Dying Fetus Keep Of Kalessin Carnifex Fleshgod Apocalypse & Burning The Masses

Dying Fetus, Keep Of Kalessin, Carnifex, Fleshgod Apocalypse & Burning The Masses

CarnifexDying FetusFleshgod ApocalypseKeep Of Kalessin
Leipzig, Theaterfabrik Sachsen
25.02.2011
Die Bonecrusher-Tour und der Scheddel – wenn das mal keine bereits schon verbal passende Kombination ist. Aber auch stilistisch reiht sich der Todesmetall-Brocken sehr gut ins Leipziger Profil ein, wenngleich sich bereits im Vorfeld beim Stöbern in der Besetzungsliste eine Art Generationswettstreit zwischen modernerem Deathcore und eher tradionellerem Death-Grind-Geböller angekündigt hat. Deutlich wird dies bereits bei den ersten visuellen Augenkontakten mit dem Publikum, welches sich doch relativ eindeutig in zwei Lager aufteilen lässt, sowohl vom Alter als auch der Kleidung her. Irgendwo dazwischen geistern dann noch ein paar Spaßvögel mit Hut herum, denen alles egal zu sein scheint, Hauptsache es knallt.

Los geht es pünktlich um 19:00 Uhr mit ANGELUS APATRIDA, wobei die Betonung auf „pünktlich“ liegt, was bedeutet, dass ich ebenso wie meine Kollegin in Essen auf die Jungs verzichten muss. Dafür kann ich BURNING THE MASSES während ihres recht kurzen Auftritts beobachten. Die großzügige Theaterfabrik hat noch jede Menge Luft, aber die Deathcore-Gemeinde kommt hier bereits gut auf ihre Kosten. Mit ordentlich Druck in der Hose, einem ständig die Augen verleiernden und leicht durchgeknallten Frontmann sowie drei weiteren, hochkonzentrierten Musikern lässt der erste Moshpit nicht lange auf sich warten. Man ist sich auch nicht zu schade, trotz angeleintem Mikro selbst ein wenig für Stimmung in den ersten Reihen zu sorgen. Musikalisch sehr verspielt, aber mit den passenden Riffs und Breakdowns ausgestattet auch für Liebhaber von kernlosem Obst eine schmackhafte Angelegenheit – gerade bei der knackig kurzen Spielzeit.

FLESHGOD APOCALPYSE hingegen halten nicht allzu viel von modernem Kram. Die Italiener erscheinen mit viel Getöse aus den Boxen und viel Gekröse auf den Hemden als eine Art nicht tot zu kriegende Highlander Death.Metal Bande. Eben noch im 17. Jahrhundert, jetzt auf unserer Showbühne - und zwischendurch war keine Zeit zum Klamottenwechsel. Ein bissel Klassik und Gefiedel vom Band, dazu jede Menge Untergangs-Prophezeihungs-Geschwätz, aber hauptsächlich brutaler Todesmetall. Schnörkellos und ohne viel Gehampel vorgetragen. Das braucht ne Weile, hat sich dann aber im Raum als durchaus brauchbar und versiert herumgesprochen. Den durch Auftreten und das Einbringen ungewöhnlicher Elemente gewonnenen Originalitätsbonus verspielt man sich aber gegen Ende wieder. Was zum Henker soll dieser unsägliche Klargesang? Zum Glück ist der Tonmann genauso geschockt und dreht das Ganze gar nicht erst richtig rauf.

Jetzt wird es ein wenig haarig, ein CARNIFEX betritt die Bühne, wutschnaubend, mit Kriegsbemalung und mit einem Mikrofon ausgestattet. Die Altherren-Fraktion verzieht sich an den Rand, die Junggebliebenen flitzen vor die Bühne, nehmen dann die Beine in die Hand und versuchen dabei 1. möglich cool auszusehen und 2. nicht hinzufliegen. Die Kalifornier brauchen sich kaum anzustrengen, die Meute lechzt förmlich nach jedem schnellen Riff und den rausgewürgten Vocals von Frontmotiv Scott Lewis. Dementsprechend beginnt der Boden alsbald unter den stampfenden Schritten des Publikums zu vibrieren, während die Randsteher einen auf Statler und Waldorf machen. Dem bereits den ganzen Abend schon hervorragenden Sound sei dank, genau das Richtige, um sich mal eine ordentlich eine verpassen zu lassen – im Übertragenen oder auch wörtlichen Sinn – wie man das eben gern hat.

Anschließend ist leider etwas die Luft raus. Ob es am schweißtreibenden Vorgänger liegt oder an der Tatsache an sich, dass KEEP OF KALESSIN stilistisch nicht ganz ins Todeskorsett passen – jedenfalls lichten sich die Reihen gewaltig bzw. ein Großteil zieht sich auf die Sitzreihen im Hintergrund zurück. Dabei ist deren scheuklappenfreier Black/Thrash Metal eigentlich eine willkommene Abwechslung zum sturen Dauergekloppe. Mit einem irren Schlagzeuger, zwei nicht minder engagierten Gitarristen und ihrem variablen Frontmann pendelt die Band munter zwischen melodiösen, fast schon hymnischen Eskapaden, spritzigen Aggressionsschüben und sogar traditionellen Heavy Metal/Hardrock-Riffs hin und her. Die ersten Reihen wissen dies auch ordentlich zu huldigen, was Sänger Thebon schließlich durch blendende Scheinwerfer oder schlicht und einfach durch Kursichtigkeit regelmäßig dazu veranlasst, sie trotz ansonsten großer Lücken und Bewegungsfaulheit wissen zu lassen, wie „amazing“ sie doch alle sind.

Zu guter Letzt wird es aber noch einmal kuschelig. DYING FETUS zeigen einmal mehr, dass sie zu Recht einen hervorragenden Ruf als Live-Band vorweisen können, obwohl ihr Auftritt wahrlich auf das Nötigste reduziert daherkommt. Ein Schlagzeug, ein Bass, eine Gitarre. Dazu so gut wie keine Bewegung, allerhöchstens mal den Kopf nach vorn geneigt, um abwechselnd ins Mikro zu rülpsen und zu röcheln. Viel mehr braucht es aber auch nicht, wenn man derart griffige Songs im Gepäck hat. Voll gestopft mit brachialen, aber nachvollziehbaren Riffs mit einem locker-deftigen Groove, dem man sich nur schwer entziehen kann. Fast alles, was sich noch auf dem Gelände befindet, zieht es dementsprechend nach vorn, um das Letzte aus der nikotingebremsten Lunge herauszuholen. Schön auch, dass Violent Dancing mittlerweile nun auch im traditionelleren Bereich angekommen ist. Ich bin mir nur nicht ganz sicher, was ich lieber im Gesicht haben möchte: Ein fliegendes Bierglas mit abgebrochenem Griff, den Turnschuh eines Sechzehnjährigen oder die Schulter des monströsen, angetrunkenen Bauarbeiters. Dennoch: mit ein wenig Aufmerksamkeit nach allen Seiten kann der Abend genauso gelungen ausklingen, wie er begonnen hat.

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