Party.San 2004

Party.San 2004

Carpathian ForestCryptic WintermoonDark FuneralDisfearDismemberEndstilleFleshcrawlGolemGraveHaemorrhageHatesphereHeaven Shall BurnManosMisery IndexNegatorPungent StenchPurgatorySinners BleedSuffering SoulsThe DuskfallThe RottedUnleashedVomitoryZyklon
Bad Berka
12.08.2004


Scheinbar unbeeindruckt vom Gigantismus etablierter Großveranstaltungen ist im thüringischen Bad Berka in den letzten Jahren ein Festival vom sabbernden Säugling zum pubertierenden Kleinkind erwachsen. Die durchgehend gute Besetzung, eine familiäre Atmosphäre sowie faire Preise und die jedes Jahr wiederkehrende Fanschar sorgten beim diesjährigen Party.San für einen nicht ganz unerwarteten Besucheransturm. Waren es letztes Jahr noch rund 3000 Mann, so tummelten sich 2004 mindestens die doppelte Zahl an musik- und biergeilen Kuttenträgern, was natürlich eine gewisse Anzahl Probleme mit sich bringen sollte.
Zuallererst stand natürlich die Frage nach der Unterkunft, die vornehmlich aus Zeltbehausungen bestehen sollte. Die sonst ausreichende Grünfläche war schnell erschöpft und durch Eigentums-Unklarheiten musste sich die später angereiste Schar auf einem knochentrockenen Stoppelacker niederlassen, auf dem so mancher Hering sein stählernes Leben lassen musste. Des weiteren sorgten die obligatorischen Glas-, Waffen- und Drogenkontrollen für unschöne Wartezeiten bei der Einfahrt. Und auch die aufgestellten Mobiltoiletten waren nur durch etwas längere Wege zu erreichen. Aber letztendlich sind das alles Sachen, über die man sich einmal aufregt, aber die man dann schnell wieder vergisst, da es ja eigentlich nur Kleinigkeiten sind. Viel wichtiger sind ja die auftretenden Bands und die Stimmung der Leute.

Als kleine Aufwärmübung bot sich der Donnerstag Abend an, da hier insgesamt vier Bands im heimeligen Bierzelt auftraten. SUFFERING SOULS, GOLEM, DISFEAR und PURGATORY sorgten für reichlich Todesblei, während das Zelt bis zum Bersten gefüllt war. Allerdings sollte man nun aufgrund dieser Tatsache die Zugkraft der Musiker nicht allzu sehr überschätzen, denn der anhaltende Platzregen dürfte so einige Metaller zusätzlich ins Trockene getrieben haben. Leider kann ich euch an dieser Stelle auch nicht viel über die Bands selbst erzählen, da ich den Großteil des Abends damit verbracht habe, möglichst viel Bier durch mein Verdauungssystem zu befördern, während die Bands den nötigen Background lieferten. Ich kann halt nur soviel sagen, dass wohl keine Band so schlecht war, dass sie mir negativ aufgefallen wäre...

Am nächsten Tag, nachdem der erste Rausch ausgeschlafen, und das erste Frühstücksfleisch konsumiert wurde, ging es kurz vor 3 mit SINNERS BLEED los. Die Berliner Death Metaller spielten solide wie immer, konnten aber aufgrund der Uhrzeit noch nicht allzu viel reißen.
Etwas besser ging es im Anschluss NEGATOR, die standesgemäß gekleidet einen abwechslungsreichen Black Metal präsentierten, der auch vor groovigen Parts nicht halt macht. Hat mir sehr gut gefallen, obwohl die Herren sich im Hellen wohl ein wenig unwohl fühlten.
Auf CRYPTIC WINTERMOON hatte ich mich besonders gefreut, da der letzte Live-Eindruck noch positiv im Hirn weilte, allerdings hatte die Band mit massiven Soundproblemen zu kämpfen, die sich vornehmlich im Ausfall diverser Mikro- oder Gitarrenparts äußerten. Schade, da konnte sich die Band noch so anstrengen, es kam nicht sehr viel an bei den Fans. Dennoch gingen viele Leute ganz schön ab, da sie die Songs im Gedächtnis parallel dazu ablaufen ließen und Granaten wie „Supersatan“ und „Nightcrawler“ eigentlich kaum ein Techniker versauen kann.
Bei FLESHCRAWL hingegen stimmte wieder alles, so dass die Möchtegern-Schweden ihre rhythmischen Todeshymnen effektiv an den Mann bringen konnten. Geile Songs, guter Sound und eine ausdrucksstarke Band ließen die Zeit wie im Flug vergehen. Im Vergleich zu ihren quasi Konkurrenten von Dismember sahen die Fleischkriecher um Längen besser aus, aber dazu später mehr.
HAEMORRHAGE, die Band mit dem unaussprechlichen Namen, war mir im Vorfeld nur vom Hörensagen ein Begriff, überraschte aber mit einem schicken Aufzug (grüne OP-Kittel, blutbeschmierte Oberkörper) und waren auch sonst ziemlich krank drauf. Den Groove hatten sie eh gefressen und spanisches Todesröcheln hört an ja auch nicht alle Tage. Sick und unterhaltsam.
PUNGENT STENCH und ZYKLON übersetzte ich für mich mit „Mach mal ne kleine Pause, und ruh dich ein wenig aus“, so dass ich die beiden nur mit einem Ohr hören konnten, da das andere damit beschäftigt war, meinem Mund beim Vertilgen diverser Speisen zuzusehen. Allerdings viel mir beim Betrachten der Running Order an dieser Stelle auf, dass die Veranstalter sehr fair mit den Bands umgegangen war, und bis auf die Headliner jedem dieselbe Spielzeit von einer Dreiviertelstunde zugestand. Sehr ungewöhnlich und sportlich.
Ansprechend gemästet und mit viel Vorfreude drängelte ich mich mit einem Kumpel weit nach vorn, um den Jungs von DISMEMBER zu huldigen, aber als es dann endlich losging, fiel uns beiden die gute Laune aus dem Gesicht. Was bitteschön sollte das für ein Sound sein? Gliederschmerzen verursachende, übersteuernde Bässe und dann nix mehr. Keine Gitarren, kaum Stimme, no drums. Bäh, da kamen selbst solche Klassiker wie „Casket Garden“ nur als Bassbrei rüber. Kurzentschlossen entschieden wir uns für einen Stellungswechsel, aber egal wo wir es auch versuchten, überall war es dasselbe. Nee, dann lieber keinen Sex als schlechten, und frustriert zurück zum Zelt und unsere Wut an den Bierreserven auslassen.
Und vor lauter Frust haben wir dann auch glatt CARPATHIAN FOREST verpasst, na so ein Dreck.
Nunja, zu UNLEASHED trauten wir uns dann wieder vor, und wie durch ein Wunder erfreuten glasklare musikalische Schlachtplatten meine Gehörgange. Sauberen, einfachen Death Metal bot uns der heutige Headliner, aber irgendwie fand ich es schon ein wenig blöd, dass die Jungs haargenau dieselbe Playlist mit denselben Ansprachen und Spielchen wie beim diesjährigen Wacken durchzog. Da verwandelt sich Spontaneität sehr schnell in ein Fremdwort, aber recht coole Mugge machen sie allemal...

Am finalen Samstag eröffneten die englischen Prügelknaben von GOREROTTED das Geschehen und knüppelten ebenso wie die nachfolgenden INCAPACITY die letzten Reste des Frühstücksfleischs aus den Zähnen. Besonders Freunde des technisch versierten Death Metals kamen hier auf ihre Kosten, wobei man allerdings bemerken muss, dass den Todesjüngern auf dem Festival von vornherein ein überdurchschnittliches Podium angeboten wurde.
ENDSTILLE dagegen vertraten die dieses Jahr etwas zu kurz gekommene Schwarzmetallfront mehr als anständig. Schwarzweißmalerei in Maske, Ansagen und in den Songs selbst bestätigten auch das allerletzte Klischee, aber wer es so haben will, der bekam es auch - auf einem blutigen Tablett serviert.
Etwas schwiegermutterfreundlicher, aber nicht weniger leiser ging es bei den Schweden von THE DUSKFALL zur Sache. Meine persönlichen Nachfolger von In Flames punkteten mit genialen Ohrwürmern, treibenden Riffs und guter Laune. Einen Funken Weisheit ließ Sänger Kai hervorblitzen, als er meinte: „Every time I get a camera, the people throw their hands in the air“, nachdem die Menge aufgrund des zu erwartenden Erinnerungsfotos die Arme gen Himmel streckte. Schon komisch, denn ansonsten verhielt sich das Publikum eher zurückhaltend, da die Band den meisten wohl fremd gewesen war. Allerdings hab ich im Anschluss an den Merchandise-Ständen genügend Nachfragen nach CDs mitbekommen.
HATESPHERE im Anschluss hab ich dann mal wieder für eine kurze Futterpause missbraucht, aber bei HEAVEN SHALL BURN gings dann wieder zur Sache. Sehr kurzfristig für die krankheitsbedingt ausgefallenen GRAVEWORM überraschte die optisch eher an verwirrte Schuljungen erinnernde Band mit knallhartem, fetzigem und modernen Todesmetall, den ich in der Form so nicht erwartet hätte. Nochmals Respekt für diesen spontanen Einsatz und diese große Show.
VOMITORY und MISERY INDEX nutzte ich indessen zum kontrollierten Promilleanbau, ohne aber von der Musik völlig kaltgelassen zu werden. Auch hier gabs Geprügel und Doublebass aus dem All-You-Can-Eat-Menü und mit steigendem Alkoholpegel wuchs auch die Bewegungsfreudigkeit.
So richtig ausleben konnte ich diese neuerworbene Gelenkigkeit aber erst bei ENSIFERUM, die mit ihrem fetzigen Folk/Viking/Battle Metal stilistisch eher die Ausnahme bildeten. Nichtsdestotrotz wurden die Jungs mit den Strichen im Gesicht und ihre feueruntermalte Show gebührend abgefeiert. Hier konnte man ebenso mit seinem Nebenmann das Tanzbein schwingen wie auch gebührend die Mähne schütteln. Klasse Auftritt und gutgelauntes Publikum.
Obwohl ich GRAVE normalerweise nicht allzu viel abgewinnen kann, sorgte der gestiegene Alkoholpegel für ein Death Metal Fest der Extraklasse. Mit einem ultrafetten Sound trieben die Schweden auch die letzten Schweißtropfen aus den Poren und als besonders spaßig stellte sich ein kleines Spielchen heraus, bei dem man versuchte, möglichst viel von dem gerade erworbenen Bier in die zweite Reihe zu transportieren. Bei dichtem Gedränge und Gehopse in Verbindung mit randvollen Bechern eine durchaus erfrischende Erfahrung für manch einen.
Punkt Mitternacht sollten DARK FUNERAL den Abend auf der Hauptbühne beenden, aber ich war dann schon ein wenig enttäuscht. Viel mehr als Rumposen, a bisserl Gekreische und ein paar Riffs war da meiner Meinung nach nicht zu finden, so dass mir schnell langweilig wurde. Außerdem begann der Magen auch schon wieder zu knurren.
Vorbei war’s dadurch aber noch lange nicht. Quasi als Betthupferl versammelten die Chaoten namens MANOS ihre geballte Intelligenz im gut gefüllten Bierzelt (in jedweder Hinsicht) und sorgten für jede Menge gute Laune. Ihr Mix aus schlechten Eigenkompositionen und schlechten Coversongs, vorgetragen von schlecht angezogenen und schlecht aussehenden Musikern hat auf CD nicht besonders viele Chancen, aber live garantiert die Band im Zusammenspiel mit einem gut angetrunkenen Publikum einen mehr als gelungenen Abgang. Halb drei sollte eigentlich Schluss sein, aber die Band wollte gar nicht mehr aufhören zu spielen. Dass sich gegen Ende die Songs ständig wiederholt haben, hat dann sowieso keiner mehr mitgekriegt...

Letztlich gestaltete sich mein erster Party.San-Ausflug als etwas verwässerter, aber nicht minder aufregender Wochenendurlaub voller Wein, Weib und Gesang (na ja, wohl eher Bier, Besoffene Bräute und Brüllerei). Obwohl ein klein wenig mehr Abwechslung nicht schlecht gewesen wäre, war die Bandauswahl für eine Veranstaltung dieser Größe sehr hochwertig, die Bierpreise waren angemessen und auch die Security verzichtete bei allzu großem Andrang auf bezahlten Körperkontakt. Meine größte Errungenschaft war aber die Entdeckung einer frisch gereinigten Transporttoilette, bei der sich mein Darm aber aufgrund des unerwarteten Frischeduftes doch dazu entschloss, 3 Tage lang die Schotten dicht zu machen. Einziges Manko: Wenn ich sobald auch nur irgendwie an Frühstücksfleisch denken muss, dreht sich mir der Magen um...

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