Sodom Die Hard & Wortmord

Sodom, Die Hard & Wortmord

Die HardSodomWortmord
Bochum, Zeche
17.02.2011
Wenn Onkel Tom mit SODOM in Bochum unterwegs ist, sollte man eigentlich meinen, dass der Laden bei einem Heimspiel (Gelsenkirchen ist nur einen Steinwurf entfernt) an einem günstigen Donnerstag aus allen Nähten platzt. Davon ist die gute alte Zeche allerdings den ganzen Abend über weit entfernt, denn selbst beim Headliner hat man genug Platz, um bequem mit den Armen zu rudern, ohne einem anderen Banger die Amalgamfüllungen rauszuhämmern. Zwar hat sich einiges an Ruhrpott Prominenz eingefunden (so steht z.B. ex-Gitarrero Andy Brings wie angewurzelt im Publikum), aber unter der Lupe betrachtet ist der Andrang doch etwas enttäuschend.

Das bekommen natürlich auch WORTMORD um den ehemaligen Sodomisten Grave Violator zu spüren, die vor spärlicher Kulisse ihren groovigen Heavy Thrash zum Besten geben dürfen. Die Jungs haben sichtlich Spaß inne Backen, was aber nicht verschleiern kann, dass die Band heute eher wie ne Thekenmannschaft wirkt. Seien es die amtlich zur Schau gestellten Plauzen der Herrschaften, die etwas holprigen Ansagen von Di’Anno Lookalike Uli Mentzel oder die Tatsache, dass sich Gitarrist und Showman Toto bei einer Pose beinahe auf die Nase legt – der heutige Auftritt hinterlässt einen bestenfalls semi-professionellen Eindruck. Da kann selbst das ruppige „Bloody Corpse“, welches natürlich Chris Witchhunter gewidmet wird, nicht mehr viel rausreißen. Sympathisch, aber nicht der wahre Jakob.

Dass der „echte“ Tour Support DIE HARD den mäßigen Einstieg in den Abend noch meilenweit unterbieten kann, hätte ich nicht für möglich gehalten, aber die vier Schweden schaffen es mühelos, die Fans in die hinten gelegene Kneipe zu treiben. Unfassbar, wie stumpf die recht albern geschminkten Kerle durch die Botanik holzen und nicht einmal versuchen, mit dem Publikum zu kommunizieren. Stattdessen bekommt man statisches Stageacting, unverständlich genuschelte Ansagen und brutal fantasieloses Death/Black/Thrash Geschepper geboten, das wirklich nur von den wenigsten Anwesenden mit Höflichkeitsapplaus bedacht wird. Auch mich treibt es nach wenigen „Songs“ in den Wintergarten, wo mir eine echte Dönninghaus Currywust (die beste wo gibt!) das gerade Erlebte zumindest halbwegs erträglich gestaltet. Rechtzeitig zum Schluss bin ich aber wieder vor Ort, um mir den letzten Track anzutun, der mit einem derben „Fuck you!“ seitens der Band endet. Ja, genau. Die Entscheidung, diese Trümmertruppe mit auf Tour zu nehmen, war jedenfalls nicht die Beste.

Jetzt liegt es an SODOM, dem Konzertabend noch eine entsprechende Wende zu verpassen. Und das gelingt dem chaotischen Trio – wie es an dieser Wirkungsstätte zu erwarten war – ohne größere Probleme. Schon der Opener „In War And Pieces“ mobilisiert die Massen ordentlich, aber spätestens beim folgenden Hitblock (siehe Setlist) geht die Zeche steil und die Stagediver fliegen wirklich im 20-Sekunden-Takt von der Bühne. Das geht soweit, dass Bernemann einen spontanen Dive-Contest ins Leben ruft, bei dem die mehr oder weniger gelungenen Verrenkungen der Kuttenakrobaten mit entsprechenden Noten kommentiert werden. Den Vogel schießt dabei sicherlich ein total besoffener Typ mit freiem Oberkörper (danke dafür!) ab, den die Security regelmäßig davon abhalten muss, rückwärts ins Schlagzeug zu kippen. Apropos Schlagzeug: Neuzugang Walter, äh Markus Freiwald macht seine Sache ohne Zweifel gut, kann seinen Vorgänger Bobby aber alleine aufgrund der fehlenden Coolness nicht ersetzen. Dass das stabilste SODOM Line Up aller Zeiten endgültig Geschichte ist, wird einem heute noch mal besonders bewusst.
Aber egal, die Songs knallen auch ohne Bobby so gut wie eh und je. Erstaunlicherweise bringen die Ruhrpöttler vom starken neuen Album nur noch „The Art Of Killing Poetry“; ansonsten ist eine bunt gemischte Best Of Songauswahl am Start, bei der von vielen lediglich die eigentlich unvermeidlichen Partytracks „Aber bitte mit Sahne“ und „Die stumme Ursel“ schmerzlich vermisst werden. Ansonsten unterstreichen sauber runtergezockte Kracher wie „The Saw Is The Law“, „Ausgebombt“ oder „Remember The Fallen“ noch mal eindringlich, dass SODOM völlig zu recht zu den großen Namen im Thrash Business gehören, auch wenn sie von ihren Buddies KREATOR mittlerweile eindeutig überholt wurden.
Nach beinahe zwei Stunden endet der Gig standesgemäß mit dem unkaputtbaren „Bombenhagel“, so dass man im grellen Hallenlicht doch noch durchweg glückliche und/oder abgekämpfte Gesichter beobachten kann. Jungs, kommt bald wieder.

Setlist SODOM:

In War And Pieces
Sodomy And Lust
M-16
Outbreak Of Evil
The Saw Is The Law
Nuclear Winter
Proselytism Real
Der Wachturm
City Of God
Eat Me!
The Art Of Killing Poetry
Blasphemer
The Vice Of Killing
Agent Orange
Ausgebombt
Ace Of Spades (MOTÖRHEAD Cover)
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Napalm In The Morning
Remember The Fallen
Bombenhagel
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