Agrypnie Der Weg einer Freiheit Heretoir

Agrypnie, Der Weg einer Freiheit, Heretoir

AgrypnieDer Weg Einer FreiheitHeretoir
Leipzig, Moritzbastei
06.03.2013
Black Metal an einem Mittwoch? Klar, warum nicht, sagt sich eine Horde Leipziger und entert die kalten Gemäuer der Moritzbastei. Wobei der Begriff "Black Metal" ja eigentlich auch nicht so richtig stimmen mag. Manch einer nennt es "Post", ich nenne es einfach mal "Intellektuellen Black Metal", also der Versuch, das schwärzeste aller Metalgenres auf ein anderes Level zu hieven. Drei Bands haben sich angekündigt und auch wenn alle drei bevorzugt auf die deutsche Sprache bei ihren Texten setzen, jede von ihnen hat ihre ganz eigene Herangehensweise an diese Herausforderung.

HERETOIR versuchen es auf die vorsichtige, unterschwellige Art. Ihre Musik gibt sich sehr sphärisch und elegant, kommt über weite Strecken auch ohne Gesang und großen Schnickschnack aus. Viel Akustik, langsame Bewegungen, eine depressive Grundstimmung und jede Menge Diffusität aus der ohne Unterlass ackernden Nebelmaschine - man kann sich kaum vorstellen, dass so etwas die Menschen vor der Bühne mitreißt. Dennoch schwelgt die Menge genießend vor sich hin, saugt die herüber schwappenden Melodien in sich auf. Und bei all der Gelassenheit darf man auch nicht vergessen, dass HERETOIR durchaus auch mal etwas schneller und rockiger können und das Geschehen stets mit einem angenehmen Fauchen untermalen. Ich persönlich habe die Bayern bisher noch nicht groß auf dem Schirm gehabt, diese können mich aber von der Bank weg überzeugen. Zwar geht das sicherlich keine 2 Stunden lang mit uns gut, aber als gediegener Opener passt das hervorragend, so dass die Band bei mir spontan auf der persönlichen Liste der zu merkenden Namen landet.

DER WEG EINER FREIHEIT stehen dort spätestens seit ihrem Auftritt im Four Rooms im letzten Jahr schon ganz weit oben. Ruhige Passagen haben diese zwar auch im Repertoire, das wirkliche Markenzeichen sind aber nachwievor die sägenden, singenden und Geschichten erzählenden Gitarren. Da gibt es rasendes, blastendes Geballer, begleitet von inbrünstigem Keifen, aber stets markante Führungsmelodien, wie man sie sonst nur aus Skandinavien kennt. Es bleibt aber nie wirklich Zeit, es sich gemütlich zu machen, da stets der nächste Break lauert, um die Stimmung ziemlich abrupt zu kippen. Diese Stimmungswechsel sind aber Teil des Konzepts und exakt das, was die vom Einheitsbrei gebeutelten Zuhörer haben wollen. Seinen neuen Job vor dem Mikrofon bringt Ex-Nur-Gitarrist Nikita souverän über die Bühne, lediglich in Sachen Auftreten und Interaktion mit dem Publikum bleibt er ziemlich hinter den Möglichkeiten. Da merkt man dann doch irgendwie, dass der Frontmann nicht mehr da ist. Das ist aber lediglich Erbsenzählerei, denn DER WEG EINER FREIHEIT spielen einen berauschenden Gig, wer am Ende bei "Der stille Fluss" keinen Tropfen Pipi im Höschen hat, dem kann wohl auch nicht mehr geholfen werden.

AGRYPNIE haben es da natürlich ziemlich schwer, noch einen draufzusetzen. Ihr großer Pluspunkt am Abend ist auf jeden Fall das enthusiastische Publikum, was auch die häufigen Übersteuerungen zu überspielen vermag. Da verschmerzt man auch die Krankheit des Keyboarders, der bis aufs Weitere ausfällt, denn atmosphärische Klänge werden einfach durch Begeisterung ausgeglichen. Es gibt ein Wiedersehen mit dem Kopf von HERETOIR, der hier ebenfalls die Saiten schwingt. Der Schelm versucht zwar, sich durch weiße Schminke unkenntlich zu machen, aber die Haare verraten ihn. AGRYPNIE-Frontmann Torsten hat sich ebenso zurecht gemacht und scheint es wirklich zu genießen, das erste Mal als Headliner auf einer Tour unterwegs zu sein. Mit ihrem neuen, demnächst erscheinenden Album im Gepäck, von dem die wichtigsten Stücke selbstverständlich auch dargeboten werden, braucht die Band sich jedenfalls keine Sorgen über mangelnden Zuspruch zu machen. Markante Riffs, starke Worte und mitreißende Rhythmen, bei denen man kaum merkt, wie die Spielzeit verfliegt - damit bringen AGRYPNIE Bewegung in die Bude und haben selbst sichtlich Spaß daran.

Nach einer Stunde und 15 Minuten inklusive Zugabe (plus dem fast schon obligatorischen Ruf nach einem NOCTE OBDUCTA-Song) kann man sichtlich zufrieden das Abschiedsbierchen ansetzen. Dank des straffen Programms ist es auch noch nicht einmal Mitternacht. Beim Resümieren wird dann auch erst so richtig klar, dass diese Kombination der Bands, die von vorn bis hinten überzeugen konnten, sich musikalisch perfekt ergänzt und keine wirklichen Ausfälle erlaubt haben, jetzt schon das Zeug hat, in der persönlichen Hitliste des Jahres 2013 ganz weit oben aufzutauchen.

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