Haribo Macht Kinder Froh Portrait Of Tracy A Mavericks Revenge August 30 Face Your Fate
Haribo Macht Kinder Froh, Portrait Of Tracy, A Mavericks Revenge, August 30, Face Your Fate
Leipzig, 4 Rooms
12.02.2011
12.02.2011
Es gibt Momente, in denen man sich alt fühlt, ja fühlen darf, zum Beispiel beim Anblick der etwa 150 - teilweise bis zur Unkenntlichkeit aufgetakelten - Spezis, die heute Abend vorrangig wegen einer Band namens HARIBO MACHT KINDER FROH das Haus verlassen haben. Optisch gleicht das Spektakel einer ungesunden Mischung aus Hiphop-Ästhetik, Toughguy-Posse, Hello Kitty-Madness und Cindy Lauper in ihren schlechtesten Zeiten. Musikalisch wird es dem Vernehmen nach Kleinholz in der Kauleiste geben - die fünf Dentalkommandos sind bereits vor Ort, überprüfen ein letztes Mal den korrekten Sitz ihrer Gürteltasche und schärfen sodann den allmächtigen Bohrer: This is our party, Highfives & Breakdowns, und wir sind mittendrin.
Zu Gehör kommen insgesamt fünf Bands, namentlich HARIBO, PORTRAIT OF TRACY, A MAVERICKS REVENGE, AUGUST 30 und FACE YOUR FATE, allerdings sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Darbietungen für das ungeübte Ohr marginal und beschränken sich überwiegend auf den jeweiligen Merchandise-Aufdruck. Dabei geht es mit AUGUST 30 ungewohnt los, denn die Wolfener heben sich durch weiblichen Gesang und vergleichsweise songorientierte Strukturen vom Kommenden ab. Die Gratwanderung zwischen Alternative und Metal erinnert sehr entfernt an SKUNK ANANSIE, im Gitarrenbereich kommt gar des Öfteren leichtes Wüstensand-Feeling auf, wodurch man in der Endabrechnung trotz fehlender Highlights und kurzer Spielzeit irgendwie im Gedächtnis bleibt.
Der weitere Abend steht stilistisch zunächst im Zeichen von Karate Kid und den brünftigen Eulen von Athen, beide ziemlich angepisst, aber feierwütig, und daher mehr als willig, die Spielzeit mit allerlei Banalitäten zu füllen: Die meisten Songs arbeiten sich an genau einem markanten Moment - ihr ahnt es, mighty breakdown in da house - ab, den man dann auch gern ein zweites oder drittes Mal in die dicht gestaffelten Reihen feuert. Dazu bekommen zwei bis fünf der Umstehenden die Gelegenheit, ihr im VHS-Gymnastikkurs (oder vor dem heimischen Spiegel) erworbenes Können vorzuführen, was die narzisstische Seite des Genres eindrucksvoll in den Frontallappen hämmert und die Worte "Testosteron" und "Aerobicvideo" aus unbestimmten Gründen zu einer unverbrüchlichen Einheit schmiedet. Kann sein, dass ich da irgendwas falsch verstehe, aber im Vergleich zu den ebenfalls recht kontakt- und posenorientierten Hardcore-Konzerten kommt hier nur selten der Eindruck einer irgendwie engagierten Subkultur auf, sondern nur das ungute Gefühl, der discomüden Großstadtjugend bei einem weiteren Ausflug ans Ende der Nüchternheit beizuwohnen. Ob da oben jetzt SCOOTER, Frauenarzt oder Basecap-Ronny zum Ausrasten auffordern, ist mittlerweile vollkommen egal - im Endeffekt zählt stets die Darstellung, nie das Dargestellte.
Dem entsprechend wirkt die Musik auch niemals wie der Grund der Zusammenkunft, sondern fristet ihr Dasein als bloßer Stichwortgeber, unterteilt die endlose Folge der Oneman-Shows gebrauchsfertig in einzelne Akte und beschränkt sich dadurch dann auch selbst: Wenn nämlich der einzige Zweck des Gebotenen darin besteht, die Performance des Publikums zu gliedern und diesem Gelegenheit zu geben sich selbst zu feiern, dann braucht es schlicht nicht mehr als die minimale Variation zwei, drei unterschiedlicher Passagen - langsam ist alle zusammen, schnell ist jeder für sich.
Eine positive Ausnahme am heutigen Abend sind die Leipziger PORTRAIT OF TRACY, die zwar ebenfalls konstant am Darstellungslimit operieren, dabei allerdings eine Prise (vielleicht altersbedingter) Ernsthaftigkeit ins Spiel bringen. Zudem hat man musikalisch etwas mehr als nur Extrem-Collage auf Tasche, hält Songwriting offenbar nicht für eine Virus, und versucht sich abseits davon auch in den Zwischenansagen an Substanziellerem. Dadurch wird der effektiv konstruierte Metalcore der Band nicht gleich zum Überknaller, aber er hebt sich wohltuend vom Rest des Abends ab. In Sachen Stageacting und übergreifender Stimmigkeit die versierteste Darbietung.
Den absoluten Gegenpol stellen die holländischen Headliner dar: HARIBO MACHT KINDER FROH, das ist quasi die Essenz der oben beschriebenen negativen Aspekte in Form eines Bandnamens. Es gibt Neonaufsteller am Bühnenrand, es gibt einen gut gespielten aber extrem einfallslosen Mix aus Breakdowns und Großraum-Techno, es gibt ein vermutlich witzig gemeintes Cover von den BACKSTREET BOYS ("I Want It That Way"), das die Originalversion in ganz anderem, positivem, Licht erscheinen lässt, und es gibt eine Lehrstunde in Sachen eklektischer Kulturversuch, der nichts mehr ernst nehmen will oder kann - am wenigsten vielleicht sich selbst. Wie passend, dass man das Ganze mit "Highfives & Breakdowns" symbolträchtig zusammenfasst: Der Inbegriff desinteressierter Grußmechanik und das Epizentrum effektorientierter Gebrauchsbeschallung - damit ist dann eigentlich auch schon alles gesagt.
Das Fazit steckt im Grunde bereits im bisher Gesagten, allerdings darf es nach all der Ernüchterung auch etwas ausgewogener zugehen: Natürlich hatte der Großteil der Anwesenden seinen Spaß und natürlich fiel der Abend damit in gewisser Hinsicht durchaus befriedigend aus, allerdings muss man dafür den eigenen Anspruch an Musik und deren nicht zuletzt kreativ reflektierenden Gehalt im Badezimmerschränkchen lassen. Wenn das gelingt und man der Stilrichtung prinzipiell zugeneigt ist, dann kann man sich auf einem Abend wie dem heutigen sicher trefflich amüsieren - ganz im Sinne von kurzweiliger, belustigender Unterhaltung.
www.myspace.com/haribomachtkinderfrohfosho
www.myspace.com/portraitoftracy
www.myspace.com/faceyourfate
www.myspace.com/august30band
www.myspace.com/amavericksrevenge
Zu Gehör kommen insgesamt fünf Bands, namentlich HARIBO, PORTRAIT OF TRACY, A MAVERICKS REVENGE, AUGUST 30 und FACE YOUR FATE, allerdings sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Darbietungen für das ungeübte Ohr marginal und beschränken sich überwiegend auf den jeweiligen Merchandise-Aufdruck. Dabei geht es mit AUGUST 30 ungewohnt los, denn die Wolfener heben sich durch weiblichen Gesang und vergleichsweise songorientierte Strukturen vom Kommenden ab. Die Gratwanderung zwischen Alternative und Metal erinnert sehr entfernt an SKUNK ANANSIE, im Gitarrenbereich kommt gar des Öfteren leichtes Wüstensand-Feeling auf, wodurch man in der Endabrechnung trotz fehlender Highlights und kurzer Spielzeit irgendwie im Gedächtnis bleibt.
Der weitere Abend steht stilistisch zunächst im Zeichen von Karate Kid und den brünftigen Eulen von Athen, beide ziemlich angepisst, aber feierwütig, und daher mehr als willig, die Spielzeit mit allerlei Banalitäten zu füllen: Die meisten Songs arbeiten sich an genau einem markanten Moment - ihr ahnt es, mighty breakdown in da house - ab, den man dann auch gern ein zweites oder drittes Mal in die dicht gestaffelten Reihen feuert. Dazu bekommen zwei bis fünf der Umstehenden die Gelegenheit, ihr im VHS-Gymnastikkurs (oder vor dem heimischen Spiegel) erworbenes Können vorzuführen, was die narzisstische Seite des Genres eindrucksvoll in den Frontallappen hämmert und die Worte "Testosteron" und "Aerobicvideo" aus unbestimmten Gründen zu einer unverbrüchlichen Einheit schmiedet. Kann sein, dass ich da irgendwas falsch verstehe, aber im Vergleich zu den ebenfalls recht kontakt- und posenorientierten Hardcore-Konzerten kommt hier nur selten der Eindruck einer irgendwie engagierten Subkultur auf, sondern nur das ungute Gefühl, der discomüden Großstadtjugend bei einem weiteren Ausflug ans Ende der Nüchternheit beizuwohnen. Ob da oben jetzt SCOOTER, Frauenarzt oder Basecap-Ronny zum Ausrasten auffordern, ist mittlerweile vollkommen egal - im Endeffekt zählt stets die Darstellung, nie das Dargestellte.
Dem entsprechend wirkt die Musik auch niemals wie der Grund der Zusammenkunft, sondern fristet ihr Dasein als bloßer Stichwortgeber, unterteilt die endlose Folge der Oneman-Shows gebrauchsfertig in einzelne Akte und beschränkt sich dadurch dann auch selbst: Wenn nämlich der einzige Zweck des Gebotenen darin besteht, die Performance des Publikums zu gliedern und diesem Gelegenheit zu geben sich selbst zu feiern, dann braucht es schlicht nicht mehr als die minimale Variation zwei, drei unterschiedlicher Passagen - langsam ist alle zusammen, schnell ist jeder für sich.
Eine positive Ausnahme am heutigen Abend sind die Leipziger PORTRAIT OF TRACY, die zwar ebenfalls konstant am Darstellungslimit operieren, dabei allerdings eine Prise (vielleicht altersbedingter) Ernsthaftigkeit ins Spiel bringen. Zudem hat man musikalisch etwas mehr als nur Extrem-Collage auf Tasche, hält Songwriting offenbar nicht für eine Virus, und versucht sich abseits davon auch in den Zwischenansagen an Substanziellerem. Dadurch wird der effektiv konstruierte Metalcore der Band nicht gleich zum Überknaller, aber er hebt sich wohltuend vom Rest des Abends ab. In Sachen Stageacting und übergreifender Stimmigkeit die versierteste Darbietung.
Den absoluten Gegenpol stellen die holländischen Headliner dar: HARIBO MACHT KINDER FROH, das ist quasi die Essenz der oben beschriebenen negativen Aspekte in Form eines Bandnamens. Es gibt Neonaufsteller am Bühnenrand, es gibt einen gut gespielten aber extrem einfallslosen Mix aus Breakdowns und Großraum-Techno, es gibt ein vermutlich witzig gemeintes Cover von den BACKSTREET BOYS ("I Want It That Way"), das die Originalversion in ganz anderem, positivem, Licht erscheinen lässt, und es gibt eine Lehrstunde in Sachen eklektischer Kulturversuch, der nichts mehr ernst nehmen will oder kann - am wenigsten vielleicht sich selbst. Wie passend, dass man das Ganze mit "Highfives & Breakdowns" symbolträchtig zusammenfasst: Der Inbegriff desinteressierter Grußmechanik und das Epizentrum effektorientierter Gebrauchsbeschallung - damit ist dann eigentlich auch schon alles gesagt.
Das Fazit steckt im Grunde bereits im bisher Gesagten, allerdings darf es nach all der Ernüchterung auch etwas ausgewogener zugehen: Natürlich hatte der Großteil der Anwesenden seinen Spaß und natürlich fiel der Abend damit in gewisser Hinsicht durchaus befriedigend aus, allerdings muss man dafür den eigenen Anspruch an Musik und deren nicht zuletzt kreativ reflektierenden Gehalt im Badezimmerschränkchen lassen. Wenn das gelingt und man der Stilrichtung prinzipiell zugeneigt ist, dann kann man sich auf einem Abend wie dem heutigen sicher trefflich amüsieren - ganz im Sinne von kurzweiliger, belustigender Unterhaltung.
www.myspace.com/haribomachtkinderfrohfosho
www.myspace.com/portraitoftracy
www.myspace.com/faceyourfate
www.myspace.com/august30band
www.myspace.com/amavericksrevenge