Metalfest Ost Austria & West
Metalfest Ost, Austria & West
Mining, Dessau, Loreley
31.05.2012
31.05.2012
Aus 1 mach 3. Das Dessauer Metalfest hat in diesem Jahr gleich zwei Ableger bekommen, wobei der eine die Ösis mit lauter mehr oder weniger coolen Metal-Einheiten versorgt, während der andere böse Zwillinge von der Loreley herunter den Rhein beschallt. Bloodchamber-Redakteure waren gleich auf allen drei Festivals vertreten und fassen hier für euch zusammen, was ging und was nicht. Während Matthias sich alleine durch das Metalfest Austria schlägt, kommentieren RALF und PHIL in gewohnt charmanter Weise das Metalfest Ost. Yvonne und Basti geben anschließend ihre Eindrücke vom Metalfest auf der Loreley wieder.
METALFEST AUSTRIA
Mining am Inn, 31. Mai - 2. Juni 2012
Die Vorfreude auf das Metalfest Austria ist im Vorfeld nicht nur wegen den angekündigten Bands riesig, nein, bereits zwei Wochen vor dem Fest verkündet der Wetterbericht ein wolkenloses Wochenende. Dumm nur, dass sich die Vorhersage täglich verschlimmert, die Vorfreude dabei immer mehr den Regenjacken und Regenschirmen im Gepäck weicht. Doch davon lässt man sich natürlich nicht abhalten, und so geht es möglichst trocken ausgerüstet ab zum Bahnhof in Richtung Mining, Österreich. Einer lustigen und bequemen Fahrt am Mittwochabend steht nichts im Wege, zumindest so lange bis zum Ausstieg in Österreich. Fast schon so, als hätte die bloße Anwesenheit in dieser Region für göttliche Erzürnung gesorgt, beginnt es bitterlich zu regnen, und das eigentlich die ganze Nacht hindurch. Die ersten Eindrücke am Vorabend sind also die gewohnten Bilder eines verregneten Festivals: Autos die immer mehr die Straßen vermatschen, Abschleppfahrzeuge, die die Neuankömmlinge zu ihren Plätzen lotsen müssen und die ersten Personen die ihre Turnschuhe mit Müllsäcken und Tüten wasserdicht machen. Partystimmung ist nicht vorhanden, stattdessen nur das eigennützige Streben nach einem trockenen Zeltplatz, selbst wenn mit Wassergräben und Abdeckplanen nachgeholfen werden muss.
Donnerstag
Der Donnerstag startet ernüchternd. Eine kühle Nässe und teilweise überschwemmte Wege sorgen schnell für Frustration. Doch davon kann man Abhhilfe schaffen, z.B. mit der ersten Band des Festivals. Diese Ehre wird der bayerischen Thrash Band MORTAL INFINITY zu Teil. Trotz des schlechten Wetters tummeln sich bereits einige Zuschauer auf dem Festivalgelände und bringen sogar eine gute Portion Stimmung mit. Songs wie „Sound of Brutality“ oder „Wake of Devastation“ gehören ganz klar zu ihrer Stärke. Mit diesem Oldschool Thrash Metal kann man sich schnell anfreunden, und zusammen mit der natürlichen und bodenständigen Darbietung auf der Bühne kann man den Start dieses Festivals als überaus gelungen bezeichnen.
Die Umbauphase bietet genug Zeit, um einmal durch die Merchandising Stände zu schlendern. Diese überzeugen zwar nicht durch eine reichhaltige Auswahl, jedoch scheinen die Preise zu stimmen und die wichtigsten Bands vertreten zu sein. Wie dem auch sei, nach gut 15 Minuten stehen schon HUNTRESS auf der Mainstage und Frontfrau Jill Janus scheint die Metalheads wie Motten ins Licht zu locken. Optisch wie musikalisch weiß diese Frau zu gefallen und sorgt gleichzeitig für gute Stimmung, welche in Anbetracht der frühen Stunde schon fast als ausgelassen bezeichnet werden kann.
FEUERSCHWANZ hat nun die Aufgabe daran anzuknüpfen. Kein Problem, denn mit ihrem Mittelalter-Metal scheinen sie genau den richtigen Nerv zu treffen. Ausgelassen und partywütig geben sich Hauptmann Feuerschwanz, Sir Lanzeflott und natürlich auch Johanna von der Vögelweide an der Geige. Mit einem hervorragenden Sound und einem aufklarenden Wetter sind die Schrecken der letzten Nacht schnell vergessen. Jetzt interessiert nur noch die kilometerlange Polonaise zu „Foltermeister“ und Jan die Fee, der bei „Wunsch ist Wunsch“ komplett in seiner Rolle versinkt.
Kontrastprogramm ist angesagt, denn nun erobern VADER die Bretter und lassen schon beim ersten Schritt auf der Bühne jegliche ausgelassene Stimmung verhallen. Es folgt eine düstere und angespannte Atmosphäre, immer mit dem Gedanken im Hinterkopf, ein Urgestein des Death Metals auf der Bühne zu sehen. „Welcome to the Morbid Reich“ und „Devilizer“ sind super Opener für ihr Programm. Jedoch kann mich diese routinierte Darbietung nicht richtig erfreuen. Doch was soll man sagen, die Musik passt, die Lautsprecher bieten abermals einen sehr guten Klang, und VADER ist und bleibt nunmal ein Fels in der Brandung. Dass dieser Auftritt glückliche Gesichter hinterlassen wird war mir schon vorher bewusst. Dennoch bin ich ein klein wenig enttäuscht über diese Abgebrühtheit und Distanz zum Publikum.
In dieser Hinsicht bin ich nun auf GRAND MAGUS gespannt. Ich konnte die Schweden schon mehrmals live bestaunen und sehr unterschiedliche Eindrücke einfangen. Über eine rasende Menschenmenge bis hin zu einem fast schon jämmerlichen Auftritt mit dutzenden Fehlern war alles vorhanden. Nun müssen sich die Jungs erstmal eine Völkerwanderung in Richtung Ausgang ansehen. Denn obwohl die Sonne nun richtig runter brennt, können sich nach VADER nicht mehr viele Leute vor der Bühne halten. Zu Unrecht, wie ich finde. Auf dem Metalfest können GRAND MAGUS mit einer lässigen Bühnenperformance überzeugen, ebenso mit einem guten Sound und astreinen Gitarrensoli. Klar, dass Schlager wie „Hammer of the North“ oder „Valhalla Rising“ nicht fehlen dürfen. Doch ganz ehrlich, mittlerweile zünden diese Klassiker nicht mehr ganz so so wie früher.
Zur nachfolgenden Band POWERWOLF muss wohl nicht viel gesagt werden. Jeder der die Werwolfsanhänger mit dem besonderen rumänischen Akzent schon mal gesehen hat weiß, dass diese Gruppe ein Garant für gute Unterhaltung ist. Mit „Werwolfs of Armenia“ und „Sanctified with Dynamite“ können sich auch die eingefleischtesten Schwarzmetaller anfreunden, und falls nicht, dann zumindest mit der schauspielerischen Leistung von Attila Dorn. Super Show, gerne wieder.
Als nächster steht KYUSS LIVES! auf meinem Programm. Völlig blauäuig gehe ich zur besagten Band und bin erstmal überrascht von der stark instrumental geprägten Musik. An musikalischer Qualität mangelt es hier nicht. Das alles jedoch auf Kosten der Stimmung. Hier ist eher Gaffen und Staunen angesagt.
Pech für KYUSS LIVES!, als es wieder anfängt zu regnen. Mit den Schrecken der Nacht im Hinterkopf fliehen die Zuschauer aus dem Festivalgeände, und auch ich nutze die Gelegenheit, um mir im Partyzelt LENG TCH'E anzuhören. Dort steht auch schon eine ordentliche Horde vor der Bühne und feiert Frontman Serge Kasongo, der scheinbar öfters beim Publikum rumsteht als auf der Bühne. Die Folge daraus ist ein Mosphit, eine Wall of Death und einige Crowd Surfer auf engstem Raum. Es scheint so, als suchten die Jungs immer das Extreme, und was hier abgeht kann man auch durchaus so bezeichnen. Für mich ist LENG TCH'E eine absolute Live Band, bestens geeignet für das Party Zelt.
Mittlerweile hat sich der Regen verschlimmert, und so suchen immer mehr Leute Zuflucht im Zelt. Damit haben nun NEXUS INFERIS ein fast volles Zelt, jedoch mit dem Wissen, dass wohl nur die wenigsten wegen ihrer Musik erscheinen. Denn mittlerweile hat sich das Wetter zu einem Sturm aufgebauscht, der für viele Metalfans bereits heute die Abreise bedeuten wird. In Anbetracht der Situation wird der Death Metal auf der Bühne schnell als belanglos eingestuft. Die Gedanken liegen viel eher beim Konstrukeur des Zeltes, und spätestens als es die erste Zeltstange rausdrückt bei der Filmreihe Final Destination.
Zehn Minuten dauert das ganze Spektakel, bis man sich wieder trockenen Fußes zu seinem Zeltplatz begeben kann. Die Eindrücke auf dem Weg dorthin sind teilweise ziemlich erschreckend. Gut die Hälfte der Pavillons scheinen kaputt zu sein oder irgendwo auf dem Auto der Nachbarn zu liegen. Manche Gruppen haben sämtliche Zelte verloren, und selbst die Pommesbude steht knietief unter Wasser. Schnell macht die Information die Runde, dass BEHEMOTH und KREATOR abgesagt werden, da für die Sicherheit der Besucher nicht mehr garantiert werden kann. Diese ganzen Eindrücke summieren sich, nehmen jegliche Hoffnung auf die nächsten Tage. Heimfahrende Fahrzeugkollonen und Abschleppfahrzeuge im Dauereinsatz versüßen das Bild vom abgesoffenen Metalfest, welches in diesem Moment nur noch ein einziger Durchhaltewettbewerb ist.
Freitag
Nach einer verregneten Nacht und einem sehr feuchten Morgen offenbart dieser Freitag schnell ein erschreckendes Bild der Gesamtsituation. Die Reihen der Campingplätze haben sich gelichtet, ein diagonaler Durchgang durchs Gelände ist problemlos möglich. Kein schönes Bild, weswegen es auch erst kurz nach Mittag zu den ersten Bands geht.
Dies bedeutet also schwedischen Hard Rock der Marke GRAVEYARD als Alternative zum Verdauungsschlaf. Die Jungs geben sich souverän auf der Bühne und können somit die bereits zahlreich erschienen Fans gut bei Laune halten. Diese eher softe Spielweiße ist genau das richtige zur frühen Morgenstunde, macht aber eher mehr Lust auf das nächste Bier als auf Headbangen und wildes Rumgemoshe.
Für solche Sachen sind dann schon eher DEATH ANGEL zuständig. In Anbetracht der vielen Zuschauer hätte man diese Band wohl problemlos als Headliner einsetzen können. Dieser Auftritt hat alle selbst gesetzten Hoffnungen erfüllt. „Trashers“ und „Evil Priest“ geben schnell den Takt vor, und ebenso schnell steht fest: Hier wird die komplette „Ultra-Violence“ runtergespielt. Was für ein starkes Stück! Eine starke Performance, trotz verloren gegangener Instrumente und Equipment. Auf die Fluggesellschaften ist vielleicht nicht immer verlass, auf DEATH ANGEL sicherlich umso mehr.
SALTATIO MORTIS zeigen danach eine mindestens ebenso engagierte Bühnenarbeit. Vom gleichen Niveau kann man leider nicht sprechen. Dafür sind die Ansagen viel zu aufgesetzt, und auch die Musik kann nicht ansatzweiße an das Niveau von DEATH ANGEL kratzen. Lieder wie „Eulenspiegel“ haben sicherlich ihren Reiz, doch geblendet von der vorherigen manischen Perfektion wild gewordener Thrash Metaller finde ich in diesem Auftritt keinen großen Gefallen.
Dies will sich auch bei einer größeren Hausnummer nicht ändern. An DARK TRANQUILLITY gibt es nicht auszusetzen, doch ein immer lichter werdendes Publikum und eine Musik, die keinen einzigen Rezeptor in meinem Gehirn treffen will, treiben mich weiter ins Partyzelt, immerhin gibt sich dort ein kleiner Geheimtipp zum Besten.
TURBOWOLF stehen schon auf der Bühne, umgeben von circa einhundert Fans. Das Ganze gibt dem eigentlich gut besuchten Festival schon fast einen Touch von Underground Flair. Die Jungs könnten frisch aus dem Film Airhead stammen, so authentisch wirkt diese ganze Sache. Mit ihrer Mischung aus Rock‘n‘Roll, Psychedelic Rock und etwas härterem Metal zünden sie sehr schnell. Ein klasse Auftritt der mich sofort dazu einlädt, das nächste Konzert dieser vier Briten zu besuchen.
Ein Blick auf das Line-Up macht mir klar, dass ich die nächsten Stunden wohl im Partyzelt verbringen muss. Doch was soll man sagen nach mehr als fünf Stunden voller AKREA , KRYPTERIA, GURD oder BRAINSTORM. Richtig bekannt waren mir vorher keine einzige Band, und richtig hängen bleiben will auch keine davon. Die Melodien von TURBOWOLF aber umso mehr. Vielleicht liegt es an einem ausgelaugten Berichterstatter, der einsam und auf sich alleine gestellt den Kräften von Mutter Natur trotzen muss. Vielleicht zeigt sich auch nur das gleiche Problem wie bei DEATH ANGEL. An den eben gesehenen Auftritt bei TURBOWOLF kommt eben nichts mehr heran. Sowas muss sich erst setzen und langsam verdaut werden.
Samstag
Was soll man sagen. Ein herrlicher Morgen beginnt, nachdem abermals ein kleiner Sturm über das Gelände hinwegfegte. Ein kurzer Blick aus dem Zelt macht klar, dass man mittlerweile schon per Luftlinie vom eigenen Zelt zur Mainstage gehen kann.
Der frei gewordene Weg wird auch gleich erkundet, um rechtzeitig TULSADOOM zu begutachten. Ihr Babarian Metal, in Fachkreisen auch Bavarian Metal genannt, hat für mich ein klein wenig Extraordinäres. Eine Musik, die keine Übergänge zwischen Thrash, Heavy, Death und Black Metal schafft, sondern alle Genres in sich vereint. Was man übrigens auch vom Auftreten der Musiker auf der Bühne behaupten kann. Der Start in diesen Tag wird als überaus erfreulich empfunden, und irgendwie bereue ich es auch, dass ich die vorher spielende Trachtenmusik verpasst habe. Dieser musikalische Kontrast hätte den Freudentaumel nur noch weiter steigern können.
Gute Laune macht Hunger, und so müssen einige Bands dem Mittagessen weichen. Macht aber nichts, denn immerhin steht ALESTORM schon wieder auf der Liste. Die Jungs hab ich von vornherein in eine Sparte mit FEUERSCHWANZ und SALTATIO MORTIS gesteckt. Live zeigt sich jedoch schnell eine gewisse Divergenz. Jedenfalls bin ich von ALESTORM ziemlich enttäuscht. An einem Samstag Abend könnten sie mit ihren Piraten Metal eine Welle der Begeisterung auslösen. In dieser Hinsicht ist allerdings nicht viel geboten. Die Briten erscheinen eher schüchtern und unsicher. Sowas geziemt sich nicht wirklich für ordentliche Piraten.
An diese Leistung knüpfen MOONSPELL nahtlos an. Das Ergebnis daraus ist ein stark dezimiertes Publikum. Auch ich werfe bei dieser abgebrühten und standardisierten Darbietung frühzeitig das Handtuch.
Ein ganz anderes Kaliber fährt nun HYPOCRISY auf. Schnell steht fest, dass sie sich mit DEATH ANGEL das Siegertreppchen teilen müssen. Diese spannungsgeladene Musik lässt die Luft förmlich knistern. Da heißt es nur noch zusehen und staunen. Aus ihren gefühlten fünfzig Veröffentlichungen innerhalb der letzten zwanzig Jahren haben sie sich die Creme de la Creme rausgesucht, und bringen die Zuschauer mit Knüller wie „Fractured Millenium“ oder „Fire in the Sky“ in Rage. Auch ihr neustes Album ist mit „Weed out the Weak“ vertreten. Doch ansonsten beschränken sie sich eher auf ihre althergebrachten Sachen. Schade, wie ich finde, denn mit „A Taste of Extreme Divinity“ muss man sich wirklich nicht verstecken.
BLIND GUARDIAN steht als nächstes auf dem Line Up. Die eingetroffene Menschenmenge muss wohl nicht beschrieben werden. Doch überzeugen kann es mich nicht, was ich dort auf der Bühne sehe. BLIND GUARDIAN machen halt ihr Ding. Nicht mehr und nicht weniger. Hier fehlt einfach der Pepp, genauso wie der Reiz auf ihre wenigen Gassenhauer zu warten, die auch mir gefallen können. Nach „Sacred Worlds“, „Born in a Mouring Hall“, „Nightfall“ und „Fly“ wird mir das ganze aber zu öde. Der Weg in Richtung Partyzelt wird eingeschlagen.
Dort spielen nämlich nun FLESHGOD APOCALYPSE auf. Klassische Musik in Verbindung mit Death Metal scheint auf CD ziemlich gut zu klappen. Und auch Live verfehlt diese Kombination ihre Wirkung nicht. Im Partyzelt angelangt erwarten mich also erstmal fünf Italiener im Smoking, ausgerüstet mit Gitarren, Schlagzeug, Bass und Gesang, und bereit, die Dimensionen der künstlerischen Freiheit zu sprengen. Völlig abgedrehte Soli aus dem Les-Paule-Horrorhaus, umgarnt mit Einspielungen klassischer Musik zeigt sofort seine Wirkung. Das Partyzelt habe ich noch nie so voll gesehen, und zu Recht. Hier gibt es zehnmal bessere Musik zu hören als auf der Mainstage, wo sich gerade Hansi Kürsch die Seele aus dem Leib kreischt.
Ich nehme diesen Auftritt als einen gelungenen Abschluss vom Metalfest wahr. Es kommen zwar mit WITCHRAFT, TRIPTYKON und SKULL FIST noch weitere Knaller ins Partyzelt, doch zu wissen, wann man aufhört, gilt allgemein als klug. Somit belasse ich es bei FLESHGOD, mit dem sicheren Hintergedanken, ein weiteres Festival in meiner Vita verbuchen zu können, und dem gewissen Stolz, bei diesem Durchhaltewettbewerb als Sieger vom Platz gehen zu können. [ms]
Fotos von Matthias
METALFEST OST
Dessau, 31.Mai - 2. Juni 2012
Freitag
Los geht's mit den Briten TURBOWOLF, die vor allem durch ihre Beharrlichkeit auffallen: Nach jedem der durchschnittlichen "your average retro hardrock"-Songs wird der - zugegebenermaßen ziemlich coole - Bandname in den verschiedensten Versionen zum Besten gegeben, was die vielleicht 70 Anwesenden zwar nicht zu Begeisterungsstürmen hinreißt, aber zumindest für eine gewisse Konstanz und Wiedererkennungswert sorgt. Für höhere musikalische Weihen reicht es aufgrund des altbackenen Materials indes bei Weitem nicht. [rs]
Nichtsdestotrotz verweilt der sonnige Nachmittag auch im Anschluss zunächst auf der allseits beliebten Retroschiene. Die Schweden von GRAVEYARD wollen mit ihrem Hippiegedudel beeindrucken, aber irgendwie funktionieren die chilligen Klänge heute einfach nicht, denn das Material ist einfach nicht bissfest genug und die Songs plätschern nur so vor sich hin. Öde!
Danach gibt es alles, was das Männerherz begehrt: Hässliche Iren mit Synthiegitarren und Lieder übers Saufen. Sail, Sail, Sail and Kill! [ph]
Aber eines muss man ALESTORM schon lassen: Sie machen mit ihren Original-MODERN TALKING-Umhängekeyboards zumindest Stimmung. Generell zeichnet sich das Metalfest nämlich vor allem durch ein unbeteiligt bis zaghaft begeistertes Publikum aus, das mit dem sorgsam durchbetonierten Gelände um die Charme-Weltmeisterschaft zu buhlen scheint... [rs]
Da keine Sau das Schwuppengeeier von SALTATIO MORTISMOONSPELL am Start zu sein. Sänger Fernando hat eine unglaublich hässliche Maske auf, so ne Mischung aus Gladiator und Skeletor. Der Gig ist auch irgendwie zu normal und wenig mitreißend. Schade eigentlich, denn auf die Portugiesen hatte ich mich sehr gefreut!
Nun aber schnell ins Zelt zu den überragenden NACHTBLUT! Die ‘‘Black Metaller‘‘ übertreffen sich selber und spielen am Ende des Sets den Genreklassiker ‘‘Alles nur geklaut‘‘ von den PRINZEN! Hut ab! [ph]
Mit derartigen Höhepunkten kann die Hauptbühnenalternative LEGION OF THE DAMNED zwar nicht aufwarten, aber wenn man die Holländer ein paar Jahre nicht gesehen hat, dann machen die unkomplizierten Wutbrocken durchaus Spaß. Da neben der schnörkellosen Performance auch das Feedback des Publikums stimmt, geht der Daumen für die Legion heute nach oben. [rs]
Bei strömendem Regen bleibt mir nichts anderes übrig als die angenehm quäkenden WITCHCRAFT vom heimischen Zelt aus zu begutachten. Fazit: Geile Retroband mit viel mehr Eiern als GRAVEYARD!
HYPOCRISY leiden ebenfalls unter Regen und bescheidenem Sound, was mir aber ehrlich gesagt völlig egal ist, denn die Schweden um den Herrn der Ringe sind trotzdem fett ohne Ende. Zu späterer Stunde erweisen sich die Schweden als äußerst nette Trunkenbolde. [ph]
Was Liquidator Halling hier ein wenig unbeholfen zum Ausdruck bringen möchte: HYPOCRISY wachsen sich nach dem blitzumtosten Intro zu "Fractured Millennium" (und dem Song selbst) recht bald zu einem unerwarteten Höhepunkt der ländlichen Tanzveranstaltung aus. Das liegt weniger am stimmungsvollen Regen, der schon kurz nach Beginn des Sets für Erfrischung sorgt. Vielmehr prügeln sich die Schweden in der folgenden Dreiviertelstunde ohne Atempause durch eine Setlist der Oberliga. "Fire In The Sky", "Let The Knife Do The Talking", "Adjusting The Sun", "Death Row", "Final Chapter", "Roswell 47" - die Songauswahl ist perfekt, und das angenehm abgerissene Erscheinungsbild der Mannen um den ewigen Peter verleiht dem Ganzen heute die Extraportion Metal, die einem mal wieder vor Augen führt, warum HYPOCRISY gerade live noch immer die absoluten Kings des jüngeren schwedischen Death Metals sind. Selbst wenn die Genrepolizei in der zweiten Bestuhlungsreihe ob derartiger Untrveness und mit verschränkten Armen mal wieder die Nase rümpfen dürfte... [rs]
W.A.S.P haben anschließend einen fast zu guten Sound. Immer wieder hört man ja Playbackgerüchte, doch glauben konnte ich dies nie - bis heute. Blackie singt schon, aber auf jeden Fall mit Unterstützung vom Band. Seine Sidekicks sind auch nur Attrappe, hat man das Gefühl. Uncool! [ph]
Mitnichten! In Zeiten, da sich manche Ensembles ganze Orchester und Opernchöre vom Band liefern lassen, sei Blackie ein wenig Unterstützung aus der Konserve gegönnt - an den Songperlen der Wespen kann ohnehin nicht mal die Zeit kratzen. Das Geile an W.A.S.P. ist zudem, dass es die letzten zwei, drei Alben durchaus mit dem Klassikermaterial aufnehmen können, wodurch sich neuere Stücke wie "Babylon's Burning" oder "Crazy" wunderbar zwischen "L.O.V.E. Machine" und "Wild Child" schieben. Das Drumherum ist sowieso klasse, also mal wieder alles im grünen Bereich. Nur die Klamotte spannt mittlerweile natürlich deutlich... [rs]
Richtig schlimm wird’s dann aber bei MEGADETH. Die Amis sind unglaublich dröge, langweilig, mit keinerlei Ei bestückt. Es ist eine Farce, wenn Hampelmann Dave Mustaine über die Bühne kraucht und ins Mikro nuschelt. DIE Enttäuschung überhaupt! [ph]
Tja, da kann man tatsächlich nix schön reden: Zwar quillt die Bühne vor Verstärkerwänden fast über und die Lightshow sorgt mit ihren Gelb- und Grüntönen für schöne Kontraste, doch wenn man die immer durch eine gewisse Wut getragenen MEGADETH-Klassiker von einem lahmarschigen Mustaine in weißem Hemd und Bundfaltenhose vorgetragen bekommt, dann kann man durchaus von einer Kreuzigung sprechen. Unter weiterer Berücksichtigung der insgesamt ziemlich durchwachsenen Setlist hilft schließlich auch "Hangar 18" nicht mehr - der MEGADETH-Patch kommt runter von der Kutte. [rs]
Im Zelt kann man dann den Abend brummig mit TRIPTYKON ausklingen lassen. Krieger Tom mit der Pudelmütze und seine Mannen und Frauen liefern wieder mächtigen Doom vom feinsten, allerdings sollte man mal langsam neue Mucke an den Start bringen, denn die Setlist kennt man schon auswendig. Trotzdem dick!
Samstag
Vergrault von HUNTRESS scheint es vernünftig FEUERSCHWANZ auch gleich zu skippen, nur um sich anschließend von VADER ordentlich die Rübe wegballern zu lassen. Einfach nur schön! [ph]
Uff, das ging jetzt etwas schnell! Den Auftakt des zweiten Tages besorgen jedenfalls SURFACE mit einer gefälligen Mischung aus Thrash und Death, der es zwar aktuell noch etwas an Widerhaken fehlen mag - prinzipiell ist das als Weckruf aber okay.
Nicht ganz so okay präsentieren sich dagegen HUNTRESS, denn selbst wenn man den durchaus kundig verschraubten Retro/Stoner/Heavy Metal-Kompositionen der Amis etwas abgewinnen kann, kommt irgendwann unvermeidlich der Punkt, an welchem der Gesang einsetzt. Und was Mademoiselle Jill Janus hier abzieht, mag vielleicht für die Playboy-Villa reichen - mit differenzierter Artikulation hat das zwischen Jaulen und Kreischen pendelnde Stimmbandgulasch hingegen nichts gemein.
Wirkliche Erleichterung stellt sich mit den kurz darauf aufspielenden FEUERSCHWANZ zwar nicht ein, allerdings haben die Mittelalter-J.B.O. einen guten Draht zum Publikum, der durch die an der Bühnenfront platzierte riesige Metmaschine fleißig gepflegt wird. Die Songs sind einfach, die Mitmachspiele kurzweilig, alles in allem daher ein bunter und durchaus gelungener Auftritt - wenn man die Musik denn mag.[rs]
Das schwedische Trio von GRAND MAGUS besticht im Anschluss durch Bart und Pornobrille und natürlich durch treffsicheres Material. Insgesamt ne schöne Geschichte, wobei ich manchmal den Drive früherer Scheiben vermisse!
LENG TCH'E knallen danach im Zelt alles in D-Zug-Manier weg. Highlight der Show ist der Typ auf der Bühne, der aus dem Publikum kam und einfach mal mit Sonnenbrille oberkörperfrei posiert bis die Show vorbei ist. Schönes, wirres Gebratze! [ph]
Während sich Meister Halling der oberkörperfreien Männlichkeit widmet, geht es auf der Hauptbühne angezogener zu: POWERWOLF - wie immer im feinen Zwirn - verabreichen dem Publikum eine Dosis ihres theatralischen Heavy Metals, die auch heute ihre Wirkung nicht verfehlt. Ob "Sanctified With Dynamite", "We Drink Your Blood" oder das unvermeidliche "Ressurrection By Erection" - die Werwölfe können mit ihrer mitsingtauglichen Mischung auch heute punkten.
Auf ELUVEITIE trifft das irgendwie ebenfalls zu. selbst wenn sich mir bis heute nicht erschließt, warum das "Heidenfest"/"Paganfest"-Volk auf die Schweizer abgeht. Auf die Ohren gibt es wie immer generischen Metalcore mit McPagan-Kante, der spätestens ab der dritten Nummer in einem einheitlich übersteuerten Soundbrei aufgeht. Sei's drum, zumindest sorgt das vielköpfige helvetische Kommando für zufriedene Gesichter... [rs]
NEXUS INFERIS haben im Zelt dagegen völlig die Arschkarte gezogen, denn es sind kaum Leute vor der Bühne. Bedauerlicherweise, denn die Briten machen ordentlich Alarm mit ihrem orchestralen Cyborgkrach!
Das erste eigentliche Highlight sind dann (natürlich) BEHEMOTH. Der genesene, aber stimmlich schwächelnde Nergal und sein unheiliges Schwadron beeindrucken mit einer gekonnten Mischung aus Choreographie, perfekten Griffen und anständig Lametta! Ein Traum in Schwarz und aber auch Gold!
Auf EDGUY und KREATOR habe ich keinen Bock, also husch husch ins Zeltchen zu SEPTIC FLESH. Die griechische Bombast-Armada haut mich heute richtig weg. Hier passt alles, auch wenn natürlich einiges vom Band kommt... [ph]
...und nach "Persepolis" die Wall Of Death gefordert wird?! Da hat wohl jemand zu viele Fastfood-Festivals mitgenommen, was angesichts der restlichen Setlist - "Vampire Of Nazareth", "Lovecraft's Death", "Anubis" und das großartige "Pyramid God" - aber nicht weiter stört. Absolut empfehlenswerte Liveband!
Was man von EDGUY heute irgendwie nicht behaupten möchte. Abgesehen vom ohnehin ziemlich belanglosen Hard-Röckchen, das die Mannen um Sammet mittlerweile abziehen, scheint auf dem Metalfest der Headliner-Virus zu grassieren, denn auch EDGUY wirken irgendwie lustlos, was vielleicht nicht zuletzt am überschaubaren Publikum liegt und auch durch an amerikanische Soaps erinnernde Grinseinlagen nur wenig abgefangen wird. In weiten Teilen verzichtbare Angelegenheit.
Dann schon lieber KRÖTER: Das noch immer/immer mal wieder aktuelle deutsche Flaggschiff hat sich mit "Phantom Antichrist" einen neuen Mettigel ans Revers geheftet und stellt selbigen - in Form des Titeltracks - heute bereitwillig der interessierten Hausfrau vor. Dass die Band eine eigene Hausnummer ist, zeigt sich indes schon bei den Rahmenbedingungen: Das riesige Backdrop mit neuem Covermotiv sorgt dank fluoreszierender Farbakzente für die beste Optik des Festivals, die Beleuchtung steht dem Ganzen selbstredend kaum nach und auch soundtechnisch schöpft das noch immer schön aggro wirkende Urgestein erwartungsgemäß aus den Vollen. Da stört es wenig, dass man KREATOR im Grunde schon gefühlte 25-mal mit ähnlichem Programm abgefeiert hat - in dieser Form darf die "Violent Revolution" gerne auch in Dessau starten. [rs]
Endlich ist es so weit, ich darf ORANGE GOBLIN sehen, ach was, fühlen! Eigentlich passen die Insulaner überhaupt nicht ins Billing, aber siehe da, das Zelt ist besser gefüllt als bei den meisten Bands. Was soll ich sagen? Absolutes, kollektives Ausklinken ist angesagt. Die Band ist sichtlich begeistert ob der Jubelstürme, die auf sie niederprasselt. Als Dankeschön gibt es eine groovige, rockige, schweißtreibende Nummer nach der anderen. Beste Band des Festivals! [ph]
Sicher nicht die beste Band des Festivals, aber doch überaus erbaulich sind anschließend auch SWALLOW THE SUN, die im Zelt für den Abschluss des Tages sorgen dürfen. Die bewegungsabstinenten Finnen sind mittlerweile Routiniers im Erzeugen von Stimmungen, was aufgrund des qualitativ hochwertigen Backkatalogs kaum verwundert, und so versprüht der Gig zwischen "New Moon" und alten Bekannten wie "Horror Pt. I" eine ganze Menge Charme. [rs]
Samstag
Der Samstag startet mit der zunächst kundig verheimlichten Mitteilung, dass KRYPTERIA wohl nicht auftreten werden, was alle 25 Anhänger der Simpelrocker an Ort und Stelle ins Instantkoma bollert. Zwei Tage das beschissenste Festivalwetter der Republik ausgehalten und dann sowas! Manchmal müssen selbst Worte versagen...
Für STRYDEGOR ergibt sich aus dieser Entwicklung gleich zweierlei: 'ne Viertelstunde später anfangen, etwas länger spielen. Und ganz ehrlich: Was die Nordlichter her abliefern, macht zum Tagesauftakt richtig Laune. Irgendwo zwischen furztrockenem Death Metal und gepflegter AMON AMARTH-Schinkigkeit bollern sich STRYDEGOR durch einen kurzweiligen Set, der zwar keine dicken Bretter bohrt, aber einen grundsympathischen Ersteindruck hinterlassen kann. Alles richtig gemacht!
Das gilt in professioneller Hinsicht sicher auch für die nun folgenden (volkenden?) HEIDEVOLK, die mit ihren zwei Frontern stets ein wenig übermotiviert wirken. Klar, die Vokalharmonien sitzen und werden weidlich ausgekostet, aber wenn man den Blick auf das darunter liegende Songmaterial lenkt, dann gibt es außer Pagan Metal von erstaunlicher Durchschnittlichkeit nur sehr wenig zu entdecken. Immerhin: So reicht es mal wieder zum Inbegriff einer Nische, die sich in ihrer kreativen Sackgasse so richtig schön eingerichtet hat.[rs]
Erst zu DEATH ANGEL geht es zur Hauptbühne und die sind wie immer, nämlich sehr gut, aber eben auch nicht herausragend megageil. Außerdem merkt man den Besuchern an, dass sie schon zwei bis drei Tage Alles gegeben haben.
DARK TRANQUILLITY lassen mich im Anschluss komplett kalt. Warum sind solche Bands so populär? Weiß das jemand? [ph]
Dem Manne kann geholfen werden: Weil bei den Schweden überragende Songs und ein unglaublicher Charmebolzen namens Mikael Stanne zusammenkommen. Klar, wenn man sich der jüngeren Entwicklung des Göteborg-Sounds komplett verschließt, dann sind DT seit einer guten Dekade weg vom Fenster - für alle anderen jedoch fällt hier mit Songs wie "Terminus (Where Death Is Most Alive)", "The Mundane And The Magic" oder "Misery's Crown" ein Hammerschlag nach dem anderen. Da können selbst die vermaledeite Technik und der wenig detaillierte Sound wenig ausrichten: DARK TRANQUILLITY? - Immer wieder gerne! [rs]
ENSIFERUM werden aus kluger Überlegung heraus weggelassen, da ich mit Stimmungsmache jenseits von Achim Mentzel nichts anfangen kann und mir das Gejodel voll auf die Eier geht.
FEAR FACTORY wollen/sollen noch einmal alle verbliebenen Kräfte aktivieren, doch das gelingt auch nur äußerst minimal, denn zu den schiefen Tönen der rostigen Klingel aka Frontmann will irgendwie keiner aus dem Publikum bellen. Insgesamt keine schlechte Show, aber doch schon sehr gleichförmig. Nicht mein Ding! [ph]
Jaja, der Gesang von Bell ist in der Tat das absolut Unterirdische im Sound der Amis und man fragt sich mittlerweile a) warum/wie der Mann noch ein Projekt mit Klargesang an den Start bringen konnte, und b) warum man die ohnehin bis zum Anschlag computerisierten Vocals nicht gleich vom Band oder einem versierten Gast beisteuern lässt? Mir ist das heute jedenfalls trotzdem egal, denn jenseits des schauderhaften Geleiers besteht die Musik von FEAR FACTORY eben auch aus Riffs, Riffs, und noch mehr Riffs. Eins mit mehr Eiern als das andere, Wiedererkennung galore, "Self Bias Resistor", "Demanufacture", "Replica", "Scapegoat". Feddich is die Laube... [rs]
Auf KYUSS LIVES! hatte ich mich im Vorfeld schon gefreut, aber so richtig will auch hier keine Freude aufkommen. Keine Kommunikation mit dem Publikum, eine introvertierte Show und dann auch noch eine zehnminütige Jamsession! Der Funke springt nicht über. So eine Band ist etwas für eine intensive Clubshow, aber garantiert kein Co-Headliner für ein Festival! [ph]
Selber Schuld: Wenn man die mit Erwartungen überfrachtete amerikanische Kohle-only-Halbreunion den gleichzeitig im Zelt aufspielenden LAKE OF TEARS vorzieht, dann gibt's eben auch mal lange Gesichter. Die Schweden dagegen machen heute mal wieder alles richtig, was die knapp 45 Minuten wie im Fluge vergehen lässt: Als Einstieg etwas Drive in Form von "Taste Of Hell", danach folgt mit "Illwill", "Boogie Bubble", ""Raven Land", "So Fell Autumn Rain" und "The Greymen" ein Parforce-Ritt durch die Bandgeschichte, der nur durch die zerbrechliche Wärme eines "House Of The Setting Sun" unterbrochen wird. Überraschend (und überraschend gut!) fügt sich mit "As Daylight Yields" sogar ein Track der ersten Scheibe in die Setlist ein, der dank hörbar verbesserten Gesangs ein echtes Schmankerl darstellt und die Rundum-sorglos-Packung gelungen abrundet. Eine absolut makellose Band.
IN EXTREMO hingegen passen dann wieder in's bereits angeschnittene Headliner-Schema: Bemüht um Stimmung, aber trotz Feuershow immer mit jenem Hauch von professioneller Lustlosigkeit behaftet, der das Konzert als einen endlosen Kampf für beide Seiten erscheinen lässt. Das war auf dem Metalcamp 2011 noch vollkommen anders, weshalb wir über diesen Abschlussgig des Metalfest Ost den gnädigen Mantel des Schweigens breiten wollen. [rs]
Top Halling: BEHEMOTH, ORANGE GOBLIN, TRIPTYKON
Top Scheidler: HYPOCRISY, LAKE OF TEARS, SEPTIC FLESH
Flop Halling: W.A.S.P., MEGADETH, 3m Luftlinie zum Partyzelt und ein Durchgang, durch den man nicht darf und stattdessen ein zehnminütiger Fußweg einmal ums Gelände
Flop Scheidler: Wetter, charmebefreite und überdimensionierte Location, MEGADETH
METALFEST WEST
Loreley, 7. - 9. Juni 2012
Früher war es einmal die schöne Loreley, die auf dem Felsen, um den der Rhein sich schlängelt, die ihre Matte schüttelte - heute ist es eine stattliche Anzahl von Metalheads, die auf diesem hübschen Flecken deutschen Landes ihre Zelte aufgeschlagen haben und zu einem bunten Strauß vergnügter Metalmelodien energische Haarpflege betreiben. Der westdeutsche Ableger des bisher ausschließlich im östlicher gelegenen Dessau stationierten Festivalereignisses lockt nicht nur mit einem namhaften Billing, sondern auch mit einer ungewöhnlichen Location und einer traumhaften Aussicht ins Grüne. Wie beim ruhrpöttischen Rock Hard Festival erfreut sich der Besucher am Rundum-Sorglos-Blick auf die Bühne und – nicht wie bei anderen großen Festivals vom Winde verwehten – guten Klangbild des Amphitheaters. Die rund um die Bühne angelegten Steinstufen verhindern jedoch übliche spaßige Aktionen wie Moshpits. Tatsächlich ließ sich bei einem schon betagteren Fan der Drang beobachten, auch in engen Gängen zwischen den Stufen die übrigen Besucher zu ein wenig mehr Bewegung anzuschubsen – der größte Teil des Publikums erfreute sich aber auch daran, die Konzerte stehend und staunend, bangend und faustschwingend, manchmal auch crowdsurfend zu genießen.
Die Alternative zur Hauptbühne bildete ein etwas lieblos aufgebautes Zelt mit einer noch liebloser aufgebauten kleinen Bühne, auf der sich die Musiker der dort hinquartierten Bands manchmal schon etwas drängeln mussten. Dennoch bekam man mit dieser zweiten Bühne die Möglichkeit geboten, sich Newcomer oder hochkarätige Spezialisten zu Gemüte zu führen.
Die Organisation des kleinen Festivals erweckte ein wenig den Eindruck eines gemütlichen Chaos'. Wenig amused waren die Fans, die am ersten Tag des Festivals teilweise mehr als zwei Stunden in der brütenden Sonne auf den Umtausch ihrer Karten in Festivalbändchen warten mussten. Danach schien man sich beim Einlass auf das Festivalgelände nur noch auf sporadische Kontrollen zu beschränken – teilweise wurden Tore bei größerem Andrang oder verschlammtem Boden komplett und ohne Einlasskontrollen geöffnet. So ließen es sich viele Besucher nicht nehmen, ihre mitgebrachten Bierdosen mit auf das Gelände zu nehmen, was bei den Wacken-Preisen für Getränke auch niemandem verübelt werden kann.
Während auf dem Festivalgelände für alle allzumenschlichen Bedürfnisse eine bequeme Lösung gab, war die Bestückung mit Mobiltoiletten auf den Zeltplätzen teilweise etwas dürftig. Insgesamt waren die Metalfest-Besucher eine sehr friedliche, feierfreudige Gesellschaft. Dass es hier und da Spezialisten gab, die Spaß daran hatten, Zäune und Dixies umzuwerfen, ist sicher nur der Tatsache zu schulden, dass sich unter größeren Menschenmengen zwangsläufig die ein oder andere Hohlbirne tummelt.
Donnerstag
Separates Parken bedeutet, dass man erst einmal allerhand Gepäck über unwegsames Gelände buckeln muss. Nachdem man sich mit den tierischen Nachbarn – den Boden unterhöhlende Feldmäuse und urzeitlich anmutende Ohrenkneifer, von denen der ein oder andere in den hintersten Winkeln des Gepäcks mit nach Hause transportiert wurde – angefreundet hat, heißt es auch schon, das Treiben auf der Bühne zu erkunden, wo sich gerade ein portugiesisches Gewitter entlädt. Letzte stichhaltige Beweise fehlen zwar, aber MOONSPELLs dunkle Klänge tragen sicher auch dazu bei, dass sich das Wetter von freundlich-sonnig zu bäh-feucht wandelt: Düstere Vampirhymnen sind eben keine Schönwettermusik. Das unterhaltsame Musiktheater trifft nicht nur bei Fans gepflegter Gruselatmosphäre ins Schwarze, und wenn die Band schon mal in einer so schönen Kulisse aufspielen darf, präsentiert sie natürlich auch die unsterblichen Klassiker „Opium“, „Trebaruna“, „Alma Mater“ und „Fullmoon Madness“. Fernando Ribeiros Feuer lodert beständig, dazu bedarf es nicht des exzentrischen Gladiatorenhelms, den er zu Beginn der Show trägt.
Etwas weniger theatralisch geht es danach bei den Holländern LEGION OF THE DAMNED, die bodenständige Thrashriffs am Fließband in die Menge werfen. Die Zuschauer danken es trotz ungemütlicher Wetterbedingungen mit fröhlichem Zurückbangen. Für Freunde abwechslungsreicherer musikalischer Kost wird das etwas eindimensionale Riffgeschrubbe aber schnell langweilig.
Großes metallisches Tennis gibt es aber danach von HYPOCRISY. Peter Tägtgren trägt heute ein Footballhemd zur Schau, das ihm locker zwei Nummern zu groß ist. Sein einnehmendes Charisma und die durchdringende Stimme verhindern zum Glück, dass er komplett darin verschwindet. Große Deathmetal-Hymnen wie „Fractured Millenium“, „Fire In The Sky“ und „Roswell 47“ scheinen wie geschaffen für das Amphitheater auf der Loreley. Wer solche Songriesen und einen geschmackvoll gekleideten Frontmann in seinen Reihen hat, braucht auch keine große Effektshow. Das Dargebotene trifft auch so effektvoll in Herz und Magengrube. [yb]
BLIND GUARDIAN gehören auch im Jahre 2012 unbestritten noch zum Besten, was die deutsche Metallandschaft zu bieten hat. Seit Jahr und Tag singen freudestrahlende Kuttenträger inbrünstig Songs wie „Valhalla“ oder „Mirror Mirror“ mit und lassen ihre Matten kreisen. Unterschiede zwischen einzelnen BLIND GUARDIAN-Gigs bestehen oft nur in Nuancen. Da ist es beim Metalfest schon fast überraschend, dass die Krefelder Formation auf neuere Titel verzichtet und stattdessen eine schicke „Best-of“-Performance abliefert, die für viel Anerkennung sorgt. „Lost in the Twilight Hall“ hört man beispielsweise nicht so häufig. Ansonsten kann man mit Titeln wie „Time Stands Still (at the Iron Hill)“, „Majesty“ und der ewigen Ballade „The Bard’s Song – In the Forest“ natürlich nicht viel falsch machen. Irgendwie wird man bei der Darbietung im Amphitheater aber das Gefühl nicht los, dass sich die Band etwas zurückhält. Hansi wirkt in seinen Ansprachen sowieso etwas pseudo-eloquent bis theatralisch. Und da über das Treppensystem die übliche Crowdsurfing-Action unmöglich ist, fühlt man sich manches Mal wie bei einer „Night in the Opera“. Zum Glück war das Ambiente kein Anliegen für die Band dieses unsagbar langweilige Album durchzuzocken. Widmen wir uns lieber der Setlist…
Setlist BLIND GUARDIAN
Sacred World
Welcome to Dying
Nightfall
Time Stands Still (at the Iron Hill)
Majesty
Tanelorn (Into the Void)
Valhalla
Lost in the Twilight Hall
Bright Eyes
Imaginations from the Other Side
The Bard’s Song – In the Forest
Mirror Mirror [bg]
Auch bei FLESHGOD APOCALYPSE wird viel an der Orgel gedreht. Während Hansi Kürsch auf der Mainstage Dirigent spielt, haben sich die im Zelt aufspielenden Italiener richtig in Schale geworfen. Hier gilt es, Death Metal mit Geklimper zu vereinen. Wegen des eher dürftigen Sounds an der Zeltbühne, kommt die gewagte Soundkombination nicht ganz so vollendet zur Geltung wie Beethovens Neunte – eine exotische Abwechslung zu den Tolkien-Chören vor der Hauptbühne gibt es aber allemal.
Die Headliner MEGADETH protzen mit riesigen Verstärkerwänden, die nicht nur den Sound, sondern wohl auch das Ego der aufspielenden Musiker verstärken sollen. Irgendwie wirken Megadave und seine beiden Sidekicks vor den Boxen auch leicht verloren – das scheinbar leichtfüßig und ohne viel Tammtamm vorgetragene Liedgut trifft dagegen bei den Mega-Fans voll ins Schwarze. Der weiß gekleidet in den Mittelpunkt gerückte Dave Mustaine beschränkt sich fast ausschließlich auf sein Instrument und seine heute nicht ganz so nackenhaarsträubend krächzende Stimme. Das kann man sehr cool finden, aber durchaus auch kühl und nichtssagend.
Freitag
Ach, du meine Güte, das ist aber ein verdammt hoch kreischender Kerl, von dem man da heute wach krakeelt wird! Bei der Ansage zwischen den Songs und nach einem kurzen Blick auf die Bühne sieht man sich an der Front der Amis HUNTRESS jedoch einem waschechten Metalweib gegenüber. Den männlichen Fans scheint nicht nur die reife Gesangsleistung der ambitionierten Dame zu gefallen. Für meinen Geschmack hat das mit mächtigen Overkneestiefeln bewaffnete blonde Wesen aber ein wenig zu tief in die Klischeekiste gegriffen.
Zwischen Frühstück und Mittagessen stampft die polnische Deathmetal-Institution VADER auf die Bühne. Spätestens bei den ersten Riffsalven sind dann auch die letzten Ausläufer von Müdigkeit weggesprengt. Ganz in Schwarz und Rot präsentieren sich VADER mächtig durchgestylt und mit gewohnter Durchschlagskraft. Ein wenig deplatziert wirken sie zu dieser frühen, sonnigen Tageszeit allerdings doch. Die Deathmetal-Fans unter den Festivalbesuchern kommen für den makellosen Auftritt in Scharen aus ihren Ecken gekrochen. Bei GRAND MAGUS lichten sich die Ränge des Amphitheaters merklich. Die Stimmung, die VADER während ihres Auftritts entfachten, können sie nicht halten. Dabei zeigen sich die sonnenbebrillten Schweden von ihrer lässigsten Seite. [yb]
Als Fan von mittelalterlich inspirierter Rockmusik kann man mich nun wahrlich nicht bezeichnen. Vielleicht ist es eine Mischung aus Lethargie und Alkohol, die mich dazu veranlasst, während des Gigs von SALTATIO MORTIS nicht meinen Platz zu räumen. Für die Tatsache, dass man mit keinerlei positiven Erwartungen an diesen Auftritt heran geht, ist das Dargebotene gar nicht mal so übel. Zwar ist Frontäffchen Alea der Bescheidene weit davon entfernt seinem Namen gerecht zu werden, springt er doch arg überheblich über die Bühnenoberfläche, dennoch machen Titel wie „Prometheus“ durchaus Laune. Getreu dem bandeigenen Motto „Wer tanzt, stirbt nicht“ ist die Mannheimer Combo stets darum bemüht, das Publikum auf ansprechende Weise zu animieren. Das ist bewundernswert, bei dem allgemein eher geringen Interesse aber nicht unbedingt von Erfolg gekrönt. Im Endeffekt kein enttäuschender Auftritt, bei der Erwartungshaltung war das aber auch kaum möglich…
Von übertrieben kirchenorientierter Weihrauchperformance habe ich spätestens seit dem unsagbar beschissenen Auftritt von GHOST im Vorprogramm von TRIVIUM / IN FLAMES eigentlich genug. Dennoch betritt nun mit POWERWOLF eine weitere solche Kapelle die Bühne und es ist mal wieder an der Zeit, sich von seiner eigenen Voreingenommenheit zu lösen und im Stile des toleranten Metalhörers dem deutsch-rumänischen Konglomerat eine Chance zu geben. Früh fällt auf, dass Sänger Attila Dorn dem Ganzen einen doch etwas humoristischen Touch verleiht. Der Auftritt von POWERWOLF wird immer wieder von seinen spaßigen Ansagen aufgelockert. Und so punktet die Band eben genau dadurch, dass man das übertrieben pathetische Gehabe gar nicht mal so ernst nimmt. Spätestens mit Titeln wie „We Drink Your Blood“ und „Resurrection By Errection“ ist man dann auch als nicht Anhänger der Band ein wenig zufrieden gestellt. Musikalisch nicht Hundertprozent überzeugend, aber spaßig allemal. [bg]
Auf der Bühne der Loreley scheint es heute einen Styling-Contest zu geben: Während HUNTRESS-Frontfrau Jill sich mit Hilfe von Haarspray und Glanzleggings schon mächtig in Schale warf, VADER sich mit Ketten und Nieten uniform heraus putzten und GRAND MAGUS ganz auf ihre spiegelnden Retrobrillen vertrauten, legen POWERWOLF noch eine Schippe drauf. Die Gesichter weiß, die Leiber in schwarze Kluften gehüllt, heulen die Saarländer den Besuchern der Loreley was vom Werwolf vor. Dass die Stimmung an diesem Tag ihren bisherigen Höhepunkt erklimmt, ist bei den mitsingbaren Hymnen und dem Metal-is-Entertainment-Konzept der Wolfsbande nicht weiter verwunderlich.
Generell finden sich im Metalfest-Billing zahlreiche Bands, die ihre Musik mit schlagerhaften Metal-Melodien, vielen Showeffekten, mittelalterlicher Verkleidung und einem großen Fundus historischer Instrumente anreichern und damit auch beim nach guter Laune, großem Entertainment und Weltflucht dürstendem Publikum ausgezeichnet ankommt. Natürlich passt das alles auch wie angegossen zur romantischen Location. Der Schweizer Musikantenstadl ELUVEITIE fügt sich ebenfalls in dieses musikalische Raster. Ein ganzer Fuhrpark an verschiedenen Instrumenten, deren Namen die meisten Menschen nicht einmal kennen, kommt bei den Damen und Herren zum Einsatz. Dass die Band abseits von Geige, Dudelsack und Flöte dabei mit angenehmer Härte und Moderne zu Werke geht, fällt ebenso erfrischend auf wie die hervorragende weibliche Stimme und das einnehmende Liedgut.
And the Winner is... Der Styling-Award geht an diesem Tage an BEHEMOTH, die schon allein in punkto Outfit und Bühnendesign viel Wert auf Details legen. Die imposanten gusseisernen Mikrofonständer sind dabei schon fast kleines Beiwerk. Im Laufe der Show wird viel mit dem Feuer gespielt. Bei jedem neuen Song scheint es einen neuen Effekt zu geben: Mal brennt ein umgedrehtes Kreuz, mal die geschwungenen Schlangenköpfe der Mikrofonständer, mal schießen Flammen und Rauchwolken vor der Bühne aus dem Boden, und zum Schluss fällt ein Regen aus schwarzer Folienschnipseln über die Ränge vor der Bühne. Den dunklen Polen scheint nichts zu aufwändig zu sein, um ihre Fans eine beeindruckende Show zu bieten. Doch auch außerhalb der ganzen brennenden Spielereien haben Nergal und seine Mannen einiges zu bieten. Das mit gebieterischen Posen vorgetragene Liedgut ist Respekt einflößend, technisch versiert und durchtränkt von dunkler, kalter Atmosphäre. [yb]
Auch wenn sich EDGUY mit ihrem letzten Album ziemlich ins Abseits gezockt haben, sind sie live durchaus als Macht zu bezeichnen. Tobias Sammet weiß nicht nur als Sänger, sondern vor allem auch als Entertainer zu gefallen. So kaschiert der Fronter in seinem durch lockere Sprüche aufgepeppten Auftritt, nicht ernst gemeinte Sticheleien gegen KREATOR und Lobeshymnen für Busfahrer Achim, dass EDGUY weit davon entfernt sind meinen musikalischen Fachbereich abzudecken. Irgendwann fügt man sich seinem Schicksal, staunt über die grölende und zufriedengestellte Menge, lauscht eher beiläufig Songs wie „Superheroes“ oder „Ministry of Saints“ und akzeptiert dann einfach mal, dass man hier gut unterhalten wurde, ohne dass die Musik eine übergeordnete Rolle gespielt hat. Metal darf halt auch mal Spaß machen, oder?
So ganz Unrecht hatte Herr Sammet gar nicht mal, als er verkündete, dass KREATOR nicht spielen und EDGUY stattdessen eine Sonderschicht einlegen würden. Die Essener Thrash-Formation um Frontröhre Mille musste kurzfristig auf das bandeigene Equipment verzichten und auf das Material von EMERGENCY GATE ausweichen. Glücklicherweise tut dies der Spielfreude der Truppe überhaupt nicht weh. Im Gegenteil! Nach dem musikalisch eher unbedeutenden Gig EDGUYs wird man nun großartig in die Magengrube geboxt. „Violent Revolution“, „Hordes of Chaos“, „Phobia“ – das Anfangstrio kann sich absolut sehen lassen. Und während die Dunkelheit so langsam über das Amphitheater hereinbricht und Mille tiefer in grünschimmernde Nebelfassaden gehüllt wird, wirkt der Gig immer mitreißender. Fäuste werden in die Luft gereckt, Matten geschwungen, laut umhergegrölt oder einfach nur respektvoll staunend in die Hände geklatscht. KREATOR zocken unfassbar tight, mit wahnsinniger Wucht und Kompromisslosigkeit ein Set vom Feinsten herunter. In dieses fügen sich neue Titel wie „Phantom Antichrist“ und „From Flood Into Fire“ übrigens nahtlos ein. Das neue Werk darf schon jetzt als livetauglich bezeichnet werden. Ein Gütesiegel ist wohl auch das anerkennende Abgehen meiner nicht unbedingt als Thrash-Metal-Jünger bekannten Festivalbegleitung, die einige Zeit später mit den Worten hervorbricht: „Ich hab nen neuen Lieblingssong: ‚Voices of the Dead‘“. Also wenn das kein Zeichen für Qualität ist...
Setlist KREATOR
Violent Revolution
Hordes of Chaos
Phobia
Phantom Antichrist
Extreme Aggression
People of the Lie
From Flood Into Fire
Terrible Certainty
Voices of the Dead
Coma of Souls
Endless Pain
Enemy of God
Pleasure to Kill
Terrorzone
Betrayer
Flag of Hate
Tormentor [bg]
Samstag
Als Ersatz für die kurzfristig ausgefallenen KRYPTERIA starten die deutschen Stoner-Doom-Experten BURDEN in den Tag. Die Qualität der Band um den charismatischen und stimmgewaltigen Frontmann Thorsten scheint sich unter den Metalfest-Besuchern noch nicht herumgesprochen zu haben. Die Ränge sind nur spärlich besetzt. Trotzdem kommt unter der freundlich strahlenden Sonne feinstes Southern-Metal-Feeling auf.
Thrash Metal hält jung. Beim energiegeladenen Auftritt des Bay-Area-Abräumkommandos DEATH ANGEL hat man zumindest den Eindruck, dass es so ist. Als wären die 25 Jahre, vor denen ihr Debütalbum „The Ultra-Violence“ erschien, nur ein Wimpernschlag, rocken die junggebliebenen Musiker über die Bühne und reißen das Publikum dabei mit. Ein Augenschmaus ist dabei nicht nur Frontmann Mark , der die kniekehlenlangen Dreadlocks mit wilder Eleganz zu schwingen weiß, sondern auch das fingerfertige Gitarrenduo, das viel Raum bekommt, ordentlich die Saiten schwingen zu lassen und dabei nach allen Regeln der Kunst zu posen. [yb]
Einen kurzen Abstecher ins Zelt gibt es dann auch noch. Dort gibt es mit STATE OF THE ART einen Newcomer zu bestaunen, der in seinem Soundgewand alle möglichen Einflüsse von Death über Thrash Metal bishin zum Hardcore präsentiert. Irgendein Typ hat das wohl mal Metalcore getauft. Ob sich die Band selbst als solchen bezeichnet, bleibt an dieser Stelle offen. Fest steht, dass die Jungs nach einigen Soundproblemen einen sehr engagierten Auftritt hinlegen, der im Laufe der Zeit immer mehr Besucher ins Zelt lotst und anschließend sogar zu einer Wall of Death animiert. Diese ist zwar die kleinste, die ich wohl jemals gesehen habe, aber dennoch hat diese Performance Anerkennung verdient. Ein junger Act, der in Zukunft weiter beachtet werden sollte.
Die meisten Bands des Festivals konnten rückblickend gesehen überzeugen – und das trotz der großen Bandbreite an musikalischer Ausrichtung. Für ENSIFERUM gilt das in meinem Falle nicht unbedingt. Der FINNTROLL-Zwilling ist mit seinem Humppa-Viking-Folk-Wasauchimmer Metal nun endgültig zu viel des Guten. Im Sinne der Objektivität folgen hier die um mich herum stattfindenden Fakten: tanzende Menschen mit langen Haaren und schwarzen T-Shirts, überschwappende Trinkhörner, viel Haut in zu engen Wikinger-Kostümen, Umarmungen der Fröhlichkeit, seltsame Instrumente mit außergewöhnlichen Klängen, Durst, viel Rumgehüpfe und Sonnenschein. Wie ihr dieses Szenario interpretiert, bleibt euch überlassen… [bg]
Energie vom Fass gibt es wie immer von DARK TRANQUILLITY. Mikael Stanne gibt den Duracell-Hasen zum Besten, sprintet von einer Seite der Bühne zur anderen und strahlt dabei wie mit der Sonne um die Wette. Auf das Publikum wirkt das natürlich höchst ansteckend, und so vibriert das Amphitheater von den positiven Vibes der melodiösen Schweden.
Ursprünglich sollten FEAR FACTORY als nächstes an der Reihe sein. Aus irgendeinem Grund wurden KYUSS LIVES! aber in der Running Order vorgezogen. Ob es nun schlicht an der Unkenntnis der Festivalbesucher liegt, die den Namen KYUSS noch nie im Leben gehört haben, oder daran, dass ihre von „richtigem“ Metal durchgepusteten auf eine Portion gepflegter Stoner-Dröhnung keinen Wert legen – die Ränge leeren sich jedenfalls beachtlich. Sicher ist das Metalfest nicht das optimale Festival für die neu vereinten Restmusiker der kultigen Wüstenrocker. Nur ein relativ kleiner Haufen feiert das rau und unpersönlich vorgetragene Best-Of-Programm ab. KYUSS LIVES! sind hier eine der wenigen Bands, die ausschließlich die Musik sprechen lassen. Kein Feuerwerk, keine coole Showeinlage, nicht einmal eine Ansage in Richtung Publikum hat John Garcia für seine Fans übrig. Aber was braucht man schon mehr als lässig groovende Hits wie „Gardenia“, „One Inch Man“ oder „Demon Cleaner“ Einen leicht faden Nachgeschmack bleibt nach dem Auftritt dennoch, fehlen doch Atmosphäre, Gefühl und die ein wenig die Leidenschaft der beteiligten Musiker. Bleibt also die Frage: KYUSS LIVES?
FEAR FACTORY sind schon eine zwiespältige Angelegenheit: Legendäre Alben wie „Soul Of A New Machine“ und „Demanufacture“ revolutionierten die Metalwelt, beeinflussten zahllose Bands und wirken auch heute noch gewaltig und zeitgemäß. Neben ein paar mittelschweren Hängern in der Diskographie und einigem Hin und Her im Line-Up, sind es vor allem die Liveauftritte, die häufig nicht das erfüllen, was auf den hochglanz-produzierten Alben versprochen wird. Nicht nur, dass Frontmann Burton C.Bell stimmlich nicht in der Lage ist, die hymnenhaften Refrains überzeugend zu präsentieren – er wirkt auf der Bühne nur noch wie der ausgebrannte Schatten seiner selbst. Kein Biss, keine Energie, keine Leidenschaft. Bis auf Gitarrenklops Dino Cazares und ihm hat sich die Besetzung der Band wieder gewandelt. Etwas schmerzlich wirkt sich die Abwesenheit von Drum-Tier Gene Hoglan aus, der dem Auftritt auf der Loreley sicher noch ein wenig mehr Wumms verpasst hätte. Trotz dem neuem Album „The Industrialist“, von dem auch ein Song präsentiert wird, hängen FEAR FACTORY glücklicherweise immer noch an den Klassikern. So schmeicheln „Martyr“, „Demanufacture“, „Self Bias Resistor“, „Zero Signal“ und „Replica“ auch in der müden Variante immer noch dem Ohr.
Wie sollte es anders sein? Das abschließende Gastspiel auf der malerischen Bühne der Loreley gehört einer Band, die alles in sich vereint: Hymnen zum Mitsingen, folkloristische Instrumente, einen charismatisch-sympathischen Frontmann und eine effektgeladene Show. IN EXTREMO lassen sich zur Zelebrierung eines furiosen Finales wirklich nicht zweimal auffordern. Unter der führenden Hand des letzten Einhorns bilden Band und Gäste des Amphitheaters eine harmonischen Einheit, eine klatschende, singende, Feuerzeug schwenkende Masse, für die die heile Welt noch existiert – und sei es nur für die Dauer eines Konzert. Derart angefüllt mit den positiven Energien der singenden-klingenden Fans endet das Metalfest West (auf der Zeltbühne geht es danach noch etwas weiter). Sicher hat dieses Festival in malerischer Kulisse seine Fans gefunden, die auch ein weiteres Mal den Loreleyfelsen erklimmen werden. [yb]
Fotos vom Metalfest West von Yvonne & Dominik (Huntress, Vader, Kreator, Ensiferum)
Fotos vom Metalfest Austria von Matthias
METALFEST AUSTRIA
Mining am Inn, 31. Mai - 2. Juni 2012
Die Vorfreude auf das Metalfest Austria ist im Vorfeld nicht nur wegen den angekündigten Bands riesig, nein, bereits zwei Wochen vor dem Fest verkündet der Wetterbericht ein wolkenloses Wochenende. Dumm nur, dass sich die Vorhersage täglich verschlimmert, die Vorfreude dabei immer mehr den Regenjacken und Regenschirmen im Gepäck weicht. Doch davon lässt man sich natürlich nicht abhalten, und so geht es möglichst trocken ausgerüstet ab zum Bahnhof in Richtung Mining, Österreich. Einer lustigen und bequemen Fahrt am Mittwochabend steht nichts im Wege, zumindest so lange bis zum Ausstieg in Österreich. Fast schon so, als hätte die bloße Anwesenheit in dieser Region für göttliche Erzürnung gesorgt, beginnt es bitterlich zu regnen, und das eigentlich die ganze Nacht hindurch. Die ersten Eindrücke am Vorabend sind also die gewohnten Bilder eines verregneten Festivals: Autos die immer mehr die Straßen vermatschen, Abschleppfahrzeuge, die die Neuankömmlinge zu ihren Plätzen lotsen müssen und die ersten Personen die ihre Turnschuhe mit Müllsäcken und Tüten wasserdicht machen. Partystimmung ist nicht vorhanden, stattdessen nur das eigennützige Streben nach einem trockenen Zeltplatz, selbst wenn mit Wassergräben und Abdeckplanen nachgeholfen werden muss.
Donnerstag
Der Donnerstag startet ernüchternd. Eine kühle Nässe und teilweise überschwemmte Wege sorgen schnell für Frustration. Doch davon kann man Abhhilfe schaffen, z.B. mit der ersten Band des Festivals. Diese Ehre wird der bayerischen Thrash Band MORTAL INFINITY zu Teil. Trotz des schlechten Wetters tummeln sich bereits einige Zuschauer auf dem Festivalgelände und bringen sogar eine gute Portion Stimmung mit. Songs wie „Sound of Brutality“ oder „Wake of Devastation“ gehören ganz klar zu ihrer Stärke. Mit diesem Oldschool Thrash Metal kann man sich schnell anfreunden, und zusammen mit der natürlichen und bodenständigen Darbietung auf der Bühne kann man den Start dieses Festivals als überaus gelungen bezeichnen.
Die Umbauphase bietet genug Zeit, um einmal durch die Merchandising Stände zu schlendern. Diese überzeugen zwar nicht durch eine reichhaltige Auswahl, jedoch scheinen die Preise zu stimmen und die wichtigsten Bands vertreten zu sein. Wie dem auch sei, nach gut 15 Minuten stehen schon HUNTRESS auf der Mainstage und Frontfrau Jill Janus scheint die Metalheads wie Motten ins Licht zu locken. Optisch wie musikalisch weiß diese Frau zu gefallen und sorgt gleichzeitig für gute Stimmung, welche in Anbetracht der frühen Stunde schon fast als ausgelassen bezeichnet werden kann.
FEUERSCHWANZ hat nun die Aufgabe daran anzuknüpfen. Kein Problem, denn mit ihrem Mittelalter-Metal scheinen sie genau den richtigen Nerv zu treffen. Ausgelassen und partywütig geben sich Hauptmann Feuerschwanz, Sir Lanzeflott und natürlich auch Johanna von der Vögelweide an der Geige. Mit einem hervorragenden Sound und einem aufklarenden Wetter sind die Schrecken der letzten Nacht schnell vergessen. Jetzt interessiert nur noch die kilometerlange Polonaise zu „Foltermeister“ und Jan die Fee, der bei „Wunsch ist Wunsch“ komplett in seiner Rolle versinkt.
Kontrastprogramm ist angesagt, denn nun erobern VADER die Bretter und lassen schon beim ersten Schritt auf der Bühne jegliche ausgelassene Stimmung verhallen. Es folgt eine düstere und angespannte Atmosphäre, immer mit dem Gedanken im Hinterkopf, ein Urgestein des Death Metals auf der Bühne zu sehen. „Welcome to the Morbid Reich“ und „Devilizer“ sind super Opener für ihr Programm. Jedoch kann mich diese routinierte Darbietung nicht richtig erfreuen. Doch was soll man sagen, die Musik passt, die Lautsprecher bieten abermals einen sehr guten Klang, und VADER ist und bleibt nunmal ein Fels in der Brandung. Dass dieser Auftritt glückliche Gesichter hinterlassen wird war mir schon vorher bewusst. Dennoch bin ich ein klein wenig enttäuscht über diese Abgebrühtheit und Distanz zum Publikum.
In dieser Hinsicht bin ich nun auf GRAND MAGUS gespannt. Ich konnte die Schweden schon mehrmals live bestaunen und sehr unterschiedliche Eindrücke einfangen. Über eine rasende Menschenmenge bis hin zu einem fast schon jämmerlichen Auftritt mit dutzenden Fehlern war alles vorhanden. Nun müssen sich die Jungs erstmal eine Völkerwanderung in Richtung Ausgang ansehen. Denn obwohl die Sonne nun richtig runter brennt, können sich nach VADER nicht mehr viele Leute vor der Bühne halten. Zu Unrecht, wie ich finde. Auf dem Metalfest können GRAND MAGUS mit einer lässigen Bühnenperformance überzeugen, ebenso mit einem guten Sound und astreinen Gitarrensoli. Klar, dass Schlager wie „Hammer of the North“ oder „Valhalla Rising“ nicht fehlen dürfen. Doch ganz ehrlich, mittlerweile zünden diese Klassiker nicht mehr ganz so so wie früher.
Zur nachfolgenden Band POWERWOLF muss wohl nicht viel gesagt werden. Jeder der die Werwolfsanhänger mit dem besonderen rumänischen Akzent schon mal gesehen hat weiß, dass diese Gruppe ein Garant für gute Unterhaltung ist. Mit „Werwolfs of Armenia“ und „Sanctified with Dynamite“ können sich auch die eingefleischtesten Schwarzmetaller anfreunden, und falls nicht, dann zumindest mit der schauspielerischen Leistung von Attila Dorn. Super Show, gerne wieder.
Als nächster steht KYUSS LIVES! auf meinem Programm. Völlig blauäuig gehe ich zur besagten Band und bin erstmal überrascht von der stark instrumental geprägten Musik. An musikalischer Qualität mangelt es hier nicht. Das alles jedoch auf Kosten der Stimmung. Hier ist eher Gaffen und Staunen angesagt.
Pech für KYUSS LIVES!, als es wieder anfängt zu regnen. Mit den Schrecken der Nacht im Hinterkopf fliehen die Zuschauer aus dem Festivalgeände, und auch ich nutze die Gelegenheit, um mir im Partyzelt LENG TCH'E anzuhören. Dort steht auch schon eine ordentliche Horde vor der Bühne und feiert Frontman Serge Kasongo, der scheinbar öfters beim Publikum rumsteht als auf der Bühne. Die Folge daraus ist ein Mosphit, eine Wall of Death und einige Crowd Surfer auf engstem Raum. Es scheint so, als suchten die Jungs immer das Extreme, und was hier abgeht kann man auch durchaus so bezeichnen. Für mich ist LENG TCH'E eine absolute Live Band, bestens geeignet für das Party Zelt.
Mittlerweile hat sich der Regen verschlimmert, und so suchen immer mehr Leute Zuflucht im Zelt. Damit haben nun NEXUS INFERIS ein fast volles Zelt, jedoch mit dem Wissen, dass wohl nur die wenigsten wegen ihrer Musik erscheinen. Denn mittlerweile hat sich das Wetter zu einem Sturm aufgebauscht, der für viele Metalfans bereits heute die Abreise bedeuten wird. In Anbetracht der Situation wird der Death Metal auf der Bühne schnell als belanglos eingestuft. Die Gedanken liegen viel eher beim Konstrukeur des Zeltes, und spätestens als es die erste Zeltstange rausdrückt bei der Filmreihe Final Destination.
Zehn Minuten dauert das ganze Spektakel, bis man sich wieder trockenen Fußes zu seinem Zeltplatz begeben kann. Die Eindrücke auf dem Weg dorthin sind teilweise ziemlich erschreckend. Gut die Hälfte der Pavillons scheinen kaputt zu sein oder irgendwo auf dem Auto der Nachbarn zu liegen. Manche Gruppen haben sämtliche Zelte verloren, und selbst die Pommesbude steht knietief unter Wasser. Schnell macht die Information die Runde, dass BEHEMOTH und KREATOR abgesagt werden, da für die Sicherheit der Besucher nicht mehr garantiert werden kann. Diese ganzen Eindrücke summieren sich, nehmen jegliche Hoffnung auf die nächsten Tage. Heimfahrende Fahrzeugkollonen und Abschleppfahrzeuge im Dauereinsatz versüßen das Bild vom abgesoffenen Metalfest, welches in diesem Moment nur noch ein einziger Durchhaltewettbewerb ist.
Freitag
Nach einer verregneten Nacht und einem sehr feuchten Morgen offenbart dieser Freitag schnell ein erschreckendes Bild der Gesamtsituation. Die Reihen der Campingplätze haben sich gelichtet, ein diagonaler Durchgang durchs Gelände ist problemlos möglich. Kein schönes Bild, weswegen es auch erst kurz nach Mittag zu den ersten Bands geht.
Dies bedeutet also schwedischen Hard Rock der Marke GRAVEYARD als Alternative zum Verdauungsschlaf. Die Jungs geben sich souverän auf der Bühne und können somit die bereits zahlreich erschienen Fans gut bei Laune halten. Diese eher softe Spielweiße ist genau das richtige zur frühen Morgenstunde, macht aber eher mehr Lust auf das nächste Bier als auf Headbangen und wildes Rumgemoshe.
Für solche Sachen sind dann schon eher DEATH ANGEL zuständig. In Anbetracht der vielen Zuschauer hätte man diese Band wohl problemlos als Headliner einsetzen können. Dieser Auftritt hat alle selbst gesetzten Hoffnungen erfüllt. „Trashers“ und „Evil Priest“ geben schnell den Takt vor, und ebenso schnell steht fest: Hier wird die komplette „Ultra-Violence“ runtergespielt. Was für ein starkes Stück! Eine starke Performance, trotz verloren gegangener Instrumente und Equipment. Auf die Fluggesellschaften ist vielleicht nicht immer verlass, auf DEATH ANGEL sicherlich umso mehr.
SALTATIO MORTIS zeigen danach eine mindestens ebenso engagierte Bühnenarbeit. Vom gleichen Niveau kann man leider nicht sprechen. Dafür sind die Ansagen viel zu aufgesetzt, und auch die Musik kann nicht ansatzweiße an das Niveau von DEATH ANGEL kratzen. Lieder wie „Eulenspiegel“ haben sicherlich ihren Reiz, doch geblendet von der vorherigen manischen Perfektion wild gewordener Thrash Metaller finde ich in diesem Auftritt keinen großen Gefallen.
Dies will sich auch bei einer größeren Hausnummer nicht ändern. An DARK TRANQUILLITY gibt es nicht auszusetzen, doch ein immer lichter werdendes Publikum und eine Musik, die keinen einzigen Rezeptor in meinem Gehirn treffen will, treiben mich weiter ins Partyzelt, immerhin gibt sich dort ein kleiner Geheimtipp zum Besten.
TURBOWOLF stehen schon auf der Bühne, umgeben von circa einhundert Fans. Das Ganze gibt dem eigentlich gut besuchten Festival schon fast einen Touch von Underground Flair. Die Jungs könnten frisch aus dem Film Airhead stammen, so authentisch wirkt diese ganze Sache. Mit ihrer Mischung aus Rock‘n‘Roll, Psychedelic Rock und etwas härterem Metal zünden sie sehr schnell. Ein klasse Auftritt der mich sofort dazu einlädt, das nächste Konzert dieser vier Briten zu besuchen.
Ein Blick auf das Line-Up macht mir klar, dass ich die nächsten Stunden wohl im Partyzelt verbringen muss. Doch was soll man sagen nach mehr als fünf Stunden voller AKREA , KRYPTERIA, GURD oder BRAINSTORM. Richtig bekannt waren mir vorher keine einzige Band, und richtig hängen bleiben will auch keine davon. Die Melodien von TURBOWOLF aber umso mehr. Vielleicht liegt es an einem ausgelaugten Berichterstatter, der einsam und auf sich alleine gestellt den Kräften von Mutter Natur trotzen muss. Vielleicht zeigt sich auch nur das gleiche Problem wie bei DEATH ANGEL. An den eben gesehenen Auftritt bei TURBOWOLF kommt eben nichts mehr heran. Sowas muss sich erst setzen und langsam verdaut werden.
Samstag
Was soll man sagen. Ein herrlicher Morgen beginnt, nachdem abermals ein kleiner Sturm über das Gelände hinwegfegte. Ein kurzer Blick aus dem Zelt macht klar, dass man mittlerweile schon per Luftlinie vom eigenen Zelt zur Mainstage gehen kann.
Der frei gewordene Weg wird auch gleich erkundet, um rechtzeitig TULSADOOM zu begutachten. Ihr Babarian Metal, in Fachkreisen auch Bavarian Metal genannt, hat für mich ein klein wenig Extraordinäres. Eine Musik, die keine Übergänge zwischen Thrash, Heavy, Death und Black Metal schafft, sondern alle Genres in sich vereint. Was man übrigens auch vom Auftreten der Musiker auf der Bühne behaupten kann. Der Start in diesen Tag wird als überaus erfreulich empfunden, und irgendwie bereue ich es auch, dass ich die vorher spielende Trachtenmusik verpasst habe. Dieser musikalische Kontrast hätte den Freudentaumel nur noch weiter steigern können.
Gute Laune macht Hunger, und so müssen einige Bands dem Mittagessen weichen. Macht aber nichts, denn immerhin steht ALESTORM schon wieder auf der Liste. Die Jungs hab ich von vornherein in eine Sparte mit FEUERSCHWANZ und SALTATIO MORTIS gesteckt. Live zeigt sich jedoch schnell eine gewisse Divergenz. Jedenfalls bin ich von ALESTORM ziemlich enttäuscht. An einem Samstag Abend könnten sie mit ihren Piraten Metal eine Welle der Begeisterung auslösen. In dieser Hinsicht ist allerdings nicht viel geboten. Die Briten erscheinen eher schüchtern und unsicher. Sowas geziemt sich nicht wirklich für ordentliche Piraten.
An diese Leistung knüpfen MOONSPELL nahtlos an. Das Ergebnis daraus ist ein stark dezimiertes Publikum. Auch ich werfe bei dieser abgebrühten und standardisierten Darbietung frühzeitig das Handtuch.
Ein ganz anderes Kaliber fährt nun HYPOCRISY auf. Schnell steht fest, dass sie sich mit DEATH ANGEL das Siegertreppchen teilen müssen. Diese spannungsgeladene Musik lässt die Luft förmlich knistern. Da heißt es nur noch zusehen und staunen. Aus ihren gefühlten fünfzig Veröffentlichungen innerhalb der letzten zwanzig Jahren haben sie sich die Creme de la Creme rausgesucht, und bringen die Zuschauer mit Knüller wie „Fractured Millenium“ oder „Fire in the Sky“ in Rage. Auch ihr neustes Album ist mit „Weed out the Weak“ vertreten. Doch ansonsten beschränken sie sich eher auf ihre althergebrachten Sachen. Schade, wie ich finde, denn mit „A Taste of Extreme Divinity“ muss man sich wirklich nicht verstecken.
BLIND GUARDIAN steht als nächstes auf dem Line Up. Die eingetroffene Menschenmenge muss wohl nicht beschrieben werden. Doch überzeugen kann es mich nicht, was ich dort auf der Bühne sehe. BLIND GUARDIAN machen halt ihr Ding. Nicht mehr und nicht weniger. Hier fehlt einfach der Pepp, genauso wie der Reiz auf ihre wenigen Gassenhauer zu warten, die auch mir gefallen können. Nach „Sacred Worlds“, „Born in a Mouring Hall“, „Nightfall“ und „Fly“ wird mir das ganze aber zu öde. Der Weg in Richtung Partyzelt wird eingeschlagen.
Dort spielen nämlich nun FLESHGOD APOCALYPSE auf. Klassische Musik in Verbindung mit Death Metal scheint auf CD ziemlich gut zu klappen. Und auch Live verfehlt diese Kombination ihre Wirkung nicht. Im Partyzelt angelangt erwarten mich also erstmal fünf Italiener im Smoking, ausgerüstet mit Gitarren, Schlagzeug, Bass und Gesang, und bereit, die Dimensionen der künstlerischen Freiheit zu sprengen. Völlig abgedrehte Soli aus dem Les-Paule-Horrorhaus, umgarnt mit Einspielungen klassischer Musik zeigt sofort seine Wirkung. Das Partyzelt habe ich noch nie so voll gesehen, und zu Recht. Hier gibt es zehnmal bessere Musik zu hören als auf der Mainstage, wo sich gerade Hansi Kürsch die Seele aus dem Leib kreischt.
Ich nehme diesen Auftritt als einen gelungenen Abschluss vom Metalfest wahr. Es kommen zwar mit WITCHRAFT, TRIPTYKON und SKULL FIST noch weitere Knaller ins Partyzelt, doch zu wissen, wann man aufhört, gilt allgemein als klug. Somit belasse ich es bei FLESHGOD, mit dem sicheren Hintergedanken, ein weiteres Festival in meiner Vita verbuchen zu können, und dem gewissen Stolz, bei diesem Durchhaltewettbewerb als Sieger vom Platz gehen zu können. [ms]
Fotos von Matthias
METALFEST OST
Dessau, 31.Mai - 2. Juni 2012
Freitag
Los geht's mit den Briten TURBOWOLF, die vor allem durch ihre Beharrlichkeit auffallen: Nach jedem der durchschnittlichen "your average retro hardrock"-Songs wird der - zugegebenermaßen ziemlich coole - Bandname in den verschiedensten Versionen zum Besten gegeben, was die vielleicht 70 Anwesenden zwar nicht zu Begeisterungsstürmen hinreißt, aber zumindest für eine gewisse Konstanz und Wiedererkennungswert sorgt. Für höhere musikalische Weihen reicht es aufgrund des altbackenen Materials indes bei Weitem nicht. [rs]
Nichtsdestotrotz verweilt der sonnige Nachmittag auch im Anschluss zunächst auf der allseits beliebten Retroschiene. Die Schweden von GRAVEYARD wollen mit ihrem Hippiegedudel beeindrucken, aber irgendwie funktionieren die chilligen Klänge heute einfach nicht, denn das Material ist einfach nicht bissfest genug und die Songs plätschern nur so vor sich hin. Öde!
Danach gibt es alles, was das Männerherz begehrt: Hässliche Iren mit Synthiegitarren und Lieder übers Saufen. Sail, Sail, Sail and Kill! [ph]
Aber eines muss man ALESTORM schon lassen: Sie machen mit ihren Original-MODERN TALKING-Umhängekeyboards zumindest Stimmung. Generell zeichnet sich das Metalfest nämlich vor allem durch ein unbeteiligt bis zaghaft begeistertes Publikum aus, das mit dem sorgsam durchbetonierten Gelände um die Charme-Weltmeisterschaft zu buhlen scheint... [rs]
Da keine Sau das Schwuppengeeier von SALTATIO MORTISMOONSPELL am Start zu sein. Sänger Fernando hat eine unglaublich hässliche Maske auf, so ne Mischung aus Gladiator und Skeletor. Der Gig ist auch irgendwie zu normal und wenig mitreißend. Schade eigentlich, denn auf die Portugiesen hatte ich mich sehr gefreut!
Nun aber schnell ins Zelt zu den überragenden NACHTBLUT! Die ‘‘Black Metaller‘‘ übertreffen sich selber und spielen am Ende des Sets den Genreklassiker ‘‘Alles nur geklaut‘‘ von den PRINZEN! Hut ab! [ph]
Mit derartigen Höhepunkten kann die Hauptbühnenalternative LEGION OF THE DAMNED zwar nicht aufwarten, aber wenn man die Holländer ein paar Jahre nicht gesehen hat, dann machen die unkomplizierten Wutbrocken durchaus Spaß. Da neben der schnörkellosen Performance auch das Feedback des Publikums stimmt, geht der Daumen für die Legion heute nach oben. [rs]
Bei strömendem Regen bleibt mir nichts anderes übrig als die angenehm quäkenden WITCHCRAFT vom heimischen Zelt aus zu begutachten. Fazit: Geile Retroband mit viel mehr Eiern als GRAVEYARD!
HYPOCRISY leiden ebenfalls unter Regen und bescheidenem Sound, was mir aber ehrlich gesagt völlig egal ist, denn die Schweden um den Herrn der Ringe sind trotzdem fett ohne Ende. Zu späterer Stunde erweisen sich die Schweden als äußerst nette Trunkenbolde. [ph]
Was Liquidator Halling hier ein wenig unbeholfen zum Ausdruck bringen möchte: HYPOCRISY wachsen sich nach dem blitzumtosten Intro zu "Fractured Millennium" (und dem Song selbst) recht bald zu einem unerwarteten Höhepunkt der ländlichen Tanzveranstaltung aus. Das liegt weniger am stimmungsvollen Regen, der schon kurz nach Beginn des Sets für Erfrischung sorgt. Vielmehr prügeln sich die Schweden in der folgenden Dreiviertelstunde ohne Atempause durch eine Setlist der Oberliga. "Fire In The Sky", "Let The Knife Do The Talking", "Adjusting The Sun", "Death Row", "Final Chapter", "Roswell 47" - die Songauswahl ist perfekt, und das angenehm abgerissene Erscheinungsbild der Mannen um den ewigen Peter verleiht dem Ganzen heute die Extraportion Metal, die einem mal wieder vor Augen führt, warum HYPOCRISY gerade live noch immer die absoluten Kings des jüngeren schwedischen Death Metals sind. Selbst wenn die Genrepolizei in der zweiten Bestuhlungsreihe ob derartiger Untrveness und mit verschränkten Armen mal wieder die Nase rümpfen dürfte... [rs]
W.A.S.P haben anschließend einen fast zu guten Sound. Immer wieder hört man ja Playbackgerüchte, doch glauben konnte ich dies nie - bis heute. Blackie singt schon, aber auf jeden Fall mit Unterstützung vom Band. Seine Sidekicks sind auch nur Attrappe, hat man das Gefühl. Uncool! [ph]
Mitnichten! In Zeiten, da sich manche Ensembles ganze Orchester und Opernchöre vom Band liefern lassen, sei Blackie ein wenig Unterstützung aus der Konserve gegönnt - an den Songperlen der Wespen kann ohnehin nicht mal die Zeit kratzen. Das Geile an W.A.S.P. ist zudem, dass es die letzten zwei, drei Alben durchaus mit dem Klassikermaterial aufnehmen können, wodurch sich neuere Stücke wie "Babylon's Burning" oder "Crazy" wunderbar zwischen "L.O.V.E. Machine" und "Wild Child" schieben. Das Drumherum ist sowieso klasse, also mal wieder alles im grünen Bereich. Nur die Klamotte spannt mittlerweile natürlich deutlich... [rs]
Richtig schlimm wird’s dann aber bei MEGADETH. Die Amis sind unglaublich dröge, langweilig, mit keinerlei Ei bestückt. Es ist eine Farce, wenn Hampelmann Dave Mustaine über die Bühne kraucht und ins Mikro nuschelt. DIE Enttäuschung überhaupt! [ph]
Tja, da kann man tatsächlich nix schön reden: Zwar quillt die Bühne vor Verstärkerwänden fast über und die Lightshow sorgt mit ihren Gelb- und Grüntönen für schöne Kontraste, doch wenn man die immer durch eine gewisse Wut getragenen MEGADETH-Klassiker von einem lahmarschigen Mustaine in weißem Hemd und Bundfaltenhose vorgetragen bekommt, dann kann man durchaus von einer Kreuzigung sprechen. Unter weiterer Berücksichtigung der insgesamt ziemlich durchwachsenen Setlist hilft schließlich auch "Hangar 18" nicht mehr - der MEGADETH-Patch kommt runter von der Kutte. [rs]
Im Zelt kann man dann den Abend brummig mit TRIPTYKON ausklingen lassen. Krieger Tom mit der Pudelmütze und seine Mannen und Frauen liefern wieder mächtigen Doom vom feinsten, allerdings sollte man mal langsam neue Mucke an den Start bringen, denn die Setlist kennt man schon auswendig. Trotzdem dick!
Samstag
Vergrault von HUNTRESS scheint es vernünftig FEUERSCHWANZ auch gleich zu skippen, nur um sich anschließend von VADER ordentlich die Rübe wegballern zu lassen. Einfach nur schön! [ph]
Uff, das ging jetzt etwas schnell! Den Auftakt des zweiten Tages besorgen jedenfalls SURFACE mit einer gefälligen Mischung aus Thrash und Death, der es zwar aktuell noch etwas an Widerhaken fehlen mag - prinzipiell ist das als Weckruf aber okay.
Nicht ganz so okay präsentieren sich dagegen HUNTRESS, denn selbst wenn man den durchaus kundig verschraubten Retro/Stoner/Heavy Metal-Kompositionen der Amis etwas abgewinnen kann, kommt irgendwann unvermeidlich der Punkt, an welchem der Gesang einsetzt. Und was Mademoiselle Jill Janus hier abzieht, mag vielleicht für die Playboy-Villa reichen - mit differenzierter Artikulation hat das zwischen Jaulen und Kreischen pendelnde Stimmbandgulasch hingegen nichts gemein.
Wirkliche Erleichterung stellt sich mit den kurz darauf aufspielenden FEUERSCHWANZ zwar nicht ein, allerdings haben die Mittelalter-J.B.O. einen guten Draht zum Publikum, der durch die an der Bühnenfront platzierte riesige Metmaschine fleißig gepflegt wird. Die Songs sind einfach, die Mitmachspiele kurzweilig, alles in allem daher ein bunter und durchaus gelungener Auftritt - wenn man die Musik denn mag.[rs]
Das schwedische Trio von GRAND MAGUS besticht im Anschluss durch Bart und Pornobrille und natürlich durch treffsicheres Material. Insgesamt ne schöne Geschichte, wobei ich manchmal den Drive früherer Scheiben vermisse!
LENG TCH'E knallen danach im Zelt alles in D-Zug-Manier weg. Highlight der Show ist der Typ auf der Bühne, der aus dem Publikum kam und einfach mal mit Sonnenbrille oberkörperfrei posiert bis die Show vorbei ist. Schönes, wirres Gebratze! [ph]
Während sich Meister Halling der oberkörperfreien Männlichkeit widmet, geht es auf der Hauptbühne angezogener zu: POWERWOLF - wie immer im feinen Zwirn - verabreichen dem Publikum eine Dosis ihres theatralischen Heavy Metals, die auch heute ihre Wirkung nicht verfehlt. Ob "Sanctified With Dynamite", "We Drink Your Blood" oder das unvermeidliche "Ressurrection By Erection" - die Werwölfe können mit ihrer mitsingtauglichen Mischung auch heute punkten.
Auf ELUVEITIE trifft das irgendwie ebenfalls zu. selbst wenn sich mir bis heute nicht erschließt, warum das "Heidenfest"/"Paganfest"-Volk auf die Schweizer abgeht. Auf die Ohren gibt es wie immer generischen Metalcore mit McPagan-Kante, der spätestens ab der dritten Nummer in einem einheitlich übersteuerten Soundbrei aufgeht. Sei's drum, zumindest sorgt das vielköpfige helvetische Kommando für zufriedene Gesichter... [rs]
NEXUS INFERIS haben im Zelt dagegen völlig die Arschkarte gezogen, denn es sind kaum Leute vor der Bühne. Bedauerlicherweise, denn die Briten machen ordentlich Alarm mit ihrem orchestralen Cyborgkrach!
Das erste eigentliche Highlight sind dann (natürlich) BEHEMOTH. Der genesene, aber stimmlich schwächelnde Nergal und sein unheiliges Schwadron beeindrucken mit einer gekonnten Mischung aus Choreographie, perfekten Griffen und anständig Lametta! Ein Traum in Schwarz und aber auch Gold!
Auf EDGUY und KREATOR habe ich keinen Bock, also husch husch ins Zeltchen zu SEPTIC FLESH. Die griechische Bombast-Armada haut mich heute richtig weg. Hier passt alles, auch wenn natürlich einiges vom Band kommt... [ph]
...und nach "Persepolis" die Wall Of Death gefordert wird?! Da hat wohl jemand zu viele Fastfood-Festivals mitgenommen, was angesichts der restlichen Setlist - "Vampire Of Nazareth", "Lovecraft's Death", "Anubis" und das großartige "Pyramid God" - aber nicht weiter stört. Absolut empfehlenswerte Liveband!
Was man von EDGUY heute irgendwie nicht behaupten möchte. Abgesehen vom ohnehin ziemlich belanglosen Hard-Röckchen, das die Mannen um Sammet mittlerweile abziehen, scheint auf dem Metalfest der Headliner-Virus zu grassieren, denn auch EDGUY wirken irgendwie lustlos, was vielleicht nicht zuletzt am überschaubaren Publikum liegt und auch durch an amerikanische Soaps erinnernde Grinseinlagen nur wenig abgefangen wird. In weiten Teilen verzichtbare Angelegenheit.
Dann schon lieber KRÖTER: Das noch immer/immer mal wieder aktuelle deutsche Flaggschiff hat sich mit "Phantom Antichrist" einen neuen Mettigel ans Revers geheftet und stellt selbigen - in Form des Titeltracks - heute bereitwillig der interessierten Hausfrau vor. Dass die Band eine eigene Hausnummer ist, zeigt sich indes schon bei den Rahmenbedingungen: Das riesige Backdrop mit neuem Covermotiv sorgt dank fluoreszierender Farbakzente für die beste Optik des Festivals, die Beleuchtung steht dem Ganzen selbstredend kaum nach und auch soundtechnisch schöpft das noch immer schön aggro wirkende Urgestein erwartungsgemäß aus den Vollen. Da stört es wenig, dass man KREATOR im Grunde schon gefühlte 25-mal mit ähnlichem Programm abgefeiert hat - in dieser Form darf die "Violent Revolution" gerne auch in Dessau starten. [rs]
Endlich ist es so weit, ich darf ORANGE GOBLIN sehen, ach was, fühlen! Eigentlich passen die Insulaner überhaupt nicht ins Billing, aber siehe da, das Zelt ist besser gefüllt als bei den meisten Bands. Was soll ich sagen? Absolutes, kollektives Ausklinken ist angesagt. Die Band ist sichtlich begeistert ob der Jubelstürme, die auf sie niederprasselt. Als Dankeschön gibt es eine groovige, rockige, schweißtreibende Nummer nach der anderen. Beste Band des Festivals! [ph]
Sicher nicht die beste Band des Festivals, aber doch überaus erbaulich sind anschließend auch SWALLOW THE SUN, die im Zelt für den Abschluss des Tages sorgen dürfen. Die bewegungsabstinenten Finnen sind mittlerweile Routiniers im Erzeugen von Stimmungen, was aufgrund des qualitativ hochwertigen Backkatalogs kaum verwundert, und so versprüht der Gig zwischen "New Moon" und alten Bekannten wie "Horror Pt. I" eine ganze Menge Charme. [rs]
Samstag
Der Samstag startet mit der zunächst kundig verheimlichten Mitteilung, dass KRYPTERIA wohl nicht auftreten werden, was alle 25 Anhänger der Simpelrocker an Ort und Stelle ins Instantkoma bollert. Zwei Tage das beschissenste Festivalwetter der Republik ausgehalten und dann sowas! Manchmal müssen selbst Worte versagen...
Für STRYDEGOR ergibt sich aus dieser Entwicklung gleich zweierlei: 'ne Viertelstunde später anfangen, etwas länger spielen. Und ganz ehrlich: Was die Nordlichter her abliefern, macht zum Tagesauftakt richtig Laune. Irgendwo zwischen furztrockenem Death Metal und gepflegter AMON AMARTH-Schinkigkeit bollern sich STRYDEGOR durch einen kurzweiligen Set, der zwar keine dicken Bretter bohrt, aber einen grundsympathischen Ersteindruck hinterlassen kann. Alles richtig gemacht!
Das gilt in professioneller Hinsicht sicher auch für die nun folgenden (volkenden?) HEIDEVOLK, die mit ihren zwei Frontern stets ein wenig übermotiviert wirken. Klar, die Vokalharmonien sitzen und werden weidlich ausgekostet, aber wenn man den Blick auf das darunter liegende Songmaterial lenkt, dann gibt es außer Pagan Metal von erstaunlicher Durchschnittlichkeit nur sehr wenig zu entdecken. Immerhin: So reicht es mal wieder zum Inbegriff einer Nische, die sich in ihrer kreativen Sackgasse so richtig schön eingerichtet hat.[rs]
Erst zu DEATH ANGEL geht es zur Hauptbühne und die sind wie immer, nämlich sehr gut, aber eben auch nicht herausragend megageil. Außerdem merkt man den Besuchern an, dass sie schon zwei bis drei Tage Alles gegeben haben.
DARK TRANQUILLITY lassen mich im Anschluss komplett kalt. Warum sind solche Bands so populär? Weiß das jemand? [ph]
Dem Manne kann geholfen werden: Weil bei den Schweden überragende Songs und ein unglaublicher Charmebolzen namens Mikael Stanne zusammenkommen. Klar, wenn man sich der jüngeren Entwicklung des Göteborg-Sounds komplett verschließt, dann sind DT seit einer guten Dekade weg vom Fenster - für alle anderen jedoch fällt hier mit Songs wie "Terminus (Where Death Is Most Alive)", "The Mundane And The Magic" oder "Misery's Crown" ein Hammerschlag nach dem anderen. Da können selbst die vermaledeite Technik und der wenig detaillierte Sound wenig ausrichten: DARK TRANQUILLITY? - Immer wieder gerne! [rs]
ENSIFERUM werden aus kluger Überlegung heraus weggelassen, da ich mit Stimmungsmache jenseits von Achim Mentzel nichts anfangen kann und mir das Gejodel voll auf die Eier geht.
FEAR FACTORY wollen/sollen noch einmal alle verbliebenen Kräfte aktivieren, doch das gelingt auch nur äußerst minimal, denn zu den schiefen Tönen der rostigen Klingel aka Frontmann will irgendwie keiner aus dem Publikum bellen. Insgesamt keine schlechte Show, aber doch schon sehr gleichförmig. Nicht mein Ding! [ph]
Jaja, der Gesang von Bell ist in der Tat das absolut Unterirdische im Sound der Amis und man fragt sich mittlerweile a) warum/wie der Mann noch ein Projekt mit Klargesang an den Start bringen konnte, und b) warum man die ohnehin bis zum Anschlag computerisierten Vocals nicht gleich vom Band oder einem versierten Gast beisteuern lässt? Mir ist das heute jedenfalls trotzdem egal, denn jenseits des schauderhaften Geleiers besteht die Musik von FEAR FACTORY eben auch aus Riffs, Riffs, und noch mehr Riffs. Eins mit mehr Eiern als das andere, Wiedererkennung galore, "Self Bias Resistor", "Demanufacture", "Replica", "Scapegoat". Feddich is die Laube... [rs]
Auf KYUSS LIVES! hatte ich mich im Vorfeld schon gefreut, aber so richtig will auch hier keine Freude aufkommen. Keine Kommunikation mit dem Publikum, eine introvertierte Show und dann auch noch eine zehnminütige Jamsession! Der Funke springt nicht über. So eine Band ist etwas für eine intensive Clubshow, aber garantiert kein Co-Headliner für ein Festival! [ph]
Selber Schuld: Wenn man die mit Erwartungen überfrachtete amerikanische Kohle-only-Halbreunion den gleichzeitig im Zelt aufspielenden LAKE OF TEARS vorzieht, dann gibt's eben auch mal lange Gesichter. Die Schweden dagegen machen heute mal wieder alles richtig, was die knapp 45 Minuten wie im Fluge vergehen lässt: Als Einstieg etwas Drive in Form von "Taste Of Hell", danach folgt mit "Illwill", "Boogie Bubble", ""Raven Land", "So Fell Autumn Rain" und "The Greymen" ein Parforce-Ritt durch die Bandgeschichte, der nur durch die zerbrechliche Wärme eines "House Of The Setting Sun" unterbrochen wird. Überraschend (und überraschend gut!) fügt sich mit "As Daylight Yields" sogar ein Track der ersten Scheibe in die Setlist ein, der dank hörbar verbesserten Gesangs ein echtes Schmankerl darstellt und die Rundum-sorglos-Packung gelungen abrundet. Eine absolut makellose Band.
IN EXTREMO hingegen passen dann wieder in's bereits angeschnittene Headliner-Schema: Bemüht um Stimmung, aber trotz Feuershow immer mit jenem Hauch von professioneller Lustlosigkeit behaftet, der das Konzert als einen endlosen Kampf für beide Seiten erscheinen lässt. Das war auf dem Metalcamp 2011 noch vollkommen anders, weshalb wir über diesen Abschlussgig des Metalfest Ost den gnädigen Mantel des Schweigens breiten wollen. [rs]
Top Halling: BEHEMOTH, ORANGE GOBLIN, TRIPTYKON
Top Scheidler: HYPOCRISY, LAKE OF TEARS, SEPTIC FLESH
Flop Halling: W.A.S.P., MEGADETH, 3m Luftlinie zum Partyzelt und ein Durchgang, durch den man nicht darf und stattdessen ein zehnminütiger Fußweg einmal ums Gelände
Flop Scheidler: Wetter, charmebefreite und überdimensionierte Location, MEGADETH
METALFEST WEST
Loreley, 7. - 9. Juni 2012
Früher war es einmal die schöne Loreley, die auf dem Felsen, um den der Rhein sich schlängelt, die ihre Matte schüttelte - heute ist es eine stattliche Anzahl von Metalheads, die auf diesem hübschen Flecken deutschen Landes ihre Zelte aufgeschlagen haben und zu einem bunten Strauß vergnügter Metalmelodien energische Haarpflege betreiben. Der westdeutsche Ableger des bisher ausschließlich im östlicher gelegenen Dessau stationierten Festivalereignisses lockt nicht nur mit einem namhaften Billing, sondern auch mit einer ungewöhnlichen Location und einer traumhaften Aussicht ins Grüne. Wie beim ruhrpöttischen Rock Hard Festival erfreut sich der Besucher am Rundum-Sorglos-Blick auf die Bühne und – nicht wie bei anderen großen Festivals vom Winde verwehten – guten Klangbild des Amphitheaters. Die rund um die Bühne angelegten Steinstufen verhindern jedoch übliche spaßige Aktionen wie Moshpits. Tatsächlich ließ sich bei einem schon betagteren Fan der Drang beobachten, auch in engen Gängen zwischen den Stufen die übrigen Besucher zu ein wenig mehr Bewegung anzuschubsen – der größte Teil des Publikums erfreute sich aber auch daran, die Konzerte stehend und staunend, bangend und faustschwingend, manchmal auch crowdsurfend zu genießen.
Die Alternative zur Hauptbühne bildete ein etwas lieblos aufgebautes Zelt mit einer noch liebloser aufgebauten kleinen Bühne, auf der sich die Musiker der dort hinquartierten Bands manchmal schon etwas drängeln mussten. Dennoch bekam man mit dieser zweiten Bühne die Möglichkeit geboten, sich Newcomer oder hochkarätige Spezialisten zu Gemüte zu führen.
Die Organisation des kleinen Festivals erweckte ein wenig den Eindruck eines gemütlichen Chaos'. Wenig amused waren die Fans, die am ersten Tag des Festivals teilweise mehr als zwei Stunden in der brütenden Sonne auf den Umtausch ihrer Karten in Festivalbändchen warten mussten. Danach schien man sich beim Einlass auf das Festivalgelände nur noch auf sporadische Kontrollen zu beschränken – teilweise wurden Tore bei größerem Andrang oder verschlammtem Boden komplett und ohne Einlasskontrollen geöffnet. So ließen es sich viele Besucher nicht nehmen, ihre mitgebrachten Bierdosen mit auf das Gelände zu nehmen, was bei den Wacken-Preisen für Getränke auch niemandem verübelt werden kann.
Während auf dem Festivalgelände für alle allzumenschlichen Bedürfnisse eine bequeme Lösung gab, war die Bestückung mit Mobiltoiletten auf den Zeltplätzen teilweise etwas dürftig. Insgesamt waren die Metalfest-Besucher eine sehr friedliche, feierfreudige Gesellschaft. Dass es hier und da Spezialisten gab, die Spaß daran hatten, Zäune und Dixies umzuwerfen, ist sicher nur der Tatsache zu schulden, dass sich unter größeren Menschenmengen zwangsläufig die ein oder andere Hohlbirne tummelt.
Donnerstag
Separates Parken bedeutet, dass man erst einmal allerhand Gepäck über unwegsames Gelände buckeln muss. Nachdem man sich mit den tierischen Nachbarn – den Boden unterhöhlende Feldmäuse und urzeitlich anmutende Ohrenkneifer, von denen der ein oder andere in den hintersten Winkeln des Gepäcks mit nach Hause transportiert wurde – angefreundet hat, heißt es auch schon, das Treiben auf der Bühne zu erkunden, wo sich gerade ein portugiesisches Gewitter entlädt. Letzte stichhaltige Beweise fehlen zwar, aber MOONSPELLs dunkle Klänge tragen sicher auch dazu bei, dass sich das Wetter von freundlich-sonnig zu bäh-feucht wandelt: Düstere Vampirhymnen sind eben keine Schönwettermusik. Das unterhaltsame Musiktheater trifft nicht nur bei Fans gepflegter Gruselatmosphäre ins Schwarze, und wenn die Band schon mal in einer so schönen Kulisse aufspielen darf, präsentiert sie natürlich auch die unsterblichen Klassiker „Opium“, „Trebaruna“, „Alma Mater“ und „Fullmoon Madness“. Fernando Ribeiros Feuer lodert beständig, dazu bedarf es nicht des exzentrischen Gladiatorenhelms, den er zu Beginn der Show trägt.
Etwas weniger theatralisch geht es danach bei den Holländern LEGION OF THE DAMNED, die bodenständige Thrashriffs am Fließband in die Menge werfen. Die Zuschauer danken es trotz ungemütlicher Wetterbedingungen mit fröhlichem Zurückbangen. Für Freunde abwechslungsreicherer musikalischer Kost wird das etwas eindimensionale Riffgeschrubbe aber schnell langweilig.
Großes metallisches Tennis gibt es aber danach von HYPOCRISY. Peter Tägtgren trägt heute ein Footballhemd zur Schau, das ihm locker zwei Nummern zu groß ist. Sein einnehmendes Charisma und die durchdringende Stimme verhindern zum Glück, dass er komplett darin verschwindet. Große Deathmetal-Hymnen wie „Fractured Millenium“, „Fire In The Sky“ und „Roswell 47“ scheinen wie geschaffen für das Amphitheater auf der Loreley. Wer solche Songriesen und einen geschmackvoll gekleideten Frontmann in seinen Reihen hat, braucht auch keine große Effektshow. Das Dargebotene trifft auch so effektvoll in Herz und Magengrube. [yb]
BLIND GUARDIAN gehören auch im Jahre 2012 unbestritten noch zum Besten, was die deutsche Metallandschaft zu bieten hat. Seit Jahr und Tag singen freudestrahlende Kuttenträger inbrünstig Songs wie „Valhalla“ oder „Mirror Mirror“ mit und lassen ihre Matten kreisen. Unterschiede zwischen einzelnen BLIND GUARDIAN-Gigs bestehen oft nur in Nuancen. Da ist es beim Metalfest schon fast überraschend, dass die Krefelder Formation auf neuere Titel verzichtet und stattdessen eine schicke „Best-of“-Performance abliefert, die für viel Anerkennung sorgt. „Lost in the Twilight Hall“ hört man beispielsweise nicht so häufig. Ansonsten kann man mit Titeln wie „Time Stands Still (at the Iron Hill)“, „Majesty“ und der ewigen Ballade „The Bard’s Song – In the Forest“ natürlich nicht viel falsch machen. Irgendwie wird man bei der Darbietung im Amphitheater aber das Gefühl nicht los, dass sich die Band etwas zurückhält. Hansi wirkt in seinen Ansprachen sowieso etwas pseudo-eloquent bis theatralisch. Und da über das Treppensystem die übliche Crowdsurfing-Action unmöglich ist, fühlt man sich manches Mal wie bei einer „Night in the Opera“. Zum Glück war das Ambiente kein Anliegen für die Band dieses unsagbar langweilige Album durchzuzocken. Widmen wir uns lieber der Setlist…
Setlist BLIND GUARDIAN
Sacred World
Welcome to Dying
Nightfall
Time Stands Still (at the Iron Hill)
Majesty
Tanelorn (Into the Void)
Valhalla
Lost in the Twilight Hall
Bright Eyes
Imaginations from the Other Side
The Bard’s Song – In the Forest
Mirror Mirror [bg]
Auch bei FLESHGOD APOCALYPSE wird viel an der Orgel gedreht. Während Hansi Kürsch auf der Mainstage Dirigent spielt, haben sich die im Zelt aufspielenden Italiener richtig in Schale geworfen. Hier gilt es, Death Metal mit Geklimper zu vereinen. Wegen des eher dürftigen Sounds an der Zeltbühne, kommt die gewagte Soundkombination nicht ganz so vollendet zur Geltung wie Beethovens Neunte – eine exotische Abwechslung zu den Tolkien-Chören vor der Hauptbühne gibt es aber allemal.
Die Headliner MEGADETH protzen mit riesigen Verstärkerwänden, die nicht nur den Sound, sondern wohl auch das Ego der aufspielenden Musiker verstärken sollen. Irgendwie wirken Megadave und seine beiden Sidekicks vor den Boxen auch leicht verloren – das scheinbar leichtfüßig und ohne viel Tammtamm vorgetragene Liedgut trifft dagegen bei den Mega-Fans voll ins Schwarze. Der weiß gekleidet in den Mittelpunkt gerückte Dave Mustaine beschränkt sich fast ausschließlich auf sein Instrument und seine heute nicht ganz so nackenhaarsträubend krächzende Stimme. Das kann man sehr cool finden, aber durchaus auch kühl und nichtssagend.
Freitag
Ach, du meine Güte, das ist aber ein verdammt hoch kreischender Kerl, von dem man da heute wach krakeelt wird! Bei der Ansage zwischen den Songs und nach einem kurzen Blick auf die Bühne sieht man sich an der Front der Amis HUNTRESS jedoch einem waschechten Metalweib gegenüber. Den männlichen Fans scheint nicht nur die reife Gesangsleistung der ambitionierten Dame zu gefallen. Für meinen Geschmack hat das mit mächtigen Overkneestiefeln bewaffnete blonde Wesen aber ein wenig zu tief in die Klischeekiste gegriffen.
Zwischen Frühstück und Mittagessen stampft die polnische Deathmetal-Institution VADER auf die Bühne. Spätestens bei den ersten Riffsalven sind dann auch die letzten Ausläufer von Müdigkeit weggesprengt. Ganz in Schwarz und Rot präsentieren sich VADER mächtig durchgestylt und mit gewohnter Durchschlagskraft. Ein wenig deplatziert wirken sie zu dieser frühen, sonnigen Tageszeit allerdings doch. Die Deathmetal-Fans unter den Festivalbesuchern kommen für den makellosen Auftritt in Scharen aus ihren Ecken gekrochen. Bei GRAND MAGUS lichten sich die Ränge des Amphitheaters merklich. Die Stimmung, die VADER während ihres Auftritts entfachten, können sie nicht halten. Dabei zeigen sich die sonnenbebrillten Schweden von ihrer lässigsten Seite. [yb]
Als Fan von mittelalterlich inspirierter Rockmusik kann man mich nun wahrlich nicht bezeichnen. Vielleicht ist es eine Mischung aus Lethargie und Alkohol, die mich dazu veranlasst, während des Gigs von SALTATIO MORTIS nicht meinen Platz zu räumen. Für die Tatsache, dass man mit keinerlei positiven Erwartungen an diesen Auftritt heran geht, ist das Dargebotene gar nicht mal so übel. Zwar ist Frontäffchen Alea der Bescheidene weit davon entfernt seinem Namen gerecht zu werden, springt er doch arg überheblich über die Bühnenoberfläche, dennoch machen Titel wie „Prometheus“ durchaus Laune. Getreu dem bandeigenen Motto „Wer tanzt, stirbt nicht“ ist die Mannheimer Combo stets darum bemüht, das Publikum auf ansprechende Weise zu animieren. Das ist bewundernswert, bei dem allgemein eher geringen Interesse aber nicht unbedingt von Erfolg gekrönt. Im Endeffekt kein enttäuschender Auftritt, bei der Erwartungshaltung war das aber auch kaum möglich…
Von übertrieben kirchenorientierter Weihrauchperformance habe ich spätestens seit dem unsagbar beschissenen Auftritt von GHOST im Vorprogramm von TRIVIUM / IN FLAMES eigentlich genug. Dennoch betritt nun mit POWERWOLF eine weitere solche Kapelle die Bühne und es ist mal wieder an der Zeit, sich von seiner eigenen Voreingenommenheit zu lösen und im Stile des toleranten Metalhörers dem deutsch-rumänischen Konglomerat eine Chance zu geben. Früh fällt auf, dass Sänger Attila Dorn dem Ganzen einen doch etwas humoristischen Touch verleiht. Der Auftritt von POWERWOLF wird immer wieder von seinen spaßigen Ansagen aufgelockert. Und so punktet die Band eben genau dadurch, dass man das übertrieben pathetische Gehabe gar nicht mal so ernst nimmt. Spätestens mit Titeln wie „We Drink Your Blood“ und „Resurrection By Errection“ ist man dann auch als nicht Anhänger der Band ein wenig zufrieden gestellt. Musikalisch nicht Hundertprozent überzeugend, aber spaßig allemal. [bg]
Auf der Bühne der Loreley scheint es heute einen Styling-Contest zu geben: Während HUNTRESS-Frontfrau Jill sich mit Hilfe von Haarspray und Glanzleggings schon mächtig in Schale warf, VADER sich mit Ketten und Nieten uniform heraus putzten und GRAND MAGUS ganz auf ihre spiegelnden Retrobrillen vertrauten, legen POWERWOLF noch eine Schippe drauf. Die Gesichter weiß, die Leiber in schwarze Kluften gehüllt, heulen die Saarländer den Besuchern der Loreley was vom Werwolf vor. Dass die Stimmung an diesem Tag ihren bisherigen Höhepunkt erklimmt, ist bei den mitsingbaren Hymnen und dem Metal-is-Entertainment-Konzept der Wolfsbande nicht weiter verwunderlich.
Generell finden sich im Metalfest-Billing zahlreiche Bands, die ihre Musik mit schlagerhaften Metal-Melodien, vielen Showeffekten, mittelalterlicher Verkleidung und einem großen Fundus historischer Instrumente anreichern und damit auch beim nach guter Laune, großem Entertainment und Weltflucht dürstendem Publikum ausgezeichnet ankommt. Natürlich passt das alles auch wie angegossen zur romantischen Location. Der Schweizer Musikantenstadl ELUVEITIE fügt sich ebenfalls in dieses musikalische Raster. Ein ganzer Fuhrpark an verschiedenen Instrumenten, deren Namen die meisten Menschen nicht einmal kennen, kommt bei den Damen und Herren zum Einsatz. Dass die Band abseits von Geige, Dudelsack und Flöte dabei mit angenehmer Härte und Moderne zu Werke geht, fällt ebenso erfrischend auf wie die hervorragende weibliche Stimme und das einnehmende Liedgut.
And the Winner is... Der Styling-Award geht an diesem Tage an BEHEMOTH, die schon allein in punkto Outfit und Bühnendesign viel Wert auf Details legen. Die imposanten gusseisernen Mikrofonständer sind dabei schon fast kleines Beiwerk. Im Laufe der Show wird viel mit dem Feuer gespielt. Bei jedem neuen Song scheint es einen neuen Effekt zu geben: Mal brennt ein umgedrehtes Kreuz, mal die geschwungenen Schlangenköpfe der Mikrofonständer, mal schießen Flammen und Rauchwolken vor der Bühne aus dem Boden, und zum Schluss fällt ein Regen aus schwarzer Folienschnipseln über die Ränge vor der Bühne. Den dunklen Polen scheint nichts zu aufwändig zu sein, um ihre Fans eine beeindruckende Show zu bieten. Doch auch außerhalb der ganzen brennenden Spielereien haben Nergal und seine Mannen einiges zu bieten. Das mit gebieterischen Posen vorgetragene Liedgut ist Respekt einflößend, technisch versiert und durchtränkt von dunkler, kalter Atmosphäre. [yb]
Auch wenn sich EDGUY mit ihrem letzten Album ziemlich ins Abseits gezockt haben, sind sie live durchaus als Macht zu bezeichnen. Tobias Sammet weiß nicht nur als Sänger, sondern vor allem auch als Entertainer zu gefallen. So kaschiert der Fronter in seinem durch lockere Sprüche aufgepeppten Auftritt, nicht ernst gemeinte Sticheleien gegen KREATOR und Lobeshymnen für Busfahrer Achim, dass EDGUY weit davon entfernt sind meinen musikalischen Fachbereich abzudecken. Irgendwann fügt man sich seinem Schicksal, staunt über die grölende und zufriedengestellte Menge, lauscht eher beiläufig Songs wie „Superheroes“ oder „Ministry of Saints“ und akzeptiert dann einfach mal, dass man hier gut unterhalten wurde, ohne dass die Musik eine übergeordnete Rolle gespielt hat. Metal darf halt auch mal Spaß machen, oder?
So ganz Unrecht hatte Herr Sammet gar nicht mal, als er verkündete, dass KREATOR nicht spielen und EDGUY stattdessen eine Sonderschicht einlegen würden. Die Essener Thrash-Formation um Frontröhre Mille musste kurzfristig auf das bandeigene Equipment verzichten und auf das Material von EMERGENCY GATE ausweichen. Glücklicherweise tut dies der Spielfreude der Truppe überhaupt nicht weh. Im Gegenteil! Nach dem musikalisch eher unbedeutenden Gig EDGUYs wird man nun großartig in die Magengrube geboxt. „Violent Revolution“, „Hordes of Chaos“, „Phobia“ – das Anfangstrio kann sich absolut sehen lassen. Und während die Dunkelheit so langsam über das Amphitheater hereinbricht und Mille tiefer in grünschimmernde Nebelfassaden gehüllt wird, wirkt der Gig immer mitreißender. Fäuste werden in die Luft gereckt, Matten geschwungen, laut umhergegrölt oder einfach nur respektvoll staunend in die Hände geklatscht. KREATOR zocken unfassbar tight, mit wahnsinniger Wucht und Kompromisslosigkeit ein Set vom Feinsten herunter. In dieses fügen sich neue Titel wie „Phantom Antichrist“ und „From Flood Into Fire“ übrigens nahtlos ein. Das neue Werk darf schon jetzt als livetauglich bezeichnet werden. Ein Gütesiegel ist wohl auch das anerkennende Abgehen meiner nicht unbedingt als Thrash-Metal-Jünger bekannten Festivalbegleitung, die einige Zeit später mit den Worten hervorbricht: „Ich hab nen neuen Lieblingssong: ‚Voices of the Dead‘“. Also wenn das kein Zeichen für Qualität ist...
Setlist KREATOR
Violent Revolution
Hordes of Chaos
Phobia
Phantom Antichrist
Extreme Aggression
People of the Lie
From Flood Into Fire
Terrible Certainty
Voices of the Dead
Coma of Souls
Endless Pain
Enemy of God
Pleasure to Kill
Terrorzone
Betrayer
Flag of Hate
Tormentor [bg]
Samstag
Als Ersatz für die kurzfristig ausgefallenen KRYPTERIA starten die deutschen Stoner-Doom-Experten BURDEN in den Tag. Die Qualität der Band um den charismatischen und stimmgewaltigen Frontmann Thorsten scheint sich unter den Metalfest-Besuchern noch nicht herumgesprochen zu haben. Die Ränge sind nur spärlich besetzt. Trotzdem kommt unter der freundlich strahlenden Sonne feinstes Southern-Metal-Feeling auf.
Thrash Metal hält jung. Beim energiegeladenen Auftritt des Bay-Area-Abräumkommandos DEATH ANGEL hat man zumindest den Eindruck, dass es so ist. Als wären die 25 Jahre, vor denen ihr Debütalbum „The Ultra-Violence“ erschien, nur ein Wimpernschlag, rocken die junggebliebenen Musiker über die Bühne und reißen das Publikum dabei mit. Ein Augenschmaus ist dabei nicht nur Frontmann Mark , der die kniekehlenlangen Dreadlocks mit wilder Eleganz zu schwingen weiß, sondern auch das fingerfertige Gitarrenduo, das viel Raum bekommt, ordentlich die Saiten schwingen zu lassen und dabei nach allen Regeln der Kunst zu posen. [yb]
Einen kurzen Abstecher ins Zelt gibt es dann auch noch. Dort gibt es mit STATE OF THE ART einen Newcomer zu bestaunen, der in seinem Soundgewand alle möglichen Einflüsse von Death über Thrash Metal bishin zum Hardcore präsentiert. Irgendein Typ hat das wohl mal Metalcore getauft. Ob sich die Band selbst als solchen bezeichnet, bleibt an dieser Stelle offen. Fest steht, dass die Jungs nach einigen Soundproblemen einen sehr engagierten Auftritt hinlegen, der im Laufe der Zeit immer mehr Besucher ins Zelt lotst und anschließend sogar zu einer Wall of Death animiert. Diese ist zwar die kleinste, die ich wohl jemals gesehen habe, aber dennoch hat diese Performance Anerkennung verdient. Ein junger Act, der in Zukunft weiter beachtet werden sollte.
Die meisten Bands des Festivals konnten rückblickend gesehen überzeugen – und das trotz der großen Bandbreite an musikalischer Ausrichtung. Für ENSIFERUM gilt das in meinem Falle nicht unbedingt. Der FINNTROLL-Zwilling ist mit seinem Humppa-Viking-Folk-Wasauchimmer Metal nun endgültig zu viel des Guten. Im Sinne der Objektivität folgen hier die um mich herum stattfindenden Fakten: tanzende Menschen mit langen Haaren und schwarzen T-Shirts, überschwappende Trinkhörner, viel Haut in zu engen Wikinger-Kostümen, Umarmungen der Fröhlichkeit, seltsame Instrumente mit außergewöhnlichen Klängen, Durst, viel Rumgehüpfe und Sonnenschein. Wie ihr dieses Szenario interpretiert, bleibt euch überlassen… [bg]
Energie vom Fass gibt es wie immer von DARK TRANQUILLITY. Mikael Stanne gibt den Duracell-Hasen zum Besten, sprintet von einer Seite der Bühne zur anderen und strahlt dabei wie mit der Sonne um die Wette. Auf das Publikum wirkt das natürlich höchst ansteckend, und so vibriert das Amphitheater von den positiven Vibes der melodiösen Schweden.
Ursprünglich sollten FEAR FACTORY als nächstes an der Reihe sein. Aus irgendeinem Grund wurden KYUSS LIVES! aber in der Running Order vorgezogen. Ob es nun schlicht an der Unkenntnis der Festivalbesucher liegt, die den Namen KYUSS noch nie im Leben gehört haben, oder daran, dass ihre von „richtigem“ Metal durchgepusteten auf eine Portion gepflegter Stoner-Dröhnung keinen Wert legen – die Ränge leeren sich jedenfalls beachtlich. Sicher ist das Metalfest nicht das optimale Festival für die neu vereinten Restmusiker der kultigen Wüstenrocker. Nur ein relativ kleiner Haufen feiert das rau und unpersönlich vorgetragene Best-Of-Programm ab. KYUSS LIVES! sind hier eine der wenigen Bands, die ausschließlich die Musik sprechen lassen. Kein Feuerwerk, keine coole Showeinlage, nicht einmal eine Ansage in Richtung Publikum hat John Garcia für seine Fans übrig. Aber was braucht man schon mehr als lässig groovende Hits wie „Gardenia“, „One Inch Man“ oder „Demon Cleaner“ Einen leicht faden Nachgeschmack bleibt nach dem Auftritt dennoch, fehlen doch Atmosphäre, Gefühl und die ein wenig die Leidenschaft der beteiligten Musiker. Bleibt also die Frage: KYUSS LIVES?
FEAR FACTORY sind schon eine zwiespältige Angelegenheit: Legendäre Alben wie „Soul Of A New Machine“ und „Demanufacture“ revolutionierten die Metalwelt, beeinflussten zahllose Bands und wirken auch heute noch gewaltig und zeitgemäß. Neben ein paar mittelschweren Hängern in der Diskographie und einigem Hin und Her im Line-Up, sind es vor allem die Liveauftritte, die häufig nicht das erfüllen, was auf den hochglanz-produzierten Alben versprochen wird. Nicht nur, dass Frontmann Burton C.Bell stimmlich nicht in der Lage ist, die hymnenhaften Refrains überzeugend zu präsentieren – er wirkt auf der Bühne nur noch wie der ausgebrannte Schatten seiner selbst. Kein Biss, keine Energie, keine Leidenschaft. Bis auf Gitarrenklops Dino Cazares und ihm hat sich die Besetzung der Band wieder gewandelt. Etwas schmerzlich wirkt sich die Abwesenheit von Drum-Tier Gene Hoglan aus, der dem Auftritt auf der Loreley sicher noch ein wenig mehr Wumms verpasst hätte. Trotz dem neuem Album „The Industrialist“, von dem auch ein Song präsentiert wird, hängen FEAR FACTORY glücklicherweise immer noch an den Klassikern. So schmeicheln „Martyr“, „Demanufacture“, „Self Bias Resistor“, „Zero Signal“ und „Replica“ auch in der müden Variante immer noch dem Ohr.
Wie sollte es anders sein? Das abschließende Gastspiel auf der malerischen Bühne der Loreley gehört einer Band, die alles in sich vereint: Hymnen zum Mitsingen, folkloristische Instrumente, einen charismatisch-sympathischen Frontmann und eine effektgeladene Show. IN EXTREMO lassen sich zur Zelebrierung eines furiosen Finales wirklich nicht zweimal auffordern. Unter der führenden Hand des letzten Einhorns bilden Band und Gäste des Amphitheaters eine harmonischen Einheit, eine klatschende, singende, Feuerzeug schwenkende Masse, für die die heile Welt noch existiert – und sei es nur für die Dauer eines Konzert. Derart angefüllt mit den positiven Energien der singenden-klingenden Fans endet das Metalfest West (auf der Zeltbühne geht es danach noch etwas weiter). Sicher hat dieses Festival in malerischer Kulisse seine Fans gefunden, die auch ein weiteres Mal den Loreleyfelsen erklimmen werden. [yb]
Fotos vom Metalfest West von Yvonne & Dominik (Huntress, Vader, Kreator, Ensiferum)
Fotos vom Metalfest Austria von Matthias