Rock Hard Festival 2012
Rock Hard Festival 2012
Gelsenkirchen, Amphitheater
25.05.2012
25.05.2012
Endlich wieder Pfingsten, endlich wieder Rock Hard Festival. Nachdem ich im letzten Jahr die Bloodchamber alleine vertreten durfte, sind zum 10. Jubiläum die Herren Hauptmann und Greb mit angerückt, was aufgrund der unterschiedlichen Erwartungen und Geschmäcker auch intern einigen Zündstoff verspricht, der der traditionellen Billingdiskussionsfolklore in nichts nachsteht. Dabei steht fraglos über allem der Wunsch, ein schönes Wochenende im metallischen Rahmen zu genießen und sich des Lebens zu erfreuen, als Fan der besten Musik der Welt, zu deren Charakter es untrennbar gehört, dass nicht jeder alles mögen kann. In diesem Sinne, lasset die Spiele beginnen.
Freitag, 25.05.2012 – Get It On
Dank der für die frühe Uhrzeit beachtlichen Einlassschlange, die vermutlich nicht nur den ersten Bands sondern auch dem hervorragenden Wetter geschuldet ist, reißen DEATHFIST das Amphitheater leider größtenteils ohne mich ab und auf die Distanz holpert der Sound doch ziemlich. Nach dem, was man so hört, haben Frontfrau Corinna und ihre Bande aber ordentlich eingeheizt, während ich mir schon jetzt wünsche, ebenfalls „Too Hot To Burn“ zu sein.
Das ergibt ganz zufällig eine hervorragende Überleitung zur exzentrischen Frontgrazie von JEX THOTH, die mit ihrem Bühnenwesen angeblich schon dem ein oder anderen ein wenig den Kopf verdreht hat. Offenbar gehöre ich aber nicht der gleichen Spezies an, denn bei mir lösen die über das Knie reichenden Stiefel und das Westencape im Gardinendesign eher Befremden aus. Andererseits könnte die mit obskuren Gesten zwischen Beschwörung und Beten veredelte Vorstellung eine schöne Sahnehaube auf einem guten Auftritt sein, wenn die Musik spannender als Bodennebel wäre, der ähnlich mitreißend vor sich hin wabert wie die psychedelischen Langsamtöner der Band. In einem düsteren Club hat JEX THOTH sicher eine andere Wirkung als bei bestem Brutzelwetter, heute bin ich einfach froh, als es vorbei ist.
Die sehr bunte Mischung am ersten Tag wird fortgesetzt von RAM, die von den vielen tollen schwedischen Bands, die altehrwürdigen Heavy Metal machen, die bodenständig-dreckigste sind. Hier kommt der Schmutz noch von der ehrlichen Arbeit und nicht von nekromantischen Ritualen oder sonstigem Schabernack - die Handschuhe von Oscar Carlquist und der SadoMaso Aufzug von Harry Granroth laufen schließlich unter PRIEST-approved. Die richtig große Stimmung will heute aber trotz großen Engagements nicht aufkommen, was zumindest zum Teil wohl an dem Soundloch liegt, das in diesem Jahr deutlich stärker ausfällt als noch 2011. Zu unterschiedlich klingt das, was in den verschiedenen Winkeln des Amphitheaters ankommt, als das jeder immer auf der gleichen Erkenntnishöhe sein könnte. Ausbaufähig.
Kaum etwas könnte den Durcheinanderfreitag besser fortsetzen als KRISIUN, denn wenn der brasilianische D-Zug erst einmal ins Rollen gekommen ist, kann ihn kaum etwas stoppen. Man könnte das Trio als etwas verloren auf der großen Bühne ansehen oder die schlichte schwarze Gewandung und den Bewegungsarmut als Zeichen der Zurückhaltung interpretieren, im Prinzip machen KRISIUN aber alles richtig, in dem sie sich ganz auf ihre Musik konzentrieren – Brimborium und Death Metal gehen auch oft nicht gut zusammen. Ihre Weiterentwicklung im Zuge des letzten Albums hin zu weniger immerwährendem Totalangriff ist für mich heute auch wegen der geschichtsträchtigen Setlist nicht unmittelbar zu greifen, jede Menge erst mitmachende und später zufrieden dreinblickende Gesichter sprechen aber eindeutig für die Qualität des Auftritts. So soll es sein. mba
Über KVELERTAK lässt sich formidabel streiten. Weder weiß man, was die Norweger eigentlich für ein Genre bedienen, noch was die Texte bedeuten, geschweige denn welche Message da rüber kommen soll. Das sind aber auf einem biergeschwängerten Festival auch eher unwichtige Eigenschaften. Fest steht: KVELERTAK rocken was das Zeug hält – und zwar vom ersten bis zum letzten Titel („Mjød“). Vor der Bühne herrscht ein ausgelassenes Treiben. Die Menge tut es schnell dem ekstatisch performenden Fronter gleich und hüpft und tanzt was das Zeug hält. So verwundert es nicht, dass am Folgetag einige Besucher mit frisch erworbenen KVELERTAK-Shirts umher laufen. Ausnahmsweise ist es auch ein kluger Schachzug der Veranstalter, die Band vor den Headliner zu packen. Auch wenn man nicht weiß warum, aber irgendwie passt das zusammen. Bei dieser Band muss man eben nicht alles verstehen… bg
Der erste Headliner ist dann auch gleich eine der (vorab) umstrittensten Bands des Wochenendes, denn die Norweger TURBONEGRO wollen mit ihrem dreckigen „Death Punk“ mal so gar nicht ins retro-metallische Billing des Festivals passen. Demzufolge hauen sich auch viele Besucher lieber irgendwo anders zu AC/DC die Birne voll, anstatt den sexy Klängen des Homo Konglomerats zu lauschen.
Obwohl seit mittlerweile fünf Jahren ohne neuem Album im Gepäck und mit neuem Fronter unterwegs, überzeugen TURBONEGRO ihre anwesenden Jünger von Beginn an. Gerade Tony Sylvester gibt souverän den dicken Asi am Mikro und beweist, dass die Band auch ohne Hank von Helvete funktioniert. Aber wer Songs wie „All My Friends Are Dead“ oder „Get It On“ am Start hat, braucht sowieso niemandem etwas zu beweisen. Mit betonter Lässigkeit und amtlicher Gayness rockt sich die Bande durch einen kurzweiligen Set, bei dem naturgemäß die Tracks des Über-Albums „Apocalypse Dudes“ am besten reinlaufen. Das Finale mit „Prince Of The Rodeo“, „The Age Of Pamparius“, „Are You Ready (For Some Darkness“ und natürlich „I Got Erection” kommt einfach nur gigantisch rüber und wird (zumindest im Innenraum) von allen mitgegrölt.
Ein würdiger Headliner für den ersten Tag, der rückblickend auch für einiges entschädigte, was vor allem am Sonntag noch folgen sollte. mh
Samstag, 26.05.2012 – Panzertheater
Nach einem schönen Bierfrühstück (Tannenzäpfle geht morgens immer, Baby!) machen wir uns mit Bus und Bahn wieder zum Festivalgelände auf, wo wir zumindest noch das letzte Drittel des DR. LIVING DEAD Gigs mitbekommen. Die schwedischen Maskenmänner sind als Muntermacher eine mehr als gute Wahl und ballern die ganzen Schlafmützen und/oder Schnapsleichen ohne Probleme wieder zurück ins Leben. Der rabiate Crossover Thrash des Haufens, der nicht nur aufgrund der kollektiv zur Schau gestellten Bandanas schwer an die SUICIDAL TENDENCIES erinnert, kommt zwar in etwa so abwechslungsreich daher wir die 28 verschiedenen Grautöne in Loriots „Ödipussi“, aber das stört bei der energiegeladenen Performance (zu Recht) niemanden. mh
Amtlich mit Aldi-Tüte bewaffnet, entert im Anschluss MOTORJESUS-Frontmann Christoph Birx die Rock Hard Festival Bühne und erntet dafür die eine oder andere hochgezogene Augenbraue. Kritiker sind allerdings schnell besänftigt, als die äußerst talentierte Rockröhre kurze Zeit später die erste Bierdose und sogar den einen oder anderen Jägermeister aus seiner Plastikummantelung zieht und unters Volk wirft. Diese Form der Bestechung hätte es allerdings gar nicht gebraucht, überzeugt die Mönchengladbacher Formation doch allein schon musikalisch das abgefüllte Publikum. Mit Schwerpunkt auf dem „Wheels of Purgatory“ Album rotz-rockt man sich durch ein Set, das von eingängigen Songs nur so strotzt. Kein Wunder, schließlich sind MOTORJESUS nicht wirklich für Komplexität bekannt. Wer allerdings eine leicht verdauliche Heavy Rock Dosis zum Mittagsbuffet erwartet hat, wird hier exquisit verkostet. bg
Als PORTRAIT das deutlich leerere Halbrund betreten, haben sie eine kleine Überraschung im Gepäck für alle, die sie seit der Runde zum hervorragenden letzten Album nicht mehr gesehen haben, denn Per Karlsson ist wieder an Bord, der weniger nach einem hungrigen King Diamond aussieht als Interimssänger Niklas Svensson, sondern eher wie ein junger, schmaler Eric Adams. Der geschätzten Theatralik zuliebe natürlich mit etwas Blässe im Gesicht und einem (überschaubar großen) umgehängten, umgedrehten Kreuz, obwohl Gitarrist Richard Lagergren wie gewohnt den Vogel abschießt mit einer beeindruckenden Menge an überall angebrachten Nieten und Patronen. Zu Gute kommt den Schweden, dass Per sich nicht so arg auf die eigene Performance konzentriert, sondern das Publikum immer wieder versucht mitzunehmen, was für etwas mehr Leben vor der Bühne sorgt, auch wenn er nicht das geforderte alte Material singt. PORTRAIT sind und bleiben eben eine eigenwillig klingende Band, was in der Konsequenz bedeutet, dass sie die bereits eroberten Herzen in Schach halten, meinem Dafürhalten nach aber kaum neue erobern können, denn dafür ist das „Beast Of Fire“ eine Spur zu aufgedreht.
Wer PORTRAIT schon für albern theatralisch hielt, kann sich bei HELL nur mit Grausen abwenden, denn die von Andy Sneap aus der Gruft geholten Engländer sind an diesem Wochenende die Könige der (Selbst-)Inszenierung. Wer sich aber – wahrscheinlich vor allem vom schaurigen Zombiepunk-Look von Gitarrist Kevin Bower – davon in die Reihen der Bier- und Fressbuden vertreiben lässt, verpasst etwas, denn wenn HELL heute eines nicht sind, dann ein lauer Aufguss längst vergessener Zeiten. Inmitten einiger bunter Kirchenfensteraufsteller wirbelt und tobt der feurige NWOBHM-Sturm, angeführt vom mal manisch beschwörenden, mal diabolisch grinsenden David Bower, der dank des auf einem Metalkonzert selten gesehenen Kopfmikros totale Bewegungsfreiheit genießt und das ausnutzt und –kostet, inklusive einiger Showeinlagen samt Verkleidung als mythischer Pest. Ja, man sieht ihm zu jeder Sekunde an, dass er vom Theater kommt, aber wenn exaltiertes Theater bei irgendeiner Band integraler Bestandteil sein darf, dann doch wohl bei HELL (und ihren jüngeren und unernsteren Wiedergängern POWERWOLF), deren Texte halbe Dramen sind. Ich schließe mich demzufolge den begeisterten Grüppchen an, die „On Earth As It Is In Hell“ mitkreischen und bei „Plague And Fyre“ am liebsten Gelsenkirchen in Flammen sähen – aus rein künstlerischen Gründen selbstverständlich. Save us from those who would make us HELL madig!
Nüchterner wird es bei den folgenden UNLEASHED, zumindest was die Aufzüge und das Dekor mit dem grimmig dreinblickenden nordischen Gott angeht, denn einige der nach dem Nachmittagsschläfchen vom Zeltplatz zurückkehrenden Gestalten haben mittlerweile ordentlich die Lampen an, aber das ist der Stimmung bei einer so populären und zum Mitmachen einladenden Band natürlich eher zuträglich. Auch wenn man, wie ich, nicht mit dem kompletten Schaffen der Nordmänner von vorne bis hinten vertraut ist, reißt das „Hammer Battalion“ einen im Handstreich mit, so dass man sich der röhrenden Menge gerne eine Zeit lang anschließt. Mit dem Trinkhorn in der Hand und der Leidenschaft im Bein, werden wir „Death Metal Victory“ sein! mba
“We wanna drink some...WHISKEY!!!” hallt es auch jetzt, während ich diese Zeilen schreibe, noch durch meine Ohren. Der TANKARD-Schlachtruf hat sich wieder einmal unaufhaltsam in mein zentrales Gedächtnissystem eingebrannt und sorgt immer noch für ein Lächeln und Nachdurst. Und während man so darüber nachdenkt, was eigentlich während des Jubiläums-Gigs der Band so passiert ist, stellt man fest, dass alles beim Alten geblieben ist und wahrscheinlich jedes weitere Wort zu viel ist. TANKARD machen auch in abgespeckter Form noch viel Freude – zumindest wenn man das Hirn ausstellt und sich musikalisch abfüllen lässt. Insofern wirken TANKARD geradezu wie ein stilechter Lampenausknipser, bei dem man sich im Nachhinein fragt, was eigentlich passiert ist, der aber einige Gedankenfragmente hinterlassen hat, die immer wieder unerwartet aufsteigen. „We wanna drink some – BEEEEEEEER!!!“
Urplötzlich wacht man auf und fragt sich: “Scheiße, wo bin ich und was mache ich hier?“ Weiß der Geier, wie lange ich nach TANKARD gebraucht habe, um zu realisieren, dass schon einige Songs von PSYCHOTIC WALTZ über den Rhein-Herne-Kanal hinweg gewabert sind. Keine Frage, was am Vortag noch in Kombination zwischen KVELERTAK und TURBONEGRO gut klappte, ist nun schlichtweg vollends in die Hose gegangen. Eine latent psychedelisch angehauchte Prog Rock Kapelle im Anschluss an TANKARD aufzufahren, hat mit kompetentem Running-Order-Building nun wahrlich nichts zu tun. Im weiten Rund herrscht plötzlich aufkommende Nüchternheit. Zeit für Nickerchen und das Abendbrot. Das ist das Beste, was die Amis bieten können. Bei allem technischen Können und anspruchsvollen Perlen wie „I Remember“ und „Halo of Thorns“ sind PSYCHOTIC WALTZ in diesem Moment eine enttäuschende Fehlbesetzung.
Dunkelheit schwappt über das Amphitheater. Musikalisch, als auch rein meteorologisch betrachtet, wird es nun etwas finsterer. Die Kult Death Metal Band BOLT THROWER erobert zu den Klängen von „Contact…Wait out“ die Bühne. Was schon vor sechs Jahren an gleicher Stelle funktioniert hat, geht nun wieder vollends auf. Der panzerartig rollende Death Metal überfährt das Amphitheater in einer Souveränität, wie sie wohl nur die Band um Sänger Karl Willets abliefern kann. Vom ersten Ton an ist die Menge in Ekstase. Crowdsurfer fliegen umher, Matten werden geschwungen, unverständliches Zeug umhergegrölt und sinnfrei in jedem freien Moment die Pommesgabel erhoben. In all dem „hard rockenden“ und „heavy metallisch“ orientierten Restbilling wirken BOLT THROWER wie DER Befreiungsschlag schlechthin. Hinweg gebolzt werden sie, die HELLs, PORTRAITs, HIGH SPIRITs und wie sie alle heißen. Und wenn man sich die kauflüsterne Herde anschaut, die bereits zur frühen Mittagszeit den Band-Merchandise-Stand komplett leer räumt, dann wird man das Gefühl nicht los, dass zahlreiche Besucher eigentlich nur wegen diesem Act da sind. Kein Wunder, wenn man sich zu Titeln wie „Mercenary“, „Cenotaph / World Eater“, „The Killchain“ oder „At First Light“ umhämmern lässt. Als dann nach „When Cannons Fade“ die letzten Töne erklingen, hat man wieder einmal realisiert, Teil einer ganz besonderen Veranstaltung gewesen zu sein. BOLT THROWER sind und bleiben eine der zuverlässigsten Komponenten im harten Musiksektor. Großartig! bg
Sonntag, 27.05.2012 – Blind In Gelsenkirchen
Während meine beiden Mitstreiter sich es wieder im Hause Hauptmann gemütlich machen, sehe ich mich durch das gute Wetter herausgefordert, zumindest eine Nacht lang den Komfort des Zeltplatzes in Anspruch zu nehmen – nicht nur die Art des kleinen Parks neben dem Amphitheater sondern auch die Sanitäranlagen sind enorm komfortabel für ein Festival. Ein paar Wölkchen trüben den Himmel nur kurz ein und als die Anfangszeit der ersten Band naht, machen sich bereits ganze Scharen auf den Weg ins Amphitheater. Das gute Wetter hat neben der allgemein besseren Laune nämlich für die Bands auch den unmittelbaren Vorteil, das zu jeder Zeit verhältnismäßig viel los ist im Amphitheater. Auf den breiten Stufen kann man genauso gut in der Sonne liegen wie vor dem eigenen Zelt, hat dabei aber Livemusik und entdeckt vielleicht noch die ein oder andere Band, die man vorher nicht kannte.
Erster Profiteur sind ALPHA TIGER, die ihren hochmelodischen flinken Metal mit ein bisschen Sleaze würzen und mit ihrem Debüt „Man Or Machine“ im letzten Jahr für ein wenig Furore sorgten, so man der Scheibe denn habhaft werden konnte, was zeitweise nicht ganz einfach war. Mit dementsprechend wenigen Vorkenntnissen gehe ich den Auftritt der Sachsen frohgemut an, überzeugen kann mich die buntbehoste Band heute aber nicht wirklich. Der je nach Position wieder sehr wechselhafte Klang spielt dabei sicher eine Rolle, aber meinem Eindruck nach gibt es in vielen Liedern einen Knackpunkt, der die Wende zu etwas richtig Gutem bringen könnte, doch es wird einfach fröhlich weitergedudelt statt mal ein bisschen die Zügel anzuziehen. Vermutlich spielt die fehlende Vertrautheit mit rein, denn an dem grundsympathischen und engagierten Auftritt gibt es sonst nichts auszusetzen. Und wer zu Ehren der zu Beginn des Jahres verstorbenen RIOT-Legende Mark Reale ein Lied von dessen Band spielt („Flight Of The Warrior“), muss einer von den Guten sein. mba
Einer der größten, ja vielleicht sogar DER größte Gewinner des Festivals, ist wohl die spanische Hard Rock Kombo ’77. Bis dato den meisten Besuchern völlig unbekannt, feuert die Band in bester AC/DC-Manier den Anwesenden einen Hit nach dem Anderen um die Ohren. Dass sich Sänger Armand Valeta Diaz dabei fast wie Bon Scott anhört, muss schon fast nicht mehr erwähnt werden. Bereits während des Gigs kommen freudestrahlende Altrocker mit der frisch erworbenen ´77 CD im Gepäck zurück vor die Bühne. Auch wenn mir persönlich das Dargebotene etwas zu wenig Abwechslung bietet, sollte man diese Truppe im Auge behalten. Songs wie „Big Smoker Pig“ sind jedenfalls geschmeidig im Gedächtnis haften geblieben, wie auch der Ausflug den Gitarrist LG Valeta mitten im Lied quer durch das Amphitheater veranstaltet. Wären doch alle Bands an diesem Tag nur so überraschend positiv aufgefallen, aber nein… bg
Das nachfolgende süße Doppel größter Vorfreude kann Basti damit meiner Meinung nach schon mal nicht gemeint haben, denn speziell das mit ein wenig Glück und Zufall bewerkstelligte Einfliegen von HIGH SPIRITS ist genau einer der Punkte, der dieses Festival von anderen absetzt, und außerdem sieht man Mastermind Chris Black (federführend auch bei DAWNBRINGER und Schlagzeuger von PHARAOH) viel zu selten in Europa. Allerdings scheint er im Allgemeinen nicht unbedingt ein Liebhaber der Bühne zu sein, gibt er sich doch recht verhuscht und trägt mit seinen Ansagen, die eher Bezug zum Album als zur Situation heute haben, kaum dazu bei, neue Freunde für den warm-knarzigen Ur-Heavy Metal an der Grenze zum Hard Rock zu finden. Man darf das, wie die gewöhnungsbedürftige Entscheidung, komplett in weißen Hosen anzutreten, als verpasste Chance betrachten, andererseits sind die Fans der Band zurecht angetan von „I’ll Be Back“ oder „Nights In Black“. Der Sound hätte aber durchaus deutlich kräftiger sein können als auf der Platte.
Etwas nach dem Auftritt zeigt sich übrigens, aus welchem Holz Chris Black abseits der Bühne geschnitzt ist, als er einem Fan der Band einen Patch schenkt, weil er sich so darüber freut, dass dieser ein (nicht auf dem Festival erhältliches) HIGH SPIRITS Shirt trägt.
Vor lauter retro hier, retro da, retro traleralala können einzelne Perlen schon mal verloren gehen. Zum Glück besteht dafür bei GRAVEYARD nicht die geringste Gefahr, nachdem die Tour im Frühjahr nicht nur in Köln ausverkauft war. Warum das zurecht so ist, beweisen die Schweden, die wegen der stets krachenden Gitarren und dem alles (ALLES!) in den Gesang investierenden Joakim Nilsson am häufigsten in die Nähe von LED ZEPPELIN gerückt werden, heute vor großem Publikum, denn Ränge und Innenraum haben sich inzwischen beachtlich gefüllt. Statt der allgemeinen Bierseligkeit, die sich mit Blick auf das Restprogramm schon ein wenig einstellt, ist das zwar eher Musik zum Tanzen und Kräuterzigaretten rauchen, aber die Leidenschaft, mit der das Quartett zu Werke geht, kann nur tote Herzen und Vollkomatöse unberührt lassen. Als Teil der den Blick rückwärts gerichteten Bands räumen GRAVEYARD offensichtlich nicht allerorten Originalitätspreise ab, aber warum sollte man sich davon den Spaß verderben lassen, zumal die meisten Originale verstorben, aufgelöst oder alt geworden sind. Ganz große Kunst, die man sich spätestens auf der Herbsttour nicht entgehen lassen darf, wenn man auch nur ein bisschen Spaß an 70er Hard Rock hat. Hört euch „Hisingen Blues“ an und ihr werdet begreifen! mba
Als nächstes sind die alten Damen von GIRLSCHOOL an der Reihe, die heute einen speziellen Set zu ihrem ewigen Klassiker „Hit And Run“ mitgebracht haben. Nichts gegen das Album, aber das Teil ist nun auch schon 31 Jahre alt und zumindest für die U40 Generation in seiner Faszination nur schwer begreifbar. Zwar kommen die sichtlich gealterten Girls absolut sympathisch und engagiert rüber, aber so recht überspringen will der Funke nicht. Ob es an den technischen Problemen (Enid Williams’ Bass ist quasi nicht zu hören), der etwas hölzernen Performance (Ausnahme: Jackie Chambers) oder dem altbackenen Songmaterial liegt, wage ich nicht zu beurteilen. Wahrscheinlich ist es aber eine Mischung aus allem. GIRSCHOOL und die Rock Hard Bühne – das passt trotz eigentlich idealer Voraussetzungen (too old too cold) heute nicht zusammen. Schade! mh
Frisch gestärkt von einer infernalischen Currywurst – 235.000 Scoville sind kein Spaß mehr, sondern Körperverletzung – geht es in den Endspurt, der von MAGNUM eröffnet wird. Unglaubliche vierzig Jahre ist die britische Hard Rock Institution, abgesehen von einer sechsjährigen Pause Ende der 90er, mittlerweile durchweg unterwegs und leider merkt man ihnen das auch an. Bob Catley kann immer noch ein toller Sänger sein, was man unter anderem auch bei AVANTASIA nachhören kann, aber für meinen Geschmack lastet das Alter heute doch arg sichtbar auf seinen und Gitarrist und Songwriter Tony Clarkins Schultern. Wie sie sich auch strecken, recken und das Publikum animieren, wirkt der Auftritt doch reichlich hölzern und die Musik ist auch nur bedingt zeitlos. Bei allem Respekt vor MAGNUM, aber der gute Slot wurde heute - nicht nur meiner Meinung nach - verschenkt.
Das in den letzten Jahren übliche Abschlussintermezzo mit dem Gewinner der über das ganze Wochenende laufenden Karaokesessions mit ROKKEN auf einer kleinen Bühne vor dem Biergarten wird in diesem Jahr von ein wenig liebenswertem Unsinn ersetzt. Nachdem das von den Rock Guerilla DVDs berüchtigte Duo Bobby und Gerre IHR Lied, „Die Zwei von der Tanke“, vorgetragen hat, entern Hell Hofer und Hampus von BULLET die Bühne und tragen in Kooperation mit ROKKEN zwei absolute Gassenhauer vor, die dementsprechend laut von tausenden Kehlen mitgegrölt werden: „Balls To The Wall“ und „You Shook Me All Night Long“. Die davon verursachte, gelöste und entspannte Atmosphäre sollte Grund genug sein, sich nicht über Sinn oder Unsinn dieser Einlage den Kopf zu zerbrechen.
Eine der mit dem meisten Verve geführten Diskussionen der letzten Monate hat mit der Rückkehr von Michael Kiske ins hard rockende Rampenlicht zu tun, nachdem er in den letzten Jahren des Öfteren seine Distanz zur Metalwelt betont hat und auch nicht davor zurückschreckte, einfach mal die Metalfans en gros über einen Kamm zu scheren. Mittlerweile gibt er sich gemäßigter, man ist geneigt zu sagen, er muss es ja, denn wie soll ein Publikum mit Elefantengedächtnis sonst mit UNISONIC umgehen?
Der Einstieg fällt auch von den Reaktionen auf jeden Fall sehr positiv aus, weil man mit „Unisonic“ den bestmöglichen, da nach vorne gehenden, mitsingtauglichen und sehr eingängigen, Opener vom Debüt gewählt hat. Allerdings ändert auch Obersympathikus und Kiske-Spießgeselle aus HELLOWEEN Zeiten Kai Hansen nichts daran, dass in der Folge das voll besetzte Amphitheater zwar freundlich am Ball bleibt, doch alles andere als euphorisch auf die anderen, allesamt zahmeren neuen Kompositionen reagiert. Eine wahre Explosion dagegen ist die Reaktion auf das in der Mitte des Sets platzierte HELLOWEEN Cover „March Of Time“, das trotz des im Vergleich zu anderen Festivals etwas höheren Durchschnittsalters wohl nur eine deutliche Minderheit jemals live von Kiske gehört hat. Analog dazu verläuft die zweite Hälfte des Gigs: Bei den UNISONIC Liedern wird mitgewippt und freundlich geklatscht, die abschließenden HELLOWEEN Klassiker „Future World“ und „I Want Out“ werden frenetisch gefeiert und von sehr vielen Anwesenden sehr laut mitgesungen. Für einen kurzen Moment ertappt man sich gar bei dem Wunsch, der Auftritt würde nie zu Ende gehen, bei den ganzen „Keepers“-Klassikern, die ungespielt bleiben (müssen). Das liefert im Endeffekt auch die Rechtfertigung für die sehr prominente Position im Billing, die bei einem reinem UNISONIC Set garantiert für noch mehr Wirbel gesorgt hätte. mba
Als letzten Arschtritt für Gelsenkirchen hat man sich Schwarzie Gesetzlos und sein Quasi-Soloprojekt W.A.S.P. ins Boot geholt, und das war weiß Gott nicht die schlechteste Wahl. Bei immer noch optimalen Wetter ist das Amphitheater zum Abschluss noch einmal pickepacke voll – vielleicht sogar ZU voll, denn nicht nur Innenraum und Tribünen, sondern auch die Treppen sind komplett bevölkert. Egal, der Stimmung schadet das ganz gewiss nicht, zumal Blackie bei guter Laune ist und eine ganze Armada von Klassikern mitgebracht hat, die durchweg abgefeiert werden. „On Your Knees“, „LOVE Machine“, „Wild Child“ – hallo, geht’s noch? So viel mitbrüllen wollten die meisten nach diesem langen Wochenende wahrscheinlich gar nicht mehr, aber es nutzt ja nix! Als man gerade denkt, dass nach „I Wanna Be Somebody“ (groß!) und „Chainsaw Charlie“ nichts mehr kommen kann, haut die Band mit der fantastischen Ballade „Heaven’s Hung In Black“ mal eben noch ein echtes Highlight raus, das der neben mir pennende Kollege Bach aber ebenso verpasst wie den (mit amtlichen Flammensäulen untermalten) Rausschmeißer „Blind In Texas“.
Alle Achtung, in der Form darf Blackie ruhig noch einige Jahre sein überlebensgroßes Ego mit sich rumtragen. Das nenn’ ich mal ne geile Show! mh
Damit sind drei anstrengende, aber mindestens genauso angenehme und amüsante Tage vorüber und das Rock Hard Festival hat mal wieder gehalten, was es verspricht: Am Drumherum von Security bis Bierbude und Sanitäranlage gibt es von uns in diesem Jahr gar nichts auszusetzen. Das gute Wetter hat, zumindest meinem Gefühl nach, die allgemeine Stimmung noch ein wenig gehoben. Und bei allen kontroversen Diskussionen haben die positiven Überraschungen im Billing überwogen, zumal man nicht vergessen darf, dass das Rock Hard Festival auch wegen seiner recht familiären Größe weder über die Finanzkraft einiger Konkurrenten verfügt, noch auf Knebelverträge setzt, die Bands von anderen Festivals fern halten. So ist es gut, so soll es bleiben. Wir freuen uns schon auf die nächste Runde 2013!
mba
Bilder mit freundlicher Erlaubnis von Daniel Horlbogen von live-frenzy.de, wo es noch wesentlich mehr zu sehen gibt.
Freitag, 25.05.2012 – Get It On
Dank der für die frühe Uhrzeit beachtlichen Einlassschlange, die vermutlich nicht nur den ersten Bands sondern auch dem hervorragenden Wetter geschuldet ist, reißen DEATHFIST das Amphitheater leider größtenteils ohne mich ab und auf die Distanz holpert der Sound doch ziemlich. Nach dem, was man so hört, haben Frontfrau Corinna und ihre Bande aber ordentlich eingeheizt, während ich mir schon jetzt wünsche, ebenfalls „Too Hot To Burn“ zu sein.
Das ergibt ganz zufällig eine hervorragende Überleitung zur exzentrischen Frontgrazie von JEX THOTH, die mit ihrem Bühnenwesen angeblich schon dem ein oder anderen ein wenig den Kopf verdreht hat. Offenbar gehöre ich aber nicht der gleichen Spezies an, denn bei mir lösen die über das Knie reichenden Stiefel und das Westencape im Gardinendesign eher Befremden aus. Andererseits könnte die mit obskuren Gesten zwischen Beschwörung und Beten veredelte Vorstellung eine schöne Sahnehaube auf einem guten Auftritt sein, wenn die Musik spannender als Bodennebel wäre, der ähnlich mitreißend vor sich hin wabert wie die psychedelischen Langsamtöner der Band. In einem düsteren Club hat JEX THOTH sicher eine andere Wirkung als bei bestem Brutzelwetter, heute bin ich einfach froh, als es vorbei ist.
Die sehr bunte Mischung am ersten Tag wird fortgesetzt von RAM, die von den vielen tollen schwedischen Bands, die altehrwürdigen Heavy Metal machen, die bodenständig-dreckigste sind. Hier kommt der Schmutz noch von der ehrlichen Arbeit und nicht von nekromantischen Ritualen oder sonstigem Schabernack - die Handschuhe von Oscar Carlquist und der SadoMaso Aufzug von Harry Granroth laufen schließlich unter PRIEST-approved. Die richtig große Stimmung will heute aber trotz großen Engagements nicht aufkommen, was zumindest zum Teil wohl an dem Soundloch liegt, das in diesem Jahr deutlich stärker ausfällt als noch 2011. Zu unterschiedlich klingt das, was in den verschiedenen Winkeln des Amphitheaters ankommt, als das jeder immer auf der gleichen Erkenntnishöhe sein könnte. Ausbaufähig.
Kaum etwas könnte den Durcheinanderfreitag besser fortsetzen als KRISIUN, denn wenn der brasilianische D-Zug erst einmal ins Rollen gekommen ist, kann ihn kaum etwas stoppen. Man könnte das Trio als etwas verloren auf der großen Bühne ansehen oder die schlichte schwarze Gewandung und den Bewegungsarmut als Zeichen der Zurückhaltung interpretieren, im Prinzip machen KRISIUN aber alles richtig, in dem sie sich ganz auf ihre Musik konzentrieren – Brimborium und Death Metal gehen auch oft nicht gut zusammen. Ihre Weiterentwicklung im Zuge des letzten Albums hin zu weniger immerwährendem Totalangriff ist für mich heute auch wegen der geschichtsträchtigen Setlist nicht unmittelbar zu greifen, jede Menge erst mitmachende und später zufrieden dreinblickende Gesichter sprechen aber eindeutig für die Qualität des Auftritts. So soll es sein. mba
Über KVELERTAK lässt sich formidabel streiten. Weder weiß man, was die Norweger eigentlich für ein Genre bedienen, noch was die Texte bedeuten, geschweige denn welche Message da rüber kommen soll. Das sind aber auf einem biergeschwängerten Festival auch eher unwichtige Eigenschaften. Fest steht: KVELERTAK rocken was das Zeug hält – und zwar vom ersten bis zum letzten Titel („Mjød“). Vor der Bühne herrscht ein ausgelassenes Treiben. Die Menge tut es schnell dem ekstatisch performenden Fronter gleich und hüpft und tanzt was das Zeug hält. So verwundert es nicht, dass am Folgetag einige Besucher mit frisch erworbenen KVELERTAK-Shirts umher laufen. Ausnahmsweise ist es auch ein kluger Schachzug der Veranstalter, die Band vor den Headliner zu packen. Auch wenn man nicht weiß warum, aber irgendwie passt das zusammen. Bei dieser Band muss man eben nicht alles verstehen… bg
Der erste Headliner ist dann auch gleich eine der (vorab) umstrittensten Bands des Wochenendes, denn die Norweger TURBONEGRO wollen mit ihrem dreckigen „Death Punk“ mal so gar nicht ins retro-metallische Billing des Festivals passen. Demzufolge hauen sich auch viele Besucher lieber irgendwo anders zu AC/DC die Birne voll, anstatt den sexy Klängen des Homo Konglomerats zu lauschen.
Obwohl seit mittlerweile fünf Jahren ohne neuem Album im Gepäck und mit neuem Fronter unterwegs, überzeugen TURBONEGRO ihre anwesenden Jünger von Beginn an. Gerade Tony Sylvester gibt souverän den dicken Asi am Mikro und beweist, dass die Band auch ohne Hank von Helvete funktioniert. Aber wer Songs wie „All My Friends Are Dead“ oder „Get It On“ am Start hat, braucht sowieso niemandem etwas zu beweisen. Mit betonter Lässigkeit und amtlicher Gayness rockt sich die Bande durch einen kurzweiligen Set, bei dem naturgemäß die Tracks des Über-Albums „Apocalypse Dudes“ am besten reinlaufen. Das Finale mit „Prince Of The Rodeo“, „The Age Of Pamparius“, „Are You Ready (For Some Darkness“ und natürlich „I Got Erection” kommt einfach nur gigantisch rüber und wird (zumindest im Innenraum) von allen mitgegrölt.
Ein würdiger Headliner für den ersten Tag, der rückblickend auch für einiges entschädigte, was vor allem am Sonntag noch folgen sollte. mh
Samstag, 26.05.2012 – Panzertheater
Nach einem schönen Bierfrühstück (Tannenzäpfle geht morgens immer, Baby!) machen wir uns mit Bus und Bahn wieder zum Festivalgelände auf, wo wir zumindest noch das letzte Drittel des DR. LIVING DEAD Gigs mitbekommen. Die schwedischen Maskenmänner sind als Muntermacher eine mehr als gute Wahl und ballern die ganzen Schlafmützen und/oder Schnapsleichen ohne Probleme wieder zurück ins Leben. Der rabiate Crossover Thrash des Haufens, der nicht nur aufgrund der kollektiv zur Schau gestellten Bandanas schwer an die SUICIDAL TENDENCIES erinnert, kommt zwar in etwa so abwechslungsreich daher wir die 28 verschiedenen Grautöne in Loriots „Ödipussi“, aber das stört bei der energiegeladenen Performance (zu Recht) niemanden. mh
Amtlich mit Aldi-Tüte bewaffnet, entert im Anschluss MOTORJESUS-Frontmann Christoph Birx die Rock Hard Festival Bühne und erntet dafür die eine oder andere hochgezogene Augenbraue. Kritiker sind allerdings schnell besänftigt, als die äußerst talentierte Rockröhre kurze Zeit später die erste Bierdose und sogar den einen oder anderen Jägermeister aus seiner Plastikummantelung zieht und unters Volk wirft. Diese Form der Bestechung hätte es allerdings gar nicht gebraucht, überzeugt die Mönchengladbacher Formation doch allein schon musikalisch das abgefüllte Publikum. Mit Schwerpunkt auf dem „Wheels of Purgatory“ Album rotz-rockt man sich durch ein Set, das von eingängigen Songs nur so strotzt. Kein Wunder, schließlich sind MOTORJESUS nicht wirklich für Komplexität bekannt. Wer allerdings eine leicht verdauliche Heavy Rock Dosis zum Mittagsbuffet erwartet hat, wird hier exquisit verkostet. bg
Als PORTRAIT das deutlich leerere Halbrund betreten, haben sie eine kleine Überraschung im Gepäck für alle, die sie seit der Runde zum hervorragenden letzten Album nicht mehr gesehen haben, denn Per Karlsson ist wieder an Bord, der weniger nach einem hungrigen King Diamond aussieht als Interimssänger Niklas Svensson, sondern eher wie ein junger, schmaler Eric Adams. Der geschätzten Theatralik zuliebe natürlich mit etwas Blässe im Gesicht und einem (überschaubar großen) umgehängten, umgedrehten Kreuz, obwohl Gitarrist Richard Lagergren wie gewohnt den Vogel abschießt mit einer beeindruckenden Menge an überall angebrachten Nieten und Patronen. Zu Gute kommt den Schweden, dass Per sich nicht so arg auf die eigene Performance konzentriert, sondern das Publikum immer wieder versucht mitzunehmen, was für etwas mehr Leben vor der Bühne sorgt, auch wenn er nicht das geforderte alte Material singt. PORTRAIT sind und bleiben eben eine eigenwillig klingende Band, was in der Konsequenz bedeutet, dass sie die bereits eroberten Herzen in Schach halten, meinem Dafürhalten nach aber kaum neue erobern können, denn dafür ist das „Beast Of Fire“ eine Spur zu aufgedreht.
Wer PORTRAIT schon für albern theatralisch hielt, kann sich bei HELL nur mit Grausen abwenden, denn die von Andy Sneap aus der Gruft geholten Engländer sind an diesem Wochenende die Könige der (Selbst-)Inszenierung. Wer sich aber – wahrscheinlich vor allem vom schaurigen Zombiepunk-Look von Gitarrist Kevin Bower – davon in die Reihen der Bier- und Fressbuden vertreiben lässt, verpasst etwas, denn wenn HELL heute eines nicht sind, dann ein lauer Aufguss längst vergessener Zeiten. Inmitten einiger bunter Kirchenfensteraufsteller wirbelt und tobt der feurige NWOBHM-Sturm, angeführt vom mal manisch beschwörenden, mal diabolisch grinsenden David Bower, der dank des auf einem Metalkonzert selten gesehenen Kopfmikros totale Bewegungsfreiheit genießt und das ausnutzt und –kostet, inklusive einiger Showeinlagen samt Verkleidung als mythischer Pest. Ja, man sieht ihm zu jeder Sekunde an, dass er vom Theater kommt, aber wenn exaltiertes Theater bei irgendeiner Band integraler Bestandteil sein darf, dann doch wohl bei HELL (und ihren jüngeren und unernsteren Wiedergängern POWERWOLF), deren Texte halbe Dramen sind. Ich schließe mich demzufolge den begeisterten Grüppchen an, die „On Earth As It Is In Hell“ mitkreischen und bei „Plague And Fyre“ am liebsten Gelsenkirchen in Flammen sähen – aus rein künstlerischen Gründen selbstverständlich. Save us from those who would make us HELL madig!
Nüchterner wird es bei den folgenden UNLEASHED, zumindest was die Aufzüge und das Dekor mit dem grimmig dreinblickenden nordischen Gott angeht, denn einige der nach dem Nachmittagsschläfchen vom Zeltplatz zurückkehrenden Gestalten haben mittlerweile ordentlich die Lampen an, aber das ist der Stimmung bei einer so populären und zum Mitmachen einladenden Band natürlich eher zuträglich. Auch wenn man, wie ich, nicht mit dem kompletten Schaffen der Nordmänner von vorne bis hinten vertraut ist, reißt das „Hammer Battalion“ einen im Handstreich mit, so dass man sich der röhrenden Menge gerne eine Zeit lang anschließt. Mit dem Trinkhorn in der Hand und der Leidenschaft im Bein, werden wir „Death Metal Victory“ sein! mba
“We wanna drink some...WHISKEY!!!” hallt es auch jetzt, während ich diese Zeilen schreibe, noch durch meine Ohren. Der TANKARD-Schlachtruf hat sich wieder einmal unaufhaltsam in mein zentrales Gedächtnissystem eingebrannt und sorgt immer noch für ein Lächeln und Nachdurst. Und während man so darüber nachdenkt, was eigentlich während des Jubiläums-Gigs der Band so passiert ist, stellt man fest, dass alles beim Alten geblieben ist und wahrscheinlich jedes weitere Wort zu viel ist. TANKARD machen auch in abgespeckter Form noch viel Freude – zumindest wenn man das Hirn ausstellt und sich musikalisch abfüllen lässt. Insofern wirken TANKARD geradezu wie ein stilechter Lampenausknipser, bei dem man sich im Nachhinein fragt, was eigentlich passiert ist, der aber einige Gedankenfragmente hinterlassen hat, die immer wieder unerwartet aufsteigen. „We wanna drink some – BEEEEEEEER!!!“
Urplötzlich wacht man auf und fragt sich: “Scheiße, wo bin ich und was mache ich hier?“ Weiß der Geier, wie lange ich nach TANKARD gebraucht habe, um zu realisieren, dass schon einige Songs von PSYCHOTIC WALTZ über den Rhein-Herne-Kanal hinweg gewabert sind. Keine Frage, was am Vortag noch in Kombination zwischen KVELERTAK und TURBONEGRO gut klappte, ist nun schlichtweg vollends in die Hose gegangen. Eine latent psychedelisch angehauchte Prog Rock Kapelle im Anschluss an TANKARD aufzufahren, hat mit kompetentem Running-Order-Building nun wahrlich nichts zu tun. Im weiten Rund herrscht plötzlich aufkommende Nüchternheit. Zeit für Nickerchen und das Abendbrot. Das ist das Beste, was die Amis bieten können. Bei allem technischen Können und anspruchsvollen Perlen wie „I Remember“ und „Halo of Thorns“ sind PSYCHOTIC WALTZ in diesem Moment eine enttäuschende Fehlbesetzung.
Dunkelheit schwappt über das Amphitheater. Musikalisch, als auch rein meteorologisch betrachtet, wird es nun etwas finsterer. Die Kult Death Metal Band BOLT THROWER erobert zu den Klängen von „Contact…Wait out“ die Bühne. Was schon vor sechs Jahren an gleicher Stelle funktioniert hat, geht nun wieder vollends auf. Der panzerartig rollende Death Metal überfährt das Amphitheater in einer Souveränität, wie sie wohl nur die Band um Sänger Karl Willets abliefern kann. Vom ersten Ton an ist die Menge in Ekstase. Crowdsurfer fliegen umher, Matten werden geschwungen, unverständliches Zeug umhergegrölt und sinnfrei in jedem freien Moment die Pommesgabel erhoben. In all dem „hard rockenden“ und „heavy metallisch“ orientierten Restbilling wirken BOLT THROWER wie DER Befreiungsschlag schlechthin. Hinweg gebolzt werden sie, die HELLs, PORTRAITs, HIGH SPIRITs und wie sie alle heißen. Und wenn man sich die kauflüsterne Herde anschaut, die bereits zur frühen Mittagszeit den Band-Merchandise-Stand komplett leer räumt, dann wird man das Gefühl nicht los, dass zahlreiche Besucher eigentlich nur wegen diesem Act da sind. Kein Wunder, wenn man sich zu Titeln wie „Mercenary“, „Cenotaph / World Eater“, „The Killchain“ oder „At First Light“ umhämmern lässt. Als dann nach „When Cannons Fade“ die letzten Töne erklingen, hat man wieder einmal realisiert, Teil einer ganz besonderen Veranstaltung gewesen zu sein. BOLT THROWER sind und bleiben eine der zuverlässigsten Komponenten im harten Musiksektor. Großartig! bg
Sonntag, 27.05.2012 – Blind In Gelsenkirchen
Während meine beiden Mitstreiter sich es wieder im Hause Hauptmann gemütlich machen, sehe ich mich durch das gute Wetter herausgefordert, zumindest eine Nacht lang den Komfort des Zeltplatzes in Anspruch zu nehmen – nicht nur die Art des kleinen Parks neben dem Amphitheater sondern auch die Sanitäranlagen sind enorm komfortabel für ein Festival. Ein paar Wölkchen trüben den Himmel nur kurz ein und als die Anfangszeit der ersten Band naht, machen sich bereits ganze Scharen auf den Weg ins Amphitheater. Das gute Wetter hat neben der allgemein besseren Laune nämlich für die Bands auch den unmittelbaren Vorteil, das zu jeder Zeit verhältnismäßig viel los ist im Amphitheater. Auf den breiten Stufen kann man genauso gut in der Sonne liegen wie vor dem eigenen Zelt, hat dabei aber Livemusik und entdeckt vielleicht noch die ein oder andere Band, die man vorher nicht kannte.
Erster Profiteur sind ALPHA TIGER, die ihren hochmelodischen flinken Metal mit ein bisschen Sleaze würzen und mit ihrem Debüt „Man Or Machine“ im letzten Jahr für ein wenig Furore sorgten, so man der Scheibe denn habhaft werden konnte, was zeitweise nicht ganz einfach war. Mit dementsprechend wenigen Vorkenntnissen gehe ich den Auftritt der Sachsen frohgemut an, überzeugen kann mich die buntbehoste Band heute aber nicht wirklich. Der je nach Position wieder sehr wechselhafte Klang spielt dabei sicher eine Rolle, aber meinem Eindruck nach gibt es in vielen Liedern einen Knackpunkt, der die Wende zu etwas richtig Gutem bringen könnte, doch es wird einfach fröhlich weitergedudelt statt mal ein bisschen die Zügel anzuziehen. Vermutlich spielt die fehlende Vertrautheit mit rein, denn an dem grundsympathischen und engagierten Auftritt gibt es sonst nichts auszusetzen. Und wer zu Ehren der zu Beginn des Jahres verstorbenen RIOT-Legende Mark Reale ein Lied von dessen Band spielt („Flight Of The Warrior“), muss einer von den Guten sein. mba
Einer der größten, ja vielleicht sogar DER größte Gewinner des Festivals, ist wohl die spanische Hard Rock Kombo ’77. Bis dato den meisten Besuchern völlig unbekannt, feuert die Band in bester AC/DC-Manier den Anwesenden einen Hit nach dem Anderen um die Ohren. Dass sich Sänger Armand Valeta Diaz dabei fast wie Bon Scott anhört, muss schon fast nicht mehr erwähnt werden. Bereits während des Gigs kommen freudestrahlende Altrocker mit der frisch erworbenen ´77 CD im Gepäck zurück vor die Bühne. Auch wenn mir persönlich das Dargebotene etwas zu wenig Abwechslung bietet, sollte man diese Truppe im Auge behalten. Songs wie „Big Smoker Pig“ sind jedenfalls geschmeidig im Gedächtnis haften geblieben, wie auch der Ausflug den Gitarrist LG Valeta mitten im Lied quer durch das Amphitheater veranstaltet. Wären doch alle Bands an diesem Tag nur so überraschend positiv aufgefallen, aber nein… bg
Das nachfolgende süße Doppel größter Vorfreude kann Basti damit meiner Meinung nach schon mal nicht gemeint haben, denn speziell das mit ein wenig Glück und Zufall bewerkstelligte Einfliegen von HIGH SPIRITS ist genau einer der Punkte, der dieses Festival von anderen absetzt, und außerdem sieht man Mastermind Chris Black (federführend auch bei DAWNBRINGER und Schlagzeuger von PHARAOH) viel zu selten in Europa. Allerdings scheint er im Allgemeinen nicht unbedingt ein Liebhaber der Bühne zu sein, gibt er sich doch recht verhuscht und trägt mit seinen Ansagen, die eher Bezug zum Album als zur Situation heute haben, kaum dazu bei, neue Freunde für den warm-knarzigen Ur-Heavy Metal an der Grenze zum Hard Rock zu finden. Man darf das, wie die gewöhnungsbedürftige Entscheidung, komplett in weißen Hosen anzutreten, als verpasste Chance betrachten, andererseits sind die Fans der Band zurecht angetan von „I’ll Be Back“ oder „Nights In Black“. Der Sound hätte aber durchaus deutlich kräftiger sein können als auf der Platte.
Etwas nach dem Auftritt zeigt sich übrigens, aus welchem Holz Chris Black abseits der Bühne geschnitzt ist, als er einem Fan der Band einen Patch schenkt, weil er sich so darüber freut, dass dieser ein (nicht auf dem Festival erhältliches) HIGH SPIRITS Shirt trägt.
Vor lauter retro hier, retro da, retro traleralala können einzelne Perlen schon mal verloren gehen. Zum Glück besteht dafür bei GRAVEYARD nicht die geringste Gefahr, nachdem die Tour im Frühjahr nicht nur in Köln ausverkauft war. Warum das zurecht so ist, beweisen die Schweden, die wegen der stets krachenden Gitarren und dem alles (ALLES!) in den Gesang investierenden Joakim Nilsson am häufigsten in die Nähe von LED ZEPPELIN gerückt werden, heute vor großem Publikum, denn Ränge und Innenraum haben sich inzwischen beachtlich gefüllt. Statt der allgemeinen Bierseligkeit, die sich mit Blick auf das Restprogramm schon ein wenig einstellt, ist das zwar eher Musik zum Tanzen und Kräuterzigaretten rauchen, aber die Leidenschaft, mit der das Quartett zu Werke geht, kann nur tote Herzen und Vollkomatöse unberührt lassen. Als Teil der den Blick rückwärts gerichteten Bands räumen GRAVEYARD offensichtlich nicht allerorten Originalitätspreise ab, aber warum sollte man sich davon den Spaß verderben lassen, zumal die meisten Originale verstorben, aufgelöst oder alt geworden sind. Ganz große Kunst, die man sich spätestens auf der Herbsttour nicht entgehen lassen darf, wenn man auch nur ein bisschen Spaß an 70er Hard Rock hat. Hört euch „Hisingen Blues“ an und ihr werdet begreifen! mba
Als nächstes sind die alten Damen von GIRLSCHOOL an der Reihe, die heute einen speziellen Set zu ihrem ewigen Klassiker „Hit And Run“ mitgebracht haben. Nichts gegen das Album, aber das Teil ist nun auch schon 31 Jahre alt und zumindest für die U40 Generation in seiner Faszination nur schwer begreifbar. Zwar kommen die sichtlich gealterten Girls absolut sympathisch und engagiert rüber, aber so recht überspringen will der Funke nicht. Ob es an den technischen Problemen (Enid Williams’ Bass ist quasi nicht zu hören), der etwas hölzernen Performance (Ausnahme: Jackie Chambers) oder dem altbackenen Songmaterial liegt, wage ich nicht zu beurteilen. Wahrscheinlich ist es aber eine Mischung aus allem. GIRSCHOOL und die Rock Hard Bühne – das passt trotz eigentlich idealer Voraussetzungen (too old too cold) heute nicht zusammen. Schade! mh
Frisch gestärkt von einer infernalischen Currywurst – 235.000 Scoville sind kein Spaß mehr, sondern Körperverletzung – geht es in den Endspurt, der von MAGNUM eröffnet wird. Unglaubliche vierzig Jahre ist die britische Hard Rock Institution, abgesehen von einer sechsjährigen Pause Ende der 90er, mittlerweile durchweg unterwegs und leider merkt man ihnen das auch an. Bob Catley kann immer noch ein toller Sänger sein, was man unter anderem auch bei AVANTASIA nachhören kann, aber für meinen Geschmack lastet das Alter heute doch arg sichtbar auf seinen und Gitarrist und Songwriter Tony Clarkins Schultern. Wie sie sich auch strecken, recken und das Publikum animieren, wirkt der Auftritt doch reichlich hölzern und die Musik ist auch nur bedingt zeitlos. Bei allem Respekt vor MAGNUM, aber der gute Slot wurde heute - nicht nur meiner Meinung nach - verschenkt.
Das in den letzten Jahren übliche Abschlussintermezzo mit dem Gewinner der über das ganze Wochenende laufenden Karaokesessions mit ROKKEN auf einer kleinen Bühne vor dem Biergarten wird in diesem Jahr von ein wenig liebenswertem Unsinn ersetzt. Nachdem das von den Rock Guerilla DVDs berüchtigte Duo Bobby und Gerre IHR Lied, „Die Zwei von der Tanke“, vorgetragen hat, entern Hell Hofer und Hampus von BULLET die Bühne und tragen in Kooperation mit ROKKEN zwei absolute Gassenhauer vor, die dementsprechend laut von tausenden Kehlen mitgegrölt werden: „Balls To The Wall“ und „You Shook Me All Night Long“. Die davon verursachte, gelöste und entspannte Atmosphäre sollte Grund genug sein, sich nicht über Sinn oder Unsinn dieser Einlage den Kopf zu zerbrechen.
Eine der mit dem meisten Verve geführten Diskussionen der letzten Monate hat mit der Rückkehr von Michael Kiske ins hard rockende Rampenlicht zu tun, nachdem er in den letzten Jahren des Öfteren seine Distanz zur Metalwelt betont hat und auch nicht davor zurückschreckte, einfach mal die Metalfans en gros über einen Kamm zu scheren. Mittlerweile gibt er sich gemäßigter, man ist geneigt zu sagen, er muss es ja, denn wie soll ein Publikum mit Elefantengedächtnis sonst mit UNISONIC umgehen?
Der Einstieg fällt auch von den Reaktionen auf jeden Fall sehr positiv aus, weil man mit „Unisonic“ den bestmöglichen, da nach vorne gehenden, mitsingtauglichen und sehr eingängigen, Opener vom Debüt gewählt hat. Allerdings ändert auch Obersympathikus und Kiske-Spießgeselle aus HELLOWEEN Zeiten Kai Hansen nichts daran, dass in der Folge das voll besetzte Amphitheater zwar freundlich am Ball bleibt, doch alles andere als euphorisch auf die anderen, allesamt zahmeren neuen Kompositionen reagiert. Eine wahre Explosion dagegen ist die Reaktion auf das in der Mitte des Sets platzierte HELLOWEEN Cover „March Of Time“, das trotz des im Vergleich zu anderen Festivals etwas höheren Durchschnittsalters wohl nur eine deutliche Minderheit jemals live von Kiske gehört hat. Analog dazu verläuft die zweite Hälfte des Gigs: Bei den UNISONIC Liedern wird mitgewippt und freundlich geklatscht, die abschließenden HELLOWEEN Klassiker „Future World“ und „I Want Out“ werden frenetisch gefeiert und von sehr vielen Anwesenden sehr laut mitgesungen. Für einen kurzen Moment ertappt man sich gar bei dem Wunsch, der Auftritt würde nie zu Ende gehen, bei den ganzen „Keepers“-Klassikern, die ungespielt bleiben (müssen). Das liefert im Endeffekt auch die Rechtfertigung für die sehr prominente Position im Billing, die bei einem reinem UNISONIC Set garantiert für noch mehr Wirbel gesorgt hätte. mba
Als letzten Arschtritt für Gelsenkirchen hat man sich Schwarzie Gesetzlos und sein Quasi-Soloprojekt W.A.S.P. ins Boot geholt, und das war weiß Gott nicht die schlechteste Wahl. Bei immer noch optimalen Wetter ist das Amphitheater zum Abschluss noch einmal pickepacke voll – vielleicht sogar ZU voll, denn nicht nur Innenraum und Tribünen, sondern auch die Treppen sind komplett bevölkert. Egal, der Stimmung schadet das ganz gewiss nicht, zumal Blackie bei guter Laune ist und eine ganze Armada von Klassikern mitgebracht hat, die durchweg abgefeiert werden. „On Your Knees“, „LOVE Machine“, „Wild Child“ – hallo, geht’s noch? So viel mitbrüllen wollten die meisten nach diesem langen Wochenende wahrscheinlich gar nicht mehr, aber es nutzt ja nix! Als man gerade denkt, dass nach „I Wanna Be Somebody“ (groß!) und „Chainsaw Charlie“ nichts mehr kommen kann, haut die Band mit der fantastischen Ballade „Heaven’s Hung In Black“ mal eben noch ein echtes Highlight raus, das der neben mir pennende Kollege Bach aber ebenso verpasst wie den (mit amtlichen Flammensäulen untermalten) Rausschmeißer „Blind In Texas“.
Alle Achtung, in der Form darf Blackie ruhig noch einige Jahre sein überlebensgroßes Ego mit sich rumtragen. Das nenn’ ich mal ne geile Show! mh
Damit sind drei anstrengende, aber mindestens genauso angenehme und amüsante Tage vorüber und das Rock Hard Festival hat mal wieder gehalten, was es verspricht: Am Drumherum von Security bis Bierbude und Sanitäranlage gibt es von uns in diesem Jahr gar nichts auszusetzen. Das gute Wetter hat, zumindest meinem Gefühl nach, die allgemeine Stimmung noch ein wenig gehoben. Und bei allen kontroversen Diskussionen haben die positiven Überraschungen im Billing überwogen, zumal man nicht vergessen darf, dass das Rock Hard Festival auch wegen seiner recht familiären Größe weder über die Finanzkraft einiger Konkurrenten verfügt, noch auf Knebelverträge setzt, die Bands von anderen Festivals fern halten. So ist es gut, so soll es bleiben. Wir freuen uns schon auf die nächste Runde 2013!
mba
Bilder mit freundlicher Erlaubnis von Daniel Horlbogen von live-frenzy.de, wo es noch wesentlich mehr zu sehen gibt.