Placenta Disposed To Mirth We Are Wolf Nowhere The Answer

Placenta, Disposed To Mirth, We Are Wolf, Nowhere The Answer

Disposed To MirthNowhere The AnswerPlacentaWe Are Wolf
Bonn-Bad Godesberg, Klangstation
08.05.2011
„Shape Of Deathcore“ nennt sich der Tourdoppeldecker, der an diesem lauschigen Frühsommerabend in die Gemäuer der Klangstation Einzug hält. Und es ist gut, dass das Wetter so angenehm ist, denn dank eines kurzfristigen Tontechnikerausfalls und Problemen mit der nicht mehr ganz taufrischen Technik verzögert sich der Beginn um eine satte Stunde. Doch was soll’s – wir sind ja noch jung und haben die Zeit.

Vor etwa 30 Leuten springen NOWHERE THE ANSWER als Eröffnungskai aus der Kiste. Der grundsolide gezockte, im Endeffekt aber doch ein wenig unspezielle Metalcore der jungen Bonner unterhält soweit ganz gut, wofür sich besonders Sänger Freddy dank seines unermüdlichen Engagements und Schlagwerker Manu für seine ins Geholze eingebauten Gesangsakzente ein bis zwei Fleißbierchen genehmigen dürfen. Highlight des Auftritts ist das abschließende Lied, „Parasites“ (?), das richtig reinhaut, für das durchaus mehr als Höflichkeitsapplaus verdient gewesen wäre.

Die nächsten Locals sind WE ARE WOLF, die in letzter Zeit fleißig mit dem Songwriting zugange sind, heute allerdings vorerst nur einen ganz neuen Titel abfeuern. Nachdem der Sound angepasst ist – Neuschlagzeuger Jan übertrumpft den Gesang und die Gitarren anfangs noch lautstärketechnisch -, gibt es das übliche brutale Donnerwetter, dem allerdings heute für meinen Geschmack ein wenig die Strahlkraft abgeht. Es wird nicht ganz so viel dampfgeplaudert und das Publikum ist nicht so richtig in Tanzlaune, aber immerhin überzeugt das Schreikreischen bzw. Kreischschreien von Rene wie gewohnt und das zum guten Schluss gespielte „Let’s Celebrate The Apocalypse“ ist jedes Mal wieder ein Kracher.

Mit DISPOSED TO MIRTH folgt die erste Hälfte des eigentlichen Tourtrosses und unterhält nach kurzem russischen Volksliedintro die mittlerweile geschätzt gut 50 Leute mit wüstem Wirrkopf-Deathcore, bei dem man strukturell bedingt schon das ein oder andere Djent-Album im Regal der Münsterer vermuten darf. Obwohl Gitarrist Vladi ein richtig flinker Finger ist, ist die ganz große Schau bei DISPOSED TO MIRTH die Jane-Fonda-Fitness-Video Gedächtnischoreographie, die er zusammen mit Bassist Mario vorführt – auf der Stelle laufen, die Monitorbox hoch und runter steigern und Kniebeugen, so hält man sich fit auf Tour! Ein bisschen Bewegung bringt das alles andere als sofort zugängliche Massaker auch auf die Tanzfläche, nur die Resonanz auf das Mitrufspiel „My Finger Is On The Trigger!“ – „It’s Time For You To Die!“ ist deutlich ausbaufähig.

Die Berliner Jungs PLACENTA müssen dann zahlenmäßig - mutmaßlich wegen des verspäteten Beginns und der somit fortgeschrittenen Uhrzeit - ein wenig leiden, lassen sich aber keinerlei Irritation anmerken, sondern gehen gleich in die Vollen. Theoretisch erscheint mir das Hauptstadtgewitter deutlich zugänglicher als das der Münsterer Vorturner, live hakt es im ersten Moment jedoch zumindest ein wenig, was dem durchaus vorhandenen Spaß aber nicht sehr viel Abbruch tut. Bonuspunkte gibt es dieses Mal wieder für einen Gitarristen, der sich den im Verhältnis zur Bühne selbst wesentlich üppigeren Raum davor vorknöpft und zeitweise dem Rest der Band entgegen spielt. Weitere Abgänge im Publikum werden zwar nicht durch mehr Musiker ausgeglichen, aber desto länger man den Fünfen zuhört, desto besser funktioniert die Musik. Schade, dass das am Ende nur noch ein Bruchteil mitbekommt.

Vom Abend übrig bleibt, dass man für einen Tarif deutlich unter einem Kinoticket vier leidenschaftliche Vorträge erlebt hat, die zwar nicht das musikalische Rad neu erfunden haben, aber in jedem Fall für ein paar Stunden handgemachte, ehrliche und gute Unterhaltung sorgten. Und das ist im Kino längst nicht immer garantiert. Daumen hoch!

Vielen Dank für die Fotos an Marvin Stracke, den man zur Zeit noch am besten via Facebook erreicht.

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