Rotting Slow in Europe: Obituary Macabre Psycroptic & The Amenta

Rotting Slow in Europe: Obituary, Macabre, Psycroptic & The Amenta

MacabreObituaryPsycropticThe Amenta
Cham, L.A.
30.11.2012
Da bin ich also wieder. L.A. Cham, Oberpfalz, Bayern. Anlaufstelle für alle Metalhungrigen in einem Umkreis von ca. 150km. Einziger Zufluchtsort vor der grausamen Realität der langweiligen Radiomusik. Der düstere Treffpunkt, der sich ein paar mal im Jahr zu einem Meeting der ganz besonderen Art verwandelt. Immer dann, wenn alle langhaarigen Bombenleger aus der erzkatholischen Oberpfalz zum heiligen Gral der guten Abendunterhaltung pilgern, wenn sich die örtlichen Pfaffen in die Kirche einsperren, um dem Satan zu entrinnen, und wenn sich Metal Legenden wie NAPALM DEATH, DISBELIEF, SEPULTURA oder eben OBITUARY einfinden.

OBITUARY, da muss man hin, ganz klar. Auch das restliche Line-Up mit MACABRE und PSYCROPTIC klingt vielversprechend. Doch vorerst geht es los mit THE AMENTA. Industrial Death Metal aus Australien, klingt vielversprechend. Die Jungs fahren jedenfalls ne harte Schiene, so viel steht fest. Auch die Show kann sich sehen lassen. Mit richtig viel Motivation wird der Auftritt als Opener des Abends abgehalten, und das Publikum? Hmm nunja, der Oberpfälzer an sich ist ja nicht gerade für seine offenen Gefühle bekannt. Und die nüchtern-trockene Stimmung zu Beginn eines jeden Konzerts ist da nicht gerade förderlich. Um es kurz zu machen: Auf einem Friedhof wäre um diese Uhrzeit mehr Stimmung, und dabei ist die dargebotene Musik alles andere als schlecht. Extrem harte Gangart, gepaart mit relativ vielen Samples, vielleicht etwas eingleisig, aber im Großen und Ganzen ein super Vorgeschmack auf das was an diesem Abend noch kommen wird.

Nach einer kurzen Raucherpause geht es weiter mit PSYCROPTIC. Technischer Death Metal, ebenfalls aus Australien. Während die Band ihr Equipment startklar macht, wird von einer Person neben mir im Publikum der Bassist erst mal belacht. Ein paar Streifen Panzertape auf der Rückseite des Griffbrettes zur besseren Orientierung gelten scheinbar schon als Ausschlusskriterium. Doch was soll ich sagen, dem Typen ist das Lachen schnell vergangen. Technisch hochversiert wird auf der Bühne losgeprügelt und dabei werden alle Finessen des Death Metals in Perfektion vorgeführt. Auch der Sound spielt (wie immer im L.A.) bestens mit. Druckvoll, transparent und ausgeglichen sind hier wohl die wichtigsten Merkmale. Zusammen mit der guten Lüftung kommt man sich dann fast schon vor wie in der Staatsoper Berlin. Das aber nur als zusätzliches Highlight der sowieso schon hervorragenden Musik. Die Playlist enthält hauptsächlich Songs vom neuesten Album „The Inherited Repression“, welches bisher ganz gute Bewertungen eingefahren hat. Ja und das Publikum? Hmm nunja, nicht geschimpft ist genug gelobt und wer nicht gerade ein Bier in der Hand hat, kann sich sogar dazu überwinden ein paar mal kräftig in die Hände zu klatschen.

Ob das stimmungslose Verhalten der Zuhörerschaft vielleicht in einem Amoklauf von MACABRE enden wird? Komische Gedanken, doch irgendwie auch begründet. Drei Chicagoer Rednecks mit Songs über Serienmörder und einem Bassisten der mich spontan an den Film „Deliverance“ erinnert. Wenigstens werde ich nicht alleine sterben, denke ich mir noch, als MACABRE mit „Zodiac“ von ihrem 1993er Album „Sinister Slaugther“ beginnen. Lange dauert es nicht und der Funken springt endlich auf das Publikum über. Glück gehabt, die ersten zehn Meter vor der Bühne sind schon mal gut gefüllt und die groteske Musik kommt immer besser an. Ist man erstmal drin in dieser Stimmung aus schizophrener Verblödung und geschichtsträchtigem Faktenwissen kann man gar nicht mehr genug davon bekommen. Die Setliste scheint auch leicht auf Deutschland abgestimmt zu sein, jedenfalls gibt es „The Vampire of Düsseldorf“ sowie „Fritz Haarman Der Metzger“. Zum Gruseln schön, zum Headbangen geil, so könnte man den Auftritt von MACABRE kurz umschreiben. [ms]

Der Oberpfälzer Halbkreis, der sich traditionell einige Meter vor der Bühne auftut und sich vor allem durch seine Abwesenheit an Zuhörern, Headbangern oder jeder anderen Form von Leben und Bewegung auszeichnet und den ersten beiden Truppen grandios offenbarte, was für einen überdimensionalen Stock wir Oberpfälzer im Arsch haben, füllt sich gütigerweise endlich bei MACABRE. Und das völlig zurecht, denn musikalisch ist das allererste Sahne. Außerdem stehen die meisten Leute mittlerweile entweder aus Vorfreude unter Strom oder undefinierbare Mengen an Bier haben die peinlichen Hemmungen endgültig über Bord geworfen. Jedenfalls kommen die Rednecks aus Chicago bei den Rednecks der Oberpfalz gut an. Dass es aber nach den ersten paar Songs und Lachern einige verdutzte Gesichter gibt, die misstrauisch diesen Verrückten auf der Bühne gelten, überrascht doch etwas. Ein gutes Viertel des vollen Clubs hat sich nach der ersten Hälfte des Gigs nach draußen zum Rauchen oder einem Bier in aller Stille an der Bar verabschiedet. Und erst jetzt entwickelt sich so etwas wie Eigendynamik zwischen Band und Publikum, die sich im Mitträllern von „mit dem Hackebeilchen/ mit dem Hackebeilchen/ macht er Leberwurst aus dir“ in „Fritz Haarmann der Metzger“ etwas entlädt. Ich selbst bin von den Mordskerlen restlos begeistert und besorge mir ein T-Shirt, solange ich noch flüssig in meinen Geldbeständen bin. [mbo]

Eine weitere Raucherpause, dann nochmal schnell aufs Klo und vor lauter Aufregung auf der Stelle tretend stehe ich vor der Bühne bereit. Der Soundcheck verläuft angenehm kurz, die Stimmung kann sich immer noch halten. Es gibt die ersten OBI Rufe, die bösen Todesmetaller aus Florida kommen nach kurzem Bitten endlich auf die Bühne und beginnen mit einem instrumentalen Intro, ehe John Tardy auf die Bühne stürmt und „Intoxicated“ anstimmt. Von diesem Album werden wir an dem Tag noch mehr hören denke ich mir...erhoffe ich mir und werde letztendlich Recht behalten. Die Jungs packen einen Klassiker nach dem anderen aus und bringen das Publikum richtig in Fahrt. „Cause of Death“ und „Body Bag“ sind weitere Highlights und zur Hälfte des Auftrittes gibt es auch die ersten Crowd Surfer, und das will hier was heißen. Dass die Security ins Schwitzen kommt, wäre trotzdem weit übertrieben. Inständig hofft man, dass dieser Auftritt noch einige Stunden länger dauern wird. Dass OBITUARY so eine Performance hinlegen, hat sich wohl jeder gewünscht, und das hoch angelegte Maß kann diese verrückte Kultband sogar noch weiter steigern, bis zum absoluten Höhepunkt „Slowly We Rot“, das als Zugabe gespielt wird.
Wieder mal ein Auftritt im L.A., der nicht nur hervorragend war, sondern der unter der Kategorie „Unvergesslich“ abgespeichert wird. Jeder andere Laden wäre richtig zerlegt worden, doch Crowdsurfer und fliegende Bierbecher in der Oberpfalz zeugen von einer mindestens genauso hohen Begeisterung. [ms]

Oha, endlich kommt Stimmung auf, denke ich mir in den ewig wirkenden Minuten, bevor OBITUARY endlich die Bühne entern, um aus dem gierigen Publikum eine wilde Meute mit an Mordlust grenzender Feierwut zu machen. Kaum lallt John Tardy die ersten Wörter ins Mikro, fetzen lange Mähnen durch den stickigen Club, die geschorenen Köpfe können den Groovemonstern auch nicht widerstehen. Die Tour unter dem Motto „88-91“ erweist sich als absoluter Glücksgriff, denn die Klassiker zünden sofort und der phänomenale Sound und die lang aufgestaute Bewegungslust der Menge tun ihr Übriges, um mit diesem Konzert regionale Metal-Geschichte zu schreiben. Dass es hier und heute ordentlich zur Sache gehen wird, ist auch von Beginn an an den Gesichtern der Floridaner abzulesen, die Spielfreude stellt alles in den Schatten, was ich zuvor von den Herren gesehen habe.
Nachdem uns eineinhalb Stunden ein Gassenhauer nach dem anderen um die Ohren geknallt wurde, traben die Mannen von der Bühne und teils erklingt angstvolles Geschrei, dass das doch noch nicht alles gewesen sein könne, ungeduldige Drängler schieben sich schon zum Ausgang und der Rest steht noch immer hungrig und schreit lauthals „OBI“. Es ertönt das obligatorische Schlagzeugsolo und die noch viel obligatorischeren „The End Complete“ und „Slowly We Rot“ als Nachschlag. Dann ist Feierabend. Sichtlich glückliche Musiker klatschen mit den Leuten der ersten Reihe ab und verteilen brav Drumsticks und Pleks. Begeisterte Fans erwachen aus einer Art Trance und taumeln langsam Richtung Bar. Auf diese geile Scheiße erstmal nen Schnaps! [mbo]

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