Bloodspot Sabiendas Soulbound & Spreading Miasma

Bloodspot, Sabiendas, Soulbound & Spreading Miasma

BloodspotSabiendasSoulboundSpreading Miasma
Limburg, Rockarena
28.12.2012
Am Anfang stand die Schnapsidee. Naja, fast zumindest, denn die Wurzel des Deathtrip ist der Wunsch von BLOODSPOT, ihrem ersten Auftritt einen griffigen Namen zu geben. Seitdem sind mehr als fünf Jahre vergangen und die Band hat aus dem Premierennamen eine kleine aber feine Konzertreihe gezimmert, die vor allem dem (deutschen) Underground eine Heimstatt in der Bandheimat Limburg bieten soll. Bei netter Rundumbetreuung wird aus Termingründen erstmals in der noch recht neuen Rockarena aufgespielt, die mit angenehm schummriger Beleuchtung und unkaputtbarer Einrichtung bei gleichzeitiger Sauberkeit einen sehr guten ersten Eindruck hinterlässt. Einziger Wermutstropfen ist die verletzungsbedingte kurzfristige Absage von REPENT, so dass nur vier statt geplanter fünf Bands ein letztes 2012-Hurra anstimmen.

Zur Eröffnung gibt es Tech Death von SPREADING MIASMA, der allerdings trotz ausgiebigem Soundcheck erst mal ziemlich stumpf und nicht gerade weltbewegend präzise daherkommt. Der Schlagzeuger hat trotz der Position knapp unter dem Dach allerdings auch alle Hände voll zu tun und kann nicht wie üblich auf Unterstützung vom Bass hoffen, da Tieftöner Daniel sein Gerät eher wie eine dritte Gitarre bedient. Das sieht gekonnt aus, sorgt jedoch offenbar für eine längere Anlaufzeit. Erst nachdem die Gießener und das Publikum schließlich auch noch ein tönendes Brummen aus den Untiefen der Anlage besiegt haben, kommt langsam Schwung in die Sache. Auf einmal ist der Fluss in der Musik hör- und nachvollziehbar, so dass nicht mehr nur die Hand voll eingefleischter MIASMAtiker vor der Bühne folgen können. Dank des guten letzten Auftrittsteils gibt es den verdienten Applaus von den zu dieser Zeit vielleicht 100 Anwesenden.

Vor einem Jahr sind SOULBOUND zwischen den Jahren noch unter dem Banner des bösen Weihnachtsmanns (mit unter anderem BLOODSPOT) durch die Lande gezogen, doch auch die verbale Aufrüstung zum Deathtrip ist ihnen größtenteils gut bekommen – die Ausnahme ist Gitarrist Felix, der über seiner löchrigen Jeans ein irritierendes, kurzes Spitzenröckchen trägt. Wette verloren? Im Unterschied zu ihren Vorgängern hat die komplette Band eine Menge (Allein-)Unterhalterwillen in sich, was sich darin äußert, dass Frontmann Johnny zwischen den Liedern eine Menge redet, um das Publikum zu animieren, Bassist Jonas zu Weihnachten wohl einen sich konstant drehenden Brummkreisel verschluckt hat, der Pestrabe Veneziano imitiert wird und während der Lieder ein munteres Wechselspiel auf den vor der recht hohen Bühne postierten Boxenkisten stattfindet, die damit zu ihrer Funktion als Absperrung ebenfalls die Rolle der Präsentierteller übernehmen. Bei allem launigen Gerede und der ansprechenden Show kommt für meinen Geschmack die Musik leider ein wenig zu kurz, weil den Liedern die Kompaktheit abgeht. Hier noch ein ruhiger Part, da noch ein Solo, obendrauf noch eine ausufernde instrumentale Überleitung und die prinzipiell vorhandene Schneidigkeit ist dahin. Das ist leider kein Einzelphänomen bei den Bielefeldern, sondern zieht sich fast durch den ganzen Auftritt, so dass die üppig bemessene Spielzeit vom Gefühl her mehr als ausgereizt wird. Sollten SOULBOUND das Rezept finden, ihren modernen Metal deutlich zu straffen, ohne an Unterhaltungsfaktor einzubüßen, wäre das ein großer Schritt in die richtige Richtung, selbst wenn es live mit der Band nie langweilig wird.

Es folgt der totale Kontrast, denn so modern wie SOULBOUND eben noch tönten, so old school lärmen jetzt SABIENDAS. Zwei Monate vor Erscheinen ihres ersten Full Length Albums „Restored To Life“ platzt die Band geradezu vor Todeslust, was binnen Minuten die mittlerweile deutlich größer gewordene Publikumsschar in einen Rausch stürzt, der die Eingangsfrage von Frontmonster Jan „Seid ihr bereit für Old School Death Metal?“ überdeutlich bejaht. Für ein bisschen Unterhaltung abseits der erstklassigen, totalen musikalischen Verknüppelung sorgen die Kontraste im Bühnengebahren der Band: Die Gitarristen Christian und Alexandra halten sich mit dem Posing zurück und erledigen erst mal ihren Job, obwohl Alexandra regelmäßig alle an ihrer Freude an der Musik und über die begeisterten Reaktionen teilhaben lässt. Und während Toni das Schlagzeug mit beinahe amüsant wirkender Lässigkeit bearbeitet, ist in bester Tradition des bisherigen Abends der eindeutig bekloppteste der Bassist, wobei die leichte Spur Besessenheit in Auftreten und Blick von F.T. sich hervorragend in die Musik einfügt. Wenn man für etwas brennt, darf das ja gerne lichterloh sein. Eine „Cabrón, Hijo de Puta“ und eine „Zombie Ritual“ Ansage später legt sich der tosende Sturm zur Ruhe, aber die wird ganz sicher bald vorüber sein.

Was bei großen Sportveranstaltungen gilt, darf man analog auf von Bands organisierte Konzerte übertragen: Beim Heimspiel lässt man sich die Butter nicht mal eben so vom Brot nehmen. Andererseits tragen BLOODSPOT dermaßen viele Action Jackson Gene im Blut, dass sie wohl auch versuchen würden, als Festivalopener die entsprechende Mainstage auseinander zu reißen. Rückgrat der Band ist die Saitenfraktion, mit den umtriebigen Gitarristen Howdie und Marius – Hosen, die etwas weniger in Fetzen hängen, wären für beide keine schlechte Idee – und dem völlig tiefenentspannt wirkenden Kuno am Bass, während im Hinterfeld Schwerstarbeit am Schlagzeug verrichtet wird. Der große Hingucker ist heute aber Peter am Gesang, der (dauerhaft oder vorübergehend? In jedem Fall barfuß.) in die Fußstapfen von Dominik tritt und nicht nur optisch an Phil Anselmo zu Glanzzeiten erinnert, sondern während der Lieder ähnlich psychopathisch ausrastet. Anders als Phil ist Peter jedoch immer Herr über sich und sein Wirken, verbeult sich nicht die Birne mit dem Mikrofon und braucht seine Anlaufzeit bei den Ansagen nicht, weil er vergessen hat, wo er ist und was er tut, sondern weil er laut erstem Statement gar nicht so viel zu erzählen hat. Danach dauert es – natürlich! – nicht lange bis er doch eine kleine Bitte an das tobende Publikum richtet. Ob er sich bei freier Auswahl für seine Premiere im Zuschauerbrüste gezeigt bekommen allerdings den riesigen Kerl ausgesucht hätte, dessen blanken Oberkörper er zu sehen bekommt, darf bezweifelt werden… Musikalisch auffällig ist, dass die älteren Lieder deutlich gewittriger die Luft zerschneiden, während die neueren Songs mehr Punch mitbringen. Man darf gespannt sein, ob und wie stark sich das auf dem für 2013 geplanten neuen Album niederschlagen wird. Live sind BLOODSPOT auf jeden Fall immer eine lohnenswerte Schau.

Fotos von Susi Kräckmann. Vielen Dank dafür!

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