aus Florida, eines der Urgesteine des Death-Thrash-Metal, bezogen anschließend Stellung und brauchten auch nur wenige Sekunden, um die Crowd zum gemeinschaftlichen Ausrasten zu bewegen. Hits aus glorreichen Zeiten wurden einer nach dem anderen in die Menge geworfen. Die zeigte sich dankbar und retournierte lautstark die Refrains von Geschossen wie „Threatening Skies“, „Slowly We Rot“ oder „Evil Ways“. Doch was war das? Das Gesicht des Bassgitarristen kam mir irgendwie bekannt vor. Wer zum Henker ist das noch gleich? Dann viel es mir wie Schuppen aus den Haaren: Seit der Abstinenz von Frank Watkins, dem eigentlichen Basser der Band, wird die Viersaiterklampfe von Terry Butler (SFU, DEATH) gezupft. Die „alten“ Herren überzeugten auf ganzer Linie und hinterließen eindeutig befriedigte Metallerherzen. Ein Muss für Augen und Ohren.
(www.myspace.com/obituary)
Was nun folgen sollte, wird sich in meinem Kopf und meinem Herzen als eines der spektakulärsten Konzertereignisse, die ich je erlebt habe, einbrennen. Die Franzosen GOJIRA standen in den Startlöchern. Fronter Joe Duplantier und sein Gefolge versprühten von der ersten Sekunde an ein Feuerwerk von Dominanz und spielerischer Freude, welches sich augenblicklich auf das Publikum übertrug und für Wohnzimmeratmosphäre sorgte. Einsetzende Dämmerung und die endlich wirkende Bühnenbeleuchtung rundeten den Augenschmaus zusätzlich noch ab. Vorrangig wurden Songs des letzten Outputs: „The Way Of All Flesh“ zelebriert. Gewürzt wurde die Setlist mit „Flying Whales“ und „Backbone“ des „From Mars To Sirius“- Silberlings und lockte so auch den letzten in der Ecke hockenden Skeptiker aus der Reserve. Die zur Verfügung stehenden 45 Minuten vergingen wie im Flug, aber ein Flug von Schkeuditz nach Altenburg!
(www.myspace.com/gojira)
Allerdings hatte ich der Enttäuschung des viel zu kurzen Gigs auch etwas Positives entnehmen können. Ich erspähte MIMOSIS-Christoph, der es auch endlich geschafft hatte, anzureisen und sich dem Fest hinzugeben. Mit dem gefährlichen Halbwissen des nun angeblich folgenden LOCK UP-Konzertes, entschieden wir uns dafür, ihm den Platz zu zeigen, an dem mein Zelt klebte, damit auch er sein Wochenenddomizil entfalten und positionieren könne. Nachdem dies vollzogen war, machten wir uns wieder auf den Weg Richtung Bühne, denn kurz darauf stand FEAR FACTORY auf dem Programm. Vom Platz der aufgebauten Nylontüten musste man einen Hügel erklimmen, ehe man sich in das Festivalareal treiben lassen konnte. Als dann vernahmen wir die Ansage: „... the 25th anniversary of Sepultura! The next song is called „Troops Of Doom“!“ Wir freuten uns, dass LOCK UP einen Coversong zu Ehren der Brasilianer spielten. Nachdem dann aber auch „Escape To The Void“, „Sepulnation“ und „Territory“ zu hören waren, beschlich uns die Befürchtung, dass es sich möglicherweise nicht um LOCK UP handeln könnte. Und richtig, die erst für den nächsten Tag angekündigten SEPULTURA hatten mit ihnen den Billingplatz getauscht. Trocken gesagt: Verpasst!
Nun ja..., also freuten wir uns auf das nun Folgende. Eine meiner Alltime-Fave-Combos bereitete sich auf ihre einstündige Livedarbietung vor: FEAR FACTORY, wieder mit Gitarrenzerschredderer Dino Cazares am Start. Außerdem wurde das Line-Up mit der Drum-Machine Gene Hoglan und dem Blast-Basser Byron Stroud komplettiert und stellte somit eines der umtriebigsten Musiker-Line-Ups dar, welches die Szene zu bieten hat. Unerwartet tonsicher durchstöberte Burton C. Bell mit seiner Angstfabrik das vorhandene Alben-Portfolio und knallte mit u.a. „Shock“, „Edgecrusher“, „Linchpin“, „Martyr“, „Scapegoat“, „Demanufacture“ oder „Replica“ ein Ass nach dem anderen auf den Tisch. Fetter Sound, eine sehr gut inszenierte Lichtshow und die gewohnte Aggressivität verliehen dem Besuch auf dem Brutal Assault das Prädikat: wertvoll. Einziger Wermutstropfen war die leicht angespannte Stimmung auf der Bühne. Man hatte nicht den Eindruck, dass es die Helden vergangener Tage waren, die da agierten. Blickkontakte untereinander waren nicht auszumachen. Professionell aber unpersönlich. Bleibt nur zu hoffen, dass sie sich nicht nur aus Verdienstgründen wieder zusammen zeigen.
(www.myspace.com/fearfactoryofficial)
Die finnischen CHILDREN OF BODOM waren anschließend gewohnt überzeugend, allerdings fehlt mir eine musikalische Weiterentwicklung. Der einzig heraus stechende Song: „Sixpounder“ war wie eine Offenbarung. Kollegen, bitte etwas mehr Abwechslung! Ansonsten: Weitermachen!
GORGOROTH, aus den tiefen Wäldern Norwegens hergetrollt, stellen eine Speerspitze des Black-Metal dar. Mir stachen sie mit selbigem nur eine Wunde in mein bis dahin musikalisch verwöhntes Ohr. Bevor dies aber zu bluten beginnen sollte, entschieden wir uns, mal nach etwas Trinkbarem Ausschau zu halten und genehmigten uns eine tschechische Cola, bei der man den Eindruck hat, Arznei zu sich zu nehmen.
Medizinisch versorgt, empfahl mir Christoph das Doom-Metal-Gespann CANDLEMASS, von denen ich bis dahin nur Fragmente wahrgenommen hatte, in Augenschein zu nehmen. Und Wow! Die, wie sie sich selbst nennen, schnellste Doom-Metalband des Genres entfachten ein dunkles Höllenfeuer des Downtempo geschwängerten Rhythmus'. Neben Alltime-Faves wie „Dark Are The Veils Of Death“ aus dem Jahr 1987, welches der damalige Sänger Messiah zu einem Meisterwerk veredelte, wurden auch Songs aus der im Jahr 2009 entstandenen Rinde: „Death Magic Doom“ ausgepackt. Robert Lowe (SOLITUDE AETURNUS), aus Texas stammend, der 2007 das Mikrofon bei CANDLEMASS in die Hand gedrückt bekam, singt die Songs nicht nur, er verpackt sie in Theaterstücke, welche für sich selbst stehen und den Grat zum Irrsinn entlang streifen aber nicht übertreten. „If I Ever Die“ oder „Hammer Of Doom“ wabern schwer atmend in die offenmundige Anhängerschaft und verleiten einige zum Zücken ihrer Feuerzeuge. Ganz, ganz großes Kino!
(www.myspace.com/candlemass)
Danach war es echt schwer, sich auf DESPISED ICON oder gar GWAR einzulassen. Also stolperten wir erlebnisbeladen und Musiker-Latein austauschend zu unserer Herberge am Hang und zählten noch ein paar Sternschnuppen.
Freitag, 13.08.2010
Wir kamen, wie sich herausstellen sollte, leider erst zum 3. Song der aus Wroslaw (Polen) stammenden Formation PROGHMA-C, welche sich dem modernen Progressive-Metal verschrieben hat. Mit gewollter Unauffälligkeit im Stageacting, gepaart mit provokativ professionellem Songwriting überflogen sie die zur Mittagsstunde angepilgerten Metalheads. Man merkte förmlich das Verschmelzen beider Lager. Der Vergleich mit TOOL im Gesang ist sehr gewagt aber durchaus an manchen Stellen zu finden. Überwältigt von so viel Gelassenheit bei den viel zu kurzen 30 Minuten, hörte ich den letzten, mir bis dato einzig wirklich bekannten Song. Ein Cover. „Army Of Me“ von BJÖRK. Wer so einen Song covert und es versteht, ihn geschickt in ein Metalgewand zu stecken, ohne dass der Charakter des Hits verloren geht, hat es verdient, weiter oben im Billing zu stehen. Ich hoffe, wir können sie bald in Leipzig genießen! Empfehlung!
(www.myspace.com/proghmac)
Progressive-Post-Rock gab es dann von CALLISTO aus Finnland zu belauschen. Am ehesten könnte man sie mit CULT OF LUNA und AMENRA vergleichen. Ruhige, breitgezogene Melodien wechseln hier mit wuchtigen Aggroparts, die gekonnt arrangiert einfließen. Ein gemütlicher Weckruf für den einen, eine nette Überraschung zur Mittagszeit für den anderen.
(www.myspace.com/callistochaos)
Die hierzulande noch etwas unbekannten Texaner von DEVOURMENT entern dann 13.20 Uhr Ortszeit die Metalshop-Stage und zerpflücken die anheimelnde Stimmung, die sich durch die ersten Bands des Freitags breit gemacht hat, mit ihrem Slam-Death-Metal. Die Gutturallaute des Grunzkönigs Mike Majewski werden von einer eingespielten Dreimann-Armee stakkatoartig in den Vordergrund gewuchtet. Einer Dampfwalze gleich erdrücken die zusätzlich durch einen grandiosen Sound untermalten Hassbrocken die Zuhörerschaft und bewegen den harten Kern zu Moshpits, die einer Anhäufung aus der Klinik entlassener Dauerirrer ähneln. Ein Plus bei den Fans bringt ihnen auch der aufgesetzte Pferdekopf des Bassers Chris Andrews, was dem Ganzen etwas Surreales verleiht. Nix für schwache Nerven aber herrlich effektiv und passend zum Namen des Festivals.
(www.myspace.com/devourment)
Aus Savannah, im beschaulichen US-Bundesstaat Georgia stammend, erklimmen nun KYLESA die Jägermeister-Stage. Bestückt mit zwei Schlagzeugern, die synchron auf ihre Felle hämmern und gleichzeitig und parallel zueinander auf dem rechten und linken Stereokanal zu hören sind, verausgaben sich die Psychedelic-Metal-Stoner-Rocker von Beginn an und stellen eine weitere Überraschung für mich dar. Roh und ohne Schnörkel werden die an MASTODON, NEUROSIS und BARONESS erinnernden Stücke zum Besten gegeben. Was noch eine Eigenart der Band ist, sie benutzen drei gleichwertige Sänger und wechseln somit Stil und Klang in ihren vokalen Strukturen. Ruhig mal antesten, es lohnt sich.
(www.myspace.com/kylesa)
Hochmotiviert und as cool as can, wie es sich für einen Frontmann einer Black-Death-Thrash-Herde gehört, gestikuliert Mike Hrubovcak, Sänger von MONSTROSITY, mittels der Pommesgabel ins weite Rund und gibt somit zu verstehen, wo die Reise hingeht. Seit 1991 im Amt liefern MONSTROSITY ein Album nach dem anderen ab, haben aber den entscheidenden Durchbruch in Europa nie geschafft. Das an BRUTALITY oder VOMITORY angelehnte Material besticht durch seine guten Arrangements, die verspielten Soli von Mark English, dem mittlerweile neunten Gitarristen, und die obwohl gebrüllt gegrunzten doch melodiös wirkenden Gesangsparts. Bis 1996 war für diesen Teil übrigens der gute George „Corpsgrinder“ Fisher zuständig, bevor er zu CANNIBAL CORPSE wechselte.
(www.myspace.com/monstrosity1)
Gegen 16.00 Uhr startete die Avantgarde-Black-Metal-Formation SIGH aus Tokyo. Von den Massen vor der Bühne etwas eingeschüchtert wirkend, betraten die fünf Japaner einschließlich eines blutverschmierten Engels die Bretter, die die Welt bedeuten. Bis 1997 dem Black-Metal zuzurechnen, nahmen sie ab 2001 Elemente des Avantgarde und der Filmmusik in ihren Stil auf. Auf dem 2007 erschienenen Album: „Hangman's Hymn“ legte man den Fokus auf klassische Einflüsse von Richard Wagner über Gustav Mahler bis hin zu Anton Bruckner. Mit ihrer Saxophonistin und Sängerin Dr. Mikannibal, dem schon erwähnten gefallenen Engel, haben sie jetzt auch live einen schicken Hingucker. Doch weit gefehlt, dass sie sich auf die visuelle Präsenz eben jener Dame beschränken. Sie ist inzwischen zu einem festen und wichtigen Bestandteil der Band mutiert. Zum Schluss gab es dann noch ein Cover. VENOMs „Black Metal“. Ihr solltet sie auf jeden Fall mal anchecken, Geschmäcker sind zum Glück verschieden.
(www.myspace.com/sighjapan)
Was am vorhergehenden Tag mit SEPULTURA passiert war, betraf nun die Schweizer SYBREED. Sie ersetzten BAL-SAGOTH, die aufgrund verkehrstechnischer Behinderung in Verzug geraten waren. Trotz dessen eigentlich keiner zu diesem Zeitpunkt mit ihnen rechnen konnte, wurden sie mit Begeisterung empfangen. Das legte sich natürlich auch auf die Performance der vier Genfer. Als Industrial-New Wave-Metal bezeichnen sie selbst ihren Stil. Ich verzeichnete Elemente von SYL, den später noch folgenden MNEMIC und PAIN. Die cleanen Gesangsparts sind sehr mainstreamlastig, eben Melodien, die Frauenherzen höher schlagen lassen, allerdings nicht peinlich, sie erinnern teilweise sogar an SOILWORK. Außerdem bringen die fetten Grooves und das Riffing die nötige Härte ins Spiel. Ein weiterer Act, den es zu beobachten gilt.
(www.myspace.com/sybreed)
Inzwischen vor allem in Übersee zu einer Einfluss gebenden Extrem-Death-Progressiv-Metal-Combo mutiert, zocken sich NECROPHAGIST gekonnt und überlegen durch ihr Set. Hits wie „Fermented Offal Discharge“ vom ersten Album: „The Onset Of Putrefaction“ oder „Seven“ und „Stabwound“ vom 2004er Knaller: „Epitaph“ fliegen einem Bienenschwarm gleich ins Publikum, das sich zwischen Highspeed-Headbanging und Kinnladen geöffneten Zuhören entscheiden muss. Allerdings stellt sich die Frage, wann es denn endlich mal neues Material zum Bestaunen der Fingerfertigkeit geben wird. Äußerlich hat sich seit meinem letzten NECROPHAGIST-Erlebnis auch etwas getan. Während sich Basser und der zweite Gitarrist dem spiegelglatten Kurzhaarschnitt verschrieben haben, umhüllt den Bandleader und Komponist Muhammed eine leicht angegraute lange Mähne, die ihn bei bestimmter Mimik wie das Metal-Urgestein Dio aussehen lässt.
(www.myspace.com/necrophagistde)
Nun sollte es endlich so weit sein, der eigentliche Grund meines Erscheinens auf dem Brutal Assault Festival - Devin Townsend - war an der Reihe. Gespannt warteten die wie in einer Ölsardinenbüchse geschichteten Fans auf ihren Gott. Auch Mr. Genialität hatte anfangs mit ein paar technischen Problemen zu kämpfen, ehe er mit „Addicted“ nicht nur sein Konzert einläutete. Der Himmel war scheinbar nicht mit der Idee einverstanden, seinen musikalischen Ergüssen zu lauschen und erbrach sich mit dem ersten Ton in einem gewaltigen Wolkenbruch. Natürlich wollte ich mich nicht unterkriegen lassen und fotografierte noch fix ein paar Schnellschüsse, um dann bis auf die Haut durchnässt einen Unterschlupf zu ersprinten. Nach 10 Minuten Extremnaturgewalt konnte man sich wieder Richtung Bühne wagen, wo doch ein Großteil der Maniacs ausgeharrt hatte, um nichts zu verpassen. Was da von der Bühne kam, war aber auch jeden Stress wert. Wir wurden mit Songs vom neuesten Geniestreich „Addicted“, von „Terria“, „Accelerated Evolution“, dem immer noch unerreichten „Ocean Machine“ und „Ziltoid The Omniscient“ umarmt. Die Atmosphäre glich einer Hippie-Kommune. Jeder grinste und tanzte, gewisse grünblättrige Rauchschwaden durchzogen ebenfalls die Menge und streiften meine Nasenflügel. Als es dann aber doch vorbei war, standen einige noch eine Weile fassungslos da, das Erlebte verarbeitend.
(www.myspace.com/devintownsenddtb)
Auch ich musste etwas verarbeiten. Durch den Regenguss segneten meine Kamera und ein Objektiv das Zeitliche. Ob es damit etwas zu tun hatte, dass Freitag, der 13. war? Keine Ahnung, auf jeden Fall musste ich erst einmal ins Zelt und unter George „Corpsegrinder“ Fishers „Hammer Smashed Face“ und „I Will Kill You“, welches durchaus meinen Gemütszustand wiederspiegelte, rutschte ich Meter für Meter angepisst durch tiefen Schlamm Richtung Zeltplatz.
Samstag, 14.08.2010
Nun sollte sich doch tatsächlich die Wahl des Standortes meines Zeltes als Glücksfall herausstellen. Da es sich den gesamten frühen Morgen einregnete und man annehmen konnte, dass dies den ganzen Tag so weitergehen würde, hatte man erst einmal damit zu tun, halbwegs trockene Klamotten zu finden und sich in diese hineinzuzwängen. Schließlich aus dem Zelt gefallen, sahen wir die Bescherung. Zwischen und unter den auf flachem Boden verankerten Tipis erstreckten sich riesige Wasserlachen. Auch der VIP-Bereich wurde vom Regen nicht verschont. Das Bild war äußerst kurios. Alle 20 Meter sah man fluchende Gäste, ihr Zelt an eine andere trockenere Stelle trugen. „Hovno!!!“ war an diesem Morgen doch sehr häufig zu vernehmen. Der Kontext war diesmal allerdings ein völlig anderer. Kommen wir aber wieder zum musikalischen Teil des Tages.
Eingeleitet durch einen künstlichen Schneeschauer, welcher sich auf die ersten Reihen der Anwesenden verteilte, stiegen SADIST in ihren durch technisch hochwertiges Bearbeiten der Instrumente geprägten Auftritt mit dem Titeltrack des 2010 veröffentlichten Outputs: „Season in Silence“ ein. Gefolgt von Songs der Alben: „Crust“, „Tribe“ und „Above The Light“ konnten sich die Fans von der experimentellen und spielerisch weit effektiveren Seite Italiens ein Auge holen. Bandmitbegründer Tommy Talamanca ist wohl der einzige Giyboardtarrist, der aus zwei Instrumenten gleichzeitig songbestimmende Melodien herauslockt. Auch wenn das Material von SADIST teilweise sehr sperrig wirkt und eher Musiker anspricht, enthält es doch sehr durchdachte Strukturen und klassische Elemente.
(www.myspace.com/sadistribe)
Die nächsten Stagestürmer, die wir in unsere Ohren sausen lassen wollten, waren ORIGIN aus Topeka in Kansas. Technical-Death-Metal at it's best. Seit 1997 unterwegs, Vorband von Größen wie DYING FETUS, VADER oder NILE, aber ebenfalls von einer großen Fluktuation der Bandmitglieder betroffen. Letztes Beispiel hierfür ist Shouter Mica „Maniac“ Meneke, der seit 2010 bei ORIGIN „trällert“ und sich vorher bei THE FACELESS verdingt hat. Er ersetzt den neun Jahre tätigen James Lee. Kein leichter Job, aber bei dem Gesehenen kann man ihm zur bestandenen Prüfung nur gratulieren, mit dem SLAYER-Claim „Show No Mercy“ auf dem Shirt kann eh nichts mehr schief gehen. Groovegranaten der Marke „Finite“, „Aftermath“ und „Antithesis“ wurden ebenso unter die Bangenden gespült wie die Speedrekord verdächtigen „Staring From The Abyss“, „Wrath Of Vishnu“ und „Reciprocal“. Danach dürften einigen die Nackenmuskeln in den Seilen gehangen haben.
(www.myspace.com/origin666)
GRAVEWORM, MADDER MORTEM, LYZANXIA und MOONSORROW haben wir uns aufgrund von Aufräumarbeiten am Schlafplatz gespart. Wir wollten noch vor der Dunkelheit und den noch interessanten Acts (keine Wertung, ist ja subjektiv) des Festivals abgebaut und verstaut haben, was uns lieb und teuer ist. Auf dem Weg zum Auto beschlossen wir, noch etwas typisch tschechisches zu besorgen und kauften uns Oblaten und Waffeln...
Um rechtzeitig bei JESU zu sein, unterbrachen wir unsere Pause und machten uns wieder auf den doch langen Weg durch Josefstadt, um schließlich das Nachfolgeprojekt Justin K. Broadricks, dem Mastermind von der ehemaligen Kultband GODFLESH zu sehen. Obwohl man ihm und seinem Bassmann gute Arbeit attestieren muss, wurden die ewig langen, hauptsächlich Doom lastigen Gitarrenriffs durch Beatbox unterstützte Rhythmen auf Dauer langweilig. Die Stageperformance riss nun auch nicht wirklich irgend etwas heraus. Eher eine Enttäuschung. Wenn man bedenkt, dass selbiger Justin schon bei NAPALM DEATH gezockt hat, erscheinen die neuen Kompositionen doch sehr fad.
(www.myspace.com/jesu)
Das DIABLO SWING ORCHESTRA aus Schweden dagegen konnte mit genügend Musikern auf der Bühne aufwarten und beschwingt durch den weiteren Nachmittag führen. Trompete, Cello und die üblichen Saitenhexer, ein swingender Drummer und ein Sirenengesang. Man stelle sich vor, ein Walt Disney Movie wie Aristocats soll vertont werden, addiert werden die Härte des Metal und Gesänge aus alten Hollywood-Streifen. Fertig ist die Crazy Melange, welche D.S.O. sicherlich unverwechselbar machen, auf Dauer ist der Soprangesang von Annlouice Loegdlund aber ohrenbetäubend. Nett, aber vielleicht doch das falsche Festival, obwohl man dem Großteil des tschechischen Metalpublikums zu Gute halten muss, dass sie unbekannte Gruppen ebenso abfeiern wie die Superstars der Szene.
(www.myspace.com/diabloswingorchestra)
Nun wurde es richtig Oldschool. VOIVOD aus Kanada, die sich im November 1982 gründeten und bis auf den 2005 durch Darmkrebs verstorbenen Gitarristen Denis „Piggy“ D'Amour in Originalbesetzung aufwarteten, verwandelten das Gelände in ein Progressive-Thrash-Metal-Pulk der 80er Jahre. Die leichte Punk-Attitüde in den Songs machten sie schon in den Achtzigern zu Ausnahmemetallern. SLAYER, VENOM und CELTIC FROST waren ihre Einflüsse, aus denen sie ihren eigenen Stil formten. Sie wurden sogar mit METALLICA zu „Kill'Em All“- Zeiten verglichen. Also ballerten sie nach und nach alte Gassenhauer in die dankbare Crowd. „Voivod“, „Tribal Convictions“ und „Nuclear War“, um nur einige zu nennen. Das PINK FLOYD-Cover: „Astronomy Domine“ wurde als Tribute to „Piggy“ zelebriert, dass es eine Freude war. Muss man mal gesehen haben.
(www.myspace.com/voivod)
„Praise The Lord (Opium Of The Masses)“ war als Opener von DYING FETUS' Set der absolute Oberhammer und ließ gleich vermuten, dass die Formation um John Gallagher an diesem Abend keine Gefangenen machen würden. Gedacht, getan! Vom neuesten Machwerk „Descend Into Depravity“ wurde gleich einmal „Your Treachery Will Die With You“ losgeholzt. Nun waren natürlich diejenigen, die sich am Nachmittag bei ORIGIN schon verausgabt hatten, gefragt. Waren ihre Halswirbel und Nackenmuskulatur in der Lage, ein zweites Technical-Death-Grind Gewitter zu überstehen? DYING FETUS ließen aber auch überhaupt nicht locker und ließen „One Shot, One Kill“, „Grotesque Impalement“ und „Pissing In The Mainstream“ auf die headbangende Meute niederprasseln. Nun wurde auch langsam ersichtlich, wer den Schnelligkeitswettbewerb des Festivals gewonnen hatte. Spitzen-Gig! Noch Fragen?
(www.myspace.com/dyingfetus)
Was sollte denn danach noch kommen? Ach ja, MESHUGGAH zum Beispiel. Meine persönliche Lieblingsherde forever! Bisher zweimal live gesehen, wusste ich ja ungefähr, was da auf uns zurollen würde. Doch wieder einmal wurde ich überrascht. Mit 25 minütiger Verspätung, die aber nicht den Schweden zuzuschreiben war, sondern der Unfähigkeit des Bühnentechnikers, begann ein Brachialausbruch allererster Güte. „Rational Gaze“ von der „Nothing“, dem wohl sperrigsten Output von Fredrik Thordendal und Co. sollte einen fiesen Innovative-Complicated-Metal Reigen eröffnen. Es folgten die Knaller der letzten Rinde „Bleed“, „Electric Red“, „Pravus“, „Combustion“ und „Lethargica“. Es ist immer wieder ein Fest, dem Gesichtsfasching von Frontschwein Jens Kidman zuzusehen, während sich der Ausnahmeschlagwerker Tomas Haake stilsicher durch das Set groovt. Manch einer im Pulk der Unwürdigen vor der Bühne steht mit weit geöffnetem Mund regungslos in der Pampa, nichts ahnend, was da in seinem Blickfeld gerade passiert. Einfach nur göttlich. Das einzige, was ich zu bemängeln habe, ist die Tatsache, dass MESHUGGAH wahrscheinlich keine Lust mehr haben, ältere Ohrwürmer der Marke „Future Breed Machine“ zu spielen. Ein „Sickening“ wäre auch mal wieder ganz nett, oder?!
(www.myspace.com/meshuggah)
Als dann das Intro zu HYPOCRISYs „Fractured Millenium“ ertönte, war alles zu spät und der gesamte Platz fing zu beben an. Der Sound, das Licht, die Stimme von Peter Tägtgren und der Zuspruch der Angereisten nahm Endzeitstimmung an. Irgendwie war gerade alles zu perfekt. Im Dunklen wird HYPOCRISY zur Macht. Vielleicht sollten sich deutsche Festivalveranstalter ein Beispiel daran nehmen und eine solche Band nicht nachmittags 15.00 Uhr zocken lassen! „Eraser“, „A Coming Race“, „Adjusting The Sun“ oder „Killing Art“ sind nur einige Beispiele der Setlist, die vorerst das letzte Mal live zu vernehmen sein werden. Wenn ich die Ansagen von Herrn Tägtgren richtig verstanden habe, wird er sich erst einmal wieder anderen Projekten widmen. Schauen wir mal, ob er sich wirklich lange daran halten kann. Zum Abschluss gab es natürlich das obligatorische, aber immer noch mitreißende „Roswell 47“. Bombastischer Abgang!
(www.myspace.com/hypocrisy)
Christoph und ich beschlossen, dass MY DYING BRIDE ein würdiger Abschluss des diesjährigen Brutal Assaults wären und begaben uns nach letztmalig einverleibtem Langos, welches zu würzigen Winden umgeformt wurde, in Richtung Bühne. An der Jägermeister-Stage angekommen, wurde es stiller und stiller, die Fans der Engländer stimmten sich auf das Kommende ein. Dann ging es endlich los. „Fall With Me“ eröffnete das Tor zur Welt der sterbenden Braut. Auch hier war der Sound und das Licht entscheidend. So fett kommen MDB auf Tonträgern leider nicht rüber, aber deswegen sollte man sich diese Band, mit der ich bisher auch kaum zu tun hatte, unbedingt einmal live und in Farbe anschauen. Vom Dahinschmelzen und Jauchzen der eingefleischten Fans der ersten Stunde bei dargereichtem Material a la „Vast Choirs“, „Turn Loose The Swans“ oder „Bring Me Victory“ bis hin zur äußerst attraktiven Bassistin Lena, ist das Gesamtkunstwerk es einfach wert. Und der letzte Song dieses Schmachtkonzertes war „The Cry Of Mankind“, im Original 12:13 min., später auf 5 Minuten gekürzt und hier in voller Länge zum Genießen. Großartige Band mit überzeugendem Werk.
(www.myspace.com/officialmydyingbride)
Und ganz im Sinne von AGNOSTIC FRONT entschieden wir uns nach diesem Sounderlebnis vom diesjährigen Treiben Abschied zu nehmen und „From The Eastside To The Westside“ Richtung Heimat zu entschwinden.„Gotta, Gotta, Gotta Go!“
Fazit: Das fällt eigentlich ziemlich simpel aus. Das Brutal Assault Festival hat eine faszinierende Location, präsentiert Bands der unterschiedlichsten Sparten, so dass für jeden Metaller etwas dabei ist, ist für uns günstig und kann einfach nur empfohlen werden. Wenn man sich im Vorfeld dann noch etwas tschechisch beibringt, kommt man auch ohne Zeichensprache dorthin, wo man landen möchte. Also, bis zum nächsten Mal. Ein dreifaches „Hovno!!!“
Bericht und Bilder: Stefan Waldeck - nicht hovno, sondern tausendfach děkuij!