Riverside Jolly & Dianoya

Riverside, Jolly & Dianoya

DianoyaJollyRiverside
Osnabrück, Rosenhof
12.03.2013
Ungewöhnlich viele polnische Nummernschilder nimmt der aufmerksame Beobachter wahr, der sich am 12. März in der Nähe des Osnabrücker Rosenhofs herumtreibt. So wird das vermeintliche Auswärts- fast schon zu einem Heimspiel für die polnischen Prog Rocker von RIVERSIDE, die dieser Tage mit ihren Landsleuten von DIANOYA durch die europäischen Lande ziehen. So richtig schmackhaft wird das polnische Sandwich durch die Tatsache, dass die US-Amerikaner von JOLLY das Tourpaket ansprechend abrunden.

Eröffnet wird der Abend aber von DIANOYA, die leider zwanzig Minuten früher als geplant loslegen. Glücklicherweise legen die meisten Besucher viel Wert auf Pünktlichkeit, so dass das polnische Quartett einem bereits gut gefüllten Rosenhof entgegenblickt. Allerdings merkt man den Burschen an, dass ihnen die ganz große Bühnenpräsenz noch ein wenig abgeht. Untereinander tauscht man schon den einen oder anderen Blick aus, Interaktion mit dem Publikum ist aber zumindest zu Beginn des Gigs eher Fehlanzeige. Nach und nach taut immerhin Sänger Filip Zieli?ski ein wenig auf und auch Gitarrist Janek Niedzielski schmeißt sich mal in Rocker-Pose. Für den schüchtern wirkenden Bassisten Bartek Turkowski scheint die Bühne jedoch noch eine Nummer zu groß zu sein. Das ist aber weiter nicht schlimm, denn die Konzentration der Protagonisten auf die musikalische Darbietung führt zu der Erkenntnis, dass DIANOYA doch deutlich mehr sind als nur ein weiterer polnischer RIVERSIDE-Klon. Statt die New Artrock-Schiene zu fahren, nehmen sie nämlich eher die Ausfahrt Richtung Prog Metal, der nicht zuletzt dank der kräftigen Stimme des Sängers auch ab und zu in Richtung Alternative Rock schielt. Eine Mischung, die zu gefallen weiß.

Und wo wir schon beim Thema sind: Die Mixtur, mit der JOLLY aufwarten, weiß nicht nur zu gefallen, sie begeistert regelrecht! Ganz unaufgeregt checken die Jungs kurz ihre Instrumente, um danach umso aufregender zu Werke zu schreiten. Der Eindruck, dass der zweite Teil von „The Audio Guide To Happiness“ nicht ganz so hitlastig daherkommt wie der korrespondierende erste Teil, manifestiert sich auch in der Setlist, die hauptsächlich auf „Part 1“ basiert. Dadurch regnet es aber geradezu Hits. Als Opener dient das etwas schräge „Pretty Darlin‘“, das direkt vom noch etwas schrägeren „Where Everything’s Perfect“ gefolgt wird. Die Kombination aus verträumten und brachial-metallischen Parts funktioniert wunderbar – einziger Wermutstropfen ist die Tatsache, dass der mit Federnhut und beigem Mantel geschmückte und dadurch optisch ziemlich aus dem Rahmen fallende Sänger Anadale sich in den krachenden Passagen nicht immer gegen die instrumentale Gewalt durchzusetzen weiß. Einem nicht unerheblichen Teil der Besucher gefällt aber, was sie hören und sehen und steigen beim neuen „Dust Nation Bleak“ beherzt in den Refrain ein. Im Gegensatz zu ihren Vorgängern fühlen JOLLY sich auf der Bühne sichtlich wohl. So baut Drummer Louis Abramson hier und da mal ein paar improvisierte Fills ein und feixt anschließend Keyboarder Joe Reilly an, der sich aber davon nicht beeindrucken lässt und stets seine Coolness bewahrt. Gegen Ende des Sets haben die Jungs erst noch ihren Pop-Hit „Joy“ in petto, bevor der Gig viel zu früh mit dem genialen „The Pattern“ endet. Entern JOLLY bei ihrem nächsten Europa-Besuch als Headliner die Bühnen, dürfte ein ausgedehntes Set bei gleicher Intensität zu einem wahren Triumphzug werden. Live sogar noch besser als auf Platte!

Leider keinen Sahnetag erwischen heute RIVERSIDE. Das ist zum einem dem erneuten Wintereinbruch geschuldet, infolgedessen Frontmann Mariusz Duda sich eine Erkältung eingefangen hat. In den balladesken Momentan merkt man ihm dieses Problem zwar nicht an, sobald es aber etwas rockiger wird, gerät er sichtlich und (leider eben nicht immer) hörbar in Schwierigkeiten. Deswegen wendet er sich wiederholt mit der Bitte an das Publikum, ihm gesanglich zur Hilfe zu eilen. Dieses kommt seinem Wunsch zwar nach, jedoch nur mit Abstrichen, denn damit einher geht das zweite Problem: die Setlist. Natürlich muss man auf dieser Tour das neue Album „Shrine Of New Generation Slaves“ promoten und logischerweise liegt der Fokus eben auch auf dem neuen Langspieler. Dass RIVERSIDE jedoch nicht einen (!) Song von der Albumtrilogie spielen, die sie groß gemacht hat, kommt einer mittelgroßen Enttäuschung gleich. So wären die Reaktionen der Besucher sicher ungleich positiver, wenn sie einen der alten Hits zu Gehör bekämen.
Stattdessen wird aber „Anno Domini High Definition“ ausführlich bedacht, und noch ausführlicher das bereits erwähnte neue Album. Zwischendurch mogelt sich noch das fantastische „Living In The Past“ von der „Memories In My Head“-EP in die Setlist und avanciert zum heimlichen Highlight. Ansonsten regieren aber die „SONGS“, die deutlicher als je zuvor den Blick zurück in die 70er wagen und mit einer ordentlichen Portion Schweineorgel aufwarten. Davon hätte es ruhig etwas weniger sein dürfen. Letztlich ist aber all das Meckern auf hohem Niveau, sind die Polen doch ausnahmslos Könner an ihren Instrumenten und liefern eine entsprechend gute Show. Nichtsdestotrotz beschleicht einen nach anderthalb Stunden RIVERSIDE, die mit der Zugabe „Left Out“ enden, das Gefühl, dass man die Polen schon mitreißender erlebt hat. Bleibt zu hoffen, dass Sänger Duda seine Erkältung schnell auskuriert, damit er und die Band auf den kommenden Konzerten wieder zu Höchstform auflaufen können.

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