Brutal Assault 2011
Brutal Assault 2011
Jaromer (CZ), Militärfestung Josefov
11.08.2011
11.08.2011
Wer den großen deutschen Metal-Festivals überdrüssig geworden ist, dem bietet das Brutal Assault Festival in Jaromer, ca. 130 km hinter Prag, eine spannende Alternative. Das Open Air wartet wie kaum ein anderes Freiluftevent in diesem Bereich mit einer erstaunlichen musikalischen Bandbreite auf und ging vom 11. bis zum 13. August bereits in die 16. Runde. In diesem Jahr gaben sich unter anderem MOTÖRHEAD, SEPULTURA, SUICIDAL TENDENCIES, KREATOR, SATYRICON, CATHEDRAL, KATATONIA und SEPCTICFLESH die Klinke in die Hand.
Mit der ehemaligen Militärfestung Josefov können die Veranstalter dabei eine Location vorweisen, die mit dem handelsüblichen vegetationslosen Festival-Acker nur wenig gemein hat. Mitten im gemütlichen, 13.000 Einwohner umfassenden Städtchen Jaromer bäumen sich die Festungsmauern auf, die in ein verwinkeltes, weitläufiges Festivalgelände führen, das neben zwei Bühnen, unzähligen Bars und einem Metal-Markt auch mit einem Shisha-Zelt, einem Weinkeller sowie einem Horrorkino (neben bekannteren Streifen wie Lars von Triers „Antichrist“ setzt das Brutal Assault-Team uns hier einen bunten Mix aus 80er Slasher-Filmen, Nekrophilie, Psychotrips, Horror und Erotik vor) aufwartet. Unser persönliches Highlight war jedoch eine Naturtribüne, von der aus man das Treiben auf dem Festivalgelände auf einer Reihe von Bänken beobachten konnte.
Trotz der bereits angesprochenen zwei Bühnen überschnitten sich beim Brutal Assault keine Bands: Während auf der Metalshop-Stage gerade performt wurde, machte sich auf der Jägermeister-Stage bereits die nächste Combo bereit – der letzte Ton auf der einen Bühne ging nahezu nahtlos in den ersten Song auf der zweiten Bühne über. Mit Dauerbeschallung von 10 Uhr morgens bis 3 Uhr nachts kommen dabei schnell 25 Bands pro Tag zusammen. Dass wir nicht zu zweit über alle Bands des Festivals berichten können, versteht sich dabei von selbst. Wir waren jedoch ab Donnerstagabend vor Ort und haben versucht, euch einen möglichst breiten und umfassenden Überblick über das Brutal Assault 2011 zu vermitteln. (Alice)
Donnerstag
Wer einfache, nachvollziehbare Songstrukturen schätzt, Beständigkeit in Tracks liebt und sich ungern auf musikalisches Neuland begibt, der überspringe diese Rezension und streiche den Namen UNEXPECT ganz schnell aus seinem Gedächtnis. UNEXPECT zählen zu jenen Bands, die einen entweder fesseln oder mit großen Fragezeichen auf der Stirn zurücklassen, höchstwahrscheinlich tun sie beides. Die Band gleicht einer wahnwitzigen Vertonung des Cirque du Soleil: Sie paart ungeniert Metal mit Jazz, Klassik sowie jedem anderen Genre, das ihnen in die Quere kommt und kreiert so ein hoch komplexes, spannendes wie nervenaufreibendes Liedgut. Und das haben die Jungs und das Mädel beachtlich auf der Brutal Assault-Bühne umgesetzt: Violine, Gitarre, der 9-seitige (!) Bass und das Schlagzeug harmonieren prächtig im selbst geschaffenen Chaos. Darüber thront etwas zu dominant das Organ von Frontfrau Leȉlindel, das sich stetig mit den tiefen Growls des Gitarristen duelliert. Die Band präsentiert sich agil wie spielfreudig und setzt die Songs der beiden Album „In A Flesh Aquarium“ und „Fables of a Sleepless Empire“ sowie der EP „We, Invaders“ mit jeder Menge Energie um. UNEXPECT spielen zudem reichlich mit Mimik und Gestik, um das wirre musikalische Treiben auch visuell gut in Szene zu setzen. Während ich mit breitem Grinsen und schwer begeistert vor der Bühne stehe, wissen die meisten Festivalgänger um mich herum nicht so ganz, was sie mit diesem Gespann aus Montreal anfangen sollen. Trotz verdutzter Blicke und fragender Gesichter können UNEXPECT aber ein deutlich enthusiastischeres Publikum als THREAT SIGNAL zuvor begrüßen. (Alice)
Setlist:
Unfed Pendulum
Novaë
Rooted Shadows
Until Yet a Few More Deaths Do Us Part
Orange Vigilantes
Desert Urbania
ASPHYX machen sich nun bereit, dem Festivalpulk vor den großen Headlinern dieses Abends noch ein ordentliches Pfund Old School Death Metal vorzusetzen. Das Set wartet dabei mit ebenso viel Überraschungen auf wie das Amen in der Kirche: Neben den obligatorischen Tracks „Scorbutics“ und „Death…The Brutal Way“ besteht das Konzert des niederländischen Fünfers vor allem aus Material der ersten beiden Alben „The Rack“ und „Last One on Earth“. Fronter Martin van Drunen ist dabei leider nicht voll bei Stimme und auch der Sound nimmt dem ein oder anderen sägenden Riff den Wind aus den Segeln. Gegenüber anderen ASPHYX-Shows also eine eher durchwachsene Vorstellung. Aber mit walzenden, groovigen Nummern wie „Scorbutics“ oder „The Rack“ im Gepäck scheint der Band auch dies verziehen. Das lässt sich zumindest aus den allesamt zufriedenen Gesichtern der Menge ablesen, die mosht und bangt, was das Haupthaar hergibt. (Alice)
Setlist:
The Quest of Absurdity
Vermin
Scorbutics
MS Bismarck
Death The Brutal Way
Wasteland of Terror
Asphyx I (Forgotten War)
The Rack
Last One on Earth
Kommentar Paul Baayens/ASPHYX:
“Wir sind gerade vollends mit den Aufnahmen des neuen Albums beschäftigt, also mache ich es kurz: Das Festival war großartig, eine tolle Atmosphäre und wir würden uns freuen, bald wieder dort spielen zu können!“
Nach einem kurzen Intro starten KREATOR ihr Set mit dem Opener ihrer aktuellen Scheibe „Hordes of Chaos“ und werden euphorisch vom Publikum empfangen. Soundtechnisch ist das zum Anfang ein ganz schöner Brei, aber ab „Pleasure to Kill“ stimmt alles und man kann endlich die Gitarrenriffs heraushören. Die weitere Songauswahl reicht vom Debütalbum mit „Flag of Hate“ über „Enemy of God“ bis hin zu neueren Meisterwerken wie „Destroy what Destroys You“. Die Jungs zeigen sich das ganze Set über etwas zu routiniert und bis auf Bandchef Mille hat keiner so richtig Bock, abzugehen, wodurch sich auch bei mir die Begeisterung in Grenzen hält. Insgesamt legen die Jungs aus dem Ruhrpott einen soliden Auftritt hin, auch wenn ich mir zwischen den Liedern das Schmunzeln bei Ansagenkönig Mille nicht verkneifen kann. (Percy)
Setlist:
Hordes of Chaos
Warcurse
Coma of Souls
Pleasure to Kill
Destroy What Destroys You
Voices of the Dead
Enemy of God
Phobia
Violent Revolution
Flag of Hate / Tormentor
Was die legendären Hardcore/Crossover-Helden SUICIDAL TENDENCIES in den nächsten 60 Minuten vom Stapel lassen, kann sich sehen lassen. Die Kalifornier beweisen einmal mehr, dass sie es nicht nur auf ihren Instrumenten draufhaben, sondern auch das Publikum zu unterhalten wissen. Bereits beim Opener „You Can’t Bring Me Down“ groovt die Mannschaft um Mike Muir die ganze Zeit und es gibt wohl kaum eine Band, die so viel Coolness an den Tag legt wie SUICIDAL TENDENCIES. Vor allem die Rhythmusgruppe, bestehend aus Basser Steve Brunner und Drumer Eric Moore (beide Infectious Grooves), lässt sich in Sachen Funk nichts vormachen und begeistert immer wieder mit kurzen, knackigen Breaks. Einziges Manko sind die Vocals, die in Sachen Qualität nicht mit der Gesangsleistung auf Scheibe zu vergleichen sind. Zum Schluss wird wie erwartet die Bühne von den Fans erobert, wobei die Leute aber eher abgehen sollten, anstatt den Musikern die Füße zu küssen. (Percy)
Setlist:
You Can't Bring Me Down
Institutionalized
Join the Army
War Inside My Head
Drum Solo
Pledge Your Allegiance
Two Sided Politics
Europas beliebteste Rock’n’Roll Combo steht nun auf der Bühne und die Stimmung ist bombig. Nach den ersten, etwas schleppend gespielten Nummern rocken MOTÖRHEAD ab „Over the Top“, was das Zeug hält. Mr. Lemmy Kilmister ist fest vor seinem Mikrofon verankert (sein Bewegungsradius während des Konzerts beträgt geschätzte zwei Meter), während Phil Campbell ein Riff nach dem anderen runterschreddert und Mikkey Dee sich hinter den Drums kaum noch halten kann. Das MOTÖRHEAD echt noch Spaß auf der Bühne haben, zeigen vor allem amüsante Ansagen wie „Rock out with your cock out“ oder "We're gonna leave the stage now, wait for you to scream a little, and after that we're gonna come back and play one more", das grandiose Schlagzeug-Solo bei „In the Name of Tragedy“ und sensationelle Blues-Einlagen an der Sechssaitigen. Mit „Overkill“ beenden Motörhead ihren energiegeladenen Gig und hinterlassen strahlende Gesichter. (Percy)
Setlist:
Iron Fist Play
Stay Clean
Get Back In Line
Metropolis
Over the Top
One Night Stand
Rock out
The Thousand Names of God
I Know How to Die
The Chase Is Better Than the Catch
In the Name of Tragedy
Just 'Cos You Got the Power
Going to Brazil
Killed by Death
Ace of Spades
Overkill
Nachdem das erste MORBID ANGEL-Studioalbum seit acht Jahren mäßig ausfiel, sind meine Erwartungen an das Gastspiel von Dave Vincent und Co. eher bescheiden. Aber gestärkt durch Jägermeister, der hier für umgerechnet 80 Cent den Besitzer wechselt, sowie Frisco, einem viel zu süßen Kopfschmerzgarant aus Sekt und Früchten, geht es dennoch guten Mutes zur Metalshop-Stage, auf der MORBID ANGEL mit „Immortal Rites“ bereits den ersten Song angestimmt haben. Das aus Tampa, Florida stammende Quartett konzentriert sich im ersten Teil des Konzertes ausschließlich auf Material der ersten drei Scheiben, darunter „Maze of Torment“ von der Kultscheibe „Altars of Madness“ sowie „Fall From Grace“ vom Zweitwerk „Blessed Are The Sick“. Der Sound ist dabei leider vor allem im ersten Teil der Show alles andere als auf der Seite der amerikanischen Todesbleifraktion. Während sich das Publikum um mich herum dennoch ganz prächtig amüsiert und die Band mächtig feiert, wollen neue Songs wie „Nevermore“ oder „I Am Morbid“ bei mir nicht wirklich zünden. Mit meinem persönlichen Lieblingstrack „God of Emptiness“ sowie dem Rausschmeißer „World of Shit“, ebenfalls vom 93er Werk „Covenant“, schaffen es Morbid Angel zum Ende, mich noch einmal versöhnlich zu stimmen. (Alice)
SEPTICFLESH stellten für mich ganz klar eine der Überraschungen des diesjährigen Brutal Assault Festivals dar. Dabei waren die Erwartungen an den Gig keineswegs gering: Immerhin haben die vier Griechen mit „The Great Mass“ einen opulenten Tonträger vorgelegt, der wie kaum eine andere Scheibe momentan den gelungenen Spagat zwischen Neoklassik, orchestralen Arrangements sowie Death und Black Metal schafft. Und man kommt nicht umhin sich zu fragen, ob und wie um alles in der Welt das Quartett das bombastische, technisch anspruchsvolle Material live umsetzen kann. Das „Wie“ ist mir noch immer nicht ganz klar, aber das es SEPTCIFLESH vermögen, ihre vielschichtigen Kompositionen auch auf die Bühne zu bringen, beweisen sie am Donnerstagabend eindrucksvoll.
Die Band legt eine epische, mächtige und mitreißende Performance aufs Parkett. In Sachen Präzision stehen Sotiris und Co. Bands wie BEHEMOTH in nichts nach. Vor allem Schlagzeuger Fotis sticht dabei durch sein dynamisches, vielseitiges Spiel heraus. SEPTICFLESH verstehen es zudem sehr gut, das sinfonische Material auch in Sachen Stage Performance gebührend zu inszenieren. Abgerundet wird der äußerst positive Eindruck durch einen wirklich guten Sound, der Tracks wie „Communion“, „A Great Mass of Death“ und das abschließende „Anubis“ druckvoll und dennoch klar durch die Boxen donnern lässt.
Einen Minuspunkt gibt es aber doch: Der Fronter treibt die Massen kontinuierlich mit einem „Come on, motherfuckers“ an und auch der Circlepit, der uns noch das gesamte Wochenende verfolgen sollte, wird unaufhörlich skandiert. Hier wäre es schöner und wohl auch eindrucksvoller gewesen, die Musik einfach auf das Publikum wirken und für sich sprechen zu lassen. (Alice)
Nach einem schönen Ausflug in die monströse Orchesterwelt, wird auf der Metalshop Stage ein amtliches Tempo vorgelegt. Die Death-Grinder EXHUMED schroten ordentlich drauf los und werden von Beginn bis zum Schluss mit einem Moshpit gefeiert. Die ansteckende Combo erinnert dabei während des gesamten Auftrittes an die Jungs von nebenan, die gerade mit reichlich Dosenbier ein Eishockey-Spiel ihrer Heimmannschaft begleiten. Trotz aller Sympathiebonuspunkte hätte der Gesang von Basser Leon del Muerte (Ex-Impaled) ein ganzes Stück lauter sein können, um das nicht ganz so talentierte Geplärre von Matt Harvey zu ergänzen. (Percy)
Freitag
Freitag, Tag 2 des Brutal Assault Festivals, und der Wecker schellt noch im einstelligen Bereich. Verschlafen trotten wir zum Festivalgelände, auf dem pünktlich 10.30 Uhr CANNABIS CORPSE ihre Streitäxte satteln. Die vier Jungs aus Virginia haben mit „Staring Through My Eyes That Are Red“, „Blunted At Birth” oder “Gateways to Inhalation” einige der besten Songtitel überhaupt an Bord und haben sich im Underground bereits einen Kultstatus erspielt. Dass die Band um MUNICIPAL WASTE-Basser Phil Hall aber wesentlich mehr zu bieten hat als ein witziges Gimmick, stellte sie nicht zuletzt mit dem aktuellen Output „Beneath Grow Lights Thou Shalt Rise“ unter Beweis. Auf dem Brutal Assault zelebriert das Quartett einen kurzweiligen, äußerst ansteckenden Mix aus Death Metal der alten Schule und vereinzelten Thrash Metal-Salven, der vor allem durch das gute Riffing von Sechssaiter Nick Poulos punktet. Mit weißen Turnschuhen, Kutte, vor allem aber viel Engagement und Spielfreude legen CANNABIS CORPSE einen coolen Gig auf die Bretter, der trotz der unchristlichen Uhrzeit eine ganze Reihe von Leuten zum Mähnenkreisen animieren kann. (Alice)
Hinter DORDEDUH (was übersetzt so viel bedeutet wie die Sehnsucht des Geistes) verbergen sich keine Geringeren als die ehemaligen NEGURA BUNGET-Mitstreiter Hupogrammos and Sol Faur. Das lässt sich auch klar an der musikalischen Handschrift von DORDEDUH ablesen, die dem Pfad des atmosphärischen Black Metals treu geblieben sind und ihre Musik auch auf der Bühne mit traditionellen Instrumenten aus ihrer Heimat wie einem Semantron umsetzen (ein hölzerner, frei schwingender Holzbalken, der mit kleinen Holzhämmern malträtiert wird). Die Rumänen fabrizieren ein warmes, ruhiges, fast meditatives Klanggebräu, das auch um 11 Uhr morgens erstaunlich gut funktioniert, jedoch für mich noch nicht ganz an die NEGURA BUNGET-Kompositionen herankommt. Ich persönlich finde es nach dem CANNABIS CORPSE-Set kurz zuvor noch etwas schwierig, mich auf die Musik von DORDEDUH einzulassen. (Alice)
Setlist:
Dojana
Zuh - Cu tunetul muntilor (LP-Version des kommenden Albums)
Pandarul
Jind de tronuri
Flacarari
Kommentar Hupogrammos/DORDEDUH:
“Das Brutal Assault 2011 war eines der besten Festivals, bei denen wir bislang mitgemacht haben – sowohl in Sachen Sound als auch Professionalität. Wir haben hier bereits vor einigen Jahren mit NEGURA BUNGET gespielt und das Festival ist in jeder Hinsicht gewachsen. Die Location und die Atmosphäre sind toll. Wir waren ziemlich überrascht, dass mehr als 1.000 Leute zu unserer Show um 11 Uhr morgens gekommen waren. Wir wollen uns auf diesem Wege noch einmal bei allen bedanken, die zu so früher Stunde vorbei gekommen sind und uns unterstützt haben“.
Wenn wirklich alle Bandmitglieder kurze Haare haben, treffen Bands selten meinen Musikgeschmack, aber was die Franzosen BENIGHTED zur Mittagszeit auf die Bühne bringen, zeigt, dass es doch Ausnahmen gibt. Die Death-Grind-Combo kann mit schönen Auf-die-Fresse-Parts und fetten Groovern das Publikum sofort für sich gewinnen und zelebriert durchweg eine hammerstarke Show mit Songs, die ausnahmslos nach vorn gehen. Empfehlenswert, auch wenn die Gitarrenfraktion lieber keine Solos zocken sollte. (Percy)
Setlist:
Fritzl
Nemesis
Let the Blood Spill Between My Broken Teeth
Saw It All
Collapse
Lethal Merycism
Asylum Cave
Ganz ohne Aufwärmphase und Vorgeplänkel gelingt es FIRST BLOOD, das Brutal Assault-Publikum für sich zu gewinnen. Von Anfang an hat das kalifornische Hardcore-Gespann die ersten Festivalreihen fest im Griff – und das mit einer denkbar einfachen, aber wieder effektiven Formel: Donnerndes Stakkato-Riffing, aggressive Shouts, unterbrochen durch Breakdowns und groovige Passagen. Die Band erinnert dabei immer wieder an HATEBREED und TERROR – kaum verwunderlich, denn sowohl Frontsau Carl Schwartz als auch Gitarrist Doug Weber haben einmal bei TERROR gespielt. FIRST BLOOD präsentieren sich sehr gut aufeinander eingespielt und lassen bei ihrem Brutal Assault-Gastspiel nichts anbrennen. Ein Bonuspunkt gibt es obendrein für den Bandnamen, der dem gleichnamigen Film „First Blood“ entlehnt wurde, hierzulande auch unter dem Titel „Rambo“ bekannt. (Alice)
DEBUSTROL, die tschechische Speerspitze des Old School Thrash Metals, zieht - wie zu erwarten - ordentlich Leute, denn es wird nicht zuletzt ihr 25-jähriges Bestehen gefeiert. Da es sich um ein Heimspiel handelt kann ich leider kein Wort verstehen (weder Ansagen noch Texte), aber man merkt, dass Fronter und Bandgründer Kolins das Publikum auf seiner Seite hat. Der Sound ist nicht gerade der allerbeste, was aber auch darin liegt, dass DEBUSTROL nicht die filigranste Band des Festivals ist. Die Songs klingen alle wie frühe SLAYER und werden allesamt mit viel Spielfreude dargeboten. Die Band ist meines Erachtens auf dem diesjährigen Brutal Assault die erste wirkliche musikalische Überraschung. (Percy)
Mit RAM-ZET fährt das Brutal Assault nun das musikalische Kontrastprogramm: Klassik- und Industrial-Elemente treffen auf Rock und Metal. Die Norweger werden durch ihre unkonventionellen Melodien und Songstrukturen oftmals als Avantgarde-Band bezeichnet, sind jedoch eine ganze Ecke zugänglicher als ihre Brüder und Schwestern im Geiste, UNEXPECT. Das spielfreudige Sextett stellte eine willkommene Abwechslung zu den nachfolgenden Death und Black Metals Bands dar – oder wie es Frontfrau Sfinx auf den Punkt bringt: „We are a bit different, and different is nice!“. (Alice)
Setlist:
Enchanted
King
Addict
Not dead
The fall
Kommentar Henning/RAM-ZET:
“Ich kann nur sagen, dass wir unsere Zeit hier sehr genossen haben. Die Atmosphäre war großartig und wir konnten – trotz unserer relativ frühen Spielzeit - vor einer relativ großen Menge von Leuten spielen. Das Brutal Assault-Team hat sich sehr gut um uns gekümmert. Alles schien extrem gut organisiert zu sein, eine riesiger Backstage-Bereich und bei unserer Unterkunft handelte es sich um ein ruhiges, ordentliches Golfhotel…haha..und das gab uns die Möglichkeit, vor und nach unserem Auftritt noch ein wenig Ruhe zu finden. Wir sind nach unserem Gig auch mal über das Festivalgelände spaziert und alle Leute, mit denen wir geredet haben, waren enthusiastisch, nett und in einer fröhlichen Festivalstimmung“.
2008 rief Gitarrist Vogg als einziges Überbleibsel der technischen Death Metal-Formation DECAPITATED wieder ins Leben. Die Band erlebte vier Jahre zuvor in Russland ein tragisches Busunglück, wobei Drummer Vitec ums Leben kam und Sänger Covan immer noch mit den Verletzungen des Unfalls zu kämpfen hat. Als Opener wird der Song „Day 69“ vom Album „Organic Hallucinosis“ gewählt, wobei sich klar herausstellt, dass die neuen Mitglieder durchaus in der Lage sind, die alten Geschütze mit ordentlicher Energie live zu performen. Selber hatte ich nie die Möglichkeit mir die früheren DECAPITATED zugemühte zu führen, weshalb ich mich umso mehr freue, Lieder wie „Spheres of Madness“, „Pest“ oder „Carnival is Forever“ live bewundern zu dürfen. Ich empfand es als einen gelungenen Gig und bin gespannt, wie es mit den Jungs weiter geht. Daumen hoch! (Percy)
ATHEIST, einer meiner Hauptbeweggründe, dieses Jahr aufs Brutal Assault zu fahren, haben kurzfristig abgesagt. Da kann es zu Beginn wenig milde stimmen, dass die Franzosen GOROD ganze 20 Stunden Autofahrt auf sich genommen haben, um die Metalshop-Stage dennoch mit reichlich Lärm zu füllen. Doch die Skepsis währt nicht lang, denn die Band versteht es gut, brachialen, technischen Death Metal mit Groove Parts zu verbinden. Das größtenteils vom letzten Album „Process of a New Decline“ und der EP „Transcendance“ stammende Liedgut geht dabei trotz vertrackter Songstrukturen gut ins Ohr und in die Nackenwirbel. Bei einer so langen Anreise blieb den Herren aus Bordeaux offensichtlich noch genügend Zeit für einen Tschechisch-Crashkurs, denn Sangesmann Julien weiß das Brutal Assault-Publikum nicht nur mit kraftvollen Growls, sondern auch mit einigen Ansagen in ihrer Landessprache zu überzeugen. Das Publikum dankt es der Band mit einer Vielzahl kreisender Mähnen und dem ein oder anderen kleinen Circlepit. Obgleich GOROD natürlich nicht die gleiche Anzahl von Leuten wie DECAPITATED ziehen können, haben sich die Willowtip Records-Schützlinge tapfer geschlagen und als Hoffnungsträger in Sachen technischen Death Metals entpuppt, dem ganz offensichtlich noch mehr Aufmerksamkeit gebührt. (Alice)
Setlist:
Earth Pus
A common Hope
Here die your gods
The Path
Blackout
Programmers of Decline
Almighty's murderer
Disavow Your God
Kommentar Mat/GOROD:
„Wir haben das Festival und unseren Gig echt genossen. Das Team vom Brutal Assault hat uns am Mittwoch, nur drei Tage vor der Show, angerufen und gefragt, ob wir nicht spontan für ATHEIST einspringen können. Es war unser erstes Brutal Assault und wir wurden nicht enttäuscht. Trotz der 20stündigen Fahrt von Bordeaux, Frankreich war es eine intensive und brutale Show. Unser Sänger Julien hat dabei alles für das Publikum gegeben. Die Leute auf dem Festival sind wirklich cool und entspannt, sehr professionell und das Publikum war ebenso toll. Es war großartig, unsere Freunde von BENIGHTED und SVARTCROWN zu treffen, sie haben beide eine tolle Show abgeliefert. Ich hoffe, wir können bald mit einem neuen Album zurückkehren“.
Die noch etwas unbekannte Band KYPCK hat nach einer wie immer kurzen Verschnaufpause die Möglichkeit, ihren finnischen Doom mit ungewöhnlichen, russischen Texten („in Deutschland singen die meisten auch englisch“) zu präsentieren. Der Sound drückt schon beim ersten Song „Chernaya Dyra” und wenn man genauer hinsieht, erkennt man, dass der Bass von J. T. Ylä-Rautio nur eine A-Saite besitzt und Gitarrist Sami Loppaka (ex-SENTENCED) eine von Hand zusammengeschusterte Kalaschnikow zupft. Fronter E. SEPPÄNEN kann das Publikum auch in den Pausen mit Ansagen wie „If you have a head on your shoulders, now it’s time to show it!” unterhalten, was die Band gleich ein Stückchen sympathischer wirken lässt. Als KYPCK mit „Chernyi Sabbath“ die russische Variante des Black Sabbath Songs „Black Sabbath“ anspielt, hat die Band endgültig alle Zuschauer in ihren Bann gezogen. In Sachen Doom eine echt abwechslungsreiche Performance. Muss man sich merken! (Percy)
THE EXPLOITED liefern in den kommenden 50 Minuten eine schöne Punk/Hardcore-Show ohne Kompromisse. Unter Kompromisse ist in diesem Fall zu verstehen: Jegliche Form von Schnickschnack wie Bühnenshow, tolles Intro oder Ansagen. Die Schotten rocken sich um den wohl legendärsten Irokesen der Rockgeschichte mit Songs wie „Troops Of Tomorrow“, „Beat The Bastards“, „Fuck the System“ oder „Fuck the USA“ durch ihr Set. Wattie wirkt dabei gut gelaunt, fast schon zufrieden und kann sich das ein oder andere schelmische Grinsen in den kurzen Pausen zwischen den Songs, während denen er wie ein Kugelblitz über die Bühne wetzt, nicht verkneifen. Gegen Ende des Sets kommt dann noch EXODUS-Sänger Rob Dukes auf die Bühne und es wird zusammen „Sex and Violence“ zelebriert. (Percy)
Die Schweden KATATONIA steigen gediegen und sehr ruhig in ihr Set ein und müssen zunächst einige Minuten mit dem Publikum warm werden, ehe der Funke beim zweiten Track, „Soil’s Song“ vom 2006er Album „The Great Cold Distance“, überspringt. Die Band um Fronter Jonas Renske lotet in den nur 55 Minuten Spielzeit ein breites Spektrum ihres mittlerweile 20jährigen Schaffens aus: Der Fünfer präsentiert einige Nummern der aktuellen Scheibe „Night Is The New Day“ (unter anderem „Nephilim“, „Liberation“ und „Day And Then The Shade“), spielt einige Tracks meiner persönlichen Favoriten „The Great Cold Distance“ sowie „Viva Emptiness“ und nimmt die Zuschauer mit in das Jahr 1999, der Geburtsstunde des Albums „Tonight’s Decision“. KATATONIA verstehen ihr musikalisches Handwerk dabei sehr gut: Ausnahmslos alle Tracks werden in toller Qualität dargeboten, auch wenn die Band ihr volles Potenzial vor allem in den kraftvollen, rockigeren Momenten des Gigs, vor allem bei dem großartigen „July“, auszuschöpfen weiß. Allein ein wenig müde wirken die Meister der Melancholie an mancher Stelle – ansonsten ein allemal sehenswerter Auftritt. (Alice)
Setlist:
Nephilim
Soil's Song
Liberation
Day And Then The Shade
For My Demons
Future of Speech
Ghost of the Sun
My Twin
Evidence
July
Forsaker
Kommentar Jonas Renske/KATATONIA:
“Ich fand das diesjährige Brutal Assault wirklich cool. Wir haben bereits einmal dort gespielt und es hat uns auch damals schon gut gefallen, aber die Organisatoren haben mittlerweile eine Reihe von Dingen verbessert. Die Location ist schön und atmosphärisch, eigentlich perfekt für ein Metal Festival. Das Publikum bei unserer Show war toll und alles in allem hatten wir eine tolle Zeit (naja, abgesehen von dem Kater am nächsten Tag). Wir hoffen, bald wieder auf dem Brutal Assault zu spielen“.
Fans des Bay Area Thrash Metals können nun nach den ganz schön melancholischen KATATONIA vor der Metalshop-Stage gnadenlos ausrasten. EXODUS scheinen ihrem Auftritt selbst mindestens im gleichen Maße entgegenfiebert zu haben wie die bereits ab dem ersten Ton kreisförmig moshenden Fans. Die Kalifornier legen ein ordentliches Brett vor und liefern eine verdammt geile Show. Frontmann Rob Dukes wirkt heut sogar im Vergleich zu früher wesentlich gelassener und dadurch auch sympathischer. Selbst auf politisch bedenkliche Ansagen verzichtet der Kerl. Unterstützt von einem rasiermesserscharfen Sound kredenzt der Fünfer ebenso aktuelles Material wie selbstverständlich auch reichlich Klassiker. Wer Tracks wie „Bonded By Blood“, oder „War is my shepard“ im Angebot hat und auf dermaßen intensive Weise darzubieten im Stande ist, hat ohnehin schon gewonnen. (Percy)
Auf kaum eine Band war ich wohl so gespannt wie auf den DILLINGER ESCAPE PLAN – eilt den fünf Herren aus New Jersey doch ein Ruf für besonders intensive, berüchtigte Live-Shows voraus. Und der Buschfunk hat nicht gelogen: Die nach Amerikas „Staatsfeind Nr. 1“, dem Bankräuber John Dillinger, benannte Band legt ein unheimlich energiegeladenes, fesselndes Set auf die Bretter, das Bewegungsfreude mit Präzision paart. Hochkomplexes Material wie „Farewell Mona Lisa“ von der aktuellen Schlachtplatte „Option Paralysis“ wird punktgenau dargeboten, während Sänger Greg Puciato gerade ein Bad in der Menge genießt, im nächsten Moment das Bühnengerüst empor klettert und Klampfer Jeff Tuttle zur gleichen Zeit von einem wahnwitzigen Sprung zum nächsten hechtet. Verschnaufpausen gibt es allein in den wenigen stillen, jazzig anmutenden Momenten, ehe der DILLINGER ESCAPE PLAN noch eindringlicher als zuvor mit Songs wie „Milk Lizard“ oder „43% Burnt“ über das Festivalpublikum hereinbricht. Eine Performance, die seine Wirkung nicht verfehlt hat und zumindest mich vorerst sprachlos zurücklässt. (Alice)
Nach diesem Auftritt, der die Messlatte für alle folgenden Bands verdammt hoch legte, scheint es fast schon nebensächlich, dass auf der Metalshop-Stage Norwegens Black Metal-Exportschlager Nummer Eins, SATYRICON, bereits die ersten Töne von „Walk the Path of Sorrow“ anstimmen. Zunächst wabert ein dickflüssiger Soundbrei von der Bühne bis in die letzten Reihen des Zuschauerpulks, ehe sich bei „Wolfpack“ und dem schmissigen „Now, Diabolical“ allmählich Besserung einstellt. Und auch die Band selbst findet mit jedem Song besser in den Gig. Spätestens bei stampfenden Tracks wie „K.I.N.G.“ oder „Fuel for Hatred“ ist die Band dann auch vollends bei mir angekommen – allein das von „The Shadowthrone“ gespielte „Hvite Krists Død“ wirkt etwas deplatziert zwischen all den Black’n’Roll-Groovern. Das Publikum stört es wenig, textsicher singt es Song um Song, Zeile für Zeile mit und wird damit abschließend mit der Black Metal-Hymne „Mother North“ entlohnt. (Alice)
SOILWORK haben sich mit ihrer modernen Spielweise des Melodic Death Metals in den letzten rund 15 Jahren eine ansehnliche Fanschar erspielt und ihren zum Markenzeichen gewordenen Mix aus Melodie und Härte unter anderem auf Tourneen mit FEAR FACTORY, STRAPPING YOUNG LAD oder IN FLAMES unters Volk gebracht. Und diese Routine merkt man der Band auch deutlich an: Björn ‚Speed‘ Strid und Co. haben das Publikum des Brutal Assaults fest im Griff und präsentieren sich professionell sowie gut aufeinander eingespielt. Mir persönlich erscheint die Darbietung von Songs wie „Follow the Hollow“ oder dem abschließenden „Stabbing the Drama“ jedoch eine Spur zu routiniert und abgeklärt. (Alice)
Endlich ist es soweit! Pünktlich zu Mitternacht betreten CATHEDRAL den Altar und performen eines ihrer letzten Konzerte. Da die Band in den nächsten Monaten aufhören will, bin ich wahnsinnig froh, dass ich sie noch live erleben darf. Die Briten überraschen mich mit fast ausschließlich langsamen, schleppenden Stücken à la „Cosmic Funeral“ oder „Ebony Tears“, was stilistisch für eine echte Abwechslung auf dem Brutal Assault sorgt. Schade nur, dass kein einziges Stück von ihrem aktuellen Langeisen „The Guessing Game“ kommt. Ich hätte gern gewusst wie CATHEDRAL die neuen Stücke live umsetzen. Stattdessen wird sich auf alte Songs berufen, was meinen Kopf aber nicht weniger kreisen lässt. Doom on! (Percy)
DECAPITATED, KATATONIA, EXODIS, THE DILLIGER ESCAPE PLAN, CATHEDRAL…es hätte so schön bleiben können in dieser lauschigen Freitagnacht… und doch machen sich nun vier Norweger unter dem Banner MAYHEM auf, den musikalischen Frohsinn zu zerstreuen. Was in den folgenden knapp 60 Minuten ‚geboten‘ wird, das darf man eigentlich gar keinem erzählen – eine kleine Zusammenfassung wollen wir euch aber dennoch nicht vorenthalten: Fronter Attila betritt mit zwei Totenköpfen bewaffnet gemächlich die von Nebelschwaden durchzogene Bühne. Und die Schädel haben es dem Sangesmann offensichtlich schwer angetan: Mit der Faszination eines Kindes schwingt der Fronter die Totenschädel den gesamten Auftritt lang von links nach rechts, von rechts nach links, schaut sie sich genüsslich, ja schon fast gierig an, hält sie vor das Mikrofon, dann an seinen Kopf, lauscht, was sie ihm denn wohl zu sagen haben – das Publikum scheint dabei nur Nebensache. Begleitet wird das seltsame Schauspiel von einem unterirdischen Soundbrei, der Instrumente und Songtitel mal mehr, mal minder gut erahnen lässt. Das Festivalpublikum hat sich mittlerweile in zwei Lager gespalten: Während eine beachtliche Menge an Zuschauern alten MAYHEM-Gassenhauern à la „Deathcrush“ huldigt, formieren sich vor der Metalshop-Stage immer mehr Menschen, die in lautstarke „Dew-Scented“-Chöre einfallen. Berechtigterweise, denn die deutschen Thrasher hätten bereits seit einer guten Viertelstunde in ihr Set starten sollen. Doch davon lassen sich MAYHEM kaum beirren – gerade als die stille und heimliche Hoffnung aufkeimt, dass auch der schlechteste Gig des Festivals einmal ein Ende nehme, belehren uns die Schwarzheimer eines Besseren und legten mit „Carnage“ und „Pure Fucking Armageddon“ noch zwei oben drauf. Einer regelrechten Befreiung gleicht es dann, als DEW-SCENTED ein starkes Thrash-Brett hinlegen und man sich allen bei MAYHEM angestauten Frust von der Seele moshen kann. (Alice)
Samstag
Bereits 2003, als TYPE O NEGATIVE mit "Life Is Killing Me" gerade ein Highlight abgeliefert haben, gründen Gitarrist Kenny Hickey und Drummer Johnny Kelly ein Nebenprojekt namens SEVENTH VOID. Zum diesjährigen Brutal Assault beginnt ihr Slot gegen Mittag, was zwar für eine Doom-Combo recht früh erscheint, sich aber gerade für mich als eine perfekte Guten Morgen-Mugge herausstellt. Schwere, eingängige und fast schon verträumte Riffs treffen dabei genau meinen Geschmack, wobei man den Kopf gemütlich mitwippen kann. Insgesamt kommt mir die Band sehr bodenständig vor, da hier die Songs klar im Vordergrund stehen und es eine der wenigen Bands ist, die dem Publikum nicht mit nervigen Ansagen und „Come on, Motherfuckers“ auf den Sack geht. (Percy)
Wer bis zu diesem Zeitpunkt noch immer mit den Folgen der letzten beiden Festivaltage zu kämpfen hat, wird mit KVELERTAK noch einmal so richtig wachgerüttelt. Kaum eine Band – nun, einmal von THE DILLINGER ESCAPE PLAN abgesehen – versprüht an diesem Wochenende so viel Freude an der Zerstörung wie das chaotische Sextett aus Stavanger, Norwegen. Hardcore und Punk duellieren sich mit Rock’n’Roll und Black Metal, TURBONEGRO treffen sich auf ein musikalisches Stelldichein mit DARKTHRONE und TRAP THEM. Rotzig, groovig, energiegeladen, aber vor allem unterhaltsam stellen KVELERTAK die Songs ihres selbst betitelten Debütalbums vor. Aber, so viel Spaß das Ganze in der ersten Hälfte des Sets macht, umso mehr fällt in der zweiten Hälfte der Show auf, dass es den Norwegern noch ein wenig an Abwechslung und Originalität mangelt. Dafür entschädigen jedoch die optischen Reize der Show: Nein, gemeint ist hier nicht der leicht bekleidete Fronter Erlend Hjelvik, sondern das beeindruckende Backdrop von John Dyer Baizley, das hinter der Band thront. (Alice)
„Focus“ von CYNIC zählt nachwievor zu den am Besten gehüteten Schätze meiner Plattensammlung und mit dem Auftritt von EXIVIOUS fühle ich mich unweigerlich in das Jahr 1993, der Geburtstunde des CYNIC-Klassikers, zurückversetzt (neben den frappierenden musikalischen Parallelen lassen sich übrigens auch auf personeller Ebene Bezüge zu den floridianischen Frickelmeistern erkennen: EXIVIOUS-Fronter Tymon begleitete CYNIC nicht nur auf ihrer Reunion-Tour, sondern werkelte auch fleißig an der aktuellen Langrille „Traced in Air“ mit). Die 1997 gegründeten Niederländer spielen Fusion Metal mit reichlich Jazz-Anleihen, einer Menge improvisierter Parts und einer sehr warmen Grundstimmung. Diese warme Atmosphäre wird nicht zuletzt von einer Band getragen, der man ihre Spielfreude deutlich ansieht und die ihr vertracktes Material fingerfertig und mit großer Leichtigkeit auf der Bühne umzusetzen wissen. Trotz guter Songs und guter Performance geht es vor der Bühne eher verhalten zu, mehr als ein dezentes Fußwippen ist den Festivalgängern hier kaum zu entlocken. Eine mögliche Erklärung ist, dass das technisch anspruchsvolle, teils verträumte Material des Quartetts ein wenig in der Hitze des Gefechts eines Metal-Festivals dieser Größe untergeht und seine volle Wirkung erst auf CD entfaltet. Daher meine Empfehlung: Wer es progressiv mag und den Blick über den Tellerrand nicht scheut, sollte das selbst betitelte Debütalbum von EXIVIOUS unbedingt einmal antesten. (Alice)
Setlist:
Waves Of Thought
Embrace The Unknown
Asurim
All That Surrounds
An Elusive Need
Kommentar Tymon/ EXIVIOUS:
“Brutal Assault ist ganz ehrlich mein Lieblingsfestival in Europa. Die Atmosphäre ist entspannt und positiv, egal ob backstage oder auf dem Festivalgelände selbst. Die Organisatoren sind stets zur Stelle und begeistern mich jedes Jahr, mit der Auswahl an Bands, die sie auf das Billing setzen. Wir hatten ein wenig Angst, dass unsere Band nicht ganz auf das Festival passen würde, da unsere Musik nicht so heavy ist, aber glücklicherweise wurden wir eines Besseren belehrt und sehr warmherzig sowie enthusiastisch vom Publikum empfangen. Definitiv eine großartige Erfahrung“.
„Fuck the formalities, we are here to thrash!“ – ohne große Vorrede steigen FORBIDDEN mit “March into Fire“ von ihrem Debüt „Forbidden Evil“ in ihren Gig ein. Die Bay Area Thrasher legen ein grundsolides Set vor, das einerseits die Klassiker „Forbidden Evil“ und „Twisted Into Form“ bedient und andererseits aktuelles Material des Comeback-Albums „Omega Wave“ vorstellt. Die Songs machen allesamt Spaß, nur Fronter Russ Anderson scheint seine Ansage zu Beginn des Auftrittes nach wenigen Minuten komplett über den Haufen geworfen zu haben und zerredet nach jedem Song die Stimmung durch ellenlange, oftmals leere Worthülsen. A little less conversation, a little more action, please. (Alice)
Auch wenn TURISAS nicht gerade zu den Bands zählen, die zuhause mein CD-Regal säumen, haben sie mich live auf einem Festival bislang nicht enttäuscht. Egal, ob man gerade bierselig von der Bar gestolpert kommt oder Schlamm und ertrunkene Zelte die Stimmung trüben, die Folk Metal-Finnen schaffen es doch immer wieder, den Leuten mit Akkordeon und Violine ein Grinsen ins Gesicht zu zaubern. Selbst wer TURISAS nichts abgewinnen kann, ertappt sich spätestens beim Chorus des abschließenden Bandhits „Battle Metal“ beim Mitwippen. Das Brutal Assault-Publikum feiert ausgelassen mit der Band und singt so manchen Song Zeile um Zeile mit. Die Band versteht es dabei gut, mit dem Publikum zu spielen und überzeugt durch eine souveräne und spontane Performance. Einziges Manko: die teils viel zu langen Ansagen von Frontmann Warlord Nygård – statt ausschweifenden Anekdoten hätten TURISAS hier locker noch einen Song unterbringen können. (Alice)
Nachdem CRYPTOPSY auf ihrer letzten Langrille deutlich modernere Pfade beschritten und sich auch musikalisch etwas breiter aufgestellt hatten, regiert auf dem Brutal Assault die schnörkel- und kompromisslose Death Metal-Keule. Ein Fest für alle Freunde des brachialen, rasenden Todesbleis, das gleich mit einem Track des Klassikers „None So Vile“ eröffnet wird. Zu meiner großen Freude hat die Band aus Montreal, Kanada mit „White Worms“, „Cold Hate, Warm Blood“ sowie „Emaciate“ gleich drei Songs meiner Lieblingsscheibe „Whisper Supremacy“ im Gepäck. Und an deren Umsetzung gibt es wenig auszusetzen: Die Gitarristen Chris Donaldson und Youri Raymond üben sich in halsbrecherischer Griffbrettakrobatik, während Ausnahmeschlagzeuger Flo Mournier souverän die Felle bearbeitet. Einzig nervig erscheinen die ‚toughen‘ Ansagen von Fronter Matt McGachy. Doch der obligatorische Rausschmeißer „Phobophile“ vom Zweitwerk „None So Vile“ stimmt dann wieder versöhnlich und das Publikum bangt noch einmal, was das Haupthaar hergibt. Kurzum: Technical death metal at its best – vive le Québec! (Alice)
AS I LAY DYING treten im Folgenden an, um laut Fronter Tim Lambesis eine Botschaft der Hoffnung zu überbringen. Wir haben es uns derweil auf der Naturtribüne gemütlich gemacht und betrachten das christliche Metalcore-Geschehen aus sicherer Entfernung. Und je länger ich dem amerikanischen Fünfer zusehe, umso mehr kämpfen das objektive Rezensions-Ich mit dem subjektiven Ich des Festivalgängers: Aus objektiver Perspektive legen AS I LAY DYING da gerade ein energetisches, sehr tight gespieltes, dynamisches Brett vor, dem es bei Tracks wie „Nothing Left“ weder an eingängigen Hooks noch an Mitgröl-Passagen mangelt. Das Publikum sieht es ganz ähnlich und hat sich mittlerweile in ein Meer umherfliegender Gliedmaßen verwandelt und bildet darüber hinaus die größte Wall of Death an diesem Wochenende. Rein subjektiv gesehen, hängt die Geduld jedoch bereits nach den ersten Songs am seidenen Faden: Bassist Josh Gilbert, der Frontgurgler Tim Lambesis mit cleanem Gesang unterstützt, begleitet ausnahmslos jeden Track mit einem unsäglichen, weinerlichen Klagesang, der bei mir nur noch die Botschaft des Grauens ankommen lässt. Allgemein will ich an diesem Abend nicht so richtig mit der Musik der Band warm werden: Zu sehr auf den Mitsingfaktor ausgelegt und auf Hochglanz poliert donnern die Tracks von AS I LAY DYING aus den Boxen. Ob nun die objektive Rezensionsperspektive über das subjektive Ich triumphiert oder umgekehrt, entscheide der Leser selbst. (Alice)
Nach AS I LAY DYING nun wieder auf zu deutlich vertrauteren Klängen: Die Briten ANATHEMA geben zu Beginn mit „Thin Air“, „Summernight Horizon“ sowie „Dreaming Light“ eine sehr ausgedehnte Kostprobe ihres mittlerweile achten Studioalbums „We Are Here, Because We Are Here“. Und das neue Langeisen stellt auch ganz klar den Schwerpunkt des Brutal Assault-Gastspiels von Danny Cavanagh und Co. dar. So richtig überzeugen wollen mich die neuen Tracks in der ersten Hälfte des Konzertes aber noch nicht. Das mag daran liegen, dass das Material teils deutlich komplexer als auf den Vorgängeralben ist und mit Sicherheit den ein oder anderen Durchlauf benötigt, ehe die Songs komplett greifen. Bei Hymnen wie „Deep“ und „A Natural Disaster“ verstehen es Anathema dann jedoch wieder perfekt, mich vollends für sich einzunehmen. Keine Band an diesem Wochenende spielt so leichtfüßig und verträumt mit Atmosphäre und Klangfarben wie die Alternative Rock Band aus Liverpool. Mit einem grandiosen „Fragile Dreams“ geht das Konzert von ANATHEMA viel zu schnell zu Ende, leider ohne dass die vorgesehenen 55 Minuten Spielzeit ausgeschöpft werden. (Alice)
Auf der Metalshop-Stage stimmen TRYPTIKON nach einem kurzen Intro bereits ein „Procreation of the Wicked“-Cover an, das gleich wohlige Erinnerung an das CELTIC FROST-Meisterwerk „Morbid Tales“ aus dem Jahr 1984 aufkommen lässt. Und Thomas Gabriel Fischers neue Band TRYPTIKON setzt da an, wo CELTIC FROST mit „Monotheist“ aufgehört haben. Düster, schwer und tiefschwarz walzt sich „Goetia“, der Opener des Debüts „Eparistera Daimones“, durch die Boxen. Doch so richtig mag es der Band heute nicht gelingen, die den Stücken innewohnende Atmosphäre zu transportieren und die Spannung über die Dauer des gesamten Konzertes aufrechtzuerhalten. So richtig einleuchten will es mir auch nicht, warum die Band nur zwei eigene Songs präsentiert und sich für den Rest des Gigs im sicheren Hafen von CELTIC FROST-Klassikern à la „Circle of Tyrants“ wiegt. (Alice)
Nach dem eher nüchternen Auftritt von TRYPTIKON sind jetzt KATAKLYSM an der Reihe. Sänger Mauricio gibt sich zwar mächtig Mühe, das Publikum mit belanglosen Ansagen für sich zu gewinnen, aber bis auf eine tolle Lichtshow kann ich den Kanadiern mit ihren stumpfen Kompositionen nichts abgewinnen. Ich frage mich sowieso immer wieder, wie KATAKLYSM sich einen derartigen hohen Status im Death Metal erspielen konnten. Ich hätte mir zumindest mehr erwartet. (Percy)
1349 ist die Pest über Norwegen hereingebrochen und hat dabei binnen kürzester Zeit ganze zwei Drittel der Bevölkerung ausradiert. Seine musikalische Entsprechung hat dieses düstere Kapitel der norwegischen Geschichte einige Jahrhunderte später mit der Gründung der Black Metal-Band 1349 erfahren. Die Schwarzheimer erklimmen nach KATAKLYSM die Brutal Assault-Bühne und lassen sich nicht lange bitten: Ohne Schnörkel, dafür aber mit umso mehr beats per minute steigen 1349 mit „Riders of the Apocalypse“ von ihrem Debüt „Liberation“ ins Set ein. Die Nordlichter gehen reichlich wortkarg, aber präzise zu Werke und setzen dem Zuschauerpulk unter anderem „I Am Abomination“ des 2005er Langeisens „Hellfire“ vor. Alles in allem eine sehenswerte und solide Vorstellung, die jedoch ab dem dritten Song durch erhebliche Soundprobleme getrübt wird. Als die Gitarre ganz hinter den viel zu lauten Vocals und Drums zu verschwinden droht, beschließen wir, uns auf den Weg Richtung Nachtlager zu machen. Auch wenn wir uns fest vorgenommen haben, noch bis zu den selbst betitelten „Nautik Doom Metal-Pionieren“ AHAB auszuharren, fordern drei feuchtfröhliche Festivaltage nun ihren Tribut. (Alice)
Fazit:
Das Zweibühnenkonzept ist eine super Idee, da es den Bands einen stressfreien Umbau und Soundcheck erlaubt und die Zuschauer keine einzige Gruppe aufgrund von Überschneidungen verpassen. Für uns erwies es sich aber gleichermaßen als kräftezerrend, denn wenn beispielsweise ASPHYX, KREATOR, SUICIDAL TENDENCIES, MOTÖRHEAD, MORBID ANGEL und SEPTICFLESH ohne einen Moment Stille aufeinander folgen, bleibt kaum Zeit um zu verschnaufen oder ein Konzert auf sich wirken zu lassen.
Der eigens von Zuhause mitgebrachte Getränkevorrat erübrigt sich auf dem Brutal Assault – denn mit Bier, Wein oder einem halben Liter Brause für umgerechnet 1,30 Euro ist das Festival für unsere Verhältnisse mehr als erschwinglich. Auch kulinarisch ist das Brutal Assault bestens gerüstet – egal, ob es ein indisches Gericht, der vegane Falafel-Burger, eine tropische Früchtemischung oder eine seltsam ausschauende Wurst namens Klobasa sein soll, die Veranstalter haben mit gigantischen Fressmeilen vorgesorgt.
Die Festivalcrew haben wir das gesamte Wochenende über als entspannt und freundlich erlebt, auch wenn die Verständigung manchmal allein auf Mimik und Gestik beruhte. Bewundernswert ist auch die Energie der tschechischen Fans, die ihre Lieblingsbands bei jeder Tages- und Nachtzeit euphorisch begleiteten. Einziges Manko: Es fehlt ein richtiges Partyzelt, in dem nicht nur der Gerstensaft in rauen Mengen ausgeschenkt wird, sondern auch für das musikalische Rahmenprogramm gesorgt ist. Brutal Assault 2012? Gern wieder. (Alice)
Es berichteten unsere beiden Außenreporter Alice S. und Stefan Schäfer.
Mit der ehemaligen Militärfestung Josefov können die Veranstalter dabei eine Location vorweisen, die mit dem handelsüblichen vegetationslosen Festival-Acker nur wenig gemein hat. Mitten im gemütlichen, 13.000 Einwohner umfassenden Städtchen Jaromer bäumen sich die Festungsmauern auf, die in ein verwinkeltes, weitläufiges Festivalgelände führen, das neben zwei Bühnen, unzähligen Bars und einem Metal-Markt auch mit einem Shisha-Zelt, einem Weinkeller sowie einem Horrorkino (neben bekannteren Streifen wie Lars von Triers „Antichrist“ setzt das Brutal Assault-Team uns hier einen bunten Mix aus 80er Slasher-Filmen, Nekrophilie, Psychotrips, Horror und Erotik vor) aufwartet. Unser persönliches Highlight war jedoch eine Naturtribüne, von der aus man das Treiben auf dem Festivalgelände auf einer Reihe von Bänken beobachten konnte.
Trotz der bereits angesprochenen zwei Bühnen überschnitten sich beim Brutal Assault keine Bands: Während auf der Metalshop-Stage gerade performt wurde, machte sich auf der Jägermeister-Stage bereits die nächste Combo bereit – der letzte Ton auf der einen Bühne ging nahezu nahtlos in den ersten Song auf der zweiten Bühne über. Mit Dauerbeschallung von 10 Uhr morgens bis 3 Uhr nachts kommen dabei schnell 25 Bands pro Tag zusammen. Dass wir nicht zu zweit über alle Bands des Festivals berichten können, versteht sich dabei von selbst. Wir waren jedoch ab Donnerstagabend vor Ort und haben versucht, euch einen möglichst breiten und umfassenden Überblick über das Brutal Assault 2011 zu vermitteln. (Alice)
Donnerstag
Wer einfache, nachvollziehbare Songstrukturen schätzt, Beständigkeit in Tracks liebt und sich ungern auf musikalisches Neuland begibt, der überspringe diese Rezension und streiche den Namen UNEXPECT ganz schnell aus seinem Gedächtnis. UNEXPECT zählen zu jenen Bands, die einen entweder fesseln oder mit großen Fragezeichen auf der Stirn zurücklassen, höchstwahrscheinlich tun sie beides. Die Band gleicht einer wahnwitzigen Vertonung des Cirque du Soleil: Sie paart ungeniert Metal mit Jazz, Klassik sowie jedem anderen Genre, das ihnen in die Quere kommt und kreiert so ein hoch komplexes, spannendes wie nervenaufreibendes Liedgut. Und das haben die Jungs und das Mädel beachtlich auf der Brutal Assault-Bühne umgesetzt: Violine, Gitarre, der 9-seitige (!) Bass und das Schlagzeug harmonieren prächtig im selbst geschaffenen Chaos. Darüber thront etwas zu dominant das Organ von Frontfrau Leȉlindel, das sich stetig mit den tiefen Growls des Gitarristen duelliert. Die Band präsentiert sich agil wie spielfreudig und setzt die Songs der beiden Album „In A Flesh Aquarium“ und „Fables of a Sleepless Empire“ sowie der EP „We, Invaders“ mit jeder Menge Energie um. UNEXPECT spielen zudem reichlich mit Mimik und Gestik, um das wirre musikalische Treiben auch visuell gut in Szene zu setzen. Während ich mit breitem Grinsen und schwer begeistert vor der Bühne stehe, wissen die meisten Festivalgänger um mich herum nicht so ganz, was sie mit diesem Gespann aus Montreal anfangen sollen. Trotz verdutzter Blicke und fragender Gesichter können UNEXPECT aber ein deutlich enthusiastischeres Publikum als THREAT SIGNAL zuvor begrüßen. (Alice)
Setlist:
Unfed Pendulum
Novaë
Rooted Shadows
Until Yet a Few More Deaths Do Us Part
Orange Vigilantes
Desert Urbania
ASPHYX machen sich nun bereit, dem Festivalpulk vor den großen Headlinern dieses Abends noch ein ordentliches Pfund Old School Death Metal vorzusetzen. Das Set wartet dabei mit ebenso viel Überraschungen auf wie das Amen in der Kirche: Neben den obligatorischen Tracks „Scorbutics“ und „Death…The Brutal Way“ besteht das Konzert des niederländischen Fünfers vor allem aus Material der ersten beiden Alben „The Rack“ und „Last One on Earth“. Fronter Martin van Drunen ist dabei leider nicht voll bei Stimme und auch der Sound nimmt dem ein oder anderen sägenden Riff den Wind aus den Segeln. Gegenüber anderen ASPHYX-Shows also eine eher durchwachsene Vorstellung. Aber mit walzenden, groovigen Nummern wie „Scorbutics“ oder „The Rack“ im Gepäck scheint der Band auch dies verziehen. Das lässt sich zumindest aus den allesamt zufriedenen Gesichtern der Menge ablesen, die mosht und bangt, was das Haupthaar hergibt. (Alice)
Setlist:
The Quest of Absurdity
Vermin
Scorbutics
MS Bismarck
Death The Brutal Way
Wasteland of Terror
Asphyx I (Forgotten War)
The Rack
Last One on Earth
Kommentar Paul Baayens/ASPHYX:
“Wir sind gerade vollends mit den Aufnahmen des neuen Albums beschäftigt, also mache ich es kurz: Das Festival war großartig, eine tolle Atmosphäre und wir würden uns freuen, bald wieder dort spielen zu können!“
Nach einem kurzen Intro starten KREATOR ihr Set mit dem Opener ihrer aktuellen Scheibe „Hordes of Chaos“ und werden euphorisch vom Publikum empfangen. Soundtechnisch ist das zum Anfang ein ganz schöner Brei, aber ab „Pleasure to Kill“ stimmt alles und man kann endlich die Gitarrenriffs heraushören. Die weitere Songauswahl reicht vom Debütalbum mit „Flag of Hate“ über „Enemy of God“ bis hin zu neueren Meisterwerken wie „Destroy what Destroys You“. Die Jungs zeigen sich das ganze Set über etwas zu routiniert und bis auf Bandchef Mille hat keiner so richtig Bock, abzugehen, wodurch sich auch bei mir die Begeisterung in Grenzen hält. Insgesamt legen die Jungs aus dem Ruhrpott einen soliden Auftritt hin, auch wenn ich mir zwischen den Liedern das Schmunzeln bei Ansagenkönig Mille nicht verkneifen kann. (Percy)
Setlist:
Hordes of Chaos
Warcurse
Coma of Souls
Pleasure to Kill
Destroy What Destroys You
Voices of the Dead
Enemy of God
Phobia
Violent Revolution
Flag of Hate / Tormentor
Was die legendären Hardcore/Crossover-Helden SUICIDAL TENDENCIES in den nächsten 60 Minuten vom Stapel lassen, kann sich sehen lassen. Die Kalifornier beweisen einmal mehr, dass sie es nicht nur auf ihren Instrumenten draufhaben, sondern auch das Publikum zu unterhalten wissen. Bereits beim Opener „You Can’t Bring Me Down“ groovt die Mannschaft um Mike Muir die ganze Zeit und es gibt wohl kaum eine Band, die so viel Coolness an den Tag legt wie SUICIDAL TENDENCIES. Vor allem die Rhythmusgruppe, bestehend aus Basser Steve Brunner und Drumer Eric Moore (beide Infectious Grooves), lässt sich in Sachen Funk nichts vormachen und begeistert immer wieder mit kurzen, knackigen Breaks. Einziges Manko sind die Vocals, die in Sachen Qualität nicht mit der Gesangsleistung auf Scheibe zu vergleichen sind. Zum Schluss wird wie erwartet die Bühne von den Fans erobert, wobei die Leute aber eher abgehen sollten, anstatt den Musikern die Füße zu küssen. (Percy)
Setlist:
You Can't Bring Me Down
Institutionalized
Join the Army
War Inside My Head
Drum Solo
Pledge Your Allegiance
Two Sided Politics
Europas beliebteste Rock’n’Roll Combo steht nun auf der Bühne und die Stimmung ist bombig. Nach den ersten, etwas schleppend gespielten Nummern rocken MOTÖRHEAD ab „Over the Top“, was das Zeug hält. Mr. Lemmy Kilmister ist fest vor seinem Mikrofon verankert (sein Bewegungsradius während des Konzerts beträgt geschätzte zwei Meter), während Phil Campbell ein Riff nach dem anderen runterschreddert und Mikkey Dee sich hinter den Drums kaum noch halten kann. Das MOTÖRHEAD echt noch Spaß auf der Bühne haben, zeigen vor allem amüsante Ansagen wie „Rock out with your cock out“ oder "We're gonna leave the stage now, wait for you to scream a little, and after that we're gonna come back and play one more", das grandiose Schlagzeug-Solo bei „In the Name of Tragedy“ und sensationelle Blues-Einlagen an der Sechssaitigen. Mit „Overkill“ beenden Motörhead ihren energiegeladenen Gig und hinterlassen strahlende Gesichter. (Percy)
Setlist:
Iron Fist Play
Stay Clean
Get Back In Line
Metropolis
Over the Top
One Night Stand
Rock out
The Thousand Names of God
I Know How to Die
The Chase Is Better Than the Catch
In the Name of Tragedy
Just 'Cos You Got the Power
Going to Brazil
Killed by Death
Ace of Spades
Overkill
Nachdem das erste MORBID ANGEL-Studioalbum seit acht Jahren mäßig ausfiel, sind meine Erwartungen an das Gastspiel von Dave Vincent und Co. eher bescheiden. Aber gestärkt durch Jägermeister, der hier für umgerechnet 80 Cent den Besitzer wechselt, sowie Frisco, einem viel zu süßen Kopfschmerzgarant aus Sekt und Früchten, geht es dennoch guten Mutes zur Metalshop-Stage, auf der MORBID ANGEL mit „Immortal Rites“ bereits den ersten Song angestimmt haben. Das aus Tampa, Florida stammende Quartett konzentriert sich im ersten Teil des Konzertes ausschließlich auf Material der ersten drei Scheiben, darunter „Maze of Torment“ von der Kultscheibe „Altars of Madness“ sowie „Fall From Grace“ vom Zweitwerk „Blessed Are The Sick“. Der Sound ist dabei leider vor allem im ersten Teil der Show alles andere als auf der Seite der amerikanischen Todesbleifraktion. Während sich das Publikum um mich herum dennoch ganz prächtig amüsiert und die Band mächtig feiert, wollen neue Songs wie „Nevermore“ oder „I Am Morbid“ bei mir nicht wirklich zünden. Mit meinem persönlichen Lieblingstrack „God of Emptiness“ sowie dem Rausschmeißer „World of Shit“, ebenfalls vom 93er Werk „Covenant“, schaffen es Morbid Angel zum Ende, mich noch einmal versöhnlich zu stimmen. (Alice)
SEPTICFLESH stellten für mich ganz klar eine der Überraschungen des diesjährigen Brutal Assault Festivals dar. Dabei waren die Erwartungen an den Gig keineswegs gering: Immerhin haben die vier Griechen mit „The Great Mass“ einen opulenten Tonträger vorgelegt, der wie kaum eine andere Scheibe momentan den gelungenen Spagat zwischen Neoklassik, orchestralen Arrangements sowie Death und Black Metal schafft. Und man kommt nicht umhin sich zu fragen, ob und wie um alles in der Welt das Quartett das bombastische, technisch anspruchsvolle Material live umsetzen kann. Das „Wie“ ist mir noch immer nicht ganz klar, aber das es SEPTCIFLESH vermögen, ihre vielschichtigen Kompositionen auch auf die Bühne zu bringen, beweisen sie am Donnerstagabend eindrucksvoll.
Die Band legt eine epische, mächtige und mitreißende Performance aufs Parkett. In Sachen Präzision stehen Sotiris und Co. Bands wie BEHEMOTH in nichts nach. Vor allem Schlagzeuger Fotis sticht dabei durch sein dynamisches, vielseitiges Spiel heraus. SEPTICFLESH verstehen es zudem sehr gut, das sinfonische Material auch in Sachen Stage Performance gebührend zu inszenieren. Abgerundet wird der äußerst positive Eindruck durch einen wirklich guten Sound, der Tracks wie „Communion“, „A Great Mass of Death“ und das abschließende „Anubis“ druckvoll und dennoch klar durch die Boxen donnern lässt.
Einen Minuspunkt gibt es aber doch: Der Fronter treibt die Massen kontinuierlich mit einem „Come on, motherfuckers“ an und auch der Circlepit, der uns noch das gesamte Wochenende verfolgen sollte, wird unaufhörlich skandiert. Hier wäre es schöner und wohl auch eindrucksvoller gewesen, die Musik einfach auf das Publikum wirken und für sich sprechen zu lassen. (Alice)
Nach einem schönen Ausflug in die monströse Orchesterwelt, wird auf der Metalshop Stage ein amtliches Tempo vorgelegt. Die Death-Grinder EXHUMED schroten ordentlich drauf los und werden von Beginn bis zum Schluss mit einem Moshpit gefeiert. Die ansteckende Combo erinnert dabei während des gesamten Auftrittes an die Jungs von nebenan, die gerade mit reichlich Dosenbier ein Eishockey-Spiel ihrer Heimmannschaft begleiten. Trotz aller Sympathiebonuspunkte hätte der Gesang von Basser Leon del Muerte (Ex-Impaled) ein ganzes Stück lauter sein können, um das nicht ganz so talentierte Geplärre von Matt Harvey zu ergänzen. (Percy)
Freitag
Freitag, Tag 2 des Brutal Assault Festivals, und der Wecker schellt noch im einstelligen Bereich. Verschlafen trotten wir zum Festivalgelände, auf dem pünktlich 10.30 Uhr CANNABIS CORPSE ihre Streitäxte satteln. Die vier Jungs aus Virginia haben mit „Staring Through My Eyes That Are Red“, „Blunted At Birth” oder “Gateways to Inhalation” einige der besten Songtitel überhaupt an Bord und haben sich im Underground bereits einen Kultstatus erspielt. Dass die Band um MUNICIPAL WASTE-Basser Phil Hall aber wesentlich mehr zu bieten hat als ein witziges Gimmick, stellte sie nicht zuletzt mit dem aktuellen Output „Beneath Grow Lights Thou Shalt Rise“ unter Beweis. Auf dem Brutal Assault zelebriert das Quartett einen kurzweiligen, äußerst ansteckenden Mix aus Death Metal der alten Schule und vereinzelten Thrash Metal-Salven, der vor allem durch das gute Riffing von Sechssaiter Nick Poulos punktet. Mit weißen Turnschuhen, Kutte, vor allem aber viel Engagement und Spielfreude legen CANNABIS CORPSE einen coolen Gig auf die Bretter, der trotz der unchristlichen Uhrzeit eine ganze Reihe von Leuten zum Mähnenkreisen animieren kann. (Alice)
Hinter DORDEDUH (was übersetzt so viel bedeutet wie die Sehnsucht des Geistes) verbergen sich keine Geringeren als die ehemaligen NEGURA BUNGET-Mitstreiter Hupogrammos and Sol Faur. Das lässt sich auch klar an der musikalischen Handschrift von DORDEDUH ablesen, die dem Pfad des atmosphärischen Black Metals treu geblieben sind und ihre Musik auch auf der Bühne mit traditionellen Instrumenten aus ihrer Heimat wie einem Semantron umsetzen (ein hölzerner, frei schwingender Holzbalken, der mit kleinen Holzhämmern malträtiert wird). Die Rumänen fabrizieren ein warmes, ruhiges, fast meditatives Klanggebräu, das auch um 11 Uhr morgens erstaunlich gut funktioniert, jedoch für mich noch nicht ganz an die NEGURA BUNGET-Kompositionen herankommt. Ich persönlich finde es nach dem CANNABIS CORPSE-Set kurz zuvor noch etwas schwierig, mich auf die Musik von DORDEDUH einzulassen. (Alice)
Setlist:
Dojana
Zuh - Cu tunetul muntilor (LP-Version des kommenden Albums)
Pandarul
Jind de tronuri
Flacarari
Kommentar Hupogrammos/DORDEDUH:
“Das Brutal Assault 2011 war eines der besten Festivals, bei denen wir bislang mitgemacht haben – sowohl in Sachen Sound als auch Professionalität. Wir haben hier bereits vor einigen Jahren mit NEGURA BUNGET gespielt und das Festival ist in jeder Hinsicht gewachsen. Die Location und die Atmosphäre sind toll. Wir waren ziemlich überrascht, dass mehr als 1.000 Leute zu unserer Show um 11 Uhr morgens gekommen waren. Wir wollen uns auf diesem Wege noch einmal bei allen bedanken, die zu so früher Stunde vorbei gekommen sind und uns unterstützt haben“.
Wenn wirklich alle Bandmitglieder kurze Haare haben, treffen Bands selten meinen Musikgeschmack, aber was die Franzosen BENIGHTED zur Mittagszeit auf die Bühne bringen, zeigt, dass es doch Ausnahmen gibt. Die Death-Grind-Combo kann mit schönen Auf-die-Fresse-Parts und fetten Groovern das Publikum sofort für sich gewinnen und zelebriert durchweg eine hammerstarke Show mit Songs, die ausnahmslos nach vorn gehen. Empfehlenswert, auch wenn die Gitarrenfraktion lieber keine Solos zocken sollte. (Percy)
Setlist:
Fritzl
Nemesis
Let the Blood Spill Between My Broken Teeth
Saw It All
Collapse
Lethal Merycism
Asylum Cave
Ganz ohne Aufwärmphase und Vorgeplänkel gelingt es FIRST BLOOD, das Brutal Assault-Publikum für sich zu gewinnen. Von Anfang an hat das kalifornische Hardcore-Gespann die ersten Festivalreihen fest im Griff – und das mit einer denkbar einfachen, aber wieder effektiven Formel: Donnerndes Stakkato-Riffing, aggressive Shouts, unterbrochen durch Breakdowns und groovige Passagen. Die Band erinnert dabei immer wieder an HATEBREED und TERROR – kaum verwunderlich, denn sowohl Frontsau Carl Schwartz als auch Gitarrist Doug Weber haben einmal bei TERROR gespielt. FIRST BLOOD präsentieren sich sehr gut aufeinander eingespielt und lassen bei ihrem Brutal Assault-Gastspiel nichts anbrennen. Ein Bonuspunkt gibt es obendrein für den Bandnamen, der dem gleichnamigen Film „First Blood“ entlehnt wurde, hierzulande auch unter dem Titel „Rambo“ bekannt. (Alice)
DEBUSTROL, die tschechische Speerspitze des Old School Thrash Metals, zieht - wie zu erwarten - ordentlich Leute, denn es wird nicht zuletzt ihr 25-jähriges Bestehen gefeiert. Da es sich um ein Heimspiel handelt kann ich leider kein Wort verstehen (weder Ansagen noch Texte), aber man merkt, dass Fronter und Bandgründer Kolins das Publikum auf seiner Seite hat. Der Sound ist nicht gerade der allerbeste, was aber auch darin liegt, dass DEBUSTROL nicht die filigranste Band des Festivals ist. Die Songs klingen alle wie frühe SLAYER und werden allesamt mit viel Spielfreude dargeboten. Die Band ist meines Erachtens auf dem diesjährigen Brutal Assault die erste wirkliche musikalische Überraschung. (Percy)
Mit RAM-ZET fährt das Brutal Assault nun das musikalische Kontrastprogramm: Klassik- und Industrial-Elemente treffen auf Rock und Metal. Die Norweger werden durch ihre unkonventionellen Melodien und Songstrukturen oftmals als Avantgarde-Band bezeichnet, sind jedoch eine ganze Ecke zugänglicher als ihre Brüder und Schwestern im Geiste, UNEXPECT. Das spielfreudige Sextett stellte eine willkommene Abwechslung zu den nachfolgenden Death und Black Metals Bands dar – oder wie es Frontfrau Sfinx auf den Punkt bringt: „We are a bit different, and different is nice!“. (Alice)
Setlist:
Enchanted
King
Addict
Not dead
The fall
Kommentar Henning/RAM-ZET:
“Ich kann nur sagen, dass wir unsere Zeit hier sehr genossen haben. Die Atmosphäre war großartig und wir konnten – trotz unserer relativ frühen Spielzeit - vor einer relativ großen Menge von Leuten spielen. Das Brutal Assault-Team hat sich sehr gut um uns gekümmert. Alles schien extrem gut organisiert zu sein, eine riesiger Backstage-Bereich und bei unserer Unterkunft handelte es sich um ein ruhiges, ordentliches Golfhotel…haha..und das gab uns die Möglichkeit, vor und nach unserem Auftritt noch ein wenig Ruhe zu finden. Wir sind nach unserem Gig auch mal über das Festivalgelände spaziert und alle Leute, mit denen wir geredet haben, waren enthusiastisch, nett und in einer fröhlichen Festivalstimmung“.
2008 rief Gitarrist Vogg als einziges Überbleibsel der technischen Death Metal-Formation DECAPITATED wieder ins Leben. Die Band erlebte vier Jahre zuvor in Russland ein tragisches Busunglück, wobei Drummer Vitec ums Leben kam und Sänger Covan immer noch mit den Verletzungen des Unfalls zu kämpfen hat. Als Opener wird der Song „Day 69“ vom Album „Organic Hallucinosis“ gewählt, wobei sich klar herausstellt, dass die neuen Mitglieder durchaus in der Lage sind, die alten Geschütze mit ordentlicher Energie live zu performen. Selber hatte ich nie die Möglichkeit mir die früheren DECAPITATED zugemühte zu führen, weshalb ich mich umso mehr freue, Lieder wie „Spheres of Madness“, „Pest“ oder „Carnival is Forever“ live bewundern zu dürfen. Ich empfand es als einen gelungenen Gig und bin gespannt, wie es mit den Jungs weiter geht. Daumen hoch! (Percy)
ATHEIST, einer meiner Hauptbeweggründe, dieses Jahr aufs Brutal Assault zu fahren, haben kurzfristig abgesagt. Da kann es zu Beginn wenig milde stimmen, dass die Franzosen GOROD ganze 20 Stunden Autofahrt auf sich genommen haben, um die Metalshop-Stage dennoch mit reichlich Lärm zu füllen. Doch die Skepsis währt nicht lang, denn die Band versteht es gut, brachialen, technischen Death Metal mit Groove Parts zu verbinden. Das größtenteils vom letzten Album „Process of a New Decline“ und der EP „Transcendance“ stammende Liedgut geht dabei trotz vertrackter Songstrukturen gut ins Ohr und in die Nackenwirbel. Bei einer so langen Anreise blieb den Herren aus Bordeaux offensichtlich noch genügend Zeit für einen Tschechisch-Crashkurs, denn Sangesmann Julien weiß das Brutal Assault-Publikum nicht nur mit kraftvollen Growls, sondern auch mit einigen Ansagen in ihrer Landessprache zu überzeugen. Das Publikum dankt es der Band mit einer Vielzahl kreisender Mähnen und dem ein oder anderen kleinen Circlepit. Obgleich GOROD natürlich nicht die gleiche Anzahl von Leuten wie DECAPITATED ziehen können, haben sich die Willowtip Records-Schützlinge tapfer geschlagen und als Hoffnungsträger in Sachen technischen Death Metals entpuppt, dem ganz offensichtlich noch mehr Aufmerksamkeit gebührt. (Alice)
Setlist:
Earth Pus
A common Hope
Here die your gods
The Path
Blackout
Programmers of Decline
Almighty's murderer
Disavow Your God
Kommentar Mat/GOROD:
„Wir haben das Festival und unseren Gig echt genossen. Das Team vom Brutal Assault hat uns am Mittwoch, nur drei Tage vor der Show, angerufen und gefragt, ob wir nicht spontan für ATHEIST einspringen können. Es war unser erstes Brutal Assault und wir wurden nicht enttäuscht. Trotz der 20stündigen Fahrt von Bordeaux, Frankreich war es eine intensive und brutale Show. Unser Sänger Julien hat dabei alles für das Publikum gegeben. Die Leute auf dem Festival sind wirklich cool und entspannt, sehr professionell und das Publikum war ebenso toll. Es war großartig, unsere Freunde von BENIGHTED und SVARTCROWN zu treffen, sie haben beide eine tolle Show abgeliefert. Ich hoffe, wir können bald mit einem neuen Album zurückkehren“.
Die noch etwas unbekannte Band KYPCK hat nach einer wie immer kurzen Verschnaufpause die Möglichkeit, ihren finnischen Doom mit ungewöhnlichen, russischen Texten („in Deutschland singen die meisten auch englisch“) zu präsentieren. Der Sound drückt schon beim ersten Song „Chernaya Dyra” und wenn man genauer hinsieht, erkennt man, dass der Bass von J. T. Ylä-Rautio nur eine A-Saite besitzt und Gitarrist Sami Loppaka (ex-SENTENCED) eine von Hand zusammengeschusterte Kalaschnikow zupft. Fronter E. SEPPÄNEN kann das Publikum auch in den Pausen mit Ansagen wie „If you have a head on your shoulders, now it’s time to show it!” unterhalten, was die Band gleich ein Stückchen sympathischer wirken lässt. Als KYPCK mit „Chernyi Sabbath“ die russische Variante des Black Sabbath Songs „Black Sabbath“ anspielt, hat die Band endgültig alle Zuschauer in ihren Bann gezogen. In Sachen Doom eine echt abwechslungsreiche Performance. Muss man sich merken! (Percy)
THE EXPLOITED liefern in den kommenden 50 Minuten eine schöne Punk/Hardcore-Show ohne Kompromisse. Unter Kompromisse ist in diesem Fall zu verstehen: Jegliche Form von Schnickschnack wie Bühnenshow, tolles Intro oder Ansagen. Die Schotten rocken sich um den wohl legendärsten Irokesen der Rockgeschichte mit Songs wie „Troops Of Tomorrow“, „Beat The Bastards“, „Fuck the System“ oder „Fuck the USA“ durch ihr Set. Wattie wirkt dabei gut gelaunt, fast schon zufrieden und kann sich das ein oder andere schelmische Grinsen in den kurzen Pausen zwischen den Songs, während denen er wie ein Kugelblitz über die Bühne wetzt, nicht verkneifen. Gegen Ende des Sets kommt dann noch EXODUS-Sänger Rob Dukes auf die Bühne und es wird zusammen „Sex and Violence“ zelebriert. (Percy)
Die Schweden KATATONIA steigen gediegen und sehr ruhig in ihr Set ein und müssen zunächst einige Minuten mit dem Publikum warm werden, ehe der Funke beim zweiten Track, „Soil’s Song“ vom 2006er Album „The Great Cold Distance“, überspringt. Die Band um Fronter Jonas Renske lotet in den nur 55 Minuten Spielzeit ein breites Spektrum ihres mittlerweile 20jährigen Schaffens aus: Der Fünfer präsentiert einige Nummern der aktuellen Scheibe „Night Is The New Day“ (unter anderem „Nephilim“, „Liberation“ und „Day And Then The Shade“), spielt einige Tracks meiner persönlichen Favoriten „The Great Cold Distance“ sowie „Viva Emptiness“ und nimmt die Zuschauer mit in das Jahr 1999, der Geburtsstunde des Albums „Tonight’s Decision“. KATATONIA verstehen ihr musikalisches Handwerk dabei sehr gut: Ausnahmslos alle Tracks werden in toller Qualität dargeboten, auch wenn die Band ihr volles Potenzial vor allem in den kraftvollen, rockigeren Momenten des Gigs, vor allem bei dem großartigen „July“, auszuschöpfen weiß. Allein ein wenig müde wirken die Meister der Melancholie an mancher Stelle – ansonsten ein allemal sehenswerter Auftritt. (Alice)
Setlist:
Nephilim
Soil's Song
Liberation
Day And Then The Shade
For My Demons
Future of Speech
Ghost of the Sun
My Twin
Evidence
July
Forsaker
Kommentar Jonas Renske/KATATONIA:
“Ich fand das diesjährige Brutal Assault wirklich cool. Wir haben bereits einmal dort gespielt und es hat uns auch damals schon gut gefallen, aber die Organisatoren haben mittlerweile eine Reihe von Dingen verbessert. Die Location ist schön und atmosphärisch, eigentlich perfekt für ein Metal Festival. Das Publikum bei unserer Show war toll und alles in allem hatten wir eine tolle Zeit (naja, abgesehen von dem Kater am nächsten Tag). Wir hoffen, bald wieder auf dem Brutal Assault zu spielen“.
Fans des Bay Area Thrash Metals können nun nach den ganz schön melancholischen KATATONIA vor der Metalshop-Stage gnadenlos ausrasten. EXODUS scheinen ihrem Auftritt selbst mindestens im gleichen Maße entgegenfiebert zu haben wie die bereits ab dem ersten Ton kreisförmig moshenden Fans. Die Kalifornier legen ein ordentliches Brett vor und liefern eine verdammt geile Show. Frontmann Rob Dukes wirkt heut sogar im Vergleich zu früher wesentlich gelassener und dadurch auch sympathischer. Selbst auf politisch bedenkliche Ansagen verzichtet der Kerl. Unterstützt von einem rasiermesserscharfen Sound kredenzt der Fünfer ebenso aktuelles Material wie selbstverständlich auch reichlich Klassiker. Wer Tracks wie „Bonded By Blood“, oder „War is my shepard“ im Angebot hat und auf dermaßen intensive Weise darzubieten im Stande ist, hat ohnehin schon gewonnen. (Percy)
Auf kaum eine Band war ich wohl so gespannt wie auf den DILLINGER ESCAPE PLAN – eilt den fünf Herren aus New Jersey doch ein Ruf für besonders intensive, berüchtigte Live-Shows voraus. Und der Buschfunk hat nicht gelogen: Die nach Amerikas „Staatsfeind Nr. 1“, dem Bankräuber John Dillinger, benannte Band legt ein unheimlich energiegeladenes, fesselndes Set auf die Bretter, das Bewegungsfreude mit Präzision paart. Hochkomplexes Material wie „Farewell Mona Lisa“ von der aktuellen Schlachtplatte „Option Paralysis“ wird punktgenau dargeboten, während Sänger Greg Puciato gerade ein Bad in der Menge genießt, im nächsten Moment das Bühnengerüst empor klettert und Klampfer Jeff Tuttle zur gleichen Zeit von einem wahnwitzigen Sprung zum nächsten hechtet. Verschnaufpausen gibt es allein in den wenigen stillen, jazzig anmutenden Momenten, ehe der DILLINGER ESCAPE PLAN noch eindringlicher als zuvor mit Songs wie „Milk Lizard“ oder „43% Burnt“ über das Festivalpublikum hereinbricht. Eine Performance, die seine Wirkung nicht verfehlt hat und zumindest mich vorerst sprachlos zurücklässt. (Alice)
Nach diesem Auftritt, der die Messlatte für alle folgenden Bands verdammt hoch legte, scheint es fast schon nebensächlich, dass auf der Metalshop-Stage Norwegens Black Metal-Exportschlager Nummer Eins, SATYRICON, bereits die ersten Töne von „Walk the Path of Sorrow“ anstimmen. Zunächst wabert ein dickflüssiger Soundbrei von der Bühne bis in die letzten Reihen des Zuschauerpulks, ehe sich bei „Wolfpack“ und dem schmissigen „Now, Diabolical“ allmählich Besserung einstellt. Und auch die Band selbst findet mit jedem Song besser in den Gig. Spätestens bei stampfenden Tracks wie „K.I.N.G.“ oder „Fuel for Hatred“ ist die Band dann auch vollends bei mir angekommen – allein das von „The Shadowthrone“ gespielte „Hvite Krists Død“ wirkt etwas deplatziert zwischen all den Black’n’Roll-Groovern. Das Publikum stört es wenig, textsicher singt es Song um Song, Zeile für Zeile mit und wird damit abschließend mit der Black Metal-Hymne „Mother North“ entlohnt. (Alice)
SOILWORK haben sich mit ihrer modernen Spielweise des Melodic Death Metals in den letzten rund 15 Jahren eine ansehnliche Fanschar erspielt und ihren zum Markenzeichen gewordenen Mix aus Melodie und Härte unter anderem auf Tourneen mit FEAR FACTORY, STRAPPING YOUNG LAD oder IN FLAMES unters Volk gebracht. Und diese Routine merkt man der Band auch deutlich an: Björn ‚Speed‘ Strid und Co. haben das Publikum des Brutal Assaults fest im Griff und präsentieren sich professionell sowie gut aufeinander eingespielt. Mir persönlich erscheint die Darbietung von Songs wie „Follow the Hollow“ oder dem abschließenden „Stabbing the Drama“ jedoch eine Spur zu routiniert und abgeklärt. (Alice)
Endlich ist es soweit! Pünktlich zu Mitternacht betreten CATHEDRAL den Altar und performen eines ihrer letzten Konzerte. Da die Band in den nächsten Monaten aufhören will, bin ich wahnsinnig froh, dass ich sie noch live erleben darf. Die Briten überraschen mich mit fast ausschließlich langsamen, schleppenden Stücken à la „Cosmic Funeral“ oder „Ebony Tears“, was stilistisch für eine echte Abwechslung auf dem Brutal Assault sorgt. Schade nur, dass kein einziges Stück von ihrem aktuellen Langeisen „The Guessing Game“ kommt. Ich hätte gern gewusst wie CATHEDRAL die neuen Stücke live umsetzen. Stattdessen wird sich auf alte Songs berufen, was meinen Kopf aber nicht weniger kreisen lässt. Doom on! (Percy)
DECAPITATED, KATATONIA, EXODIS, THE DILLIGER ESCAPE PLAN, CATHEDRAL…es hätte so schön bleiben können in dieser lauschigen Freitagnacht… und doch machen sich nun vier Norweger unter dem Banner MAYHEM auf, den musikalischen Frohsinn zu zerstreuen. Was in den folgenden knapp 60 Minuten ‚geboten‘ wird, das darf man eigentlich gar keinem erzählen – eine kleine Zusammenfassung wollen wir euch aber dennoch nicht vorenthalten: Fronter Attila betritt mit zwei Totenköpfen bewaffnet gemächlich die von Nebelschwaden durchzogene Bühne. Und die Schädel haben es dem Sangesmann offensichtlich schwer angetan: Mit der Faszination eines Kindes schwingt der Fronter die Totenschädel den gesamten Auftritt lang von links nach rechts, von rechts nach links, schaut sie sich genüsslich, ja schon fast gierig an, hält sie vor das Mikrofon, dann an seinen Kopf, lauscht, was sie ihm denn wohl zu sagen haben – das Publikum scheint dabei nur Nebensache. Begleitet wird das seltsame Schauspiel von einem unterirdischen Soundbrei, der Instrumente und Songtitel mal mehr, mal minder gut erahnen lässt. Das Festivalpublikum hat sich mittlerweile in zwei Lager gespalten: Während eine beachtliche Menge an Zuschauern alten MAYHEM-Gassenhauern à la „Deathcrush“ huldigt, formieren sich vor der Metalshop-Stage immer mehr Menschen, die in lautstarke „Dew-Scented“-Chöre einfallen. Berechtigterweise, denn die deutschen Thrasher hätten bereits seit einer guten Viertelstunde in ihr Set starten sollen. Doch davon lassen sich MAYHEM kaum beirren – gerade als die stille und heimliche Hoffnung aufkeimt, dass auch der schlechteste Gig des Festivals einmal ein Ende nehme, belehren uns die Schwarzheimer eines Besseren und legten mit „Carnage“ und „Pure Fucking Armageddon“ noch zwei oben drauf. Einer regelrechten Befreiung gleicht es dann, als DEW-SCENTED ein starkes Thrash-Brett hinlegen und man sich allen bei MAYHEM angestauten Frust von der Seele moshen kann. (Alice)
Samstag
Bereits 2003, als TYPE O NEGATIVE mit "Life Is Killing Me" gerade ein Highlight abgeliefert haben, gründen Gitarrist Kenny Hickey und Drummer Johnny Kelly ein Nebenprojekt namens SEVENTH VOID. Zum diesjährigen Brutal Assault beginnt ihr Slot gegen Mittag, was zwar für eine Doom-Combo recht früh erscheint, sich aber gerade für mich als eine perfekte Guten Morgen-Mugge herausstellt. Schwere, eingängige und fast schon verträumte Riffs treffen dabei genau meinen Geschmack, wobei man den Kopf gemütlich mitwippen kann. Insgesamt kommt mir die Band sehr bodenständig vor, da hier die Songs klar im Vordergrund stehen und es eine der wenigen Bands ist, die dem Publikum nicht mit nervigen Ansagen und „Come on, Motherfuckers“ auf den Sack geht. (Percy)
Wer bis zu diesem Zeitpunkt noch immer mit den Folgen der letzten beiden Festivaltage zu kämpfen hat, wird mit KVELERTAK noch einmal so richtig wachgerüttelt. Kaum eine Band – nun, einmal von THE DILLINGER ESCAPE PLAN abgesehen – versprüht an diesem Wochenende so viel Freude an der Zerstörung wie das chaotische Sextett aus Stavanger, Norwegen. Hardcore und Punk duellieren sich mit Rock’n’Roll und Black Metal, TURBONEGRO treffen sich auf ein musikalisches Stelldichein mit DARKTHRONE und TRAP THEM. Rotzig, groovig, energiegeladen, aber vor allem unterhaltsam stellen KVELERTAK die Songs ihres selbst betitelten Debütalbums vor. Aber, so viel Spaß das Ganze in der ersten Hälfte des Sets macht, umso mehr fällt in der zweiten Hälfte der Show auf, dass es den Norwegern noch ein wenig an Abwechslung und Originalität mangelt. Dafür entschädigen jedoch die optischen Reize der Show: Nein, gemeint ist hier nicht der leicht bekleidete Fronter Erlend Hjelvik, sondern das beeindruckende Backdrop von John Dyer Baizley, das hinter der Band thront. (Alice)
„Focus“ von CYNIC zählt nachwievor zu den am Besten gehüteten Schätze meiner Plattensammlung und mit dem Auftritt von EXIVIOUS fühle ich mich unweigerlich in das Jahr 1993, der Geburtstunde des CYNIC-Klassikers, zurückversetzt (neben den frappierenden musikalischen Parallelen lassen sich übrigens auch auf personeller Ebene Bezüge zu den floridianischen Frickelmeistern erkennen: EXIVIOUS-Fronter Tymon begleitete CYNIC nicht nur auf ihrer Reunion-Tour, sondern werkelte auch fleißig an der aktuellen Langrille „Traced in Air“ mit). Die 1997 gegründeten Niederländer spielen Fusion Metal mit reichlich Jazz-Anleihen, einer Menge improvisierter Parts und einer sehr warmen Grundstimmung. Diese warme Atmosphäre wird nicht zuletzt von einer Band getragen, der man ihre Spielfreude deutlich ansieht und die ihr vertracktes Material fingerfertig und mit großer Leichtigkeit auf der Bühne umzusetzen wissen. Trotz guter Songs und guter Performance geht es vor der Bühne eher verhalten zu, mehr als ein dezentes Fußwippen ist den Festivalgängern hier kaum zu entlocken. Eine mögliche Erklärung ist, dass das technisch anspruchsvolle, teils verträumte Material des Quartetts ein wenig in der Hitze des Gefechts eines Metal-Festivals dieser Größe untergeht und seine volle Wirkung erst auf CD entfaltet. Daher meine Empfehlung: Wer es progressiv mag und den Blick über den Tellerrand nicht scheut, sollte das selbst betitelte Debütalbum von EXIVIOUS unbedingt einmal antesten. (Alice)
Setlist:
Waves Of Thought
Embrace The Unknown
Asurim
All That Surrounds
An Elusive Need
Kommentar Tymon/ EXIVIOUS:
“Brutal Assault ist ganz ehrlich mein Lieblingsfestival in Europa. Die Atmosphäre ist entspannt und positiv, egal ob backstage oder auf dem Festivalgelände selbst. Die Organisatoren sind stets zur Stelle und begeistern mich jedes Jahr, mit der Auswahl an Bands, die sie auf das Billing setzen. Wir hatten ein wenig Angst, dass unsere Band nicht ganz auf das Festival passen würde, da unsere Musik nicht so heavy ist, aber glücklicherweise wurden wir eines Besseren belehrt und sehr warmherzig sowie enthusiastisch vom Publikum empfangen. Definitiv eine großartige Erfahrung“.
„Fuck the formalities, we are here to thrash!“ – ohne große Vorrede steigen FORBIDDEN mit “March into Fire“ von ihrem Debüt „Forbidden Evil“ in ihren Gig ein. Die Bay Area Thrasher legen ein grundsolides Set vor, das einerseits die Klassiker „Forbidden Evil“ und „Twisted Into Form“ bedient und andererseits aktuelles Material des Comeback-Albums „Omega Wave“ vorstellt. Die Songs machen allesamt Spaß, nur Fronter Russ Anderson scheint seine Ansage zu Beginn des Auftrittes nach wenigen Minuten komplett über den Haufen geworfen zu haben und zerredet nach jedem Song die Stimmung durch ellenlange, oftmals leere Worthülsen. A little less conversation, a little more action, please. (Alice)
Auch wenn TURISAS nicht gerade zu den Bands zählen, die zuhause mein CD-Regal säumen, haben sie mich live auf einem Festival bislang nicht enttäuscht. Egal, ob man gerade bierselig von der Bar gestolpert kommt oder Schlamm und ertrunkene Zelte die Stimmung trüben, die Folk Metal-Finnen schaffen es doch immer wieder, den Leuten mit Akkordeon und Violine ein Grinsen ins Gesicht zu zaubern. Selbst wer TURISAS nichts abgewinnen kann, ertappt sich spätestens beim Chorus des abschließenden Bandhits „Battle Metal“ beim Mitwippen. Das Brutal Assault-Publikum feiert ausgelassen mit der Band und singt so manchen Song Zeile um Zeile mit. Die Band versteht es dabei gut, mit dem Publikum zu spielen und überzeugt durch eine souveräne und spontane Performance. Einziges Manko: die teils viel zu langen Ansagen von Frontmann Warlord Nygård – statt ausschweifenden Anekdoten hätten TURISAS hier locker noch einen Song unterbringen können. (Alice)
Nachdem CRYPTOPSY auf ihrer letzten Langrille deutlich modernere Pfade beschritten und sich auch musikalisch etwas breiter aufgestellt hatten, regiert auf dem Brutal Assault die schnörkel- und kompromisslose Death Metal-Keule. Ein Fest für alle Freunde des brachialen, rasenden Todesbleis, das gleich mit einem Track des Klassikers „None So Vile“ eröffnet wird. Zu meiner großen Freude hat die Band aus Montreal, Kanada mit „White Worms“, „Cold Hate, Warm Blood“ sowie „Emaciate“ gleich drei Songs meiner Lieblingsscheibe „Whisper Supremacy“ im Gepäck. Und an deren Umsetzung gibt es wenig auszusetzen: Die Gitarristen Chris Donaldson und Youri Raymond üben sich in halsbrecherischer Griffbrettakrobatik, während Ausnahmeschlagzeuger Flo Mournier souverän die Felle bearbeitet. Einzig nervig erscheinen die ‚toughen‘ Ansagen von Fronter Matt McGachy. Doch der obligatorische Rausschmeißer „Phobophile“ vom Zweitwerk „None So Vile“ stimmt dann wieder versöhnlich und das Publikum bangt noch einmal, was das Haupthaar hergibt. Kurzum: Technical death metal at its best – vive le Québec! (Alice)
AS I LAY DYING treten im Folgenden an, um laut Fronter Tim Lambesis eine Botschaft der Hoffnung zu überbringen. Wir haben es uns derweil auf der Naturtribüne gemütlich gemacht und betrachten das christliche Metalcore-Geschehen aus sicherer Entfernung. Und je länger ich dem amerikanischen Fünfer zusehe, umso mehr kämpfen das objektive Rezensions-Ich mit dem subjektiven Ich des Festivalgängers: Aus objektiver Perspektive legen AS I LAY DYING da gerade ein energetisches, sehr tight gespieltes, dynamisches Brett vor, dem es bei Tracks wie „Nothing Left“ weder an eingängigen Hooks noch an Mitgröl-Passagen mangelt. Das Publikum sieht es ganz ähnlich und hat sich mittlerweile in ein Meer umherfliegender Gliedmaßen verwandelt und bildet darüber hinaus die größte Wall of Death an diesem Wochenende. Rein subjektiv gesehen, hängt die Geduld jedoch bereits nach den ersten Songs am seidenen Faden: Bassist Josh Gilbert, der Frontgurgler Tim Lambesis mit cleanem Gesang unterstützt, begleitet ausnahmslos jeden Track mit einem unsäglichen, weinerlichen Klagesang, der bei mir nur noch die Botschaft des Grauens ankommen lässt. Allgemein will ich an diesem Abend nicht so richtig mit der Musik der Band warm werden: Zu sehr auf den Mitsingfaktor ausgelegt und auf Hochglanz poliert donnern die Tracks von AS I LAY DYING aus den Boxen. Ob nun die objektive Rezensionsperspektive über das subjektive Ich triumphiert oder umgekehrt, entscheide der Leser selbst. (Alice)
Nach AS I LAY DYING nun wieder auf zu deutlich vertrauteren Klängen: Die Briten ANATHEMA geben zu Beginn mit „Thin Air“, „Summernight Horizon“ sowie „Dreaming Light“ eine sehr ausgedehnte Kostprobe ihres mittlerweile achten Studioalbums „We Are Here, Because We Are Here“. Und das neue Langeisen stellt auch ganz klar den Schwerpunkt des Brutal Assault-Gastspiels von Danny Cavanagh und Co. dar. So richtig überzeugen wollen mich die neuen Tracks in der ersten Hälfte des Konzertes aber noch nicht. Das mag daran liegen, dass das Material teils deutlich komplexer als auf den Vorgängeralben ist und mit Sicherheit den ein oder anderen Durchlauf benötigt, ehe die Songs komplett greifen. Bei Hymnen wie „Deep“ und „A Natural Disaster“ verstehen es Anathema dann jedoch wieder perfekt, mich vollends für sich einzunehmen. Keine Band an diesem Wochenende spielt so leichtfüßig und verträumt mit Atmosphäre und Klangfarben wie die Alternative Rock Band aus Liverpool. Mit einem grandiosen „Fragile Dreams“ geht das Konzert von ANATHEMA viel zu schnell zu Ende, leider ohne dass die vorgesehenen 55 Minuten Spielzeit ausgeschöpft werden. (Alice)
Auf der Metalshop-Stage stimmen TRYPTIKON nach einem kurzen Intro bereits ein „Procreation of the Wicked“-Cover an, das gleich wohlige Erinnerung an das CELTIC FROST-Meisterwerk „Morbid Tales“ aus dem Jahr 1984 aufkommen lässt. Und Thomas Gabriel Fischers neue Band TRYPTIKON setzt da an, wo CELTIC FROST mit „Monotheist“ aufgehört haben. Düster, schwer und tiefschwarz walzt sich „Goetia“, der Opener des Debüts „Eparistera Daimones“, durch die Boxen. Doch so richtig mag es der Band heute nicht gelingen, die den Stücken innewohnende Atmosphäre zu transportieren und die Spannung über die Dauer des gesamten Konzertes aufrechtzuerhalten. So richtig einleuchten will es mir auch nicht, warum die Band nur zwei eigene Songs präsentiert und sich für den Rest des Gigs im sicheren Hafen von CELTIC FROST-Klassikern à la „Circle of Tyrants“ wiegt. (Alice)
Nach dem eher nüchternen Auftritt von TRYPTIKON sind jetzt KATAKLYSM an der Reihe. Sänger Mauricio gibt sich zwar mächtig Mühe, das Publikum mit belanglosen Ansagen für sich zu gewinnen, aber bis auf eine tolle Lichtshow kann ich den Kanadiern mit ihren stumpfen Kompositionen nichts abgewinnen. Ich frage mich sowieso immer wieder, wie KATAKLYSM sich einen derartigen hohen Status im Death Metal erspielen konnten. Ich hätte mir zumindest mehr erwartet. (Percy)
1349 ist die Pest über Norwegen hereingebrochen und hat dabei binnen kürzester Zeit ganze zwei Drittel der Bevölkerung ausradiert. Seine musikalische Entsprechung hat dieses düstere Kapitel der norwegischen Geschichte einige Jahrhunderte später mit der Gründung der Black Metal-Band 1349 erfahren. Die Schwarzheimer erklimmen nach KATAKLYSM die Brutal Assault-Bühne und lassen sich nicht lange bitten: Ohne Schnörkel, dafür aber mit umso mehr beats per minute steigen 1349 mit „Riders of the Apocalypse“ von ihrem Debüt „Liberation“ ins Set ein. Die Nordlichter gehen reichlich wortkarg, aber präzise zu Werke und setzen dem Zuschauerpulk unter anderem „I Am Abomination“ des 2005er Langeisens „Hellfire“ vor. Alles in allem eine sehenswerte und solide Vorstellung, die jedoch ab dem dritten Song durch erhebliche Soundprobleme getrübt wird. Als die Gitarre ganz hinter den viel zu lauten Vocals und Drums zu verschwinden droht, beschließen wir, uns auf den Weg Richtung Nachtlager zu machen. Auch wenn wir uns fest vorgenommen haben, noch bis zu den selbst betitelten „Nautik Doom Metal-Pionieren“ AHAB auszuharren, fordern drei feuchtfröhliche Festivaltage nun ihren Tribut. (Alice)
Fazit:
Das Zweibühnenkonzept ist eine super Idee, da es den Bands einen stressfreien Umbau und Soundcheck erlaubt und die Zuschauer keine einzige Gruppe aufgrund von Überschneidungen verpassen. Für uns erwies es sich aber gleichermaßen als kräftezerrend, denn wenn beispielsweise ASPHYX, KREATOR, SUICIDAL TENDENCIES, MOTÖRHEAD, MORBID ANGEL und SEPTICFLESH ohne einen Moment Stille aufeinander folgen, bleibt kaum Zeit um zu verschnaufen oder ein Konzert auf sich wirken zu lassen.
Der eigens von Zuhause mitgebrachte Getränkevorrat erübrigt sich auf dem Brutal Assault – denn mit Bier, Wein oder einem halben Liter Brause für umgerechnet 1,30 Euro ist das Festival für unsere Verhältnisse mehr als erschwinglich. Auch kulinarisch ist das Brutal Assault bestens gerüstet – egal, ob es ein indisches Gericht, der vegane Falafel-Burger, eine tropische Früchtemischung oder eine seltsam ausschauende Wurst namens Klobasa sein soll, die Veranstalter haben mit gigantischen Fressmeilen vorgesorgt.
Die Festivalcrew haben wir das gesamte Wochenende über als entspannt und freundlich erlebt, auch wenn die Verständigung manchmal allein auf Mimik und Gestik beruhte. Bewundernswert ist auch die Energie der tschechischen Fans, die ihre Lieblingsbands bei jeder Tages- und Nachtzeit euphorisch begleiteten. Einziges Manko: Es fehlt ein richtiges Partyzelt, in dem nicht nur der Gerstensaft in rauen Mengen ausgeschenkt wird, sondern auch für das musikalische Rahmenprogramm gesorgt ist. Brutal Assault 2012? Gern wieder. (Alice)
Es berichteten unsere beiden Außenreporter Alice S. und Stefan Schäfer.